Übersicht‎ > ‎Personenverzeichnis‎ > ‎

Struve, P. B.

Struve, P. B. (geb. 1870) War in den neunziger Jahren Sozialdemokrat, Verfasser des „Manifestes der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands", herausgegeben auf Beschluss des Gründungsparteitages. Delegierter auf dem Internationalen Sozialistenkongress in London im Jahre 1896. Hervorragendster Vertreter des „legalen Marxismus" der neunziger Jahre. Mitarbeiter und Redakteur legaler marxistischer Zeitschriften („Nowoje Slowo", „Natschalo", „Schisn"). Schon in seiner ersten Arbeit „Kritische Bemerkungen" gab er zu, dass er nicht alle Ansichten Marx' teile. In seinen weiteren Arbeiten ersetzte er unter dem Schein einer „kritischen Untersuchung" die revolutionären Ideen des Marxismus durch die Ideen der Arbeitsgemeinschaft der Klassen, der friedlichen Entwicklung des Sozialismus usw. Die Philosophie des Marxismus (den dialektischen Materialismus) hat er stets abgelehnt. Ende 1900 und Anfang 1901 verhandelte er als Vertreter der „demokratischen Opposition" mit den „Iskra"-Leuten über die Bildung eines Blocks, arbeitete mit an den ersten Nummern der „Iskra". Bald brach er endgültig mit dem Marxismus und der Sozialdemokratie und ging ins Lager der Liberalen über, wo er an der Spitze der Organisation der konstitutionellen Semstwo-Leute, des „Bundes der Befreiung" stand (1902–1905). St. redigierte die Zeitschrift dieses Bundes „Oswoboschdenije" (Befreiung), (Stuttgart, Paris). Gehörte später dem ZK der Partei der Konstitutionellen Demokraten an. Nach der Niederlage der Revolution von 1905 war er Führer des äußersten rechten Flügels der Liberalen, sank dann zum reaktionären Nationalismus herab. Im Jahre 1909 arbeitete er an der reaktionär-mystischen Zeitschrift „Wjechi" (Wegweiser) mit. Während des Bürgerkrieges gehörte er dem Stabe Denikins an, dann war er Wrangel-Minister. Später redigierte er in Paris die Zeitschrift „Russkaja Mysl", um die sich rechtsstehende Konstitutionelle Demokraten und Monarchisten gruppierten. Seit 1925 gibt er in Paris die rechtgläubig-monarchistische Zeitung „Wosroschdenije" (Wiedergeburt) heraus. [Band 4]

Der bedeutendste Vertreter des „legalen Marxismus" der 90er Jahre. Verfasser des auf Beschluss des ersten Parteitages erlassenen Manifests der SDAPR. Teilnehmer des Londoner Internationalen Sozialistenkongresses 1896. Mitarbeiter und Redakteur verschiedener legaler marxistischer Zeitschriften („Nowoje Slowo", „Natschalo", „Schisn"). Bereits in seiner ersten Arbeit („Kritische Notizen") erklärte er, dass er nicht alle Ansichten Marxens teile. In seinen weiteren Arbeiten setzte er unter dem Vorwande einer „kritischen Prüfung" von Marx an die Stelle der revolutionären Ideen des Marxismus die Ideen von der Zusammenarbeit der Klassen, von der friedlichen Evolution zum Sozialismus usw. Die Philosophie des Marxismus (den dialektischen Materialismus) hat er stets abgelehnt. Ende 1900 und Anfang 1901 führte er als Vertreter der „demokratischen Opposition" Verhandlungen mit den „Iskra''-Leuten über die Bildung eines Blocks und arbeitete an den ersten Nummern der „Iskra" mit. Bald jedoch brach er endgültig mit dem Marxismus und der Sozialdemokratie, ging in das Lager der Liberalen über, stellte sich an die Spitze der Organisation der eine Verfassung anstrebenden Semstwoleute „Befreiungsbund" (1902–1905) und redigierte ihr in Stuttgart und Paris erscheinendes Organ „Oswoboschdenije" („Befreiung"). Nach Bildung der Konstitutionell-Demokratischen Partei (Kadettenpartei) war er Mitglied des Zentralkomitees. Nach der Niederlage der Revolution 1905 war er Führer des extrem-rechten Flügels der Liberalen und sank bis zum Schwarzhunderter-Nationalismus. 1909 Mitarbeiter des reaktionär-mystischen Sammelbandes „Wjechi" („Wegzeichen"). In den Kriegsjahren einer der Ideologen des russischen Imperialismus. Redakteur der in Petrograd erscheinenden Zeitschrift „Russkaja Mysl" („Der russische Gedanke"). Während des Bürgerkrieges nahm er aktiven Anteil an der Denikinschen Konterrevolution und wurde dann Minister bei Wrangel. Später redigierte er in Prag die Zeitschrift „Russkaja Mysl", in der er die rechten Kadetten mit den Monarchisten zusammenschloss. Seit 1925 redigiert er in Paris die prawoslawisch-monarchistische Zeitung „Wosroschdenije" („Wiedergeburt"). [Band 12]

In den neunziger Jahren Sozialdemokrat. Einer der bekanntesten Vertreter des „legalen Marxismus" der neunziger Jahre. Bricht in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts endgültig mit dem Marxismus und der Sozialdemokratie, geht in das Lager der Liberalen über, tritt an die Spitze des „Sojus Oswoboschdenija" („Freiheitsbund', 1904/05); redigiert das konstitutionalistische Organ Oswoboschdenije" („Befreiung", Stuttgart, Paris). Seit Gründung der konstitutionell-demokratischen Partei („Kadetten") Mitglied ihres ZK. Nach der Niederlage der Revolution von 1905 Führer des äußersten rechten Flügels der Liberalen, sinkt zum Nationalismus der „Schwarzhundert"-Richtung hinab. 1909 Mitarbeiter des mystisch-reaktionären Sammelbuchs „Wjechi" („Wegzeichen"). In den Kriegsjahren Ideologe der liberalen Bourgeoisie und des russischen Imperialismus, Redakteur der Zeitschrift „Russkaja Mysl" („Der Russische Gedanke"). Nahm während des Bürgerkriegs an der Regierung Denikins teil, wurde dann Minister der Wrangel-Regierung, Redigierte später in Prag die Zeitschrift „Russkaja Mysl", in der er rechte Kadetten mit Monarchisten vereinigte. 1925-1927 Herausgeber der orthodox-religiösen monarchistischen Zeitung „Wosroschdenije" („Wiedergeburt") in Paris. [Band 18]

Struve, P. B. war einer der großen politischen Führer der russischen Bourgeoisie. In der Entwicklung Struves spiegeln sich die Stufen der Entwicklung ihrer politischen Ideologie am deutlichsten wider. In den frühen 90er Jahren beteiligte sich Struve aktiv am ideologischen Kampf gegen die Narodniki und veröffentlichte 1894 das aufsehenerregende Buch Kritische Notizen, das das Narodnikitum aus Sicht des Marxismus kritisierte. Aber schon damals erklärte Struve sich zum „kritisch-denkenden Marxist", fordert eifrig „in die Schule des Kapitalismus zu gehen", was Kritik von links durch Lenin hervorrief. Im Jahre 1898 galt Struve noch als Sozialdemokrat und verfasste das berühmte Manifests des Ersten Kongresses der Partei, in dem er die prophetischen Worte schrieb, dass je weiter nach Osten die Bourgeoisie immer gemeiner wird. Nach 1 - 2 Jahren war Struve bereits ein Kritiker des Marxismus und der Sozialdemokratie auf der ganzen Front. In der politischen Ökonomie kritisiert er die Arbeitswerttheorie, in Soziologie und Philosophie die materialistische Dialektik (besonders revolutionäre „Sprünge"), in der Politik die Position der Iskra. Bis 1905 war Struve der Führer einer Vereinigung von „radikalen" Intellektuellen mit liberalen Semstwos. Die Revolution warf ihn noch mehr nach rechts. In den Jahren Stolypins legte Struve die ideologische Grundlage für die Monarchie des 3. Juni und die imperialistischen Bestrebungen des Großkapitals, stand für das Bündnis von „Wissenschaft und Kapital" und spuckte auf die revolutionäre Vergangenheit der russischen Intelligenz. Die Revolution von 1917 macht Struve sofort zu einem aktiven Konterrevolutionär. Nach dem Oktober hatte Struve den Posten eines Ministers in der Wrangel-Regierung inne. In den letzten Jahren, veröffentlicht er in Prag, die reaktionär-mystische Zeitschrift „Russkaja Mysl". [Trotzki, Sotschinenija 2.1]

Struve sagte, wie alle Revisionisten zu sagen pflegten, dass der Marx der 40er Jahre, besonders des Kommunistischen Manifests, etwas ganz Verschiedenes sei von dem Marx der späteren Jahre, wo er „gescheiter geworden“ sei. Engels sah in Struve schon nach seinen frühesten Arbeiten einen Lobpreiser des Kapitalismus, der den Übergang des Kapitalismus zum Sozialismus reformistisch beurteilte. In einem Brief an N.–on schrieb er 1893: „Aber er ist entschieden im Unrecht, wenn er den jetzigen Zustand Russlands mit dem der Vereinigten Staaten vergleicht, um das zu widerlegen, was er Ihre pessimistischen Ansichten über die Zukunft nennt (d. h. über die Verschärfung der Klassengegensätze in der kapitalistischen Gesellschaft, über die Krisen usw. D. Red.). Er sagt, die schlimmen Folgen des modernen Kapitalismus werden in Russland ebenso leicht wie in den Vereinigten Staaten überwunden werden“ (d. h., damals, ohne den schärfsten Klassenkampf. D. Red.). [Ausgewählte Werke, Band 1]

Kommentare