Plechanow, Georgij Valentinowitsch (1856–1918) – Hervorragender Theoretiker des Marxismus, Gründer der Gruppe „Befreiung der Arbeit". Bekämpfte in den neunziger Jahren das Bersteinianertum und dessen Anhänger in Russland – die „Ökonomisten". Zu Beginn des XX. Jahrhunderts war er einer der Redakteure der „Iskra" und der „Sarja". Nach der Spaltung auf dem II. Parteitag 1903 schloss er sich zunächst den Bolschewiki an, dann den Menschewiki. Nach der Niederlage des Dezemberaufstandes 1905 trat er mit der berüchtigten Erklärung auf, „man durfte nicht zu den Waffen greifen". Im Kampf gegen das Liquidatorentum näherte er sich wieder den Bolschewiki. Nach Ausbruch des imperialistischen Krieges stand Plechanow an der Spitze der äußersten rechten Vaterlandsverteidigung („Prisyw" – Der Weckruf), die gleiche Linie vertrat er nach der Februarrevolution („Jedinstwo" – Die Einheit). Nach der Oktoberrevolution war er Gegner der Sowjetmacht, lehnte es aber ab, sie aktiv zu bekämpfen. [Band 4] Begründer
und bedeutendster Vertreter des russischen Marxismus vor Lenin. Nahm
anfänglich teil an der Tätigkeit der Partei „Semlja
i Wolja"
und stellte sich nach der auf dem Parteitag in Woronesch (1877)
erfolgten Spaltung dieser Partei an die Spitze der Partei „Tschorny
Peredjel"
(„Schwarze Umteilung"). Ins Ausland emigriert, brach er mit
dem Narodnikitum
und begründete 1883 mit P. Axelrod,
W. Sassulitsch
und anderen zusammen die erste russische sozialdemokratische
Organisation, die Gruppe
„Oswoboschdenije Truda". In den 90er Jahren führte er
einen energischen Kampf gegen das Narodnikitum, gegen das
„Bernsteinianertum"
sowie gegen die Widerspiegelung desselben auf russischem Boden –
den „Ökonomismus". Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde er
einer der Redakteure der „Iskra"
und der „Sarja",
in deren Auftrag er einen Entwurf des Parteiprogramms verfasste;
dieser Entwurf wurde
von Lenin scharf kritisiert und wurde nach den von Plechanow
vorgenommenen Korrekturen dem prinzipiellen oder theoretischen Teil
des iskristischen
Programmentwurfs zugrunde gelegt (der die Agrarfrage behandelnde
Teil wurde in der Hauptsache von Lenin verfasst); dieser Entwurf
wurde dann mit geringen Abänderungen auf
dem Parteitag angenommen. Nach der 1903 erfolgten Spaltung
gehörte Plechanow anfänglich den Bolschewiki, nachher den
Menschewiki an, zog sich nach einiger Zeit in organisatorischer
Hinsicht auch von diesen zurück, stand jedoch die ganze Zeit
hindurch ideologisch den Menschewiki nahe. Nach der Entstehung des
Liquidatorentums, im Kampfe mit diesem näherte er sich für kurze
Zeit von neuem den Bolschewiki. Zur Zeit des imperialistischen
Krieges stand er an der Spitze der am weitesten rechts stehenden
„Vaterlandsverteidiger" („Prisyw"), verfolgte nach der
Februarrevolution die gleiche Linie weiter („Jedinstwo") und
war gleichzeitig entschiedener Verfechter einer Unterstützung der
Provisorischen Regierung. Nach den Julitagen stellte er sich auf
einen vollständig konterrevolutionären Standpunkt und verfocht den
Gedanken einer „festen Macht". Der Oktoberrevolution gegenüber
verhielt er sich feindselig. Lenin schätzte die theoretischen und
philosophischen Arbeiten Plechanows hoch, verwies aber gleichzeitig
auf eine Reihe bedeutender Fehler in diesen Arbeiten
(Hieroglyphentheorie in der Erkenntnislehre, falsche Auffassung des
Wesens der Dialektik und andere). [Band 12]
Begründer
des russischen Marxismus, eine der markantesten und einflussreichsten
Figuren der II. Internationale. Schon als junger Student schloss sich
P. der revolutionären Bewegung der Narodniki
(„Volkstümler") an, brach aber Anfang der achtziger Jahre
mit der Narodniki-Ideologie und schuf 1883 in der Emigration,
zusammen mit P. Axelrod,
Leo Deutsch,
Vera Sassulitsch,
die erste russische sozialdemokratische Organisation Gruppe
„Befreiung der Arbeit". P. war nicht nur ein
ausgezeichneter Popularisator des Marxismus, sondern ein
tiefschürfender und selbständiger Schüler von Marx
und Engels,
deren Lehre er in glanzvoller und origineller Weise weiter
entwickelte und verteidigte. Als in den 90er Jahren der
„Revisionismus" unter Führung von Ed. Bernstein
sich breit zu machen begann und es galt, die Grundlagen des Marxismus
selbst gegen alle neugebackenen „Kritiker", die den ,Marxismus
„ergänzen" wollten, zu verteidigen, war P. einer der
glänzendsten Streiter für den dialektischen Materialismus. Im
Kampfe gegen den internationalen Opportunismus sowohl wie gegen seine
russische Abart in Gestalt des sogenannten „Ökonomismus" und
„Struvismus" nahm P. sofort den ersten Platz ein. P. war einer
der wenigen in der internationalen sozialistischen Bewegung, die sich
systematisch mit der marxistischen Philosophie beschäftigten, und
seine Arbeiten auf diesem Gebiete sind wohl heute noch in der
gesamten internationalen Literatur unübertroffen. Nicht umsonst
empfahl Lenin P.s philosophische Schriften als ein „obligatorisches
Lehrbuch des Kommunismus". – Bis zum 2. Parteitag der
Sozialdemokratischen Partei Russlands und noch auf diesem Parteitage
selbst arbeitete P. mit Lenin,
einem
aus der jüngeren marxistischen Generation hervorgegangenen Führer,
Schulter an Schulter. Beide gehörten zu Anfang des Jahrhunderts der
Redaktion der sozialdemokratischen Organe „Iskra"
(„Der Funke") und „Sarja"
(„Die Morgenröte") an, die sich zur Aufgabe gestellt hatten,
die Richtung des „Ökonomismus" zu bekämpfen und eine
zentralisierte revolutionäre Partei zu schaffen. Nach der Spaltung
auf jenem Parteitag schloss sich P. nach einigem Zögern den
Menschewiki an. Von da an trennten sich ihre Wege. Nur in den Jahren
1908–1912 näherte sich P. vorübergehend den Bolschewiki, indem er
gemeinsam mit Lenin den Kampf gegen den Empiriokritizismus und das
Liquidatorentum führte. Während des imperialistischen Krieges nahm
P. eine extrem sozialpatriotische Stellung ein, die er auch nach der
Märzrevolution 1917 beibehielt. Er blieb bis zum Tode Gegner der
Sowjetmacht, allerdings weigerte er sich, nach dem vollzogenen
Oktoberumsturz öffentlich gegen die Bolschewiki und die Sowjetmacht
aufzutreten. Von P.s Schriften liegen in deutscher Sprache vor:
„Beiträge
zur Geschichte des Materialismus" (1. Aufl. 1896), „N.
G. Tschernyschewski. Eine literar-historische Studie"
(1894), „Grundprobleme des Marxismus" (1913), „Anarchismus
und Sozialismus" (1894); außerdem zahlreiche
Veröffentlichungen in der „Neuen Zeit". „Sämtliche
Werke", herausgegeben von D. Rjasanow, in 26 Bänden (Moskau
1923–1925, russisch). [Band 13] Hervorragender
Theoretiker des Marxismus, Begründer der Gruppe
„Oswoboschdenije Truda" („Befreiung der Arbeit). Führte
in den neunziger Jahren einen energischen Kampf gegen den
Bernsteinschen Revisionismus und seine Widerspiegelung auf russischem
Boden – den „Ökonomismus". Zu Anfang des Jahrhunderts ist
PI. einer der Redakteure der „Iskra"
(„Funke") und der „Sarja
(„Morgenröte"). Nach der Spaltung auf dem 2. Parteitag (1903)
schloss sich PI. zunächst den Bolschewiki an, darauf den
Menschewiki, von denen er sich aber auch bald wieder abwandte. Nach
der Niederlage des Dezemberaufstandes im Jahre 1905 trat PI. mit der
berüchtigten Erklärung auf: „Man hätte nicht zu den Waffen
greifen sollen". Beim Aufkommen des Liquidatorentums und während
des Kampfes mit dieser Richtung näherte er sich wieder den
Bolschewiki Als der imperialistische Krieg begann, trat PI. an die
Spitze der am weitesten rechts stehenden Vaterlandsverteidiger
(„Prisyw" = „Aufruf") und vertrat dieselbe Linie auch
nach der Februarrevolution („Jedinstwo" = Einheit") Nach
der Oktoberrevolution blieb PI. Gegner der Sowjetmacht, lehnte es
aber ab, gegen die Bolschewiki aktiv aufzutreten. [Band 18] Begründer
des russischen Marxismus. Einer der bedeutendsten Theoretiker der II.
Internationale. Während des Krieges nahm P. eine extrem
sozialpatriotische Stellung ein. Im Kadettenblatt „Russkije
Wjedomisti" empfahl er den russischen Arbeitern, sich aller
Streiks zu enthalten und den Kampf gegen den Zarismus einzustellen,
um den Sieg über Deutschland nicht in Frage zu stellen. Nach der
Februarrevolution predigte er in seiner Zeitung „Jedinstwo"
den Krieg bis zum
vollständigen Sieg über den deutschen Militarismus sowie den
Verzicht auf den Klassenkampf um des Sieges willen. Nach der
Oktoberrevolution kämpften die Anhänger Plechanows überall
jenseits der Barrikade, gegen die Arbeiter. P. selbst, der in den
letzten Monaten seines Lebens sehr stark schwankte, blieb zwar Gegner
der Sowjetmacht, weigerte sich aber, öffentlich gegen die Revolution
und die Sowjetmacht aufzutreten, er erklärte, dass man „nicht die
Waffe gegen die Arbeiterklasse erheben, darf, selbst wenn sie Fehler
begeht". [Band 20] |
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