Parvus (Aleksandr Helphand): Die Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat und die soziale Revolution (Sommer 1898) [Artikelserie, Sozialistische Rundschau, Beilage zur „Sächsischen Arbeiter-Zeitung“, Nr. 1-3, 20. Juli, 3. und 8. August 1898] I. Die sozialistische Propaganda Die Frage der sozialen Revolution ist in den Industriestaaten Europas zu einer rein politischen Frage geworden. Nicht als ob die Politik die Macht wäre, die alles schafft, vielmehr ist sie selbst nur das Ergebnis der wirtschaftlichen Verhältnisse; aber die Produktionsentwicklung hat bereits im industriellen Europa einen derartigen Stand erreicht und eine solche soziale Zersetzung geschaffen, dass es reif ist für die sozialistische Umwälzung — das kommt in den politischen Kämpfen zum Ausdruck, und das Endresultat dieser Kämpfe bildet den Anfang der neuen Entwicklung. Es ist bereits gezeigt worden,1 wie gewaltig in Deutschland die rein proletarische Armee angewachsen ist und wie sehr bereits die anderen Volksschichten sozialrevolutionär umgeformt worden sind, d.h. so, dass die soziale Revolution ihnen mehr Vorteile bietet, als das Festhalten am gegenwärtigen Zustand bzw. sie allein ihnen die Erlösung aus der fortgesetzten Verelendung gibt. Es wird auch von niemand bezweifelt, dass eine allgemeine Unzufriedenheit mit den gegenwärtigen Zuständen in allen Bevölkerungsschichten, ausgenommen die reichen Kapitalisten, herrscht und dass alle Versuche der bürgerlichen Parteien und Regierungen, die verschiedenen „Notstände“ zu beseitigen oder zu lindern, fehlgeschlagen sind und die Unzufriedenheit höchstens zeitweilig mildert, um dann mit noch gesteigerter Wucht ihre verzehrenden Flammen zu erheben. Es ist auch an anderer Stelle nachgewiesen worden,1 dass wir, will sagen: die sozialrevolutionäre Partei, wenn wir in den Besitz der Regierungsgewalt bzw. der Machtmittel des Staates gelangen, wohl im Stande sind, durch eine Anzahl tiefgreifender wirtschaftlicher Maßnahmen — unser sozialrevolutionäres Programm — die Not in allen Schichten der arbeitenden Bevölkerung zu beseitigen, wodurch aber zugleich die Kapitalistenklasse und mit ihr die Klassenherrschaft überhaupt beseitigt wird. Die Frage dreht sich also für uns um die Eroberung der politischen Macht durch die Sozialdemokratie. Wie erreichen wir dieses Ziel? Das Mittel, welches sich von selbst ergibt, ist die Propaganda. Wir müssen die Überzeugung von der Notwendigkeit der sozialen Revolution verbreiten, und da die Tatsachen für uns sprechen, so scheint dies gar nicht schwierig zu sein. Allein in Wirklichkeit gestalten sich doch die Dinge erheblich anders. Werfen wir einen kurzen Rückblick auf die sozialistische Propaganda, wie sie ja schon seit einem vollen Jahrhundert innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft getrieben wird. Die großen Utopisten haben bekanntlich die Sache ganz naiv aufgefasst. Sie glaubten, es genüge, die Vorteile der sozialistischen Gesellschaftsordnung auseinanderzusetzen, um alle Welt von der Notwendigkeit der sozialen Revolution zu überzeugen. Von diesem Gesichtspunkte aus war es durchaus logisch, dass sie sich mit Vorliebe an diejenigen wandten, welche den meisten Einfluss in der heutigen Gesellschaft haben, weil sie, wenn sie überzeugt werden, allerdings das meiste zur Förderung jenes Planes der gesellschaftlichen Umgestaltung beitragen könnten. Sie wandten sich also vorzüglich an die Reichen, an die Kapitalisten. Allein, bald hat man die Erfahrung machen müssen, dass die wirtschaftliche Stellung einer Klasse vollständig ihre politischen und moralischen Ansichten beherrscht. Die Ausbeuterklasse, deren ganze soziale Macht auf der Klassenteilung beruht, war durch keine Gründe in der Welt für den Sozialismus zu gewinnen — sie verlachte und verspottete dessen Prediger und verschrie sie als Narren und Tollhäusler. Eine logische Konsequenz davon musste sein, dass der Sozialismus sich jener Klasse zuwandte, welche das geringste Interesse an der Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung, und das meiste an ihrer Änderung hat — dem Proletariat. Das geschah um so rascher, als die aufkeimende Arbeiterbewegung gierig die Ideen der sozialistischen Kritik, soweit sie ihr zugänglich waren, in sich zog und durch ihre Kämpfe die Aufmerksamkeit der sozialistischen Politiker auf sich lenken musste. Bekanntlich fand die Verschmelzung des Sozialismus mit dem proletarischen Befreiungskampf ihre mustergültige Form 1847 im kommunistischen Manifest. Allein dadurch erfuhr der Charakter der sozialistischen Propaganda wesentliche Änderungen. Wenn man sich in Bezug auf die Bourgeoisie, welche im Besitz des Reichtums und der Staatsmacht ist, wohl der Illusion hingeben konnte, es genüge, sie von der Zweckmäßigkeit und Gerechtigkeit der sozialen Revolution zu überzeugen, um diese zu vollbringen, so war es bei dem Proletariat, das besitzlos ist und die Staatsmacht gegen sich hat, von vorn herein klar, dass selbst, wenn es zur sozialistischen Erkenntnis gelangt ist, es sich erst in den Besitz der Staatsmacht setzen muss, um die Gesellschaft nach seinen Wünschen zu ändern. So wurde der Sozialismus aus einer Lehre von der allgemeinen gesellschaftlichen Harmonie zu einer Lehre des Klassenkampfes. Während die Arbeiterbewegung sozialistisch wurde, wurde der Sozialismus revolutionär. Und indem er revolutionär wurde, wurde er materialistisch; da er im Klassenkampf die Triebfeder der sozialen Umwälzung fand, machte er zugleich die Entdeckung, dass die Produktionsverhältnisse, welche die gegenseitige wirtschaftliche Stellung der Klassen bedingen, dadurch zugleich die geschichtliche Entwicklung bedingen. An Stelle der Entwicklung von sozialistischen Zukunftsplänen trat nun als Hauptpunkt der sozialistischen Propaganda die Erweckung des Klassenbewusstseins des Proletariats und die Sozialisten wurden aus utopistischen Allerweltsbeglückern politische Führer der Arbeiterklasse in ihrem Kampf gegen das Kapital. Der utopistische Sozialist verfügte über keine anderen Propagandamittel als die Belehrung. Es war ein „Unterricht im Sozialismus“, der geistig und moralisch besonders empfängliche Schüler erforderte und deshalb nur einzelne Proselyten warb, die dann zusammen eine besondere geistige Gemeinde bildeten, eine Sekte, innerlich so zusammengedrängt, dass der Gegensatz der Einzelcharaktere sie sprengen musste, und umso mehr abgeschlossen nach außen. Je mehr die sozialistische Propaganda sich den Arbeitermassen zuwandte, wurde nicht nur ihr Inhalt wie oben angedeutet geändert, sondern es musste auch nach anderen Propagandamitteln gegriffen werden außer der Belehrung. Schon weil die Arbeiter zahlreich sind, versagt die reine Belehrung, aber es kommt noch anderes hinzu. Man spricht viel vom sozialrevolutionären Charakter des Proletariats. Aber vom sozialrevolutionären Charakter einer Klasse zur Verbreitung der sozialrevolutionären Erkenntnis in dieser Klasse ist noch ein weiter Zwischenraum. Die Arbeiter werden ausgebeutet und leiden Not. Sie sehen als Gegensatz den sich häufenden kapitalistischen Reichtum. Sie werden zu Tausenden zusammengedrängt in den Städten und Fabrikzentren. Aber instinktiver Klassenhass und örtliches Beisammensein führen höchstens zu gelegentlichen Ausbrüchen eines vereinigten Widerstandes, sie sind noch keine zielbewusste politische Betätigung. Das Klassenbewusstsein des Proletariats wird gekennzeichnet nicht dadurch, dass die Arbeiter wissen, dass sie ausgebeutet werden — das wussten auch die Leibeigenen und Sklaven, überhaupt stets alle Ausgebeuteten, nur die Ausbeuter wollen stets nicht merken, dass sie ausbeuten — dieses Klassenbewusstsein wird vielmehr dadurch gekennzeichnet, dass sich die Arbeiter als Macht fühlen. Dieses Bewusstsein der Kraft dem Proletariat beizubringen, und in ihm den Willen zu erwecken, diese Kraft zu betätigen, das ist die große und schwere Aufgabe der sozialrevolutionären Propaganda. Die Behauptung der kapitalistischen Parteien ist närrisch, dass wir Unzufriedenheit in die Massen hineinbringen. Hätten wir erst diese Arbeit zu leisten gehabt, so würden wir niemals fertig. Wir finden bereits die Unzufriedenheit vor, sie wogt uns entgegen aus der Not und dem Elend der Massen, und dennoch haben wir noch Gewaltiges zu überwinden, denn wir wollen aus Not und Elend eine politische Macht bilden, währenddem im ganzen Verlauf der menschlichen Geschichte sich die politische Macht nur an Reichtum und Überfluss heftete! Bei diesem gewaltigen Unternehmen stehen uns allerdings noch andere Mittel zur Verfügung als die reine Belehrung, die allgemeine ideologische Erörterung. Vor allem tritt uns da der moderne Parlamentarismus entgegen, der im allgemeinen, gleichen Wahlrecht die Arbeiterklasse als politische Macht anerkennt. Der Staat tritt selbst an die Arbeiter heran und fordert sie auf, ein Urteil abzugeben über die Staatspolitik. Die Wahlergebnisse zeigen den Massen, dass sie einen Einfluss ausüben können. Sie lernen die Macht der großen Zahl kennen. Das allein weckt mehr ihr politisches Selbstbewusstsein als es alle Propaganda tun könnte. Aber derselbe Parlamentarismus, welcher den Staat zwingt, sich an die Arbeiter zu wenden, veranlasst den Sozialismus, sich mit der Staatspolitik der Gegenwart zu beschäftigen. Es sind vor allem die Fragen der Besteuerung und des Militarismus, die sich herandrängen. Mit der Entwicklung der Arbeiterbewegung, die dem Staat Konzessionen abnötigt, kommt die Arbeiterschutz-Gesetzgebung hinzu. Zu gleicher Zeit erwächst immer mehr die Notwendigkeit, die Unterdrückungsmaßregelungen des Staates gegen die fortschreitende Arbeiterbewegung abzuwehren. Tausend andere Gegenstände von geringerer Bedeutung treten hinzu. Kurz, es zeigt sich, dass der Staat nichts unternehmen kann, dass es kein Gesetz, keine Verordnung gibt, die nicht in gewisser Beziehung auch das Interesse der Arbeiter zu erwecken vermöchten. Sie entwickelt sich eine höchst mannigfaltige und umfassende Tätigkeit. Die sozialistische Propaganda, die mit Zukunftsplänen beginnt, endet scheinbar in ihrem Gegenteil: darin, dass sie das Interesse der Arbeitermassen an die vielgestaltigen Tagesfragen der Staatspolitik der Gegenwart zu fesseln sucht. Das ist aber nur ein scheinbarer Widerspruch. Denn die zahllosen Beziehungen, in welche das Proletariat durch den Parlamentarismus zur Staatspolitik tritt, sind ebenso viele Gelegenheiten, es in einen Gegensatz zu der kapitalistischen Staatspolitik und dadurch zu der kapitalistischen Gesellschaftsordnung zu bringen. Nicht auf agitatorische Verschmitztheit kommt es hier an, sondern einfach darauf, die Klassenstellung des Proletariats, welche diesen sozialrevolutionären Gegensatz bedingt, wahrzunehmen. So bekommt die sozialistische Propaganda — freilich längst nicht mehr in dem Sinne der Ausmalung einer sozialistischen Zukunftsgesellschaft, sondern im Sinne der Herbeiführung der sozialistischen Gesellschaft durch Beseitigung der kapitalistischen Gesellschaft — tausenderlei Anknüpfungspunkte in der kapitalistischen Politik selbst. Sie begleitet sie wie ihr Schattenwurf. Sie verfolgt sie auf die Fersen und wirft sich ihr Schritt für Schritt, an allen Orten und jeden Augenblick, aufs neue entgegen. Sie ist aber nicht mehr bloß das Wort, sie ist zugleich die Tat. Aus der Propaganda wird die Agitation. Es handelt sich nicht nur darum, in den Massen bestimmte Gedanken zu bringen, sondern sie zu einer bestimmten Betätigung zu veranlassen. Sie sollen gegen dieses oder jenes Gesetz stimmen, Protest erheben, für bestimmte Maßregelungen eintreten, sie sollen Abgeordnete wählen etc. Das sind politische Handlungen. Wenn auch darunter der Himmel noch nicht zusammenstürzt, so wird doch durch diese Betätigung das politische Selbstbewusstsein, durch die erzielten Erfolge das Selbstvertrauen und durch alles zusammen das Machtbewusstsein der Arbeiterklasse gehoben. Um aber parlamentarische Erfolge zu erzielen, genügt die Agitation allein nicht, es gehört dazu noch die Organisation. Das ist das letzte Wort der sozialrevolutionären Propaganda: schließlich gipfelt alles darin, die Massen zusammenzubringen. Hat man sie beisammen, so bilden sie eine Armee, mit der man politische Effekte erzielen kann. Wir haben bisher bloß die politische Betätigung der Arbeiterklasse ins Auge gefasst. Die Frage der Organisation führt von selbst auf den Zusammenhang mit dem gewerkschaftlichen Kampf. Wir können uns darüber hier nicht verbreiten. Es genügt, darauf zu verweisen, dass der Lohnkampf und der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen überhaupt die Arbeiter noch mehr in Gegensatz zum Kapital bringt als der Kampf um die Gesetzgebung, und dass beide innig zusammenhängen. Der Sozialismus beginnt mit der moralischen Erziehung Einzelner in Sekten von Fanatikern, — er gelangt dazu, dass er die Massen, bei denen die moralischen Qualifikationen der Einzelnen außer Betracht kommen, zur politischen Partei organisiert. Es ist klar, dass, da sein Vorgehen ein so verschiedenes ist, man zur Bemessung seiner Erfolge beide Male einen verschiedenen Maßstab gebrauchen muss. Es wird aber noch immer an den Fortschritt der sozialrevolutionären Arbeiterbewegung der alte ideologische Maßstab der Verbreitung der theoretischen Erkenntnis des Sozialismus angelegt, der freilich nicht mehr ausreicht. Fragt man uns nach den Fortschritten der sozialistischen Erkenntnis, so antworten wir: Seht euch in der Wissenschaft um, und ihr werdet einen völligen Bankrott der kapitalistischen und der kleinbürgerlichen Auffassung finden, ihr werdet sehen, dass die sozialistische Kritik wie Ätzwasser die politische Ökonomie zersetzt hat, und der geschichtliche Materialismus bereits alle Gebiete der sozialen Forschung erobert hat, indem er allein nur sich fähig zeigt, die Wissenschaft durch neue Forschungsergebnisse zu bereichern, währenddem die alten Geschichtsmethoden an ihrer eigenen Unfruchtbarkeit verdorren. Seht euch in der Literatur um, und ihr werdet finden, dass an Stelle der Verherrlichung des Bürgertums, eine alles zernagende Kritik längst ihre Zerstörungsarbeit vollendet hat, und alles, was dem Bürgertum heilig war, von seinem gesellschaftlichen Emporstreben an und bis auf seine Ideale der Ehe und der Familie, seine Ideen des Fortschritts, seine Gerechtigkeit, seine Lebensphilosophie zu Pulver zerrieben, mit beißendem Spott übergossen und in den Boden getreten sind, und diese Literatur sich aufzehrt und in der Sucht nach neuen Idealen, die die bürgerliche Gesellschaft nicht mehr geben kann: Pessimismus in der Philosophie und Dekadenz in der Dichtung und Kunst! Fragt man uns aber nach die politischen Fortschritten der sozialrevolutionären Bewegung, so antworten wir: Seht die Arbeitermassen, welche die Sozialdemokratie organisiert hat. Wenn man uns nun fragt: Ist denn jeder einzelne dieser Millionen überzeugter Sozialist? so ist unsere Antwort: Damit die Sozialdemokratie in den Besitz der politischen Gewalt gelangt, ist es auch gar nicht notwendig, dass die Millionen organisierter Arbeiter überzeugte Sozialisten seien: das beweist doch gerade der Umstand, dass diese Millionen sozialdemokratisch wählen, trotzdem sie noch keine überzeugten Sozialisten sind. Hat aber erst die Sozialdemokratie die Machtmittel des Staates zu ihrer Verfügung, dann wird sie alle Arbeiter zu überzeugten Sozialisten machen, und zwar nicht durch abstrakte Vernunftgründe, sondern durch gesetzgeberische Maßnahmen, durch tief einschneidende wirtschaftliche Änderungen, welche sie in eine neue gesellschaftliche Stellung bringen, ihren Wohlstand haben und sie zu Herren des Landes machen werden — kurz, durch die soziale Revolution. Daran aber denken wir nicht, durch bloße Verbreitung theoretischer Erkenntnis die Arbeiter schon innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft sozialdemokratisch so weit ausbilden zu können, dass man jeden von ihnen sofort zum sozialistischen Minister machen könnte. Diejenigen, welche auf die Unmöglichkeit des Sozialismus daraus schließen, dass die Massen, die ihm jetzt folgen, noch keineswegs durchweg wissenschaftlich überzeugte Anhänger von ihm sind, mögen sich doch fragen, wie viele wissenschaftliche überzeugte Anhänger besitzt sie selbst jetzt? Wenn dem Sozialismus noch keine Million theoretisch überzeugter Anhänger zu Gebote stehen, so treten dem Kapitalismus Millionen entgegen, die nicht durch theoretische Erwägungen, sondern durch ihre materielle Lage , durch das praktische Leben zu seinen erbitterten Feinden geworden sind! Dass auch die rein theoretische sozialistische Erkenntnis unter den Arbeitern Verbreitung findet, wollen wir durchaus nicht bestreiten. Aber sie umfasst, der Natur der Sache gemäß, nur eine relativ geringe Zahl, in Deutschland höchstens einige tausend Personen. Das sind die Befähigtsten, die für allgemeine Gedanken empfänglicher sind, die eine allgemeine politische Schulung durchgemacht haben und durch eigene Kraft sich sozialpolitische Kenntnisse erworben und sich zu einer wissenschaftlichen Erkenntnis durchgerungen haben, wie sie die Jünger der Bourgeoisie, trotz allem gelehrten Einpauken auf den Universitäten, ihr Lebtag nicht erwerben können. Welche gewaltige intellektuelle Macht in dieser „Arbeiter-Intelligenz“ steckt, wird man erst erfahren, wenn die soziale Revolution alle Ämter und Stellungen dem freien Wettbewerb eröffnen wird und nicht mehr Geburt und Titel und Gunst der Reichen, sondern die geistige Qualifikation und der Wille des Volkes über die Entsetzung der Amtsstellen zu entscheiden haben werden. Der wissenschaftliche Sozialismus fasst die Gegenwart geschichtlich und materialistisch auf, — so muss man denn auch ihn selbst geschichtlich und materialistisch auffassen. Der Sozialismus ist nicht die Wirkung einer bestimmten Propaganda, sondern das Ergebnis von politischen Kämpfen, die in der sozialistischen Propaganda nur zum Ausdruck kommen. Was die ideologische Seite anbetrifft, so wollen wir sogar weiter gehen, als unsere Gegner, und erklären, dass es nicht nur nicht immer ein sozialistisches, sondern vielfach nicht einmal ein ausgesprochen politisches Interesse ist, welches uns die Wähler zuführt. Erstens wirken bereits Trägheitsmomente mit: die sozialdemokratischen Massen sind bereits so gewaltig, dass die einzelnen Arbeiter einfach gar nicht mehr bei Seite bleiben können, sondern von dem mächtigen Strom instinktiv mit hingerissen werden. Auch gibt es solche, für welche die Wahlen eine Art Sport sind. Man sehe doch z.B., wie in England die Wettrennen der gesamten Bevölkerung zur Leidenschaft geworden sind, bei der das Äußerste gewagt wird. Auch die Wahlen sind ein Wettrennen, mit dem Unterschied, dass hier jeder Zuschauer zugleich ein Teilnehmer ist, da er mit seinem Stimmzettel das Endergebnis beeinflusst. Sind das Zeichen der Schwäche? Wir glauben umgekehrt, das ist ein Zeichen der Stärke einer politischen Partei, wenn sie alle Leidenschaften und alle Impulse, welche die Massen beherrschen, für sich in Bewegung zu setzen vermag. Es gibt wieder solche, die sagen: „Ihr habt die sozialrevolutionäre Armee, warum bleibt dann die soziale Revolution aus“, und sie dünken sich Wunder wie schlau. Als ob die soziale Revolution, wie eine Abgeordnetenwahl, nur ein Rechnungsergebnis wäre: eine kleine Majorität und die kapitalistische Gesellschaft hört auf und die sozialistische beginnt! Auch hier liegt die Wahrheit im Gegensatz: Noch ist die soziale Revolution noch nicht eingetreten und doch verfügen wir schon über eine sozialrevolutionäre Armee. Man sehe sich doch in der Geschichte um: Die wirtschaftlichen und politischen Umwälzungen sind stets plötzlich, von den meisten unerwartet, eingetreten, gar nicht oder nur in äußerst geringem Maße wurden sie im voraus organisiert. Für solche entscheidenden Wendungen der Geschichte ist es eben notwendig, dass sämtliche sozialen Verhältnisse, die wirtschaftlichen wie die politischen, sich zum Zusammenbruch zusammenfügen. Wir überlassen es der Polizei, die Revolution zu bekämpfen, welche „gemacht“ wird, wir selbst machen keine, — wenn aber die große Krisis der kapitalistischen Gesellschaftspolitik eintritt, der Handelskrisis gleich, welche die kapitalistische Industrie in Trümmern schlägt, dann wird das Proletariat Europas mit einer organisierten Armee von vielen Millionen n die Ereignisse eintreten. Diese Tatsache ist so evident, dass sie wie ein Alp auf den bürgerlichen Parteien und Regierungen lastet und sie nicht nur zu einem verzweifelten Widerstand gegen die Sozialdemokratie reizt, sondern in ihren gegenseitigen Kämpfen um ihre eigenen materiellen Interessen hemmt, weil sie das bestimmte Gefühl haben, dass, wenn einmal die Staatsgewalt ins Wanken kommt, sie in die Macht des organisierten Proletariats fällt und nicht mehr in ihrer kapitalistischen Form wiederhergestellt werden kann. Das aber ist, unter den Einschränkungen, die sich aus unserer materialistischen Auffassung ergeben, das Werk der sozialistischen Propaganda. Nun wird zu untersuchen sein, unter welchen Bedingungen die soziale Revolution eintreten und wie sich der Kampf zwischen dem kapitalistischen Staat und dem organisierten Proletariat unter sozialistischer Führung, d.h. der Sozialdemokratie weiter gestalten wird. II. Die parlamentarischen Aussichten der deutschen Sozialdemokratie Es ist eine Frage, die angesichts der fortschreitenden Wahlerfolge der Sozialdemokratie sich allgemein aufdrängt: Ob es der Sozialdemokratie gelingen könnte, beim Fortbestand des jetzigen Reichtagwahlrechts die Majorität der Abgeordnetensitze im Reichstage zu erlangen. Es gab eine Zeit, wo die deutsche Sozialdemokratie selbst derartige Perspektiven als Utopien von sich wies, und zwar aus der Erwägung, dass die herrschenden Klassen es nie soweit kommen lassen würden. Allein nachdem die Sozialdemokratie sich schon an so vielen Reichstagswahlen beteiligt hat und, trotz des Geschimpfes und Gezeters der bürgerlichen Parteien und der Regierung in den Besitz einer bereits sehr erheblichen Zahl von Mandaten gelangt ist, sieht man auch in unseren Reihen den Gedanken einer sozialdemokratischen Reichstagsmajorität nicht mehr mit demselben Unglauben entgegen; ja, es scheint sich sogar bei manchen eine umgekehrte Vorstellung herausgebildet zu haben, die sich etwa so ausdrücken lässt: „Sollten wir nicht einmal die Reichstags-Majorität erlangen können, wie könnten wir da an eine Eroberung der politischen Macht denken“; so ungefähr denkt man, vergessend, dass, als die deutsche Sozialdemokratie daraufhin ausging, sich die politische Macht zu erobern, sie nicht einmal jene parlamentarischen Erfolge erwartete, die wir jetzt bereits erreicht haben. Wir werden später zeigen, dass es ein durchaus oberflächliches, ungeschichtliches Verfahren ist, die Frage einer politischen Umwälzung mit jener der Erlangung einer parlamentarischen Majorität zusammenzuwerfen. Zunächst wollen wir immerhin untersuchen, inwiefern die soziale Möglichkeit für die Sozialdemokratie vorhanden ist, die Majorität der Reichstagssitze zu erobern. Das Material zur Beleuchtung dieser Frage bietet die deutsche Berufsstatistik von 1895. Verschaffen wir uns ein Bild von der Berufsstellung der Wahlberechtigten. Leider ist bei der Ausarbeitung der Berufstatistik die Altersgrenze von 25 Jahren nicht berücksichtigt worden. Wir behelfen uns damit, dass wir die Hälfte der Altersgruppe von 20 [im Original: 25] bis 30 als über 25 Jahre alt zu den Wahlberechtigten zählen. Die so berechnete Gesamtzahl der über 25 Jahre alten Männer betrug 1895 im deutschen Reich 11.735.583. Darunter sind aber noch 304.762 aktive Militärs enthalten,2 die bekanntlich nicht wahlberechtigt sind. Bleiben 11.431 Reichstagswähler. Die Zahl der wegen Armenunterstützung u.s.w. nicht Wahlberechtigten betrug etwas über 170.000. Bleiben 11.260.000. Rechnet man noch die über 25 Jahre alten Ausländer ab, so bleiben rund 11.000.000. Nach Professor Hickmanns Berechnung betrug bei der letzten Wahl die Zahl der Wahlberechtigten 11.200.000 Der kleine Unterschied erklärt sich genügend durch das Wachstum der Bevölkerung seit 1895. Da sich die Zahl der Ausländer aus den einzelnen Berufen nicht ausscheiden lässt, so ziehen wir sie auch von der Gesamtzahl nicht ab: wir nehmen also an, dass der Zuwachs der heimischen Wahlberechtigten genau so viel ausmacht wie der Wegfall der Ausländer. Die soziale Gruppierung der Wahlberechtigten weicht im Vergleich mit den Erwerbstätigen oder der Gesamtbevölkerung erheblich zu Gunsten der besitzenden Klassen ab. Das rührt von der bekannten Tatsache her, dass das Kapital Massen von Kindern, Jugendlichen und Frauen, die alle nicht wahlberechtigt sind, zur Lohnarbeit zwingt. Allein von den männlichen Lohnarbeitern sind 43 Prozent unter 25 Jahren alt, dagegen von den Selbständigen bloß 5 Prozent! Die Heruntersetzung der Grenze der Wahlberechtigten etwa bis auf das 22. Lebensjahr, also gleich nach Absolvierung der Militärpflicht, würde rund einer Million Arbeitern das Wahlrecht verleihen, denen es jetzt entzogen bleibt. Es ist gut, diese Tatsache überhaupt einmal festgestellt zu haben zur Charakterisierung des in Deutschland herrschenden „allgemeinen“ Wahlrechts. Die Wahlberechtigten zeigen nun folgende allgemeine Gliederung:
Amtliche Berufsstatistiken stellen sich nicht die Aufgabe, ein genaues Bild der Klassengliederung der Gesellschaft zu geben. Darum ist es unumgänglich, um dieses zu erlangen, an der amtlichen Rubrizierung wenigstens einige grobe Korrektionen anzubringen. Die 4.172.269 Selbständige verteilen sich folgendermaßen:
Nun befinden sich aber nach der Betriebsstatistik unter den selbständigen männlichen „Industriellen“ 793.996, die allein arbeiten, ohne Gesellen, ohne Lehrlinge und auch ohne Motorbenutzung, kurz — Handarbeiter. Dass diese in ihrer wirtschaftlichen Stellung viel mehr gemeinsam haben mit den gewöhnlichen Lohnarbeitern, als mit den Herren Krupp, Stumm, Bleichröder etc., mit denen sie in einer Reihe aufgeführt werden, wird wohl kaum bestritten werden. Da die Zahl der unter 25 Jahre alten Selbständigen in der Industrie nur ca. 120.000 beträgt, so kann man wohl mindestens 700.000 Personen rechnen, um die die Zahl der wahlberechtigten Selbständigen in der Industrie, als Klasse der „Besitzenden“ betrachtet, zu hoch erscheint. In Wirklichkeit noch viel mehr, wie es die Einkommensstatistik beweist. Unter den Berufslosen sind alle Empfänger von Invaliden- und Altersrenten mitgerechnet. Das sind alles Lohnarbeiter, die als solche selbst vom Staat anerkannt werden. Der Umstand, dass sie vom Kapital verkrüppelt oder bis zur Arbeitsunfähigkeit verbraucht worden sind, ist am wenigsten geeignet, sie mit der kapitalistischen Gesellschaft zu versöhnen. Ihre Gesamtzahl betrug zur Zeit der Berufszählung 318.000. Die Zahl der Frauen darunter dürfte ca. 80.000 sein. So ist man wohl berechtigt, anzunehmen, dass es den wirklichen Verhältnissen mehr entspricht, wenn man diese rund 90.000 Wahlberechtigten dem Proletariat zuzählt. Nach dieser Korrektion erhalten wir folgende Zahlen:
Was bedeutet: Wenn es gelungen wäre, sämtliche proletarische Wähler dazu zu bringen, einen sozialdemokratischen Wahlzettel abzugeben, und wenn diese Wählermassen gleichmäßig auf alle Wahlkreise verteilt wären, so würde die Sozialdemokratie alle 397 Mandate in Besitz nehmen. Aber die Ungleichheit der Besetzung der einzelnen Wahlkreise würde bei der sehr bedeutenden Überzahl der proletarischen Stimmen — fast 700.000 über die absolute Majorität — das Ergebnis nicht einmal viel ändern, höchstens könnten die bürgerlichen Parteien unter solchen Verhältnissen auf etliche Sitze rechnen, sie wären also jedenfalls platt an die Wand gedrückt. Nun sagt das instinktive politische Gefühl, dass ein derartiges Ergebnis unter normalen Verhältnissen undenkbar ist. Eine solche Organisation des Proletariats, die alle bis auf den letzten Mann umfasst, erscheint uns undenkbar. Doch wird man immerhin gut tun, sich daran zu erinnern, dass unsere Stimmenzahl seit 1887 sich verdreifacht hat, dass es ein noch tolleres Wagnis war, als die Partei zum ersten Mal, ohne Mittel, alle Parteien und den Staat gegen sich, in den Wahlkampf zog, und dass es der Gipfel der Tollheit war, als 1847 [im Original: 1877] ein Häuflein Flüchtlinge es unternahm, die „Proletarier aller Länder“ zu vereinigen. Aber die Sache wird eben viel weniger befremdlich, wenn man sich anormale Zeiten denkt, wie sie politische Umwälzungen charakterisieren. Dann besagen die von uns festgestellten Zahlen folgendes: Zur Zeit der größten politischen Aufregung, zur Zeit, wenn die Klassenkämpfe ihre größte Schärfe erreichen, wenn nicht mehr um einzelne Gesetze, sondern um die Handhabung der Gesetzgebung überhaupt und die Regierungsgewalt gefochten wird, wenn es klar wird, dass das Proletariat entweder siegt oder im Fall einer Niederlage schlimmer geknechtet wird denn je, oder wenn es vielleicht sogar so weit ist, dass eine proletarische Regierung, bereits im Besitz der politischen Macht, an die Wählerschaft appelliert, um Unterstützung in ihren gesetzgeberischen Maßnahmen zu finden, — dann ist es wohl möglich, dass ein Reichstag gewählt wird, der durchweg sozialdemokratisch ist. Der Name dafür ist: die Diktatur des Proletariats! Es soll noch erwähnt werden, dass von den 4 Millionen der „besitzenden Klassen“ die meisten von dem Kleinbauerntum und den kleinen Kaufleuten gebildet werden, die so verelendet sind, dass die soziale Revolution ihnen als Erlösung erscheinen muss, und dass von 500.000 Beamten ein bedeutender Teil — Eisenbahner, Postunterbeamten — schon jetzt sozialdemokratisch abstimmt. Doch sehen wir von den außergewöhnlichen Verhältnissen ab und betrachten wir, wie die Dinge augenblicklich stehen. Die 2½ Millionen Stimmen, welche die Sozialdemokratie diesmal auf sich vereinigt hat, bilden nur ein Drittel der proletarischen Wählerschaft Deutschlands. Von den übrigen zwei Dritteln hat sich ein Teil der Abstimmung enthalten und ein anderer Teil stimmte für die bürgerlichen Parteien. Bekanntlich bilden die Landarbeiter in überwältigender Majorität noch immer die Gefolgschaft der Junker. Wir steht es aber nun mit der eigentlichen sozialdemokratischen Wählerschaft? Es gibt unter den Wahlberechtigten
Unter den Lohnarbeitern in Handel und Verkehr sind nicht etwa die Kommis zu verstehen, die vielmehr als höhere Angestellte besonders aufgeführt werden, sondern die Packer, Austräger usw., sowie die Schaffner und Kutscher der Straßenbahnen und ähnliche Arten der Lohnarbeiter. Zu diesen wollen wir von den alleinarbeitenden Handwerkern nur noch diejenigen Berufsarten hinzuzählen, in denen notorisch die Sozialdemokratie stark vertreten ist. Wir zählen da:
Das macht zusammen mit der vorigen Zahl 3.958.000. Nun ist auch noch ein Teil der Invaliden- und Altersrentenempfänger hinzuzurechnen, der auf die industrielle Arbeiterschaft entfällt. Leider lässt er sich auf Grund der Statistik, die wir bei der Hand haben, nicht ausscheiden. Man wird aber wohl allgemein zugeben, dass es nur sehr gering gerechnet ist, wenn wir unter Hinzuziehung der Rentenempfänger das eigentliche sozialdemokratische Rekrutierungsgebiet mit rund vier Millionen Wahlberechtigten angeben. Dabei ist noch nicht berücksichtigt:
Wir ziehen die Schlussfolgerung: Die deutsche Sozialdemokratie ist wohl im Stande, unter normalen Verhältnissen allein aus ihrem städtischen Rekrutierungsgebiet im Verhältnis zu der jetzigen Wählerschaft noch 1-1½ Millionen Stimmen aufzubringen. Das Märchen von dem „Überschreiten des Gipfelpunktes“ ist eine Wahnidee, die auf nichts begründet ist als auf der Angst des Spießbürgers. Damit diese Zahl zum Vorschein kommt, ist gar nicht viel notwendig. Fiele die 98er Wahl nicht noch immer in eine Zeit des günstigen Geschäftsganges, oder wäre eine Auflösung des Reichstages erfolgt und die Marinevorlage wäre nicht bereits eine vollendete Tatsache, sondern das Volk hätte darüber erst durch seine Wahlabstimmung zu entscheiden, so hätten wir schon jetzt einen bedeutenden Teil davon abgetragen. Was es aber bedeuten würde, wenn wir zu unseren 21/8 Millionen noch eine Million Wahlstimmen in den Waagschale werfen, begreift man, wenn man sich vergegenwärtigt, dass wir schon jetzt bei der Hauptwahl ein Drittel sämtlicher Wahlkreise mit Beschlag belegt haben. Jedes 100.000 sozialdemokratische Stimmen wiegt jetzt ganz anders, als zu jener Zeit, wo die Sozialdemokratie überhaupt nur nach Hunderttausenden zählte, weil die Dinge jetzt fast überall bereits auf die Messerspitze getrieben worden sind. Würden sich nun da die bürgerlichen Parteien nicht schon bei den Hauptwahlen kartellieren, so wäre es allerdings sehr wahrscheinlich, dass die Sozialdemokratie die Majorität der Abgeordnetensitze erobert hätte. Eine einzige Majoritätspartei gab es nie im deutschen Reichstage. Die Nationalliberalen und die Fortschrittspartei haben 1874 zusammen über 204 Mandate verfügt — das war die größte Zahl, die jemals erreicht wurde. Ihre gemeinsame Stimmenzahl betrug 1.990.000, d.h. 23 Prozent der zu jener Zeit Wahlberechtigten. Die Sozialdemokratie würde aber mit 3½ Millionen Stimmen 30 Prozent der Wahlberechtigten umfassen. Ein Kartell sämtlicher bürgerliche Parteien, und zwar, wie schon erwähnt, nicht erst bei den Stichwahlen, sondern bei der Hauptwahl, so dass in jedem Wahlkreis der Sozialdemokratie nur ein bürgerlicher Kandidat entgegengestellt wird, wäre allerdings im Stande, die Sozialdemokratie unter gewöhnlichen Verhältnissen auf die Dauer in der parlamentarischen Minderheit zu halten, vorausgesetzt, dass dieses Kartell selbst auf die Dauer aufrecht zu erhalten wäre. Und da glauben wir, dass dies doch eine etwas schwierige Sache ist, schwieriger z.B. als — die Abschaffung des allgemeinen, gleichen Wahlrechts, die der kürzeste und einfachste Weg ist, auf dem jenes Ziel, die Sozialdemokratie in parlamentarischer Minderheit zu halten, erreichbar ist. Dies die parlamentarischen Aussichten der Sozialdemokratie. Wir werden nun zu untersuche haben, inwiefern die Weltgeschichte davon abhängt, ob die Zahl der sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten 199 erreicht. III. Das Geheimnis des deutschen Generalstabs Noch hat der deutsche Reichstag kein einziges Gesetz geschaffen gegen den Willen der Regierung. Selbst eine derartige geringfügige Sache wie die Diätenbewilligung, die der Reichstag bereits unzählige Male beschlossen hatte, hat er bis auf diesen Augenblick nicht erreichen können, weil die Regierung es nicht haben wollte. Denn die Regierung verfügt über den Bundesrat und ohne die Einwilligung des Bundesrates gibt es kein Gesetz. Eine sozialdemokratische Majorität im Reichstag würde selbstverständlich in ihrer positiven Tätigkeit mit diesem Hindernis erst recht zu rechnen haben — der Weg, Gesetze zu machen, wäre ihr durch den Bundesrat vollständig verlegt. Man erblickt also für einen sozialdemokratischen Reichstag vorerst keine andere Art, sich zu betätigen, als eine streng durchgeführte Obstruktionspolitik, die in der Verweigerung des Budgets ihre höchste Spitze findet. Allein die Erfahrungen der preußischen Konfliktszeit und die Erfahrungen, die man jetzt in Österreich macht, scheinen den Beweis zu führen, dass man auch gegen den Willen des Parlaments regieren kann. Was nun? Jedenfalls ist so viel klar, das die 199 sozialdemokratischen Abgeordneten im Reichstag an und für sich nicht die Macht sein können, um die Regierung in die Schranken der Gesetzlichkeit zu zwingen. Und wenn sie noch so redegewandt sein sollten, so sind doch die Zeiten vorbei, wo Posaunenstöße die Mauern Jerichos stürzten. Die Regierungen fürchten sich vor Worten nicht mehr. Folglich muss diese Reichstagsmajorität eine Macht hinter sich haben, die im Stande wäre, ihren Worten Geltung zu verschaffen. Ohne dies erreicht sie nichts. Allgemein gesagt: die Zusammensetzung des Parlaments ist nur der Ausdruck politischer Machtverhältnisse, die außerhalb des Parlaments liegen. Jener parlamentarischer Ausdruck politischer Machtverhältnisse braucht aber nicht genau zu sein und kann gefälscht werden. Selbst beim allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrecht kann die Zusammensetzung des Parlaments bekanntlich auf rein mechanische Weise beeinflusst werden — durch Wahlkreiseinteilung, Änderung der Altersstufe der Wahlberechtigung etc. — noch besser lässt sich das erreichen durch Kürzung des Wahlrechts selbst. Man kann also ein Parlament zusammenstellen, wie man will, aber es ist klar, dass an jenen Machtverhältnissen, die außerhalb des Parlaments stehen und ihm erst eine politische Bedeutung verleihen, dadurch nichts geändert wird. Folglich kann man in der Zusammensetzung des Parlaments nicht den genauen Gradmesser der politischen Zustände eines Landes erblicken. Der Siedepunkt mag, wenn der Apparat allen wissenschaftlichen Forderungen entspricht, bei 198+1 liegen, — aber wenn man durch mechanische Mittel das Quecksilber im Stiegen hindert, so dass es etwa nicht über 56 steigen kann, so ist deshalb in Wirklichkeit die Hitze nicht minder. Das ist doch so einleuchtend, und doch wird es so leicht übersehen. Die Regierungen gerieren sich bald so, als wenn sie sich um die Parlamente gar nicht zu kümmern brauchten, bald zeigen sie eine übertriebene Furcht vor den Parlamenten und scheinen zu glauben, dass die Welt zusammenstürzen würde, wenn die Verteilung der Sitze unter den Parteien bestimmte Schranken überschreiten würde. Auch in den Betrachtungen, welche innerhalb unserer Partei gepflogen werden, erscheint das Parlament als nichts und als alles. Die Frage, ob eine Regierung auf die Dauer gegen das Parlament regieren kann, ist also eine Frage, ob es außerhalb des Parlaments eine politische Macht gibt, welche die Regierung zwingen könnte, dem Parlament zu gehorchen. Übertragen wir diese Erkenntnis auf den von uns erörterten Gegenstand der Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat, so handelt es sich offenbar nicht darum, ob 199 sozialdemokratische Abgeordnete den Willen einer Regierung, die sich auf das Beamtentum und die Armee stützt, zu brechen vermögen, sondern um eine Auseinandersetzungen zwischen dem organisierten, klassenbewussten Proletariat einerseits und der kapitalistischen Staatsmacht andererseits. Stellt man so die Frage, dann wird es klar, dass der Militarismus den Drehpunkt der Entscheidung bildet. Inwiefern vermag der kapitalistische Staat in seinem Kampf gegen die Sozialdemokratie sich auf das Heer zu verlassen? Da das moderne Heer auf der allgemeinen Wehrpflicht beruht, so hängt seine politische Stellungnahme von seiner sozialen Zusammensetzung ab. Von allen Anhängern der Gewaltpolitik wird denn auch im gleichen Atemzug mit dem Heer das Bauerntum als staatserhaltende Macht anerkannt. Wir wollen uns nun möglichst genaue Rechenschaft geben, wie hier die Dinge stehen. Vor einem Jahre ging eine Statistik durch die Presse, welche gewaltiges Aufsehen erregt hat. Es war die vom bayerischen Kriegsminister auf Antrag des bayerischen Landtags vorgenommene Berufszählung der Rekruten. Das Resultat war in doppelter Beziehung ein überraschendes: erstens weil nur eine Minorität der Ausgehobenen der Landbevölkerung entstammte, zweitens, weil es sich herausstellte, dass das Verhältnis der Ausgehobenen zur Gesamtbevölkerung in der Industrie ein bei weitem günstigeres ist als in der Landwirtschaft. Es gehören nämlich bloß 40,2 Prozent der Ausgehobenen der Land- und Forstwirtschaft an, dagegen 49,3 % der Industrie nebst Bergbau, 6,8 Prozent Handel und Verkehr, 3,9 Prozent anderen Berufsklassen und 0,2 Prozent waren ohne Beruf; die Berufsgliederung der Gesamtbevölkerung Bayern war aber: Land- und Forstwirtschaft 44,8 Prozent , Industrie 34,2, Handel und Verkehr 8,8, sonstige Berufsklassen 7,7 und ohne Beruf 4,5. Jene bayerische Statistik hatte aber eine sehr wesentliche Lücke: sie sagte nichts über die Berufsstellung der Ausgehobenen, darüber, wie viel unter den Ausgehobenen Lohnarbeiter, wie viele selbständige Bauern und Handwerker oder Kaufleute waren, gab sie keine Auskunft. Und doch waren in den Fragebogen, nach denen das bayerische Kriegsministerium arbeitete, auch jene Bestimmungen vorgesehen. Das Urmaterial musste also auch über die Berufsstellung der Rekruten Auskunft gegeben haben, allein und obwohl es außerhalb Zweifel stand, dass der Landtag auch darüber Auskunft haben wollte, hat es das bayerische Kriegsministerium für ratsamer gehalten, jene statistischen Bogen als eine Art Militärgeheimnis zu behandeln. Und es hatte allerdings gewichtige Gründe dazu. Aber wenn selbst der französische Generalstab mit seinen Dreyfus-Akten Pech gehabt hatte, warum soll es dem bayerischen Kriegsministerium besser ergehen? Wir wollen den geheimen Schleier lüften und zwar nicht für Bayern allein, sondern für das ganze Reich. Weniger verschwiegen als das bayerische Kriegsministerium ist nämlich die Reichsstatistik, und diese liefert uns in der Berufszählung von 1895 ein vorzügliches Material über die soziale Klassenstellung des Heeres. Es ist ein mathematisches Gesetz, dass, wer damals in der Altersstufe zwischen 18 und 20 sich befand, das Rekrutenmaterial der nächsten Jahre bildete — ihre Berufsstellung ist also maßgebend für die Berufstellung der Ausgehobenen bzw. des aktiven Heeres. Vom 18. bis zum 20. Lebensjahr geschehen auch keine erheblichen Veränderungen der Lebensstellung und jedenfalls am allerwenigsten eine Selbständigmachung, schon aus Rücksicht auf die Militärdienstzeit. Die Reichsstatistik entwirft nun folgendes Bild der sozialen Gliederung der männlichen Bevölkerung in der Alterstufe 18 bis 20 Jahre:
Mehr als acht Zehntel des gesamten deutschen Rekrutenmaterials sind Lohnarbeiter. Wir haben die Angehörigen ohne Erwerb mit den Selbständigen subsumiert, weil ja die Söhne von Arbeitern nur in Fällen ganz besondere körperlicher Gebrechen mit 18 Jahren noch nicht erwerbstätig sind; rechnet man dazu noch diejenigen, welche sich der Militär- und Beamtenkarriere widmen, so bilden diese Vertreter der besitzenden Klassen immer noch nur 13,7 Prozent der Gesamtzahl, – es ist das fast ausschließlich das Material für Offiziere, Einjährig-Freiwillige respektive Reserveleutnants. Die Masse der Gemeinen des aktiven Bestandes der Armee ist proletarisch. Aber wo bleiben die Bauernsöhne? Dieses fast gänzliche Verschwinden des Bauerntums aus der Armee ist so frappierend, dass es notwendig ist, dafür eine stichhaltige Erklärung zu geben, um die Tatsache zu beglaubigen. Daran soll es nicht fehlen. Vorläufig aber behalte man fest, dass niemand im Lande darüber im Zweifel ist, was man unter einem Lohnarbeiter versteht, dass besonders der Landmann auf seine Eigenschaft als Bauer recht stolz ist und sich jedenfalls nicht gern als Arbeiter bezeichnen würde, dass aber nichtsdestoweniger 846.900 junge Leute in Stadt und Land sich als Lohnarbeiter in die Statistik eingetragen haben. Die Zahl der selbständigen Landwirte in der uns interessierenden Altersklasse betrug nur 1.402. Das ist an und für sich nicht verwunderlich, und es würde nur einen gesunden Zustand der Wirtschaft beweisen, wenn der Bauernsohn bis zur Militärzeit die Möglichkeit hätte, in der elterlichen Familie zu verbleiben. Allein dann müsste er unter den Familienangehörigen erscheinen. Sicher steckt auch ein Teil dieser darunter. Jedoch die ermittelte Gesamtzahl — 57.937 — ist so geringfügig, dass der Anteil des Bauerntums daran gar nicht ins Gewicht fallen kann. Sehen wir uns die Statistik der Familienzugehörigkeit an. Von je 100 Erwerbstätigen entfielen auf die Landwirtschaft 36,19 [Prozent], auf die Industrie 36,14, also der gleiche Prozentsatz, — aber von je 100 männlichen Familienangehörigen entfielen auf die Landwirtschaft 40, auf die Industrie 45,7. Mit der großen Bauernfamilie ist es aus: die Zahl der Mitglieder, die im Haus verbleiben, ist bereits bei der ländlichen Bevölkerung geringer als bei der gewerbetreibenden. Das Bauerngut ist nicht mehr in Stande, den Nachwuchs zu ernähren; die Kindern sind gezwungen, frühzeitig sich selbst ihr Brot zu verdienen. Auf je 100 selbständige Landwirte beiderlei Geschlechts kamen männliche Familienangehörige unter 14 Jahren 77, im Alter von über 14 Jahren waren es nur noch 8! Die Bauernsöhne gehen gleich, nachdem sie der Volksschule entwachsend sind, in Lohnarbeit — was Wunder, dass sie sich dann mit 18 Jahren in vollem Bewusstsein als Lohnarbeiter bezeichnen? Wenn das in den Bauernfamilien geschieht, so bei den Tagelöhnern, die selbst Lohnarbeiter sind, erst recht. Folgender Vergleich zwischen dem ländlichen und dem industriellen Proletariat ist sehr lehrreich:
Der Unterschied springt in die Augen: die Landarbeiter sind gezwungen, ihre Kinder noch in viel größerem Umfange und in zarterem Lebensalter auf Broterwerb hinauszuschicken als die Industriearbeiter. Dieser Bauernnachwuchs geht zum Teil in die Städte und erscheint dort als industrielle Arbeiterschaft, zum anderen bildet er das Gesinde der Gutshöfe, oder er findet Beschäftigung in den Fabriken, die jetzt zahlreich auch über das flache Land zerstreut sind. Er kann also in der Berufsstatistik weder als selbständige Landwirte noch als berufslose Angehörige erschienen, sondern er muss zum Teil unter die industrielle, zum anderen unter die landwirtschaftliche Lohnarbeiterschaft gezählt werden. Die Zusammensetzung des proletarischen Rekrutenmaterials aus den drei großen Berufsgruppen war die folgende
Da, wie die Ermittlungen des bayerischen Kriegsministeriums beweisen, das Verhältnis der Ausgehobenen zu den Gestellungspflichtigen bei der Landbevölkerung ein weniger günstiges ist als bei der industriellen Bevölkerung, so muss die wirkliche Zusammensetzung der Armee in ihrem aktiven Bestande einen noch geringeren Prozentsatz des ländlichen Elements aufweisen. Da nachgewiesenerweise die Masse der Gemeinen in der Armee proletarisch ist, da ferner gut zwei Drittel des aktiven Bestandes der Armee aus Lohnarbeitern in Industrie und Handel sich zusammensetzt, so ergibt sich daraus: die Armee ist in noch höherem Maße sozialdemokratisch als die Wählerschaft. Würde man in den Kasernen frei abstimmen lassen und das Wahlrecht bloß auf das Militär beschränken, so hätten wir schon jetzt eine sozialdemokratische Reichstagsmajorität. Aber man hütet sich wohl, der Armee das Wahlrecht zu verleihen, obwohl man in ihr die angebliche Stütze des kapitalistischen Staats erblickt. Vielmehr sehnt man sich nach einer Hinaufschiebung der Altersgrenze. Denn die proletarische Jugend, die bereits im Geiste des Industrialismus und Kapitalismus großgezogen worden war, ist allerdings in Wirklichkeit ein höchst „staatsgefährdendes“ Element. Wie jetzt schon im reaktionären Lager angesichts der sozialdemokratischen Wahlerfolge sogar Anhänger einer Proportionalvertretung erscheinen, so kann noch eine Zeit kommen, wo der sozialdemokratische Antrag der Volksmiliz von reaktionärer Seite aufgenommen wird, um der Gefahr der Ansammlung der revolutionärer Jugend in großer Zahl in den Kasernen vorzubeugen. Nicht mehr der innere Geist, nur noch der militärische Drill macht die Armee zum Werkzeug des kapitalistischen Staats. Wie steht es aber mit den Reserven? Darüber gibt uns Auskunft die soziale Gliederung der männlichen Bevölkerung in der Altersklasse von 20-30 Jahren. Es waren darunter nach Abzug der aktiven Militärs:
Auch hier bildet das ländliche Element kaum ein Drittel der Gesamtheit. Das Bauerntum steckt in den viel älteren Jahrgängen. 69,5 Prozent der selbständigen Landwirte, also mehr als zwei Drittel, ist über 40 Jahre alt, — dagegen befindet sich fast die Hälfte der selbständigen Gewerbetreibenden im Alter unter 40 Jahren. Die Berufsstatistik von 1895 zeigt, dass erst mit dem 60. Lebensjahr ein Übergewicht der Landwirtschaft treibenden Bevölkerung im Reiche beginnt, während das eigentliche Bauerntum stets in der Minorität bleibt. Worauf soll sich nun der Staat stützen? Es ist klar, dass es eine lächerliche Torheit wäre, die Altersgrenze der Wahlberechtigung bis zum 60. Lebensjahr hinaufzuschrauben und dass noch weniger sich eine Armee von lauter Greisen zusammenstellen lässt. Es gab eine Zeit, wo die herrschenden Klassen Deutschlands sich ebenso auf die Volksmassen wie auf die Armee haben verlassen können. Was war die Sozialdemokratie im ersten deutschen Reichstag? Man hat sie verlacht und geglaubt, sie ignorieren zu können. Aber es kam eine rasche Entwicklung, die proletarischen Massen schuf und diese der Sozialdemokratie zutrieb. Dann wandte man Unterdrückungsmaßregeln an und glaubte, mit Polizeigewalt und Gefängnisstrafen die Arbeitermassen von selbständiger politischer Betätigung zurückhalten zu können. Auch das half nicht und nun bleibt nichts übrig, als das allgemeine, gleiche Wahlrecht zu beseitigen, d.h. das Volk von der parlamentarischen Betätigung auszuschließen, den Zusammenhang zwischen Volk und Staat zu zerreißen und beide in einen offenen Gegensatz zu einander zu setzen. Aber diese Entwicklung, welche die Mehrzahl des deutschen Volkes zu Lohnarbeitern und die Lohnarbeiter zu Sozialdemokraten machte, hat auch die Zusammensetzung und Gesinnung der Armee verändert. Nunmehr baut man, in der Hoffnung, Soldaten gegen Sozialdemokraten ausspielen zu können, nur noch auf die Disziplin, die sich ihrerseits auf die Polizeigewalt des militärischen Kommandos und die Gefängnisstrafen des Militärstrafgesetzbuchs stützt. Aber was anderes ist das, im Grunde genommen, als die selbe Illusion, auf die man sich auf jener Seite bei der Einführung des Sozialistengesetzes gewiegt hat? Wenn auch die Unterdrückungsmaßregeln jeder politischen Willensäußerung, die man in der Armee anwendet, viel gewaltiger sind als jene des Sozialistengesetzes, so kann es doch keinem Zweifel unterliegen, dass die fortschreitende Entwicklung zu einem Punkte führen muss, bei dem auch sie versagen. Ob dieser Punkt bereits jetzt erreicht ist, darüber wird wohl auch der deutsche Generalstab keine sichere Auskunft geben können. Aber sicher ist, das jede Maßregel, durch welche das arbeitende Volk entrechtet wird, in demselben Maße die Erreichung jenes Punktes beschleunigt, in welchem sie die Unzufriedenheit und Erbitterung im Volk steigert. Und was dann? Das allgemeine Wahlrecht lässt sich beseitigen, die allgemeine Wehrpflicht nicht.
1 Vergl. „E. Bernsteins Umwälzung des Sozialismus“. 2 D.h. rechnerisch, weil wir die wirkliche Zahl der über 25 Jahre alten Militärs, die weit geringer ist, nicht haben ermitteln können und auch hier die Altersgruppe 20-30 Jahre in zwei geteilt haben, wie es unsere rechnerische Grundlage erfordert. |