Lassalle
hatte 1863 im Kampfe gegen die Beeinflussung der Arbeiter durch den
bürgerlichen Liberalismus den „Allgemeinen Deutschen
Arbeiterverein“ gegründet. Nach seinem Tode (1864), trat J. B. von
Schweitzer
mit diktatorischen Vollmachten an die Spitze des Vereins. An dem
Organ der Lassalleaner, dem „Sozialdemokrat“, arbeiteten anfangs
auch Marx,
Engels
und Liebknecht
mit. Bald kam es jedoch zum Bruch, da Schweitzer die Großmachtpolitik
Bismarcks
unterstützte, der die nationale Einigung Deutschlands unter der
Vorherrschaft der preußischen Junker und der Hohenzollern zu
verwirklichen begann. Die neuesten dokumentarischen
Veröffentlichungen zeigen, dass Lassalles und Schweitzers Liebäugeln
mit Bismarck Ansätze einer bonapartistischen Arbeiterpolitik waren.
– Im Jahre 1869 bildete sich auf dem Parteitage in Eisenach die
Sozialdemokratische Partei mit Bebel
und Liebknecht an der Spitze, die aus der kleinbürgerlichen, der
„Deutschen
Volkspartei“ angehörenden „Sächsischen Volkspartei“
hervorging und gegen die Bismarcksche Politik gerichtet war. Die
Vereinigung der beiden Parteien zur „Sozialdemokratischen Partei
Deutschlands“ erfolgte 1875 auf dem Vereinigungsparteitag in Gotha. [Ausgewählte Werke Band 2] Im Jahre 1863 wurde in Deutschland von Lassalle der „Allgemeine Deutsche Arbeiterverein“ auf der Grundlage des Programms gebildet, das Lassalle in dem sogenannten „Offenen Antwortschreiben“ entwickelt hatte. Ein Kernpunkt dieses Programms bestand in der Forderung der Loslösung des Proletariats von allen bürgerlichen Parteien, der Organisation einer eigenen Partei des Proletariats, die das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Stimmrecht erkämpfen sollte. Das Stimmrecht war nach diesem Lassalleschen Programm dem Proletariat nötig, um von der bürgerlichen Staatsmacht reale Hilfe für seine Produktivgenossenschaften zu erreichen, die dazu bestimmt waren, noch unter dem Kapitalismus die privatkapitalistischen Unternehmungen allmählich zu ersetzen und schließlich zum Sozialismus zu führen. Die Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins nannte man nach seinem Begründer Lassalleaner. Als Gegengewicht gegen den Lassalleschen Arbeiterverein organisierte die bürgerliche (liberale) „Fortschritts-Partei“ verschiedenartige Arbeiterbildungsvereine. Diese einzelnen Vereine vereinigten sich zum „Verband der Deutschen Arbeitervereine“. Der Einfluss der Bürgerlichen und Liberalen sank in diesem Verband immer mehr, bis der Verband schließlich auf dem Nürnberger Vereinstage im Jahre 1868 endgültig den Bruch mit dem bürgerlichen Liberalismus Vollzug. Im Jahre 1869 gründete der Verband der Deutschen Arbeitervereine gemeinsam mit einem Teile der Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, die sich von den Lassalleanern getrennt hatten, auf dem Kongress zu Eisenach die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands. Die Anhänger dieser Partei nannte man in der Folge die Eisenacher. Zwischen den Lassalleanern und den Eisenachern gab es eine Reihe prinzipieller und praktischer politischer Differenzen. Die Lassalleaner verhielten sich gegenüber den Gewerkschaften geringschätzig, die Eisenacher dagegen hielten sie für notwendige Organisationen der Arbeiterklasse. Die Lassalleaner traten der liberalen Bourgeoisie als unversöhnlich feindlich gegenüber, sanken aber zugleich zum Paktieren und zu Vereinbarungen mit den konservativen Gutsbesitzern herab. Lassalle machte eine Annäherung an Bismarck, und sein Nachfolger Johann Baptist Schweitzer setzte nach Lassalles Tod (1864) diese Politik fort, der auf der Seite Bismarcks eine Neigung zur Schaffung einer bonapartistischen Arbeiterpartei entsprach. Die Eisenacher waren den Konservativen (der Regierungspartei des preußischen junkerlichen Absolutismus) gegenüber unversöhnlich, hatten aber keine genügend feste Linie im Verhältnis zur liberalen Bourgeoisie. Die Lassalleaner waren Anhänger des Bismarckschen Planes der Einigung Deutschlands ohne Österreich, unter preußisch-hohenzollernscher Hegemonie, die Eisenacher waren der Ansicht, dass auch Österreich zu dem künftigen einheitlichen Deutschland gehören soll usw. Im Allgemeinen jedoch näherten sich die Eisenacher bei allen ihren unzweifelhaften Fehlern dem Standpunkt des Marxismus. während die Lassalleaner sowohl auf dem Gebiete der Theorie als auch in der Praxis als die Vorläufer des Revisionismus in der deutschen Sozialdemokratie anzusehen sind. Nach der Einigung Deutschlands im Jahre 1871 begannen sich die Differenzen zwischen den Lassalleanern und den Eisenachern abzuschwächen. Es wurde die Frage der Einigung beider Organisationen aufgeworfen. Diese erfolgte auf dem Vereinigungskongress zu Gotha im Jahre 1875. Dieser Vereinigungskongress nahm ein Kompromissprogramm an, das im Wesentlichen die Lassalleschen opportunistischen Ansichten wiederholte, in das aber auch die Eisenacher einige Fehler hinein trugen Dieses Programm unterwarf Marx einer scharfen Kritik, und zwar in einem besonderen Briefe an die Mitglieder des Parteivorstandes, datiert vom 5. Mai 1875, der erst im Jahre 1891 unter dem Druck von Engels im wissenschaftlichen Organ der Partei, der „Neuen Zeit“, abgedruckt wurde (siehe: Marx-Engels, Kritiken der sozialdemokratischen Programmentwürfe von 1875 und 1891, Elementarbücher des Kommunismus, Band XII, Seite 15. Internationaler Arbeiterverlag Berlin). [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 4, Anm. 24] „Lassalleaner und Eisenacher" – zwei Strömungen in der deutschen Arbeiterbewegung in der zweiten Hälfte der sechziger und in der ersten Hälfte der siebziger Jahre. Im Gegensatz zu den bürgerlichen Fortschrittlern, die bestrebt waren, die Arbeiterklasse ihrem Einflüsse unterzuordnen, begann Lassalle im Jahre 1863 eine Agitation für die Schaffung einer selbständigen politischen Partei der Arbeiterklasse, die den legalen Kampf für das allgemeine Wahlrecht und für die Gründung von Produktivgenossenschaften mit Staatshilfe in ihr Programm aufnahm. Die neue Partei wurde von Lassalle im Jahre 1863 unter dem Namen „Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein" gegründet. Nach dem Tode Lassalles' (1864) trat der mit diktatorischen Vollmachten ausgestattete J. B. von Schweitzer an die Spitze des Vereins. Die Lassalleaner schritten zur Herausgabe eines eigenen Organs, des „Sozialdemokrat", an dem zu Beginn auch Marx, Engels und W. Liebknecht mitarbeiteten. Nach kurzer Zeit kam es jedoch zum Bruch zwischen ihnen und der Redaktion des „Sozialdemokrat", da Schweitzer die Großmachtspolitik Bismarcks unterstützte, der die nationale Einigung Deutschlands unter der Vorherrschaft des preußischen Junkertums und der Hohenzollerndynastie zu verwirklichen strebte. Auf dem Boden der Unzufriedenheit mit der bismarckfreundlichen Politik der Lassalleaner gründeten die sächsischen Arbeiterorganisationen im Jahre 1866 die „Sächsische Volkspartei" (mit Bebel und Liebknecht), die zunächst zur sogenannten „Deutschen Volkspartei" (einer bürgerlichen Partei) gehörte. Im Jahre 1869 trennte sich die Sächsische Partei endgültig von der Deutschen Volkspartei und auf dem Eisenacher Parteitag konstituierte sie sich zur Sozialdemokratischen Partei, nachdem sich die Vereinigung mit den Lassalleanern als unmöglich erwiesen hatte. Das Vorhandensein von zwei Richtungen in der deutschen Arbeiterbewegung war von einem erbitterten Kampfe begleitet, der hauptsächlich um die Fragen der Reichsgründung und der Parlamentstaktik ausgekämpft wurde: die Lassalleaner standen auf dem Standpunkt der „sachlichen" Parlamentstaktik, die Eisenacher – auf dem Standpunkt der Ausnützung der Parlamentstribüne zur Entlarvung der herrschenden Klassen und zur Propaganda der Ansichten der Partei. Die Vereinigung der beiden Richtungen erfolgte im Jahre 1875 auf dem Gothaer Kongress. |
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