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Malinowski, R. W.

Malinowski, R. W. (1878-1918) Agent provokaleur. M. entstammte einer verarmten polnischen Adelsfamilie und war später als Fabrikarbeiter tätig. Geriet schon früh in die Netze der „Ochrana" (der politischen Polizei) und wurde ihr Agent. Es gelang ihm, sich in das Vertrauen der Revolutionäre zu setzen und selbst in das Zentralkomitee der Bolschewiki einzudringen. 1912 wurde er als Vertreter der Arbeiterkurie des Gouvernements Petersburg zum Abgeordneten der IV. Reichsduma gewählt, wo er dank seiner rednerischen Begabung in der bolschewistischen Dumafraktion eine führende Rolle spielte. In dieser Eigenschaft erwies er dem Polizeidepartement gute Dienste, indem er zahlreiche Revolutionäre verriet, musste aber gleichzeitig, um keinen Verdacht zu erregen, auch der Partei große Dienste erweisen. Über seine Spitzeltätigkeit wurde schließlich der Dumapräsident Rodsjanko in Kenntnis gesetzt, der M. veranlasste, sein Mandat niederzulegen. Während des Krieges geriet M. in deutsche Gefangenschaft. 1918 kehrte er freiwillig nach Russland zurück und stellte sich dem Sowjetgericht. Er wurde vom Obersten Revolutionstribunal zum Tode verurteilt und erschossen. [Band ?]

R. W. Malinowski schloss sich Anfang des Jahrhunderts der revolutionären Bewegung an, entschloss sich aber erst später für eine bestimmte politische Richtung. Von 1906 an arbeitete Malinowski im Metallarbeiterverband. Vom Frühjahr 1907 an war er Sekretär des Metallarbeiterverbandes in Petersburg. Im November 1909 wurde er bei einer Beratung der Sozialdemokraten über den bevorstehenden Antialkoholkongress verhaftet, im Januar 1910 wieder freigelassen.

In diese Zeit fällt Malinowskis Verbindung mit der Moskauer politischen Geheimpolizei, für die er im Mai 1910 zu arbeiten begann. Zweifellos hatte er aber bereits früher der Geheimpolizei verschiedene „Dienste" geleistet. Nach der Plenarsitzung des ZK der SDAPR im Jahre 1910 wurde Malinowski zur Arbeit in dem in Russland befindlichen Kollegium des ZK herangezogen, obwohl er die Verbindung mit den Liquidatoren offensichtlich nicht vollständig abbrach; er nahm an der Beratung der Anhänger der Legalität teil und hatte seine Hand dabei im Spiele, dass die Konferenz im Herbst 1911, die von den Liquidatoren vorbereitet worden war, von der Polizei ausgehoben wurde. Schon damals tauchte in einem sehr engen Kreise von Moskauer Arbeitern und Sozialdemokraten, die mit Malinowski in Berührung kamen, ein Verdacht auf; da aber damals im Zusammenhang mit den häufigen polizeilichen Aushebungen in jenen Jahren eine Epidemie von Verdächtigungen und Gerüchten herrschte und oft nicht begründete Behauptungen verbreitet wurden, zugleich aber die Verdächtigungen gegen Malinowski nicht genügend durch Tatsachen begründet waren, verstummten die Gerüchte über ihn bald. Im Januar 1912 wurde Malinowski von der Moskauer Parteiorganisation zur Prager Konferenz delegiert. Mit Rücksicht auf die Fähigkeiten und den Einfluss Malinowskis unter den Moskauer Arbeitern wurde er bei der Wahl in die IV. Reichsduma als Kandidat aufgestellt. Das Polizeidepartement förderte die Durchsetzung seiner Kandidatur, da es bestrebt war, in seiner Person in der sozialdemokratischen Dumafraktion und in der bolschewistischen Parteiorganisation eine Agentur zu unterhalten, um so mehr, als die Regierung die gewaltige Bedeutung der bolschewistischen Organisation in der Arbeiterbewegung und in der revolutionären Bewegung in diesen Jahren ausgezeichnet begriff. Ein formales Hindernis für die Aufstellung Malinowskis als Kandidat für die Reichsduma waren seine kriminellen Vorstrafen, die dem Polizeidepartement bekannt waren. Mit Wissen des Innenministeriums und des Polizeidepartements wurde dieses Hindernis jedoch beseitigt, und Malinowski gelang es, in seinem Heimatsorte im Gouvernement Plozk ein „Leumundszeugnis" zu erlangen. Die Moskauer Abteilung der politischen Geheimpolizei unterstützte die Wahl Malinowskis und ging sogar so weit, den Arbeiter M. Kriwow, den Gegenkandidaten Malinowskis, zu verhaften. In der sozialdemokratischen Dumafraktion erwarb sich Malinowski großes Vertrauen und Autorität. Er wurde auch in das in Russland befindliche Kollegium des ZK aufgenommen, nahm an der „Februar“-Beratung des ZK mit den Parteifunktionären (Dezember 1912) und an der „Sommer"-Beratung (Oktober 1913) teil. Die Tätigkeit Malinowskis in der Duma war so geartet, dass er in Ausführung der Weisungen des ZK oft im revolutionären Geiste als Redner auftreten musste, was er auch tat, da er bei der Parteidisziplin der Bolschewiki sonst sehr bald jedes Vertrauen und jede politische Bedeutung verloren hätte. Malinowski machte nach den Weisungen des Chefs des Polizeidepartements Bjelezki, der seine Tätigkeit persönlich leitete, mehr als einmal den Versuch, den Charakter seiner Reden zu mäßigen, doch ist ihm das, von einigen Ausnahmen abgesehen, nicht gelungen. Besonders zahlreiche Verhaftungen auf Grund der Tätigkeit Malinowskis kamen offenbar aus dem Grunde nicht vor, weil das Polizeidepartement bestrebt war, ihn hauptsächlich als wichtigen Informator über die Arbeit und die Pläne der ausländischen Zentralstelle der Bolschewiki zu verwenden. Die provokatorischen Versuche Malinowskis, die Redaktion der „Prawda" entgegen den Intentionen des ZK in eine direkte Verbindung mit den illegalen Parteiorganisationen zu bringen, was das Polizeidepartement zu einem Vorgehen gegen die legale bolschewistische Presse brauchte, blieben ohne Erfolg und wurden dadurch unschädlich gemacht, dass Malinowski nach der Beratung in Poronin vom Zentralkomitee von der Führung der wirtschaftlichen Geschäfte der „Prawda" und von jeder wie immer gearteten leitenden Arbeit an der „Prawda" beseitigt wurde. Um einen möglichen Verdacht gegen sich zu zerstreuen, erklärte Malinowski im Sommer 1913 bei einer privaten Besprechung der Mitglieder des ZK, dass sich in der Nähe der Duma-„Sechs" eine mit der Polizei in Verbindung stehende Person befinde. Die Verdächtigung bezog sich auf Miron Tschernomasow, über dessen politische Ehrenhaftigkeit bei einer Reihe anderer Genossen in bestimmterer Form Zweifel entstanden. Infolge dieser Verdächtigungen wurde Tschernomasow aus der „Prawda" beseitigt. Malinowski gelang es, sich derart in das Vertrauen der Genossen einzuschleichen, dass ihm während seines Pariser Aufenthaltes im Januar 1914 die Führung von Verhandlungen mit Burzew wegen einer Zusammenarbeit mit ihm zum Kampfe gegen die Lockspitzelei in den Reihen der Sozialdemokratie und der Sozialrevolutionäre anvertraut wurde. Der Verdacht gegen Malinowski entstand bei einigen Genossen von neuem im Sommer 1913, aber er war so unbestimmt, dass die Genossen selbst die Sache nicht weiter verfolgten,

Als General Dschunkowski zum Gehilfen des Innenministers ernannt worden war, fasste er den Plan, Malinowski aus der Duma zu entfernen, um den großen politischen Skandal zu vermeiden, der mit seiner Entlarvung hätte entstehen können. Die Möglichkeit einer Entlarvung hielt das Polizeidepartement offensichtlich für vorhanden. Malinowski wurde der Vorschlag gemacht, sein Dumamandat niederzulegen. General Dschunkowski machte dem Präsidenten der Reichsduma, Rodsjanko, davon Mitteilung, dass Malinowski im Dienste des Polizeidepartements steht, Rodsjanko aber entlarvte Malinowski nicht, sondern zog es vor, als Mittel des Kampfes gegen die Bolschewiki in Dumakreisen das Gerücht von der Lockspitzeltätigkeil eines bolschewistischen Dumaabgeordneten zu verbreiten. Malinowski der seinen Abgang aus der Duma vorbereitete, begann davon zu sprechen, dass ihn die Arbeit in der Duma nicht befriedige, dass er sich ermüdet fühle usw. Nach den Ereignissen vom 5. Mai (22. April) forderte Malinowski von der Fraktion „entschlossenes Handeln" und beantragte, in die Provinz zu reisen, um die Arbeiter zu Demonstrationen aufzufordern, fand aber in der Fraktion keine Unterstützung. Am 21. (8.) Mai teilte er dem Dumapräsidenten Rodsjanko schriftlich die Niederlegung seines Mandates mit, und dasselbe erklärte er auch den Mitgliedern der bolschewistischen Dumafraktion, wobei er seinen Schritt mit rein persönlichen Motiven begründete und keine weiteren Aufklärungen zu gehen wünschte. Die Gerüchte über die Lockspitzeltätigkeit Malinowskis tauchten nun in verstärkter Weise auf, und die liquidatorische Presse spielte nun offen darauf an, obwohl, wie der Vorsitzende der menschewistischen Fraktion der Duma, Tschcheïdse, im Jahre 1917 in der „Außerordentlichen Untersuchungskommission der Provisorischen Regierung" erklärte, die Menschewiki damals über keinerlei bestimmte Angaben verfügten. Der Rücktritt Malinowskis wurde von der bolschewistischen Dumafraktion und der bolschewistischen Presse als desorganisierender Schritt charakterisiert. Sofort nach seiner Abreise ins Ausland erschien Malinowski beim ZK und bat um eine Untersuchung im Zusammenhang mit den über ihn verbreiteten Gerüchten. In einem Telegramm, das er nach Russland sandte, erklärte er, dass er die Verleumder vor das Gericht eines freien Landes bringen werde. Das ZK ernannte eine Kommission mit dem polnischen Sozialdemokraten Hanecki als Vorsitzenden, welcher Kommission auch Lenin und Sinowjew angehörten. Am 7. Juni (25. Mai) wurde in Nr. 4 des „Rabotschij" ein Telegramm Lenins veröffentlicht, in welchem es hieß, dass sich das ZK nach einer Untersuchung der Gerüchte über Malinowski von seiner vollkommenen persönlichen Ehrenhaftigkeit überzeugt habe und von Dan und Martow die Vorbringung einer offenen und direkten Beschuldigung gegen Malinowski fordere. Am 13. Juni (31. Mai) veröffentlichte die „Trudowaja Prawda" einen Beschluss des ZK, in welchem darauf verwiesen wurde, dass Malinowski sich durch sein Vorgehen „außerhalb der Reihen der organisierten Marxisten gestellt" habe. Während der Führung der Untersuchung gegen Malinowski erklärte der bekannte Entlarver von Polizeispitzeln, Burzew, auf eine Anfrage, dass er gegen jeden Verdacht gegen Malinowski entschieden protestiere. Auf wiederholte Anfragen schickte Burzew an alle russischen Zeitungen ein Telegramm, in welchem er schrieb: „Ich kann kategorisch erklären, dass ich niemals irgendwelche Gerüchte gehört habe, die Malinowski kompromittieren. In Beantwortung einer Anfrage, die ich wegen der Beschuldigungen gegen Malinowski telegraphisch aus Russland erhielt, antwortete ich sofort ebenfalls telegraphisch, dass ich von keinerlei Beschuldigungen gegen Malinowski gehört habe und gegen sie protestiere. Weder vorher noch nachher habe ich wegen Malinowski irgendwelche Untersuchungen geführt, und zwar aus zwei Gründen: 1. weil ich nie den geringsten Anlass dazu hatte, und 2. weil ich, da ich Malinowski persönlich kenne, nicht einmal die Möglichkeit zugeben kann, dass solche Beschuldigungen gegen ihn irgendwie begründet seien." Im Verlaufe des Juni und Anfang Juli wurde im Zusammenhang damit, dass die Kommission neue Mitteilungen erhalten hatte und es möglich wurde, Rosmirowitsch, Bucharin, Bucharina und Saweljew zu vernehmen, die Untersuchung fortgesetzt. Die Arbeit der Kommission dauerte bis Ende Juli. Der Beschluss der Untersuchungskommission ging dahin, dass die Beschuldigung der polizeilichen Lockspitzelei gegen Malinowski infolge ungenügender Beweismittel nicht bestätigt werden konnte. Nach der Februarrevolution 1917 wurde die Tatsache, dass Malinowski in den Diensten des Polizeidepartements stand, dokumentarisch festgestellt. Von der Provisorischen Regierung wurde in dieser Sache eine Untersuchungskommission eingesetzt, die die Lockspitzeltätigkeit Malinowskis aufklärte, wobei auch die Tatsache festgestellt wurde, dass Rodsjanko und Dschunkowski die Lockspitzeltätigkeit eines Mitglieds der Reichsduma verhehlt hatten. In einem Artikel in der „Prawda" forderte Lenin ein gerichtliches Verfahren gegen Rodsjanko und Dschunkowski.

Nach der Oktoberrevolution kehrte Malinowski 1918 freiwillig nach Moskau zurück und wurde auf Grund eines Urteils des Obersten Gerichtshofes erschossen. [Band 17, Fußnote]

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