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Wladimir I. Lenin 19140428 Die organisierten Marxisten über das Eingreifen des Internationalen Büros

Wladimir I. Lenin: Die organisierten Marxisten über das

Eingreifen des Internationalen Büros

[„Putj Prawdy", Nr. 61 15./28. April 1914. Nach Sämtliche Werke Band 17, Moskau-Leningrad 1935, S. 391-394]

Es wird uns mitgeteilt, dass im Internationalen Büro die Antwort der organisiertem Marxisten auf den Vorschlag des Büros wegen eines Eingreifens in die Angelegenheiten der russischen Sozialdemokratie eingegangen ist. Wir geben im folgenden die wesentlichen Teile dieser Antwort wieder.

Die Vertretung der organisiertem Marxisten Russlands hält es nach Empfang der „Beilage" zu Nr. 11 des „Periodischen Bulletins des Internationalem Büros" für ihre Pflicht, dem Internationalen Büro und seinem Exekutivkomitee für die Unterstützung der Arbeiterbewegung und für seine Sorge um ihre Stärkung und Festigung durch Sicherstellung ihrer Einheit ihren tiefgefühlten Dank auszusprechen.

Die Lage der Dinge bei den russischen Marxisten stellt sich gegenwärtig folgendermaßen dar.

Die allgemeine Lage der Dinge in den Jahren 1907-1908 hat unter den Marxisten eine furchtbare ideologische Krise und den Zerfall ihrer Organisationen hervorgerufen. Sowohl im Jahre 1908 als auch im Jahre 1910 haben die organisierten Marxisten formgerecht das Vorhandensein einer Lehre der Liquidatoren festgestellt, die die alte Partei liquidieren, verneinen und vom einer neuen, legalen Partei träumen. Diese Richtung ist durch einem formellen Beschluss entschieden und unwiderruflich verurteilt worden. Die Liquidatoren fügten sich jedoch den Beschlüssen nicht und setzten ihre spalterische und die „Gesamtheit" zerstörende Tätigkeit fort.

Im Januar 1912 wurde die marxistische Gesamtheit gegen die Liquidatoren wiederhergestellt, und diese wurden für außerhalb dieser Gesamtheit stehend erklärt.

Seit jener Zeit hat sich die erdrückende Mehrheit der klassenbewussten Arbeiter Russlands auf dem Boden der im Januar 1912 gefassten Beschlüsse und um die damals gewählte leitende Instanz zusammengeschlossen. Diese allen Arbeitern Russlands bekannte Tatsache kann und muss angesichts der unglaublich vielen, völlig unbegründeten und der Wahrheit ins Gesicht schlagenden Behauptungen, die von den Liquidatoren und den im Auslande zerstreuten Gruppen verbreitet werden, durch objektive Tatsachen erhärtet werden:

1. Das russische Wahlgesetz sondert die Arbeiter in eine besondere Kurie aus. Von den Abgeordneten der Reichsduma, die von dieser Kurie gewählt wurden, waren Bolschewiki: in der II. Duma (1907) 47 Prozent, in der III. Duma (1907-1912) 50 Prozent und in der IV. Duma (1912–1914) 67 Prozent.

Die Wahlen in die IV. Duma fanden im September 1912 statt, und die errungene Mehrheit (zwei Drittel) bewies den vollen Sieg des organisierten Marxismus über das Liquidatorentum.

2. Im April 1912 entstand die marxistische Tageszeitung „Prawda". Die Liquidatoren gründeten gegen sie, ebenfalls in Petersburg, das Konkurrenz- und Spaltungsblatt „Lutsch". Im Verlaufe zweier Jahre, vom 1. Januar 1912 bis zum 1. Januar 1914, ist die Zeitung der Liquidatoren mit all ihren Helfern in Gestalt zahlreicher Auslandsgruppen und des „Bund" laut Berichten dieser Zeitung selbst von 740 Arbeitergruppen unterstützt worden, während die für die marxistische Linie kämpfende „Prawda" in derselben Zeit 2801 Arbeitergruppen um sich vereinigte,

3. Anfang 1914 fanden in Petersburg unter den den Krankenkassen angehörenden Arbeitern die Wahlen im den Gesamtrussischen Versicherungsrat und in die Hauptstädtische Versicherungsbehörde statt. In die erste Institution wählten die Arbeiter 5 Mitglieder und 10 Stellvertreter, in die zweite 2 Mitglieder und 4 Stellvertreter. In beiden Fällen ist die Wahlliste der „Prawda"-Anhänger vollständig durchgedrungen. Bei den letzten Wahlen stellte der Vorsitzende fest, dass die Zahl der „Prawda"-Anhänger 37 Personen, die der Liquidatoren 7 Personen, die der Narodniki 4 Personen und der sich der Stimme Enthaltendem 5 Personen betrug.

Wir beschränken uns auf diese ganz kurzen Tatsachenangaben, Aus ihnen gebt hervor, dass die tatsächliche Einheit der Marxisten in Russland stete Fortschritte macht und bereits zum Zusammenschluss der Mehrheit der klassenbewussten Arbeiter auf dem Boden der Beschlüsse vom Januar 1912 geführt hat.

Das Dokument geht dann zur Charakteristik der desorganisierenden Tätigkeit einzelner ausländischer Gruppen und der Liquidatoren über, die hartnäckig versuchen den Willen der Mehrheit der Arbeiter Russlands zu durchkreuzen.

Es sind im Auslande heute, außer den Parteianhängern und den Liquidatoren, nicht weniger als fünf abgesonderte russische sozialdemokratische Gruppen tätig, die nationalen nicht gerechnet. Im Verlaufe zweier voller Jahre, 1912 und 1913, hat sich nirgends auch nur ein Schatten objektiver Angaben über eine Verbindung dieser Auslandsgruppen mit der Arbeiterbewegung in Russland gezeigt. Die Liquidatoren bildeten im August 1912 den sogenannten „August-Block", dem unter anderen Trotzki, der „Bund" und die lettische Sozialdemokratie angehörten. Auf den fiktiven Charakter dieses „Blocks", der faktisch die Liquidatoren deckte, ist schon längst hingewiesen worden. Jetzt ist dieser Block endgültig zerfallen: der im Februar 1914 abgehaltene Kongress der lettischen Sozialdemokratie hat beschlossen, seine Vertreter aus dem Block abzuberufen, da dieser Block sich nicht gegen die Liquidatoren abgegrenzt habe. Auch Trotzki gründete im Februar 1914 eine Zeitschrift seiner Gruppe, in der er seine Ausrufe über die Einheit mit seinem Abfall vom August-Block bekräftigt!

Das „Organisationskomitee", das gegenwärtig den „August-Block" vertritt, ist eine reine Fiktion, und es versteht sich von selbst, dass es unmöglich ist, mit dieser Fiktion in irgendwelche Beziehungen zu treten. Wenn die Liquidatoren von „Einheit" und „Gleichberechtigung" reden, so muss bemerkt werden, dass die erste Aufgabe der Anhänger der Einheit die ist, auf die Desorganisierung der geschlossenen gewaltigen Mehrheit der Arbeiter zu verzichten und sich von den Liquidatoren, den Zerstörern der „Gesamtheit", entschieden loszusagen. Die Reden über die Einheit" sind im Munde der Liquidatoren ein ebensolcher Hohn auf die tatsächliche Einheit der Mehrheit der Arbeiter Russlands, wie wenn die „Partei Allemane-Cambier'' in Frankreich oder die „PPS" in Deutschland von Einheit redeten.

Ferner wenden sich die Verfasser an das Exekutivkomitee des Internationalen Sozialistischen Büros mit der dringenden Bitte, den „Meinungsaustausch zwischen allen Fraktionen der Sozialdemokratie über die strittigen Fragen" (Resolution der Tagung des Internationalen Büros vom Dezember 1913) aus allen Kräften zu beschleunigen, damit der ganze fiktive Charakter des „August-Blocks" und des „Organisationskomitees" der Liquidatoren sowie ihre ganze desorganisierende Tätigkeit gegen die geschlossene Mehrheit der sozialdemokratischen Arbeiter Russlands im Angesicht eines unparteiischen Kollegiums vor der Internationale entlarvt werden.

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