In seinem Bericht über die Taktik der KPR(B) auf dem III. Kongress der Kommunistischen Internationale am 5. Juli 1921 zieht Lenin das Fazit der Politik der Partei zwischen dem II. und dem III. Kongress der Kommunistischen Internationale. In der zwischen den beiden Kongressen liegenden Zeitspanne vollzog sich gerade der Übergang von der Politik des Kriegskommunismus zur neuen ökonomischen Politik. Es war überaus wichtig, dass nicht nur in der KPR(B), sondern in der ganzen Kommunistischen Internationale über die Frage der neuen ökonomischen Politik größte Klarheit und Einigkeit herrschte. Deshalb wurde die Frage der neuen ökonomischen Politik auf dem III. Kongress als besonderer Bericht über die Taktik der KPR(B) gestellt. In diesem Bericht wies Lenin darauf hin, dass die Broschüre „Über die Naturalsteuer“ ihm als Material für seinen Bericht gedient habe. Der Bericht über die Taktik ist mit dieser Schrift eng verbunden und bildet mit ihr zusammen ein einheitliches Ganzes. Dem Bericht wurden die Thesen über die Taktik der KPR(B) voran geschickt, in denen die Kerngedanken des Berichts enthalten sind. Sowohl in den Thesen als auch in dem Bericht gibt Lenin eine tiefschürfende Analyse des Wesens der neuen ökonomischen Politik und der Perspektiven des Aufbaus des Sozialismus unter ihren Bedingungen. Die Bedeutung der neuen ökonomischen Politik für die internationale Revolution erblickte Lenin darin, dass sie zeigte, wie das Proletariat, nach der Eroberung der Staatsmacht, im Interesse der Aufhebung der Klassen und des Aufbaus der sozialistischen Gesellschaft seine Beziehungen zur Bauernschaft praktisch gestalten soll. Lenin war der Ansicht, dass auch das Proletariat der anderen kapitalistischen Länder vor diesem Problem stehen wird und dass daher die Erfahrungen Sowjetrusslands von den kommunistischen Parteien der anderen Länder berücksichtigt werden müssen. Lenin betont die entscheidende Bedeutung des Wiederaufbaus der Großindustrie und der Verwirklichung der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft auf der Grundlage der sozialistischen Großindustrie. Er stellt seine Auffassung vom Bündnis mit der Bauernschaft direkt der menschewistischen entgegen, die zum Sieg der Bourgeoisie führt, denn die Menschewiki lehnen die revolutionäre Führung der Bauernschaft durch das Proletariat ab, und „da die Bauernschaft nicht selbständig sein kann, so bedeutet das praktisch nichts anderes als die Wiederherstellung des Kapitalismus“. Stärkung und Festigung der Diktatur des Proletariats, endgültiger Sieg über die Ausbeuter, Aufbau des Sozialismus – das sind die Ziele des Bündnisses mit der Bauernschaft. Eben diesen Zielen dienen die neuen Formen des Zusammenschlusses mit der Bauernschaft – der Übergang zur Naturalsteuer, die Zulassung des freien Verkaufs der Überschüsse und die Hilfe für die Mittelbauernschaft beim Übergang zur neuen ökonomischen Politik, um ihre Lage zu verbessern und ihre Wirtschaft zu heben. Die Zulassung des freien Austausches bedeutet jedoch eine gewisse Freiheit des Kapitalismus. Lenin stellt klar und deutlich die Bedeutung, die Bedingungen und die Grenzen der Zulässigkeit des Kapitalismus im Sowjetlande fest, er spricht über die Verwandlung dieses Kapitalismus im proletarischen Staat in einen Staatskapitalismus und behandelt im Besonderen ausführlicher eine der Formen des Staatskapitalismus – die Konzessionen. Lenins Bericht fand die volle Zustimmung des Kongresses. Nur die Genossin Kollontai, die der Gruppe der „Arbeiteropposition“ angehörte, und die Vertreter der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands (einer halbanarchistischen Organisation) standen den im Bericht entwickelten Gedankengängen im Grunde feindlich gegenüber. Die Genossin Kollontai übte […] Kritik an Lenins Bericht, indem sie behauptete, dass die Sowjetmacht drei Klassen vertrete (Bauernschaft, Beamtentum und Arbeiter), dass die neue ökonomische Politik zur Wiederherstellung des Kapitalismus führen werde, dass der bolschewistischen Partei die Gefahr drohe, das Vertrauen der Arbeiter zu verlieren usw. Der Vertreter der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands, Hempel, erklärte, dass „Sowjetrussland zu dem Feld wird, auf dem sich das internationale Kapital wieder aufrichtet … nicht in dem Maße aufrichtet, dass es überhaupt wieder gesunden kann, aber dass es sich eine längere Periode hindurch hinschleicht …“, dass, wenn die russischen Genossen … „mehr und mehr … nach der rechten Seite ihrer russischen Staatspolitik zusteuern, … sie ein Gegengewicht nötig haben … durch die III. Internationale“, da ihre Interessen und die Interessen der Weltrevolution auseinandergehen können (Protokoll des III. Kongresses der Kommunistischen Internationale, Hamburg-Berlin, S. 794). Diese „linken“, im Grunde konterrevolutionären Ängste und Prophezeiungen fanden beim Kongress keinerlei Anklang. Zum Bericht Lenins wurde vom Kongress folgende Resolution angenommen: „Nachdem der III. Weltkongress der Kommunistischen Internationale den Bericht des Genossen Lenin über die Taktik der KPR gehört und von den dazu vorgelegten Thesen Kenntnis genommen hat, erklärt der Kongress: Der
III. Weltkongress der Kommunistischen Internationale blickt mit
Bewunderung
auf den fast vierjährigen Kampf des russischen Proletariats um die
Eroberung und Erhaltung seiner politischen Macht. Der Kongress
billigt einmütig die Politik der KPR, die vom Beginn an in jeder
Situation die drohenden Gefahren richtig erkannt und, treu den
Grundsätzen des revolutionären Marxismus, immer Mittel und Wege
gefunden hat, sie zu meistern …“ [Lenin, ausgewählte Werke, Band 9, Anm. 70] |
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