Auf
dem VII.
Internationalen Sozialistenkongress in Stuttgart im August 1907
stand u. a. auch die Kolonialfrage auf der Tagesordnung. Es wurde
eine Kommission für Kolonialfragen unter dem Vorsitz des
holländischen Sozialisten van
Kol
eingesetzt. Von der Delegation der deutschen Sozialdemokratie wurden
in diese Kommission Ledebour,
Wurm,
Bock und David
entsandt. Der Revisionist David legte zu dem Resolutionsentwurf, den
van Kol, Wibaut und Ledebour in der Kommission eingebracht hatten,
einen Abänderungsantrag vor, in welchem es hieß, dass die koloniale
Idee als solche einen „integrierenden Bestandteil des universalen
Kulturziels der sozialistischen Bewegung" bilde. David
begründete die Notwendigkeit der Kolonialpolitik damit, „dass der
Sozialismus die Produktivkräfte des ganzen Erdkreises in den Dienst
der Menschheit stellen … will". Gegen die Anschauung Davids
traten von den deutschen Vertretern in der Kommission Ledebour und
Wurm auf. In der Kommission wurde die Resolution van Kols mit einer
Reihe Ergänzungen angenommen. Die von der Kommission beschlossene
Resolution sprach sich im Prinzip nicht gegen die Kolonialpolitik aus
und beantragte, von den Regierungen den Abschluss internationaler
Verträge zu fordern, „um ein Kolonialrecht zu schaffen, das die
Rechte der Eingeborenen schützt und von den vertragschließenden
Staaten gegenseitig garantiert wird". Zum Referenten für das
Plenum des Kongresses wurde von der Kommission van Kol bestimmt. Im
Namen der Minderheit der Kolonialkommission wurde auf dem Plenum des
Kongresses ein von Ledebour, Wurm, Bracke, De la Porte, Karski
(Marchlewski)
unterschriebener Abänderungsantrag eingebracht. In diesem
Abänderungsantrag heißt es: .…die kapitalistische Kolonialpolitik
führt ihrem innersten Wesen nach zur Knechtung … Die
zivilisatorische Mission, auf die sich die kapitalistische
Gesellschaft beruft, dient ihr nur als Deckmantel für die
Eroberungsgelüste und Ausbeutungsgelüste …" Der
Abänderungsantrag verlangte „ … im Interesse der Entfaltung der
Produktivkräfte eine Politik, die die friedliche kulturelle
Entwicklung gewährleistet …" Ferner verurteilte der
Abänderungsantrag „die barbarischen Methoden kapitalistischer
Kolonisation", Der Abänderungsantrag der Minderheit wurde auf
dem Plenum mit 127 gegen 105 Stimmen angenommen. Gegen den
Abänderungsantrag der Minderheit stimmten restlos die Delegationen
Deutschlands, der deutschen Sozialdemokratie Österreichs, der
tschechischen Sozialdemokratie, Belgiens und Dänemarks, ferner 12
französische Delegierte (von 20), 14 englische (von 20), die
Holländer, 4 Ilaliener (von 15), die Schweden und die Vertreter
Südamerikas. [Band 17] |
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