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Petersburger Arbeiterdeputiertenrat

Der Petersburger Arbeiterdeputiertenrat oder „Rat (Sowjet) der Deputierten der Petersburger Fabriken und Betriebe", wie er sich in Nr. 1 der „Iswestija" selbst nannte, entstand am 13./26. Oktober 1905 in den Tagen des politischen Generalstreiks, der sich schon auf den Aufstand stützte und stellenweise auch in den Aufstand überging. Da der Deputiertenrat vom Beginn seines Bestehens in enge Fühlung mit den revolutionären Parteien und in erster Linie mit der Sozialdemokratie trat, ging seine Organisation rasch über den Rahmen eines „Streikkomitees", wie die außerrussische Presse den Deputiertenrat nannte, hinaus. Der Deputiertenrat besaß bei den Arbeitermassen sehr große Popularität und Autorität. Organisatorisch formierte er sich am 17./30. Oktober, an welchem Tage sein Name festgelegt und ein provisorischer Vollzugsausschuss gewählt wurde. Von den wesentlichsten Momenten der Tätigkeit des Arbeiterdeputiertenrats (sie erstreckte sich auf die Zeit vom 13./26. Oktober bis 3./16. Dezember 1905, also 50 Tage) müssen die folgenden hervorgehoben werden: Leitung des Generalstreiks im Oktober; Verkündung der Pressefreiheit am 19. Oktober/1. November; Verkündung des achtstündigen Arbeitstages am 31. Oktober/13. November und Aufforderung zu seiner eigenmächtigen tatsächlichen Durchführung; Durchführung des Novemberstreiks zur Verteidigung der verurteilten Kronstädter Matrosen und zugleich zur Verteidigung des revolutionären Polen, wo der Belagerungszustand verhängt worden war; Unterstützung des Streiks der Post- und Telegraphenangestellten; Mitwirkung bei der breiten Organisierung von Gewerkschaftsverbänden und Initiative bei der Organisierung der Unterstützung der Arbeitslosen; schließlich am 1./14. Dezember das „Finanzmanifest". Doch waren weder die Dekrete des Arbeiterdeputiertenrats über die Pressefreiheit und den Achtstundentag noch ihre eigenmächtige Durchführung von Dauer ohne die einzig mögliche Sicherung – den Sieg des bewaffneten Aufstandes. Die Bolschewiki, die den Arbeiterdeputiertenrat als Kampforganisation des Proletariats betrachteten, entsandten in ihn zwei (von fünf) Mitglieder ihres Zentralkomitees, Bogdanow und Postolowski, als offizielle Vertreter im Vollzugsausschuss. Eine hervorragende Rolle spielte im Deputiertenrat und im Vollzugsausschuss der Bolschewik Knunjanz (Radin). Als Lenin die ersten in die ausländische Presse gelangten Nachrichten über den Arbeiterdeputiertenrat erhielt, vermerkte er sofort seine Kampfrolle. Nach seiner Rückkehr nach Russland veröffentlichte er in der „Nowaja Schisn" eine Reihe von Artikeln, die der Beurteilung der Aufgaben und der Wirksamkeit des Arbeiterdeputiertenrats gewidmet waren. In diesen Artikeln werden die Arbeiterräte als Organe des Aufstandes und Keimorgane der Volksmacht charakterisiert. Ohne das Anwachsen der revolutionären Welle, ohne den Übergang zur Offensive gegen den Zarismus mussten die Räte von der Reaktion zerschlagen werden. Der erste Schritt im Angriff gegen den Arbeiterdeputiertenrat, den die Regierung Witte unternahm, war die Verhaftung seines Vorsitzenden. Gleich darauf, am 3./16. Dezember 1905, wurde der gesamte Rat samt dem Vollzugsausschuss verhaftet. Am 31. Mai/13. Juni 1906 wurde den Mitgliedern des Arbeiterdeputiertenrats die „Anklageschrift gegen die Mitglieder der Gesellschaft, die sich die Bezeichnung ,St. Petersburger allgemein-städtischer Rat der Arbeiterdeputierten' beigelegt hat", eingehändigt. Am 2./15. November wurde das Urteil verkündet, mit dem 15 Mitglieder zur Verbannung und 2 zu Festungshaft verurteilt wurden. Nach der Verhaftung des Arbeiterdeputiertenrats, die zur Zeit des Abflauens der revolutionären Welle in Petersburg erfolgte, versuchten die Menschewiki ihn neu zu bilden. Jedoch der neu gebildete Vollzugsausschuss, dessen Vorsitzender Parvus war, war nicht einmal imstande, auch nur das Plenum des Deputiertenrates einzuberufen. Der zweite Vollzugsausschuss wurde am 2./15. Januar 1906 verhaftet. Einige Zeit bestanden noch in einzelnen Stadtteilen Bezirks-Deputiertenräte, die aber keine politische Rolle mehr spielten. Als im Zusammenhang mit der Einberufung der Reichsduma die Menschewiki die Frage der Ausnützung der Wahlen zur Gründung neuer Arbeiterräte aufwarfen, schrieb Lenin („Die Plattform der ,Mehrheit'", Bd. IX der „Sämtl. Werke" [nicht erschienen]): „… Wozu neue Arbeiterdeputiertenräte gründen, wo doch noch (z.B. in Petersburg) die alten Arbeiterdeputiertenräte bestehen? Das ist nutzlos und sogar schädlich, denn es ruft die falsche, illusorische Meinung hervor, dass man die absterbenden und sich zersetzenden Arbeiterräte durch neue Wahlen und nicht durch die neue Vorbereitung und Verbreiterung des Aufstandes beleben könne." Über die Arbeiterdeputiertenräte siehe auch die Broschüre Lenins „Der Sieg der Kadetten und die Aufgaben der Arbeiterpartei" (Band IX der „Sämtl. Werke"). Über das Auftreten Lenins im Arbeiterdeputiertenrat siehe hier. [Lenin, Sämtliche Werke, Band 8, Anm. 162]

Der Petersburger Arbeiterdeputiertenrat oder „Rat (Sowjet) der Deputierten der Petersburger Fabriken und Betriebe“, wie er sich selbst nannte, entstand am 13./26. Oktober 1905 in den Tagen des politischen Generalstreiks. Da der Deputiertenrat vom Beginn seines Bestehens in enge Fühlung mit den revolutionären Parteien und in erster Linie mit der Sozialdemokratie trat, ging seine Organisation rasch über den Rahmen eines „Streikkomitees", wie die außerrussische Presse den Deputiertenrat nannte, hinaus. Der Deputiertenrat besaß bei den Arbeitermassen sehr große Popularität und Autorität. Organisatorisch formierte er sich am 17./30. Oktober, an welchem Tage sein Name festgelegt und ein provisorischer Vollzugsausschuss gewählt wurde. Von den wesentlichsten Momenten der Tätigkeit des Arbeiterdeputiertenrates (sie erstreckte sich auf die Zeit vom 13./26. Oktober bis 3./16. Dezember 1905, also 50 Tage) müssen die folgenden hervorgehoben werden: Leitung des Generalstreiks im Oktober; Verkündung der Pressefreiheit am 19. Oktober/1. November; Verkündung des achtstündigen Arbeitstages am 31. Oktober/13. November und Aufforderung zu seiner eigenmächtigen tatsächlichen Durchführung; Durchführung des Novemberstreiks zur Verteidigung der verurteilten Kronstädter Matrosen und zugleich zur Verteidigung des revolutionären Polen, wo der Belagerungszustand verhängt worden war; Unterstützung des Streiks der Post- und Telegrafenangestellten; Mitwirkung bei der breiten Organisierung von Gewerkschaftsverbänden und Initiative bei der Organisierung der Unterstützung der Arbeitslosen; schließlich am 1./14. Dezember das „Finanz-Manifest“. Doch waren weder die Dekrete des Arbeiterdeputiertenrates über die Pressefreiheit und den Achtstundentag noch ihre eigenmächtige Durchführung von Dauer ohne die einzig mögliche Sicherung – den Sieg des bewaffneten Aufstandes. Lenin charakterisierte in seinen Artikeln aus jener Zeit die Arbeiterräte als Organe des Aufstandes und Keimorgane der Volksmacht. Ohne das Anwachsen der revolutionären Welle, ohne den Übergang zur Offensive gegen den Zarismus mussten die Räte von der Reaktion zerschlagen werden. Der erste Schritt der Regierung gegen den Arbeiterdeputiertenrat war die Verhaftung seines Vorsitzenden. Gleich darauf, am 3./16. Dezember 1905, wurde der gesamte Rat samt dem Vollzugsausschuss verhaftet. Am 2./15. November 1906 wurden 15 Mitglieder zur Verbannung und zwei zu Festungshaft verurteilt. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 3, Anm. 12]

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