Luxemburg,
Rosa (1871–1919) – Hervorragende
Vertreterin der polnischen und der deutschen revolutionären
Bewegung, hervorragende Theoretikerin des Marxismus, Mitbegründerin
der Kommunistischen Internationale. Lebte zu Beginn der 90er Jahre in
der Emigration in der Schweiz, nahm zusammen mit Tyszko (Jogiches
– Grosowski) aktiv teil an der Polnischen Sozialdemokratischen
Partei („Sozialdemokratie des Königreichs Polen") und schrieb
eine Reihe von Arbeiten, in denen sie der polnischen
sozialdemokratischen Bewegung die theoretische Grundlage gab. L.
siedelte dann nach Deutschland über, um unter den polnischen
Arbeitern der Provinz Posen und Schlesiens zu arbeiten. In einer
Reihe glänzender Artikel trat sie gegen das Bernsteinianertum
und den Millerandismus
auf. Sie gehörte zu den hervorragendsten Führern des linken Flügels
der deutschen Sozialdemokratie. Während der Revolution 1905 kam L.
illegal nach Warschau, wurde aber bald verhaftet und, nachdem sie aus
dem Gefängnis entlassen wurde, gezwungen, nach Deutschland
zurückzukehren. Nach dem 2. Parteitag der Sozialdemokratischen
Arbeiterpartei Russlands solidarisierte sich L. mit den
Organisationsprinzipien des Menschewismus, unterstützte aber später
zur Zeit der Revolution 1905/07 die Bolschewiki in einer Reihe
wichtiger Fragen; auf dem 5. Parteitag der Sozialdemokratischen
Arbeiterpartei Russlands (1907), an dem sie als Delegierte der
polnischen Sozialdemokratie teilnahm, und auf dem Stuttgarter
Internationalen Kongress nahm sie eine Stellung ein, durch die sie
sich dem Bolschewismus näherte. Ihre Anschauungen über die
Kampfmethoden des Proletariats in der Revolution von 1905 sind in
ihrer Arbeit
„Der Generalstreik" enthalten. L., die auf dem linken
Flügel der deutschen Sozialdemokratie stand und sich immer mehr von
der offiziellen Politik der Partei entfernte, nahm seit Beginn des
Krieges eine internationalistische Stellung ein und gab zusammen mit Franz
Mehring und Clara
Zetkin die Zeitschrift „Internationale"
heraus (von der eine Nummer erschienen ist). Zusammen mit Karl
Liebknecht gründete sie den „Spartakusbund". Im Gefängnis,
in das sie für ihre Antikriegspropaganda gesetzt wurde, schrieb L.
unter dem Pseudonym Junius die Broschüre „Die
Krise der Sozialdemokratie", in der sie auf den
Zusammenbruch der II. Internationale und auf die Notwendigkeit der
Gründung der III. Internationale hinwies. Nach der
Novemberrevolution von 1918 stellte sich L. zusammen mit Liebknecht
an die Spitze des linken, kommunistisch gestimmten Flügels der
deutschen Arbeiter. Nach dem Januaraufstand (1919) und der Niederlage
des Spartakusbundes wurde L. von den Offizieren Scheidemanns getötet.
Von den Arbeiten L.s sind noch hervorzuheben „Die Geschichte der
industriellen Entwicklung Polens" (1896) und „Die
Akkumulation des Kapitals" (1913). Lenin, der Rosa
Luxemburg immer sehr hoch schätzte, hat ihr jedoch eine Reihe
polemischer Artikel gewidmet, in denen er gegen einige ihrer Fehler,
insbesondere gegen ihre Stellung in der nationalen Frage, auftrat. [Band 5] Führerin
der Linken in der deutschen Sozialdemokratie und Mitbegründerin der
KPD. War in der deutschen, polnischen und russischen Arbeiterbewegung
tätig; verfasste eine Reihe theoretischer Arbeiten über ökonomische
und andere Fragen. In Polen geboren, emigrierte sie 1889 nach Zürich.
1893 beteiligte sie sich an der Gründung der „Sozialdemokratie des
Königreichs Polen", später „Sozialdemokratie Polens und
Litauens". Von 1897 an ist sie fast ununterbrochen in der
deutschen Sozialdemokratie tätig, wo sie genau so wie in der II.
Internationale nach dem glänzenden Kampf gegen das Bernsteinianertum
und den Militarismus eine hervorragende Stellung erlangt. 1904
verteidigt sie in der organisatorischen Frage die Auffassung der
Menschewiki, die sie jedoch später verlässt. 1907 wendet sie sich
auf dem Londoner Parteitag der SDAPR mit den Bolschewiki zusammen
gegen die Menschewiki. Im Herbst des gleichen Jahres legt sie auf dem
Stuttgarter Kongress im Verein mit Lenin revolutionär-marxistische
Abänderungsanträge zur Antikriegsresolution vor. Bereits lange vor
dem Kriege trat sie gegen Kautsky
und andere Vertreter des „Zentrums" auf und stand an der
Spitze der linken Opposition in der Partei, stellte jedoch nicht die
Frage eines Bruchs mit dem Zentrum. Im Kampfe der Bolschewiki gegen
das Liquidatorentum nahm sie eine versöhnlerische Haltung ein und
unterstützte in einer Reihe prinzipieller Fragen die Menschewiki.
Mit dem Beginn des Krieges stellte sie sich auf einen
internationalistischen Standpunkt, konnte sich aber nicht
entschließen, mit der Sozialdemokratie organisatorisch zu brechen.
Befand sich fast während der ganzen Dauer des Krieges (von Februar
1915 an) im Gefängnis. War Mitarbeiterin der illegalen
„Spartakusbriefe"
und verfasste die im Januar 1916 auf der Reichskonferenz der Gruppe
„Internationale" (Karl Liebknecht,
Mehring
und andere) angenommenen Leitsätze einer Plattform der
Internationalisten. Im Frühjahr des gleichen Jahres verfasste
sie (im Gefängnis) unter dem Pseudonym „Junius" die Broschüre
„Die Krise der Sozialdemokratie", in der sie auf die
Notwendigkeit der Gründung einer III. Internationale verwies. In der
ebenfalls im Gefängnis geschriebenen Broschüre „Die russische
Revolution" (September 1918) stellte
sie in Bezug auf die Einschätzung der Oktoberrevolution eine Reihe
falscher Sätze auf, die von ihr später zum Teil korrigiert
wurden. Nach der Novemberrevolution 1918 bricht sie mit der
Sozialdemokratie, begründet und redigiert die „Rote Fahne"
und nimmt führenden Anteil am Gründungsparteitag der KPD. Nach
Unterdrückung des Januaraufstandes 1919 wird sie durch die Schergen
der Scheidemann-Regierung
verhaftet und ermordet. Rosa L. hat sich gewaltige revolutionäre
Verdienste in der internationalen Arbeiterbewegung erworben, beging
aber gleichzeitig in ihren theoretischen und taktischen Auffassungen
(„Luxemburgianertum")
eine Reihe schwerwiegender Fehler halbmenschewistischer Art (in der
Frage der Rolle der Partei, in der Frage des Imperialismus, in der
nationalen und kolonialen sowie in der Bauernfrage, in der Frage der
permanenten Revolution usw.). Eine
von Lenin gegebene Charakteristik von Rosa L. siehe im Aufsatz
„Notizen eines Publizisten". [Band 12] Geboren
in Russisch-Polen. Sie gehörte schon als Gymnasiastin in Warschau zu
einem Kreis sozialistischer Jugend der unter dem Einfluss der
halb-blanquistischen Organisation „Proletariat"
stand. 1888 musste sie aus Polen fliehen. Sie ging nach Zürich wo
sie Rechtswissenschaft studierte. Hier wurde sie Marxistin und sie
beherrschte bald die marxistische Methode wissenschaftlicher
Forschung und politischer Aktion so souverän, wie nur ganz wenige.
Anknüpfend an den in Polen entstandenen „Arbeiterverband"
schuf sie 1893 zusammen mit Jogiches, Marchlewski, Warski u. a. die
Sozialdemokratische Partei Russisch-Polens und Litauens. An der
Spitze dieser Partei führte sie einen heftigen Kampf gegen den
kleinbürgerlichen Sozialpatriotismus der gleichzeitig
entstandenen Polnischen
Sozialistischen
Partei (PPS). 1897 schloss sie ihr Studium ab mit der glänzenden
Schrift „Die industrielle Entwicklung Polens", die für die
Forschungen über den polnischen Kapitalismus grundlegend geworden
ist. Unmittelbar darauf ging sie nach Deutschland, wo sie schnell die
Führung im Kampfe gegen die reformistischen Theorien errang. Ihre
Kampfschrift
gegen Bernstein „Sozialreform oder Revolution?", ihre
Aufsätze
gegen den Millerandismus in Frankreich und über die
reformistische Praxis in Deutschland enthalten ein ganzes
Waffenarsenal auch für den heutigen Kampf gegen den Reformismus.
1905/06 nahm R. L. in Warschau an der russischen Revolution teil. Im
Februar 1906 wurde sie verhaftet, aber durch Drohungen gegen die
Polizei und durch Bestechungen befreit. Nach Deutschland
zurückgekehrt, suchte sie durch die Propaganda
des politischen Massenstreiks die Erfahrungen der russischen
Revolution für Westeuropa fruchtbar zu machen. Wenn sich auch die
deutsche Sozialdemokratie für den Massenstreik erklärte, so zeigten
doch schon die Debatten über dieses Kampfmittel, dass die
marxistische Linke nicht mehr einheitlich war, dass der Opportunismus
auch hier einzudringen begann. In den Fragen des Imperialismus, in
der Praxis des Wahlrechtkampfes, der Wahlbündnisse und der
Finanzierung der militärischen Rüstungen erwies sich dann, dass
auch Kautsky, zusammen mit dem Gros der ehemals radikalen
Führerschaft, den Boden des revolutionären Marxismus verlassen
hatte. Es schloss sich jetzt eine linksradikale, revolutionäre
Gruppe zusammen, an deren Spitze R. L., Clara
Zetkin und Franz
Mehring standen. Dem Kampf gegen die Kriegsgefahr war R. L.s
vornehmstes Wirken in den letzten Friedensjahren gewidmet, mit Lenin
hatte sie die berühmte Stuttgarter Resolution verfasst, die der
Internationale die Haltung im Kriege vorschrieb. Noch an dem
verhängnisvollen 4. August 1914 nahm sie den Kampf gegen den Krieg
und den Sozialverrat auf. Mit Liebknecht,
Mehring, Zetkin gründete sie den Spartakusbund, gab mit Mehring die
„Internationale" heraus, verfasste zahlreiche Flugblätter und
aufpeitschende Aufsätze für die „Spartakusbriefe".
Sie lenkte schnell die Verfolgungen der Regierung auf sich und saß
während des Krieges 2½
Jahre
im Gefängnis, was ihr Wirken für die Revolution hemmte, aber nicht
hinderte. U. a. wurde ihre „Juniusbroschüre"
im Gefängnis geschrieben und aus der Zelle geschmuggelt. Nach der
Eroberung der Macht durch die Bolschewiki stand sie einzelnen
Erscheinungsformen der proletarischen Diktatur: Beseitigung des
Parlaments, Bauern- und Nationalitätenpolitik, Terror, sehr
kritisch gegenüber – vor dem Kriege war sie im Kampf zwischen
Bolschewismus und Menschewismus in den entscheidenden,
grundsätzlichen Fragen auf der Seite der Bolschewiki, in
organisatorischen Fragen hatte sie mit den Bolschewiki Differenzen –,
nach dem Novemberumsturz in Deutschland 1918 erkannte sie aber durch
ihr eigenes Handeln die Richtigkeit der bolschewistischen Praxis an.
Im November 1918 gründete sie mit Karl Liebknecht die „Rote
Fahne", in der sie das deutsche Proletariat zur Vollendung der
Revolution aufrief und täglich die notwendigen Maßregeln gegen die
Konterrevolution aufzeigte. Unter ihrer Führung wurde am 31.
Dezember 1918 die Kommunistische Partei Deutschlands gegründet. Nach
der Niederwerfung des sogenannten Spartakusaufstandes, der gegen
ihren Willen ausgebrochen und zum verfrühten Machtkampf geworden
war, wurde sie verhaftet und mit ihrem Kampfgefährten Karl
Liebknecht am 14. Januar 1919 von einer Horde Landsknechte
erschlagen. [Band 20] |
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