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Zimmerwalder Konferenz

An der Zimmerwalder Konferenz beteiligten sich Vertreter aus Frankreich (Oppositionselemente der Gewerkschaftsbewegung – Merrheim, Sekretär des Metallarbeiterverbandes, und Bourderon, Sekretär des Böttcherverbandes); aus Deutschland (10 Delegierte – Ledebour, Hoffmann, Borchardt, Meyer, Thalheimer u. a. m., ferner 5-6 Mitglieder der gemäßigten Oppositionsgruppe von Ledebour, die sich im Reichstag bei der Abstimmung über die Kriegskredite der Stimme enthielt, weiter 2-3 Sozialdemokraten, die Liebknecht nahe standen, zugleich aber auf die „alt erprobte, sozialdemokratische Taktik“ nicht verzichten wollten, sowie ein Vertreter der Gruppe Liebknecht-Luxemburg, – Liebknecht selbst war zu jener Zeit mobilisiert, Rosa Luxemburg im Gefängnis); aus Italien (4 Delegierte – offizielle Vertreter des ZK und der Parlamentsfraktion der Partei: Modigliani, Serrati, Lazzari, Morgari); von der Balkanföderation (Kolarow und Rakowski); aus Schweden (Höglund, der Führer der „Jungen“, einer starken Oppositionsgruppe der schwedischen Sozialdemokratie mit drei Tageszeitungen und 13 Abgeordneten im Parlament); aus Norwegen (Nerman, Vertreter der Jugendorganisationen); aus Holland (Roland-Holst); aus Polen (Łapiński, Warski, Hanecki, Radek); von der Schweizer Sozialdemokratie (R. Grimm, Ch. Naine u. a. m.); die russische Sozialdemokratie war vertreten durch das ZK der Bolschewiki (Lenin , Sinowjew ), das OK der Menschewiki (Axelrod, Martow) und die Gruppe „Nasche Slowo (Trotzki); von den internationalistischen Sozialrevolutionären waren anwesend Tschernow (Zeitung „Mysl) und Natanson (ZK). – Vor der Konferenz sandte Lenin an die Schweden und Norweger einen Deklarationsentwurf, dem sie sich anschlossen. Auf der Konferenz selbst kam es zu einem heftigen Kampf zwischen der geschlossenen Gruppe der wirklich internationalistischen Elemente mit Lenin an der Spitze und der nahezu kautskyanischen Konferenzmehrheit. Der hauptsächliche prinzipielle Streit entbrannte um das Manifest. Die linke Gruppe der Konferenzteilnehmer (in der Geschichte als die „ Zimmerwalder Linke bekannt) legte einen eigenen Manifestentwurf vor, ebenso einen Resolutionsentwurf über den Weltkrieg und die Aufgaben der Sozialdemokratie. Der Antrag der „Linken“ wurde von der Konferenzmehrheit abgelehnt und es wurde ein Manifest beschlossen, in dem das Verhalten der sozialdemokratischen Parteien während des Kriegs mit Stillschweigen übergangen und die revolutionären Aufgaben der Arbeiterklasse vertuscht wurden. Diesem Manifest schloss sich später die englische Independent Labour Party und die British Socialist Party an. Außer dem „Manifest“ wurde eine gemeinsame Deklaration der deutschen und der französischen Delegation herausgegeben und eine „Sympathie-Resolution für die Kriegsopfer und für die Verfolgten“ angenommen. Auf der Konferenz wurde eine Internationale Sozialistische Kommission (ISK) in folgender Zusammensetzung gewählt: Morgari (Italien), Ch. Naine (Schweizer Sozialdemokratie), R. Grimm (Schweizer Sozialdemokratie) und A. Balabanowa (italienische Sozialdemokratie). Die ISK gab ihre „Bulletins“ heraus. Die „Zimmerwalder Linke“ wählte ein eigenes Büro, das im November 1915 in Zürich „Internationale Flugblätter“ mit dem Resolutions- und Manifest-Entwurf der Zimmerwalder Linken herausgab. 1916 gab die Linke 2 Hefte der Zeitschrift „Der Vorbote heraus. Die Zimmerwalder Linke war der Grundkern der späteren Kommunistischen Internationale. [Lenin, Sämtliche Werke, Band 18, Anm. 186]

Die internationale sozialistische Konferenz in Zimmerwald (Schweiz) am 5.-8. September 1915 wurde von der sozialistischen Partei Italiens einberufen, um eine gemeinsame internationale Friedensaktion zu organisieren. Vertreten waren teils die offiziellen Parteien als Ganzes (Italien, Russland, Rumänien usw.), teils die oppositionellen und revolutionären Minderheiten, die mehr oder weniger dem Standpunkt des Internationalismus treu geblieben waren. Insgesamt erschienen etwa 30 Delegierte. Als Vertreter von Russland waren anwesend: für das Zentralkomitee der BolschewikiLenin und Sinowjew, für das Organisationskomitee der MenschewikiAxelrod, Martow und Martynow, für die Partei der SozialrevolutionäreNatanson und Tschernow, für die lettische Sozialdemokratie – Bersin, Trotzki vertrat die Redaktion des „Nasche Slowo", außerdem war noch ein Vertreter des „Bund" anwesend. Von Deutschland nahmen an der Konferenz teil: für die Haase-Ledebour-Gruppe – Georg Ledebour, Adolf Hoffmann und Josef Herzfeld; die Gruppe der „Internationale“ (Spartakus) war vertreten durch Ernst Meyer und Bertha Thalheimer; außerdem war noch Julian Borchardt als Vertreter der Internationalen Sozialisten Deutschlands (ISD) anwesend. Von der polnischen Sozialdemokratie nahmen Radek (Landesvorstand) und Warski (Hauptvorstand) an der Konferenz teil, von der linken PPS Łapiński. Italien entsandte mehrere Delegierte. Von Frankreich waren als Vertreter der Minoritäten der Partei und Gewerkschaften Bourderon und Merrheim da, von Holland Henriette Roland-Holst (Gruppe „De Internationale"), von Skandinavien Högl und und Türe Nermann, die offiziell den schwedisch-norwegischen Jugendverband vertraten; die rumänische Partei vertrat Rakowski, die bulgarische (Engherzige) Kolarow. Die rumänische und bulgarische Delegation vertrat zugleich die interbalkanische sozialistische Föderation. Von der Schweiz war die Vertretung eine persönliche; es beteiligten sich Robert Grimm, Charles Naine und Fritz Platten. Die Independent Labour Party in England sagte ihre Beteiligung zu, wurde aber durch die englische Regierung daran gehindert, den Delegierten wurden die Pässe verweigert. Die Mehrheit der Konferenz war zentristisch orientiert. Bei der Besprechung des zu erlassenden Manifestes kam es zu lebhaften Meinungskämpfen. Der linke Flügel der Konferenz unter Führung Lenins forderte schärfere Formulierungen. Die von den Linken vorgelegte Erklärung wandte sich sehr scharf nicht nur gegen die offenen Sozialpatrioten, sondern auch gegen „das sich oppositionell gebärdende Zentrum der Partei um Kautsky"; es wurde darin die Losung des revolutionären Kampfes gegen den Weltkrieg und die Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg aufgestellt: „Burgkrieg, nicht Burgfrieden – das ist die Losung". Diese Erklärung wurde von der Mehrheit der Konferenz verworfen; für sie stimmten die Vertreter der Bolschewiki, der lettischen Partei, des polnischen Landesvorstandes, des schwedisch-norwegischen Jugendverbandes, ein deutscher und ein schweizerischer Delegierter. Die Konferenz nahm schließlich einstimmig ein Manifest an („Zimmerwalder Manifest"). Die Linke gab eine Erklärung ab, dass sie zwar gewisse Tatsachen schärfer betont und die Kampfmittel deutlicher umschrieben wissen wollte, da es sich aber um einen Kampfruf handele, stimme sie dafür, um die Einheit der Aktion zu gewährleisten. Auf der Konferenz wurde ein provisorisches Zentrum gebildet, die Internationale Sozialistische Kommission (ISK), mit dem Sitz in Bern (nach Ausbruch der russischen Revolution wurde sie nach Stockholm verlegt), bestehend aus Morgari (Italien), Charles Naine, Robert Grimm (Schweiz) und Angelika Balabanoff (Sekretärin). Das wichtigste Ergebnis der Konferenz war die Gründung der „Zimmerwalder Linken", die sich ein Programm gab und ein internationales Zentrum schuf. (Die der Zimmerwalder Linken veröffentlichten eine Prinzipienerklärung, die auf der Zimmerwalder Konferenz abgegeben wurde, sowie Thesen für die Kienthaler Konferenz.Die zweite Konferenz der Zimmerwalder fand in Kienthal (Schweiz) 24.–30. April 1916 statt. [...] Die dritte und letzte Zimmerwalder Konferenz fand am 5. September 1917 in Stockholm statt. Die Zimmerwalder Vereinigung existierte bis zur Gründung der Dritten Internationale 1919, wo sie sich auflöste. [Lenin, Sämtliche Werke, Band 20.1, Anm. 47]

Zimmerwalder Konferenz – sie fand vom 5. bis 8. September des Jahres 1915 statt. Die Konferenz, welche sich das Ziel setzte, alle revolutionären Elemente der sozialistischen Bewegung zu vereinigen, erwies sich nach ihrem Bestand als bei weitem nicht gleichartig. Rings um die vom Genossen Lenin geführte russische Delegation der Bolschewiki gruppierten sich die radikalsten Elemente (die sogenannte „Zimmerwalder Linke"), die einen beharrlichen Kampf mit den Vertretern der gemäßigteren Strömung führten. Nach langer Debatte fand sich die Konferenz auf einer Mittellinie zusammen und gab ein Manifest mit dem Aufruf heraus, den Kampf für einen Frieden ohne Annexionen und Kontributionen auf der Basis der Selbstbestimmung der Völker zu beginnen. Danach wurde eine ständige Internationale Sozialistische Kommission mit provisorischem Sekretariat in Bern gebildet. In der Folge schlossen sich der Zimmerwalder Vereinigung mehr als zwanzig Parteien und Parteiminderheiten an, was die rasende Hetzjagd von Seiten der Sozialpatrioten der II. Internationale auf sie zog. Die Zimmerwalder Vereinigung bestand weiter bis zum I. Kongress der Komintern im Jahre 1919, auf welchem sie sich für aufgelöst erklärte. Trotz der Mäßigung ihrer Losungen, spielte die Zimmerwalder Konferenz eine große Rolle bei der Sache der Enthüllung des Verrats der „Mehrheit" der sozialistischen Parteien und der Ausarbeitung der Ansichten des konsequenten revolutionären Internationalismus und bereitete somit über die Zimmerwalder Linke die Schaffung der Kommunistischen Internationale vor. [Trotzki, Sotschinenija, Band 8, Anm. 24]

Die Konferenz fand in dem kleinen schweizerischen Städtchen Zimmerwald statt, woher auch die Konferenz und die ganze Richtung in der Internationale ihren Namen erhielt. Die Geschichte ihrer Einberufung sei hier kurz erwähnt. Zu Beginn des Krieges versuchten einige sozialistische Parteien neutraler Länder (Italiens, der Schweiz und Hollands), die den Zusammenbruch der II. Internationale nicht verstanden und glaubten, man könne ihn durch die bloße Einberufung einer internationalen Konferenz durch dieselbe Internationale aufhalten, auf das Internationale Sozialistische Büro einzuwirken, damit es eine solche Konferenz einberufe. Wie zu erwarten war, führten diese Versuche zu keinerlei Ergebnis. Die italienische Partei setzte sich mit der schweizerischen auf einer gemeinsamen Konferenz in Lugano im September 1914 in Verbindung (auf dieser Konferenz wurden, nebenbei bemerkt, auch die Septemberthesen Lenins über den Krieg debattiert und teilweise angenommen), und nach einem neuerlichen misslungenen Versuch, vom Internationalen Sozialistischen Büro die Einberufung einer internationalen Konferenz zu erreichen, begannen die Parteivorstände der italienischen und der schweizerischen Partei, die Einberufung einer solchen Konferenz ohne das Internationale Sozialistische Büro vorzubereiten Zu derselben Zeit begannen Lenin und das Auslandsbüro des ZK des SDAPR angestrengt an der Vereinigung der wirklich revolutionären Gruppen und Elemente in den alten sozialdemokratischen Parteien Deutschlands, der Schweiz, Polens usw. zu arbeiten. Im Juli 1915 berief die Vertretung der italienischen Partei zusammen mit der schweizerischen Partei in Bern eine vorbereitende Beratung darüber ein, wer zu der geplanten internationalen sozialistischen Konferenz einzuladen sei. Der Vertreter des ZK der Bolschewiki bestand darauf, dass zu der Konferenz nur die linken, revolutionären Sozialdemokraten eingeladen werden sollen. Die Vertreter der italienischen und der schweizerischen Partei sowie die des menschewistischen OK bestanden darauf, dass die Konferenz auf breiterer Grundlage einberufen werde, d. h. dass auch die Zentristen zur Konferenz eingeladen werden sollen. Es wurde auch in diesem Sinne beschlossen. Lenin und die Bolschewiki antworteten auf diesen Beschluss mit einer angestrengten Tätigkeit für den Zusammenschluss der wirklichen Internationalisten, damit diese auf der bevorstehenden Konferenz in geschlossener Front gegen die Zentristen auftreten. Die Haltung der Linken auf der Zimmerwalder Konferenz wurde von Lenin bereits im Juli 1915 angedeutet, als er in einem Brief an Alexandra Kollontai schrieb: „Unseres Erachtens müssen die Linken mit einer gemeinsamen ideologischen Deklaration auftreten: 1. mit einer unbedingten Verurteilung der Sozialchauvinisten und der Opportunisten; 2. mit einem revolutionären Aktionsprogramm (ob „Bürgerkrieg“ oder „revolutionäre Massenaktion“ zu sagen, ist nicht so wichtig); 3. gegen die Losung der ,Vaterlandsverteidigung‘ usw.“ Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, legten die Linken der Konferenz auch den Entwurf eines Aufrufs an die Arbeiter aller Länder vor, in welchem der Krieg als ein räuberischer charakterisiert wurde; es wurde auf den Verrat der sozialdemokratischen Führer verwiesen und die Massen wurden aufgefordert, die sozialistischen Abgeordneten in den Parlamenten zu zwingen, gegen die Kriegskredite zu stimmen sowie die Sozialisten aus den bürgerlichen Regierungen abzuberufen; außerdem wurden die Massen zum Kampfe für den Sturz der bürgerlichen Regierungen aufgerufen. Der Entwurf der Linken wurde von der zentristischen Mehrheit der Konferenz abgelehnt, und diese arbeitete ein eigenes Manifest aus, das unter dem Druck der Linken etwas entschiedener ausfiel, als die Zentristen selbst wollten; vom Verrat der Parteien der II. Internationale, von deren Zusammenbruch war aber darin nichts enthalten, und die revolutionären Aufgaben der Arbeiterklasse wurden vertuscht. Lenin schrieb nach der Konferenz, im November 1915, an Genossin Kollontai: „Das Zimmerwalder Manifest selbst ist ungenügend. Die Kautsky und Konsorten sind bereit, sich mit ihm abzufinden unter der Bedingung, dass ,kein Schritt weiter' gemacht wird. Wir gehen darauf nicht ein, denn das ist nichts als Heuchelei. Wenn es also in Amerika Leute gibt" (Genossin Kollontai war zu dieser Zeit in Amerika), „die sogar das Zimmerwalder Manifest fürchten, dann spucken Sie auf sie und sammeln Sie nur jene, die weiter links stehen als das Zimmerwalder Manifest.“ Außer dem Manifest wurde von der Konferenz auch eine gemeinsame Deklaration der deutschen und französischen Delegation veröffentlicht und eine „Sympathie- und Solidaritätserklärung“ für die Opfer des Krieges und für die von den bürgerlichen Regierungen verfolgten Sozialisten (darunter auch die Mitglieder der bolschewistischen Dumafraktion) beschlossen.

An der Konferenz nahmen teil Vertreter Russlands (Bolschewiki, Menschewiki vom Organisationskomitee und zentristische Sozialrevolutionäre), Frankreichs, Deutschlands, Italiens, der Schweiz, Norwegens, Hollands, Polens, Schwedens und der Balkanländer. Dank den Beschlüssen der Vorkonferenz in Bern herrschten auf der Konferenz die Zentristen und die halben Zentristen vor. Sie verfügten über 20 Stimmen gegen 7-8 Stimmen der Internationalisten, die sich um Lenin gruppierten. Die ganze Tätigkeit der Konferenz stand im Zeichen eines erbitterten Kampfes dieser Linken gegen die Zentristen.. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 5, Anm. 68]

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