Reichsleitung der LO 19320201 Unsere Stellung zur SAP

Reichsleitung der LO: Unsere Stellung zur SAP

[Nach Permanente Revolution, Zeitschrift der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) (Sektion der Internationalen Linken Opposition) 2. Jahrgang Nr. 4 (Mitte Februar 1932), S. 4 f.]

1. Seit der Auflösung der USPD in den Jahren 1920-1922 durch die Spaltung in ihre realen Bestandteile: Kommunismus und Reformismus als Produkt der objektiven Lage waren in Deutschland keine objektiven Voraussetzungen mehr für die Entstehung einer zentristischen Partei zwischen KPD und SPD gegeben. Die deutsche Arbeiterklasse zerfiel in zwei scharf von einander abgegrenzte Lager: Kommunismus und Reformismus.

2. Die gewaltige Wirtschaftskrise, die außergewöhnliche Zuspitzung der Klassengegensätze in Deutschland, der vollständige politische Bankrott des Reformismus hat alle objektiven Voraussetzungen für die Entstehung einer zentristischen Partei genommen. Die Entwicklung der letzten 13 bis 14 Jahre war reich an Erfahrungen des kommunistischen wie des reformistischen Weges zur Befreiung der Arbeiterklasse. Diese Erfahrungen treten am krassesten in Erscheinung in der Gegenüberstellung der reformistischen Politik der Sozialdemokratie in Deutschland und der kommunistischen Politik in der Sowjet-Union. In Deutschland: zurück von den Positionen, die die Arbeiterklasse im Kampf erobert hat, zurück zur verschärften Ausbeutung, zu Reaktion und Faschismus; in der Sowjet-Union: trotz objektiven Schwierigkeiten und sich vermehrenden subjektiven Fehlern der stalinschen Führung ein gewaltiges Stück vorwärts auf dem Weg des sozialistischen Aufbaus!

3. Diese Tatsachen sind heute so augenscheinlich, dass jeder Arbeiter, der auf Grund seiner Erfahrungen den Reformismus zu verlassen bereit ist, unweigerlich in das Lager des Kommunismus übergehen muss. Dass der auf Grund der konkreten Erfahrungen entstandene Abwanderungsprozess vom Reformismus nicht geradewegs in die Bahn des Kommunismus führte, dass vielmehr im Jahre 1931 wieder eine zentristische Arbeiterpartei, die SAP, entstehen konnte, ist einzig und allein auf die falsche Politik der KPD-Führung zurückzuführen.

4. Durch die Theorie vom Sozialismus in einem Lande, durch die Theorien von Volksrevolution, nationaler und sozialer Befreiung des deutschen Volkes, durch das vollständige Ableugnen des Vorhandenseins einer linken Arbeiterströmung in der SPD, durch die Theorie vom Sozialfaschismus, durch die Ablehnung der Einheitsfrontpolitik, durch die falsche Gewerkschaftspolitik, durch die Vernichtung der inneren Parteidemokratie usw. usw. schuf die KPD-Führung die subjektiven Voraussetzungen für die Entstehung der SAP.

5. Es wäre jedoch grundfalsch, die SAP nur mit dem Wort «zentristisch» zu kennzeichnen; das hieße den besonderen Charakter der SAP verkennen. Im Gegensatz zu der früheren zentristischen USPD, in der sich die Arbeiter noch nicht auf Grund von Erfahrungen entscheiden konnten, nicht auf Grund eines konkreten Vergleichs zwischen Demokratie und Diktatur des Proletariats, zwischen Völkerbund und internationaler revolutionärer Politik, zwischen Koalitionsregierung und proletarischer Regierung usw., befinden sich die SAP-Arbeiter, die durch das Verlassen der SPD ihren Bruch mit dem Reformismus bekunden, auf dem Weg zum Kommunismus, ja der größte Teil von ihnen und besonders die Jugend steht in allen Grundfragen bereits auf dem Boden des Kommunismus.

6. Die revolutionären Arbeiter der SAP gehen nicht zur KPD, weil sie mit der heutigen Führung der KPD, mit deren Politik, mit der Bürokratisierung des inneren Lebens der Partei nicht einverstanden sind.

7. Ein weiteres charakteristisches Merkmal der zentristischen SAP ist ihre allgemeine politische Unklarheit und Verschwommenheit, das Ringen vieler ehrlicher Revolutionäre um den richtigen Weg. Von der rechtesten Gruppe der Friedensgesellschafts-Anhänger gelangt man über die typischen Zentristen der Seydewitz-Gruppe und allerhand Schattierungen zu der sogenannten linken Strömung, die nicht einheitlich ist und wieder verschiedene Unterströmungen aufweist. Da sind einerseits typische Vertreter brandleristischer Anschauungen in der SAP, die die stalinsche Politik als die bolschewistische anerkennen, an der man keine Kritik üben darf; sie scheidet vom Stalinismus nur Einheitsfronttaktik und Gewerkschaftsfrage. Andrerseits gibt es eine Gruppe, die mit der Linken Opposition sympathisiert, ohne aber bisher zu den grundlegenden Fragen der Linken Opposition Stellung genommen zu haben. Was die beiden Gruppen eint, ist ihre Stellung zur KPD, die nach ihrer Meinung bereits ausgespielt hat, weswegen sich eine neue Kommunistische Partei notwendig macht.

8. Unabhängig von den Wünschen der SAP-Führer wird sich auf Grund der inneren Widersprüche ihrer Partei der Differenzierungsprozess vertiefen - und zur Herausbildung von klaren politischen Gruppierungen und zur Entstehung eines wirklichen, kommunistischen Flügels in der SAP führen.

9. Die Aufgabe der Linken Opposition besteht darin, die SAP-Arbeiter durch Überzeugung für den Kommunismus zu gewinnen und dadurch die Existenz einer zentristischen Partei unmöglich zu machen. Wir können sie nur dann gewinnen, wenn wir unsere unversöhnliche Kritik an der Politik des ZK fortsetzen und die revolutionäre Rolle der Kommunistischen Partei hervorheben, auf ihre revolutionären Traditionen und Kaders verweisen. Die Aufgabe der Gewinnung der SAP-Arbeiter für den Kommunismus kann die Linke Opposition nur lösen durch den Kampf um die Reform der KPD, wie auch der Komintern. Im Prozesse dieses Kampfes muss die Linke Opposition die Arbeiter der SAP für die revolutionären Positionen des Klassenkampfes gegen ihre zentristische Führung erobern und ihnen über den Weg der Reform der KPD und KI den Weg in die Kommunistische Partei weisen. Der Kampf der Linken Opposition um die Beseitigung der durch die KPD und KI-Führung geschaffenen subjektiven Faktoren wird in der SAP die breite Mitgliedschaft, wie auch die Führung zwingen, sich für oder gegen eine revolutionäre Klassenpolitik des Proletariats zu entscheiden, aber auch die Möglichkeit beseitigen, hinter den Fehlern der Stalin-Thälmann-Führung versteckt eine zentristische Politik zu treiben.

10. Die Aufgabe der Linken Opposition ist der Kampf gegen die «neuen» Theorien, der Zeitpunkt sei gekommen, dass eine neue Partei entstehen müsse, da die KPD ihre revolutionäre Rolle ausgespielt habe. Man muss die SAP-Arbeiter überzeugen, dass der Faschismus letzten Endes nur unter Führung der KPD geschlagen werden kann – selbstverständlich auf der Grundlage der Einheitsfront –, oder er wird überhaupt nicht geschlagen. Eine im Feuer des Gefechtes entstehende revolutionäre Partei kann zwar heldenhaft kämpfen, aber nicht den Sieg erringen. Entweder siegt das Proletariat im entscheidenden Kampfe – dann werden die bürokratischen Schranken in der KPD durchbrochen und die Partei findet zurück zur Linie des Marxismus-Leninismus, oder das Proletariat wird geschlagen – dann vollzieht sich die Wiedergeburt der Kommunistischen Partei aus den Reihen der KPD, aus ihren besten Kaders zusammen mit revolutionären Kaders, die heute außerhalb der KPD stehen.

11. Die SAP ist an einem Punkt des Stillstands angelangt. Daran wird auch die Tatsache nichts ändern können, dass sich die KPO-Minderheit und der Leninbund nächstens in diese Partei auflösen. Der SAP, die ihre Hauptstärke nicht in den großen proletarischen Zentren, sondern auf dem flachen Lande hat, ist es bisher nicht gelungen, eine nennenswerte revolutionäre Aktion in den Betrieben, Gewerkschaften und den Massenorganisationen des Proletariats hervorzurufen. Hierin liegt die Hauptschwäche. Die Demagogie mit der revolutionären Phrase der Löbe, Künstler und Konsorten in der SPD, die «Kampfaktionen» der «Eisernen Front» werden einen Teil der schwankenden SPD-Mitglieder von der SAP zurückhalten. In absehbarer Zeit ist kein Zustrom von der SPD zur SAP mehr zu erwarten, von der KPD zur SAP bestimmt nicht.

12. Die Linke Opposition kann sich an den Kartellen der SAP, KPO und des Leninbundes nicht beteiligen. Ohne die Beteiligung der KPD kann die faschistische Gefahr nicht bekämpft werden, mögen sich dem Einheitskomitee auch noch so viele Gruppen und Grüppchen anschließen. Das Gegenteil davon zu glauben hieße entweder sich Illusionen hingeben, oder – wie Brandler und Urbahns – den Zweck verfolgen, zusammengebrochene Organisationen durch Beteiligung an Kartellen oder Arbeitsgemeinschaften wieder zu beleben.

13. Die Linke Opposition wird ihren Weg weitergehen, um die heutige Parteilinie zu ändern. Die ersten Erfolge sind schon da. Ohne sich irgendwelchen Illusionen über den Wert von Aktionen ohne die KPD hinzugeben, wird die Linke Opposition jede Aktion der Arbeiter gegen Faschismus und Notverordnung, auch der SAP-Arbeiter, in den Betrieben, Gewerkschaften usw. unterstützen. Ohne sich an den Kartellen der SAP, KPO und des Leninbundes zu beteiligen, wird die Linke Opposition in allen Versammlungen dieser Organisationen für die Einheitsfront wirken und jede Aktion, die in Verbindung mit der KPD stattfindet, unter Einsatz aller ihrer Kräfte unterstützen.

Berlin, am 1. Februar 1932.

Reichsleitung der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten)

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