Glossar‎ > ‎

Sozialistenkongress 1904 in Amsterdam

Der internationale Sozialistenkongress in Amsterdam tagte vom 14.–20. August 1904, mitten im russisch-japanischen Kriege. Auf der Tagesordnung standen u. a. folgende Punkte: 1. Internationale Regeln der sozialistischen Politik. 2. Kolonialpolitik. 3. Auswanderung und Einwanderung. 4. Generalstreik. 5. Sozialpolitik und Arbeiterversicherung. 6. Trusts und Arbeitslosigkeit. Die vom Kongress angenommene Resolution zu Punkt 1, die sich im Wesentlichen mit der taktischen Resolution des Dresdener Parteitages der deutschen Sozialdemokratie (1903) deckt, hatte folgenden Wortlaut:

Der Kongress verurteilt auf das Entschiedenste die revisionistischen Bestrebungen, unsere bisherige bewährte und sieggekrönte, auf dem Klassenkampf beruhende Taktik in dem Sinne zu ändern, dass an Stelle der Eroberung der politischen Macht durch Überwindung unserer Gegner eine Politik des Entgegenkommens an die bestehende Ordnung der Dinge tritt.

Die Folge einer derartigen revisionistischen Taktik wäre, dass aus einer Partei, die auf die möglichst rasche Umwandlung der bestehenden bürgerlichen in die sozialistische Gesellschaftsordnung hinarbeitet, also im besten Sinne des Wortes revolutionär ist, eine Partei wird, die sich mit der Reformierung der bürgerlichen Gesellschaft begnügt.

Daher ist der Kongress im Gegensatz zu den vorhandenen revisionistischen Bestrebungen der Überzeugung, dass die Klassengegensätze sich nicht abschwächen, sondern stetig verschärfen, und erklärt:

1. dass die Partei die Verantwortlichkeit ablehnt für die auf der kapitalistischen Produktionsweise beruhenden politischen und wirtschaftlichen Zustände, und dass sie deshalb jede Bewilligung von Mitteln verweigert, welche geeignet sind, die herrschende Klasse an der Regierung zu erhalten:

2. dass die Sozialdemokratie gemäß der Resolution Kautsky des Internationalen Sozialistenkongresses zu Paris im Jahre 1900 einen Anteil an der Regierungsgewalt innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft nicht erstreben kann.

Der Kongress verurteilt ferner jedes Bestreben, die vorhandenen Klassengegensätze zu vertuschen, um eine Anlehnung an bürgerliche Parteien zu erleichtern.

Der Kongress erwartet, dass die sozialdemokratischen Fraktionen die größere Macht, die sie durch die vermehrte Zahl ihrer Mitglieder wie durch die gewaltige Zunahme der hinter ihnen stehenden Wählermassen erlangen, nach wie vor zur Aufklärung über das Ziel der Sozialdemokratie verwenden und entsprechend den Grundsätzen ihres Programms dazu benutzen, die Interessen der Arbeiterklasse, die Erweiterung und Sicherung der politischen Freiheit und der gleichen Rechte überall aufs Kraftvollste und Nachdrücklichste wahrzunehmen und den Kampf wider Militarismus und Marinismus, wider Kolonial- und Weltmachtpolitik, wider Unrecht, Unterdrückung und Ausbeutung in jeglicher Gestalt noch energischer zu führen als es ihnen bisher möglich gewesen ist und für den Ausbau der Sozialgesetzgebung und die Erfüllung der politischen und kulturellen Aufgaben der Arbeiterklasse energisch zu wirken.“ [Lenin, Sämtliche Werke, Band 7, Anm. 115]

Auf dem Amsterdamer Kongress der II. Internationale (im August 1904) wurde im Zusammenhang mit der Erörterung der Differenzen zwischen der Sozialistischen Partei Frankreichs (Guesdisten) und dar Französischen Sozialistischen Partei (Jaurèsisten) eine Resolution über die Einheit der Partei beschlossen, die von Bebel, Adler, Anseele, Ferri u. a. beantragt worden war und deren Inhalt darauf hinauslief, es sei „unerlässlich, dass es in jedem Lande gegenüber den bürgerlichen Parteien nur eine sozialistische Partei gebe, wie es nur ein Proletariat gibt". Die Resolution schlug vor, in allen Ländern eine ebensolche Einheit auf Grund der von den Internationalen Kongressen aufgestellten Prinzipien zu erstreben. Das Internationale Sozialistische Büro bot den sozialistischen Parteien der verschiedenen Länder zu diesem Zweck seine Dienste an. [Band 17]

Der Amsterdamer Kongress der II. Internationale (1904) behandelte ebenfalls die Frage des Revisionismus, und zwar im Zusammenhang mit der Frage des Eintritts von Sozialisten in eine bürgerliche Regierung, welche Frage in Frankreich aktuell geworden war. Die Resolution des Amsterdamer Kongresses deckte sich in ihren Hauptthesen mit der des Dresdner Parteitages. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 4, Anm. 139]

Internationaler Kongress der II. Internationale in Amsterdam – fand statt im August des Jahr 1904, auf der Tagesordnung des Kongresses standen folgende Fragen: 1) Reformismus, 2) koloniale Frage, 3) Auswanderung und Einwanderung, 4) Generalstreik, 5) Sozialpolitik, Arbeiterversicherung und 8-Stunden-Arbeitstag, 6) Trusts und Arbeitslosigkeit. Auf dem Kongress waren 23 Länder, einschließlich und Russland (mit 45 Delegierten) vertreten. Der Hauptgegenstand der Erörterungen war die Frage des Reformismus. Anlass für dessen Aufstellung war der Eintritt des Sozialisten Millerand in das bürgerliche Kabinett. Nach hitziger Debatte wurde mit der Mehrheit der Stimmen die sogenannte „Dresdener Resolution" der deutschen Sozialdemokratie angenommen, die die opportunistische Politik entschieden missbilligte. Wir bringen Auszüge aus dieser Resolution:

Der Kongress verurteilt auf das Entschiedenste die revisionistischen Bestrebungen, unsere bisherige bewährte und sieggekrönte, auf dem Klassenkampf beruhende Taktik in dem Sinne zu ändern, dass an Stelle der Eroberung der politischen Macht durch Überwindung unserer Gegner eine Politik des Entgegenkommens an die bestehende Ordnung der Dinge tritt.".

1. dass die Partei die Verantwortlichkeit ablehnt für die auf der kapitalistischen Produktionsweise beruhenden politischen und wirtschaftlichen Zustände, und dass sie deshalb jede Bewilligung von Mitteln verweigert, welche geeignet sind, die herrschende Klasse an der Regierung zu erhalten. 2. dass die Sozialdemokratie gemäß der Resolution Kautsky des Internationalen Sozialistenkongresses zu Paris im Jahre 1900 einen Anteil an der Regierungsgewalt innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft nicht erstreben kann".

Diese gegen den Revisionismus und Ministerialismus gerichteten Resolutionen bedeuteten den Sieg des revolutionär-marxistischen Flügels in der II. Internationale. Zur kolonialen Frage nahm der Kongress eine Resolution an, die die sozialdemokratische Partei jedes Landes aufrief, gegen die räuberische Kolonialpolitik der eigenen Regierung zu kämpfen. Zur Frage des Generalstreiks äußerte sich der Kongress in dem Sinne, dass Generalstreik praktisch unausführbar sei, weil er „jede Existenz, und folglich auch die Existenz des Proletariats unmöglich macht". Deshalb beschloss der Kongress, dass der „Streik … bloß als alleräußerstes Mittel für das Erringen beträchtlicher gesellschaftlicher Änderungen dienen kann". Über andere Fragen auf der Tagesordnung: über Sozialpolitik, Trusts und Arbeitslosigkeit beschloss der Kongress Resolution, die die Annahme von Gesetzgebungen über Arbeiterversicherungen und die Stärkung der ökonomischen Organisation des Proletariats als Gegengewicht der sich vermehrenden kapitalistischen Vereinigungen forderte. Zum Abschluss nahm der Amsterdamer Kongress eine Grußresolution an das Proletariat Russlands an, in welcher er anmerkte, dass

die Arbeiter der ganze Welt mit lebendigster Anteilnahme dessen Kampf gegen den Absolutismus verfolgen, und dass das Proletariat Russlands, indem es für seine eigene Befreiung kämpft, somit für die Befreiung des Proletariats der ganzen Welt kämpft". [Trotzki, Sotschinenija, Band 8, Anm. 16]

Der Amsterdamer Kongress der II. Internationale tagte vom 14. bis 20. August 1904. Auf dem Kongress waren 476 Delegierte anwesend, doch hatte jede Delegation nur zwei beschließende Stimmen. Die Hauptfragen, über die der Kongress zu beschließen hatte, waren folgende: 1. Internationale Regeln der sozialistischen Politik (Vandervelde), 2. Generalstreik (Roland-Holst), 3. Kolonialpolitik (Van Kol) und 4. Sozialpolitik und Arbeiterversicherung (Molkenbuhr). Die heftigste Diskussion entstand bei der Erörterung der ersten Frage (die Revisionisten verteidigte Jaurès, die orthodoxe Politik vertrat Bebel), zu der der Kongress folgende Resolution annahm, die fast vollkommen die Resolution des Dresdner Parteitags (1903) der deutschen Sozialdemokratie wiedergibt:

Der Kongress verurteilt auf das Entschiedenste die revisionistischen Bestrebungen, unsere bisherige bewährte und sieggekrönte, auf dem Klassenkampf beruhende Taktik in dem Sinne zu ändern, dass an Stelle der Eroberung der politischen Macht durch Überwindung unserer Gegner eine Politik des Entgegenkommens an die bestehende Ordnung der Dinge tritt.

Die Folge einer derartigen revisionistischen Taktik wäre, dass aus einer Partei, die auf die möglichst rasche Umwandlung der bestehenden bürgerlichen in die sozialistische Gesellschaftsordnung hinarbeitet, also im besten Sinne des Wortes revolutionär ist, eine Partei wird, die sich mit der Reformierung der bürgerlichen Gesellschaft begnügt.

Daher ist der Kongress im Gegensatz zu den vorhandenen revisionistischen Bestrebungen der Überzeugung, dass die Klassengegensätze sich nicht abschwächen, sondern stetig verschärfen, und erklärt:

1. dass die Partei die Verantwortlichkeit ablehnt für die auf der kapitalistischen Produktionsweise beruhenden politischen und wirtschaftlichen Zustände und dass sie deshalb jede Bewilligung von Mitteln verweigert, welche geeignet sind, die herrschende Klasse an der Regierung zu erhalten;

2. dass die Sozialdemokratie, gemäß der Resolution Kautskys des Internationalen Sozialistenkongresses zu Paris im Jahre 1900, einen Anteil an der Regierungsgewalt innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft nicht erstreben kann.

Der Kongress verurteilt ferner jedes Bestreben, die vorhandenen, stets wachsenden Klassengegensätze zu vertuschen, um eine Anlehnung an bürgerliche Parteien zu erleichtern.

Der Kongress erwartet, dass die sozialdemokratischen Parlamentsfraktionen die größere Macht, die sie durch die vermehrte Zahl ihrer Mitglieder, wie durch die gewaltige Zunahme der hinter ihr stehenden Wählermassen erlangt, nach wie vor zur Aufklärung über das Ziel der Sozialdemokratie verwenden und entsprechend den Grundsätzen unseres Programms dazu benutzen, die Interessen der Arbeiterklasse, die Erweiterung und Sicherung der politischen Freiheit und der gleichen Rechte für alle aufs Kraftvollste und Nachdrücklichste wahrzunehmen und den Kampf wider Militarismus und Marinismus, wider Kolonial- und Weltmachtspolitik, wider Unrecht, Unterdrückung und Ausbeutung in jeglicher Gestalt noch energischer zu führen und für den Ausbau der Sozialgesetzgebung und die Erfüllung der politischen und kulturellen Aufgaben der Arbeiterklasse energisch zu wirken."

Der Kongress trat später, wenn auch in vorsichtiger Form, für die Zulässigkeit der Anwendung des Massenstreiks als für eine Form des proletarischen Kampfes ein; was die Resolution zur Kolonialpolitik anbelangt, so enthielt sie eine Reihe von Thesen, die ein Zugeständnis an den Reformismus bedeuteten.

Die Frage der russischen Delegation auf dem Kongress stand in der SDAPR folgendermaßen: Entgegen dem Vorschlag Lenins, dass die Partei in Amsterdam nur durch den Parteirat vertreten werde, nahmen die Menschewiki in die Delegation neben den Mitgliedern des Parteirats noch Dan, Sassulitsch und Deutsch auf, wogegen Lenin Einspruch erhob. Lenin selber konnte krankheitshalber nicht zum Kongress fahren und übergab sein Mandat Krassikow und Ljadow. Die Menschewiki versuchten, diese Weitergabe des Mandats anzufechten, da Lenin aber an das Kongress-Büro appellierte, so sahen sie sich gezwungen, Krassikow und Ljadow in die russische Delegation aufzunehmen, in der auf diese Weise auch die Anhänger der Mehrheit vertreten waren. Nach dem Kongress versuchte der Parteirat, Lenin der Verletzung der Parteidisziplin anzuklagen (Eingabe an das Büro des Kongresses). Lenin wurde aufgefordert, in einer Sitzung des Parteirats zu erscheinen, um sich zu rechtfertigen, aber er erklärte in einem Brief an den Sekretär des Parteirats, dass er, „nachdem das Büro des Internationalen Kongresses der Weitergabe des Mandates zugestimmt hat, keinem Parteirat mehr eine Antwort schuldig sei".

Die Menschewiki legten dem Kongress den „Bericht der Delegation der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands an den Amsterdamer Internationalen Sozialistenkongress" vor (der Verfasser des Berichtes war Dan), die Bolschewiki – das „Material zur Erläuterung der Parteikrise in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands", das die Unterschrift M. Lidins (Ljadows) trug; an der Abfassung und Redigierung dieser Broschüre hatte Lenin mitgearbeitet.

Kommentare