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Gruppe Bucharin-Pjatakow

Ideologische Schwankungen, die in einzelnen Zirkeln unserer Partei im Auslande seit Anfang 1915 festzuslellen sind — so bezeichnet Lenin die theoretischen und taktischen Fehler der Gruppe Bucharin-Pjatakow, die Anfang 1915 versuchte, eine besondere, von der des Zentralkomitees abweichende politische Linie in einigen Grundfragen auszuarbeiten. Auf der Berner Konferenz der Auslandssektionen der SDAPR (25. Februar bis 4. März 1915) formulierte die Gruppe Bucharin (N. I. Bucharin, N. W. Krylenko, J. R. Rosmirowitsch), der sich die aus der Verbannung entflohenen J. Pjatakow und E. B. Bosch anschlossen, ihre Auffassungen in einer besonderen Resolution, in der die Losung des Defätismus abgelehnt wurde und an ihre Stelle neben der Losung des Bürgerkriegs die des „Kampfes für den Frieden“ gesetzt wurde, die nach Auffassung der Gruppe „zusammen mit der Losung der Vereinigten Staaten von Europa hervorragende agitatorische und revolutionäre Bedeutung hat“. Die Gruppe verlangte die Erlaubnis zur Herausgabe einer Zeitung. Nach ihrer Übersiedlung nach Skandinavien schlug die Gruppe dem Zentralkomitee vor, sie als eine „Sonderkommission“ beim ZK anzuerkennen und ihr das Recht zuzusprechen, selbständig mit Russland zu korrespondieren. Lenin schlug vor, die Gruppe anzuerkennen, jedoch „ohne das Recht, als Gruppe mit Russland zu korrespondieren“. Als Antwort darauf teilt die Gruppe in einem offiziellen Brief vom 3. Dezember 1916 ihre Auflösung mit. Der Konflikt ging dann im Zusammenhang mit der Herausgabe der Zeitschrift „Kommunist“ weiter. Nach halbjährigem Streit über die Zusammensetzung der Redaktion und über die Stellung der Redaktion zu Artikeln über Streitfragen geht die Zeitschrift ein und an Stelle der Nr. 3 des „Kommunist“ erscheint im Oktober 1916 die Nr. 1 des „Sbornik Sozialdemokrata“.

Die wichtigste Streitfrage war die des Selbstbestimmungsrechtes der Nationen.

Die Auffassungen der Gruppe Bucharin-Pjalakow kamen in zwei Dokumenten zum Ausdruck, die Mitte November 1915 dem ZK übermittelt wurden: 1. in der „Plattform der 15 Punkte“ und 2. in den „Thesen über die Losung des Selbstbestimmungsrechts der Nationen“. Beide Dokumente wurden zur „internen Verwendung“ abgefasst. Bis August 1916 verfocht die Gruppe in der Presse ihre Meinungen nicht. Aus diesem Grunde schreibt Lenin im ersten Entwurf seines Artikels gegen Kijewski: „Meiner Meinung nach ist es mehr als unzulässig und unernst und mehr als nicht parteigenössisch, ein Jahr lang einen neuen Bolschewismus zu proklamieren und sich damit zu begnügen; ist es nicht an der Zeit, das zu durchdenken und den Genossen diesen Bolschewismus im westeuropäischen Maßstabe, zusammenhängend und umfassend darzulegen“ („Beiträge zur Geschichte der Oktoberrevolution“, Bd. I, S. 449 [russisch]). Näheres über die Differenzen zwischen Lenin und Bucharin findet sich in den „Beiträgen zur Geschichte der Oktoberrevolution“, Bd. I, S. 435—450 und in der Zeitschrift „Istorik-Marxist“, Bd. XI, S. 36—48 (russisch). [Lenin, Sämtliche Werke, Band 19, Anm. 97]

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