Kamenew,
L. B. (geb. 1883) – In
der sozialdemokratischen Organisation seit 1901; 1902 bei einer
Studentendemonstration in Moskau zum ersten Male verhaftet. Nach der
Parteispaltung 1903 bei den Bolschewiki. Teilnehmer des 3. und 5.
Parteitags. Nach Verhaftung in Petersburg 1908 fährt K. ins Ausland,
wo er der Redaktion des bolschewistischen Zentralorgans „Proletari"
angehört und am „Sozialdemokrat" mitarbeitet. Anfang 1914 vom
ZK. zur Leitung der Arbeit der Dumafraktion und zur Redigierung der
„Prawda" nach Russland kommandiert; auf einer gemeinsamen
Konferenz der bolschewistischen Dumafraktion und der Vertreter der
Parteiorganisationen verhaftet und zusammen mit fünf Abgeordneten
nach Sibirien verschickt. Nach der Februar-Revolution kehrt K. nach
Petrograd zurück und tritt in die Redaktion der „Prawda" ein.
Auf der Allrussischen April-Konferenz von 1917, auf der er gegen die
„Thesen" Lenins auftritt, wird K. zum Mitglied des ZK.
gewählt. In den Julitagen von der Regierung Kerenski in Haft
genommen. Vor dem Oktober ist K. gegen den Aufstand, setzt sich im
Gegensatz zu Lenin für eine „demokratische" Entwicklung der
russischen Revolution ein, ist nach dem Siege der Oktober-Revolution
für die Bildung einer Koalitionsregierung aus allen sozialistischen
Parteien zusammen mit den Bolschewiki, tritt aus dem ZK. aus. Auf dem
2. Sowjetkongress zum Vorsitzenden des Zentralexekutivkomitees
gewählt, einige Tage später aber durch Swerdlow ersetzt.
Vorsitzender des Moskauer Sowjets 1918-1926, später
stellvertretender Vorsitzender des Rats der Volkskommissare und
Vorsitzender des Rats für Arbeit und Verteidigung. 1926/27
bevollmächtigter Vertreter der Sowjetunion in Italien. – 1923/24
energischer Gegner des „Trotzkismus", geht K. 1925 zur „Neuen
Opposition" über, tritt 1926 in Block mit Trotzki und wird
einer der Führer der trotzkistischen Opposition. 1927 aus der Partei
ausgeschlossen. 1928 sagt er sich von der Opposition los und wird
wieder in die Partei aufgenommen. [Band 18] Trat
1901 in die sozialdemokratische Organisation ein. 1902 bei einer
Studentendemonstration in Moskau zum ersten Mal verhaftet. Nach der
Spaltung 1903 schloss er sich den Bolschewiki an und betätigte sich
nacheinander in den Parteiorganisationen von Moskau, Tiflis und
Petersburg. Teilnehmer des 3. und 5. Parteitages der SDAPR. 1908 in
Petersburg verhaftet, nach seiner Freilassung begab er sich ins
Ausland, wo er der Redaktion des Zentralorgans der Bolschewiki,
„Proletarij", angehörte. 1913 wurde K. vom Zentralkomitee
nach Russland kommandiert zur Leitung der bolschewistischen
Dumafraktion und der Redaktion der „Prawda". November 1914 auf
einer illegalen Parteikonferenz zusammen mit den bolschewistischen
Dumaabgeordneten verhaftet und nach Sibirien verbannt. Nach der
Februarrevolution kehrte er zurück und übernahm die Redaktion der
„Prawda". Auf der Aprilkonferenz 1917, auf welcher er in das
ZK gewählt wurde, vertrat K. einen von Lenin abweichenden Standpunkt
(siehe auch seinen Artikel „Unsere
Meinungsverschiedenheiten").
Während der Julitage in Petrograd wurde er von der
Kerenski-Regierung verhaftet. In den Oktobertagen 1917 stand K.
zusammen mit Sinowjew in scharfem Gegensatz zu Lenin: sie waren gegen
den Aufstand und verteidigten die „demokratischen" Wege der
Entwicklung der russischen Revolution. Nach dem siegreichen Aufstand
waren sie für eine Koalitionsregierung „aller sozialistischen
Parteien" und traten aus dem Zentralkomitee der Partei aus. Auf
dem 2. Rätekongress wurde K. zum Vorsitzenden des Allrussischen
Zentralexekutivkomitees der Räte gewählt, aber schon nach einigen
Tagen von Swerdlow abgelöst. In den Jahren 1918 bis 1926 war K.
Vorsitzender des Moskauer Sowjets. Eine Zeitlang stellvertretender
Vorsitzender des „Rates der Arbeit und der Verteidigung".
Später einige Zeit Botschafter der Sowjetunion in Italien. 1923-1924
bekämpfte K. heftig den „Trotzkismus", ging 1925 (zusammen
mit Sinowjew) selbst in Opposition. Die sogenannte „neue
Opposition" vereinigte sich 1926 mit Trotzki und K. war einer
der Führer der „vereinigten Opposition". Ende 1927 vom
Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion mit den übrigen
Oppositionsführern aus der Partei ausgeschlossen. Er hat sich
inzwischen von der Opposition losgesagt. (K. zeichnete in früherer
Zeit seine Artikel gewöhnlich J. Kamenew.) [Band 20, 1928] |
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