Rosa Luxemburg: Resolution zum politischen Massenstreik [am 10. August 1913 von der Generalversammlung des Wahlkreisvereins für Niederbarnim angenommen, Vorwärts (Berlin), Nr. 205 vom 11. August 1913. Nach Gesammelte Schriften, Band 3, 1973, S. 296 f.] Der Parteitag begrüßt das wiedererwachte Interesse weiter Parteikreise für die Frage des Massenstreiks als ein Zeichen der Kampfesstimmung der Massen und ihres richtigen Gefühls für die Tatsache, dass die Sozialdemokratie auf die Dauer mit den parlamentarischen Mitteln allein nicht auskommen kann. Der Massenstreik kann jedoch nicht auf Kommando von Partei- und Gewerkschaftsinstanzen künstlich herbeigeführt werden. Er kann sich nur aus der Verschärfung der wirtschaftlichen und politischen Situation ergeben, als Steigerung einer bereits im Fluss befindlichen Massenaktion. Eine solche Situation ist in Deutschland in naher Zukunft unvermeidlich. Die Versumpfung der preußischen Wahlrechtssache, die Vorstöße des Imperialismus mit der ständigen Kriegsgefahr, der Stillstand der Sozialreform, die immer dringendere Notwendigkeit, das Koalitionsrecht zu verteidigen und es für den Landproletarier und die Arbeiter und Angestellten der Staatsbetriebe zu erobern, endlich das völlige Versagen der bürgerlichen Parteien machen das kräftige Eingreifen der arbeitenden Massen zur gebieterischen Pflicht, soll die Reaktion nicht auf der ganzen Linie triumphieren. Als Antwort auf die Übergriffe der Reaktion wie als erste Voraussetzung erfolgreicher Massenaktionen ist gegenwärtig eine offensive, entschlossenere Taktik der Partei auf allen Gebieten unbedingt erforderlich, so auch im Reichstag und namentlich im preußischen Wahlrechtskampf. Nur eine solche scharfe revolutionäre Taktik, die den Schwerpunkt des Kampfes bewusst in die Aktion der Massen verlegt und die vor keiner Konsequenz zurückschreckt, ist geeignet, in den Reihen der Organisierten die Kampfesenergie und den Idealismus wachzuhalten sowie die Unorganisierten in wichtigen Augenblicken mitzureißen und für die gewerkschaftliche und politische Organisation dauernd zu gewinnen. |