G. Sinowjew: Die Probleme des Krieges und die zwei Arbeiterparteien in Russland [nach Vorbote, Heft 1 (Januar 1916), S. 42-53] I. Um es zu verstehen, was in den Tiefen der russischen Sozialdemokratie in dieser Zeit vorgeht, ist die Kenntnis der Parteigruppierung vor dem Kriege, sei es nur in allgemeinen Umrissen, unbedingt notwendig. Es besteht bei den ausländischen Genossen die unrichtige Ansicht, dass in der russischen Sozialdemokratie eine Unmenge von Richtungen und Fraktionen bestehe. Nichts ist irriger als dies. In Wirklichkeit bestehen in Russland zwei Hauptrichtungen: die revolutionär-marxistische («die Bolschewiki»; das Zentralkomitee) und die opportunistische Richtung («die Menschewiki» oder Liquidatoren; Organisationskomitee). Alles andere ist nichts Ernstes. Lauter Eintagsfliegen.* Eine in Deutschland z. B. sehr verbreitete dritte Richtung, das sogenannte «Zentrum», die irgendeine nennenswerte Macht besäße, existiert bei uns nicht. Das erklärt sich durch unsere sozialen und politischen Verhältnisse, die objektiv revolutionär sind, das Fundament für jedes Zwitterding, für jede unklare und «friedliche» Richtung untergraben und Raum nur für zwei ausgesprochene Richtungen freilassen: für die entschiedene Linke und entschiedene Rechte. Das bedeutet zwar nicht, dass es in Russland an Versuchen fehlte, eine mittlere Richtung, Zentrum, zu gründen. Die Zahl derartiger Versuche ist in der Tat nicht unbedeutend. Jedoch alle diese Versuche endigten naturnotwendig mit einem Zusammenbruch, und blieben als unschädliche Experimente jedweder Unterstützung von Seiten der lebendigen Arbeiterbewegung bar. Tatsächlich gingen in Russland die Grüppchen der «mittleren» Linie am häufigsten mit der Partei der Opportunisten zusammen. Im Allgemeinen besteht die Bolle des «Zentrums» eben darin, den Boden für den Opportunismus zu düngen. Das Beispiel Kautskys hat sozusagen eine Universalbedeutung. Ein Teil des «Zentrums» in Russland wurde ständig von der opportunistischen Partei aufgesogen. Die letztere war natürlich immer «toleranter», «larger», stellte weniger Bedingungen auf als die marxistische Partei. Jedenfalls bestehen in Russland seit 1908 tatsächlich zwei Parteien. Seit 1911 beginnt ein neuer Aufstieg der Arbeiterbewegung, auf dessen Grundlagen die legale tägliche sozialdemokratische Presse entsteht, die Gewerkschaftsbewegung anhebt u. s. w. In dieser ganzen Zeit existieren nur zwei Gruppierungen, zwei tägliche Zeitungen zweier Richtungen, zwei Fraktionen in der Reichsduma, zwei Richtungen der Gewerkschaftsbewegung, zwei Zeitschriften für das Versicherungswesen. Alles andere vegetiert kaum. Der Opportunismus ist eine internationale Erscheinung. Aber außer den sozusagen internationalen Grundzügen weist der russische Opportunismus sog. nationale Eigenschaften auf. Man darf eben nicht vergessen, dass der ganze Richtungskampf in Russland in ganz eigenartigen Verhältnissen vor sich geht. Wenn in Deutschland die Arbeiterklasse vor der sozialistischen Revolution steht, handelt es sich in Russland vorab um den Abschluss der bürgerlich-demokratischen Umwälzung. Dies bedingt alle unsere Streitigkeiten. Der russische Opportunismus kommt am grellsten zum Vorschein in seiner Abkehr vom Kampfe für eine neue bürgerlich-demokratische Revolution in Russland. Wenn der westeuropäische Opportunismus vom Endziele abrückt («das Endziel ist nichts»), so sind seine russischen Brüder im Gegenteil bereit, mit Phrasen über das Endziel nicht zu sparen, eben um die lebendige revolutionäre Aufgabe in Russland fallen zu lassen: den Kampf um die Republik, die Konfiskation des adeligen Grundbesitzes, die revolutionäre Lösung der politischen Krisis in Russland, die Gründung der selbständigen Klassenpartei des Proletariats, die die Treue zur sozialistischen Fahne mit dem unerschrockenen Kampfe für die Niederwerfung des Zarismus zu vereinigen verstand. Alle diese konkreten Aufgaben der revolutionären Sozialdemokratie in Russland werden von den Opportunisten verleugnet! Wenn die linksradikalen Genossen in Deutschland die Frage der Massenaktion in Verbindung mit dem Kampfe der Arbeiterschaft um den Sozialismus stellen, dann werden sie von unsern russischen Opportunisten als «Syndikalisten», «Anarchisten» und – horribile dictu – als Bolschewiki verschrien. Dahier aber, wenn die russischen Marxisten den revolutionären Massenkampf für die Demokratie, als eine Vorbedingung des Sozialismus, in den Vordergrund stellen, werden sie «Blanquisten», «Jakobiner» und «bürgerliche Demokraten» benamst. Im Westen kann man nicht als revolutionärer Marxist kämpfen, ohne die revolutionäre Massenaktion um den Sozialismus auf den ersten Plan zu stellen. In Russland kann man kein revolutionärer Marxist sein, ohne den revolutionären Massenkampf für eine proletarische und plebejische Lösung solcher aktueller Probleme, wie Konfiskation des adeligen Grundbesitzes und revolutionäre Niederwerfung des Zarismus, in den Vordergrund zu stellen. «Marxistische» Phraseologie (der «marxistische» Verbalismus) ist bei den russischen Opportunisten so verbreitet wie nirgends. Alle russischen Opportunisten schwören auf den Namen Marx. Den «Klassenkampf» führen sie stets im Munde. Der Klassenkampf wird von ihnen vollständig «anerkannt», gerade so wie er von Südekum, Renaudel und Vandervelde anerkannt wird. Wenn sie den gemeinsamen Kampf mit den bäuerlichen Elementen für die bürgerlich-demokratische Umwälzung ablehnen und stattdessen den Block mit der Bourgeoisie vorziehen, so tun sie dies im Namen des Marxismus, vom Standpunkt des «Klassenkampfes». In diesem Sinne nannten sich bis noch vor kurzem auch die ausgesprochensten Liberalen «Marxisten». Es genügt, nur die Namen von den Herren Tugan-Baranowski und Struve zu nennen. In Deutschland sind die Opportunisten bereit, im Marxismus alles anzuerkennen – nur nicht den revolutionären Massenkampf um den Sozialismus. In Russland sind die Opportunisten auch bereit, im Marxismus alles anzuerkennen, mit Ausnahme des revolutionären Massenkampfes für die Demokratie. In Deutschland wie in Russland haben wir es mit Reformisten zu tun. Der Reformismus der einen unterscheidet sich von dem Reformismus der andern nur insofern als sich die objektive Lage des Landes, in dem die unmittelbare Aufgabe die demokratische Revolution bildet, sich vom Lande unterscheidet, in welchem die Hauptaufgabe schon eine sozialistische Revolution ist. Die opportunistische Richtung war schon 1906/07 der Ansicht, dass Russlands Entwicklung sich im Sinne der preußischen bewege, oder, wie man bei uns sagt, dass Russland den «preußischen Weg» beschritten hat. Mit anderen Worten: dass in Russland eine neue Revolution unmöglich ist, das die Bauernfrage gut oder schlecht mit der Stolypinschen Agrarreform gelöst wurde, die schon eine Revolution von oben darstellt, und dass dem Proletariat nichts anderes übriggeblieben ist, als sich im Rahmen des heutigen Regimes einzurichten. D. h. – zusammen mit der Bourgeoisie für die einzelnen konstitutionellen Reformen einzustehen, seine Partei um jeden Preis zu legalisieren und auf den Kampf um die Republik insofern zu verzichten, als man dieser Forderung nur «propagandistischen» Charakter gibt. Wir wachsen allmählich in den «Sozialismus» hinein, – sagten die Opportunisten in Westeuropa. Wir wachsen allmählich in die politische Freiheit hinein, – sagen die Opportunisten in Russland. Daher – zwei Parteien und zweierlei Taktik in unserem Lande. In der praktischen Arbeit konnten wir keinen Schritt gemeinsam machen. Es genügt, auf das Verhältnis unserer Partei und das der Opportunisten zum politischen Massenstreik hinzuweisen. 1911 wird der politische Streik wieder lebendig. Bereits 1912 überschreitet die Zahl der politisch Streikenden eine Million. 1913 erreicht sie schon 1¾ Millionen. 1914 bis zum Kriege erreicht sie die Höhe der Entfaltung der Jahre 1904 und 1905. Der Streik nimmt immer mehr einen revolutionären Charakter an. Die Arbeiter stellen öfters die drei Hauptlosungen: Republik, Konfiskation des adeligen Grundbesitzes (des gutsherrlichen Bodens) und Achtstundentag auf. Unsere Partei unterstützt diese Streiks mit allen Mitteln. Die Opportunisten arbeiten systematisch dagegen und erklären es als ein «Streik-Hasard». Im Grunde läuft das alles auf die verschiedene Beurteilung der Gesamtlage Russlands hinaus, die zwei verschiedene Taktiken erzeugt. Im Grunde – der gleiche Zwist, der – mutatis mutandis – zwischen dem rechten und linken Flügel der deutschen Sozialdemokratie in der Frage der Massenaktion vorhanden war. Die opportunistische Richtung hat sich schon längst vor dem Kriege abgeklärt. Die Propaganda des großen Blocks mit der liberalen Bourgeoisie, Anerkennung der Legalität um jeden Preis, eine Geringschätzung der Massenaktion der Arbeiter, Überschätzung des Parlamentarismus, Propaganda der politischen Neutralität der Gewerkschaften – dies alles offenbarte sich bei unseren Opportunisten schon lange vor dem Kriege. Es fehlte nur der «Patriotismus», d. h. die Unterstützung der auswärtigen Politik des Zarismus und der herrschenden Klassen Russlands im Sinne der «Verteidigung des Vaterlandes». Der Krieg brachte auch dieses. In der Kriegszeit wurde aus dem Opportunismus – Sozialchauvinismus. II. Die russische Sozialdemokratie blieb auch während des Krieges auf ihrer revolutionären Warte. Dies ist selbstverständlich von ungeheurer Wichtigkeit für die Gesamtbewegung unseres Landes. Man darf aber nicht aus dem Auge lassen, dass in Russland zwei Sozialdemokratien bestehen, zwei sozialdemokratische Parteien. Die eine, die opportunistische Partei, ist voll und ganz auf den sozialpatriotischen Boden übergegangen und geht den Fußstapfen Scheidemanns und Vanderveldes nach. Der Unterschied besteht nur darin, dass in Russland, entsprechend den sozialpolitischen Verhältnissen, die revolutionäre Sozialdemokratie im Moment des Kriegsausbruches eine selbständige Partei war, auf deren Seite, glücklicherweise, die Mehrheit der bewussten Arbeiter sich stellte. Wenn man die einzelnen Individualfälle beiseite lässt, die nur als Ausnahmen das Gesetz bekräftigen, sehen wir in Russland in concreto, wie der Sozialchauvinismus ideell und organisatorisch engstens mit dem Opportunismus verknüpft ist. Wer vertrat in Russland den Opportunismus und Reformismus vor dem Kriege? Vor allem die Gruppe der offenen Bernsteinianer (sog. «Bessaglawzy»A, die zahlreiche Anhänger unter den «sozialistischen» Intellektuellen und gebildeten Liberalen haben. Das ist die Gruppe von Prokopowitsch, Frau Kuskow, Smirnow, die Zeitungen «Kijewskaja Mysl» (Der Kiewer Gedanke), «Djen» usw. Dann kommt die Gruppe «Nascha Sarja» – der Hauptführer des russischen Opportunismus («Liquidatoren»). Ihre Vertreter sind Tscherewanin, Potressow, Maslow, Lewitzki, Dmitriew, Majewski u. a. Das ist der Generalstab des russischen Opportunismus. Hier haben wir die russischen Südekums, Legiens, Heine und Davids. Diese Gruppe führt faktisch P. Axelrod, Martow, die Fraktion Tschcheidse und überhaupt die Anhänger des sogenannten Organisationskomitees mit sich, die in Worten mehr links zu stehen scheinen, aber in Taten die gleichen Opportunisten sind. Die dritte Gruppe sind die Volkstümler, Narodniki («revolutionäre Sozialisten»). Das sind die Marx-Kritiker, die Anhänger Ed. Davids in der Agrarfrage, Anhänger Jaurès in den Fragen der Taktik, überhaupt die Anhänger des Revisionismus. Sie benützten als Kampfmethode den politischen Terrorismus. Sozialisten waren sie nie. Unsere Partei hat sie immer als Kleinbürger mit sozialistischer Phraseologie betrachtet. Das sind die drei Hauptgruppen des russischen Opportunismus, Ihre soziale Basis bilden die kleinbürgerlichen Intellektuellen, die Masse der undifferenzierten Bauern und eine sehr dünne Schicht der Arbeiteraristokratie. Die ganze liberale Bourgeoisie in Russland unterstützt offen und mit allen Kräften diese drei Gruppen gegen die revolutionären Marxisten. Und nun durch wen ist der Sozialchauvinismus in Russland während des Krieges vertreten? Eben durch diese drei opportunistischen Gruppen, die auch jetzt sich der größten Sympathien der liberalen Bourgeoisie erfreuen. Zu den Sozialchauvinisten ist Plechanow übergegangen, der seit 1903 in der Praxis dem Opportunismus ständig Konzessionen machte. 1906-1907 trat er, von der gesamten Bourgeoisie begrüßt, als der rabiate Opportunist auf. 1909-1912 pendelte er mehr nach links in der Richtung der linken Marxisten. 1913 trat er für die Vereinigung mit den Opportunisten auf. 1914 wird er einer der Führer des Sozial-Patriotismus, worauf nicht nur die liberale Bourgeoisie, sondern die schwarzen Hundert ihm zujubelten und ihn auf den Händen trugen. Der Minister Chwostow und die Presse der Moskauer Kapitalisten haben Plechanows Manifest an die russischen Arbeiter mit Lob überschüttet. Solche einzelne, individuelle Überläufe, wie das Renegatentum Plechanows, zu erklären, ist natürlich nicht leicht. Und übrigens ohne Bedeutung. Eine Tatsache, die eine grundlegende Bedeutung besitzt, ist die: dass alle drei opportunistischen Richtungen in Russland: die Bessaglawzy, die Liquidatoren und, die Narodniki (mit einzelnen Ausnahmen) im Lager des Sozialchauvinismus sind. Dabei wird unsere Eigenart beibehalten. Der Form nach, nach ihrer Phraseologie, schien der russische Opportunismus immer ziemlich «linker», «revolutionärer» als der westeuropäische Opportunismus zu sein. Dies wird durch die Besonderheiten der russischen Verhältnisse erklärt. Bei den russischen Arbeitern kann man keinen Anklang finden, wenn man offen als Gegner der revolutionären Taktik auftritt. Das gleiche sieht man auch jetzt bei dem Sozialchauvinismus. Sogar der rechte Flügel der Narodniks (Trudowiks, Arbeitergruppe) stimmt unter Führung des Abgeordneten Kerenski in der Reichsduma gegen die Kriegskredite, obwohl sie bewusste und rabiate «Patrioten» sind. Was Wunder, dass auch die Fraktion der sozialdemokratischen Opportunisten mit dem Abgeordneten Tschcheidse an der Spitze desgleichen tut! Als Plechanow den Dumaabgeordneten vorschlug, für Kriegskredite zu stimmen, wurde er nicht einmal von den eigenen Anhängern unterstützt. Denn sie würden sofort das Vertrauen der Arbeiter verlieren und damit sogar für die liberale Bourgeoisie wertlos sein. Die russischen Sozialpatrioten treten oft gegen den Zaren und seine Regierung auf, aber immer im Interesse der aussichtsreicheren Verteidigung des «Vaterlandes» gegen den preußischen Militarismus. In Westeuropa gibt es jetzt keine bürgerlichen Revolutionäre, in Russland dagegen existieren sie. Sie bilden eben das Hauptreservoir des russischen Sozialpatriotismus. In Russland ist jetzt z. B. die Losung sehr populär: «Die Revolution – zum Siege über den preußischen Militarismus», d. h. die Leute wollen die Niederwerfung de Zaren, damit man desto energischer den Krieg mit Deutschland führt. In der praktischen Arbeit sind diese «Revolutionäre» ziemlich schüchtern, und in der Tat sind sie kontra-revolutionär; sie bekämpfen z. B. die Streiks, eben um die Verteidigung nicht zu stören. Nichtsdestoweniger ist nur in Russland eine solche Losung, wie: «die Revolution des Sieges willen» möglich. Hier zeigt sich eben die Eigenartigkeit unserer Verhältnisse. Es ist klar, dass wir ganz energisch den Kampf führen mit den Anhängern dieser Losung: «Revolution zum Siege über Deutschland.» Das sind keine Internationalisten, sondern einfache … Nationalisten mit revolutionären Allüren. Denn der Sieg der Bourgeoisie über den Zarismus würde den Imperialismus in Russland nicht zerstören, sondern im Gegenteil noch mehr die imperialistische Bestie stärken. Die Verteidigung des Vaterlandes würde in Russland auch nach dem Siege der Bourgeoisie keine sozialistische Aufgabe sein. Die bürgerliche Republik in Russland wird sicher auf imperialistische Politik nicht verzichten. Paul Axelrod und seine Freunde sagen den ausländischen Genossen: Seht, die Leute, die gegen den Zaren gehen und zur Revolution rufen, werden von unsern Sektierern und Spaltungsmännern, als Sozialpatrioten beschimpft; in Deutschland führen doch die Sozialpatrioten keine solche Sprache usw. Diese Methode ist wenig aufrichtig. In Deutschland hat schon die Bourgeoisie ihre eigenen Hindenburgs, dort ist schon alles für den Sieg über den äußeren Feind getan, dort ist es nicht nötig, den Kaiser zu stürzen, um den Sieg über den englischen Imperialismus zu erringen; dort gibt es schon keine bürgerlichen Revolutionäre. Sollen wir aber deswegen die russischen bürgerlichen Revolutionäre als Sozialisten, Internationalisten preisen? … Wenn man also behauptet, die russische Sozialdemokratie sei ihrer alten internationalen Fahne treu geblieben, muss man immer im Auge behalten, dass es sich nur um unsere Partei handelt, um die Partei, die organisatorisch von den Opportunisten und ihren Verteidigern 1912 abgerückt ist und dafür überall als «Spaltungspartei» erklärt wurde. Die Taktik der vollständigen Absonderung von den Opportunisten hat sich in Russland wie in Italien und Bulgarien bewährt. In diesen drei Ländern existieren zwei besondere Parteien: die der Opportunisten und Revolutionäre. In allen diesen Ländern wurden die Opportunisten zu Sozialpatrioten, und die Revolutionäre (Radikalen) beschritten den internationalistischen Weg. KautskyB und BernsteinC versuchten die Taktik unserer Partei mit ihrem jugendlichen Alter zu erklären, indem sie sie als ohne Einfluss hinstellten. Dadurch konnte sie sich, nach Kautskys und Bernsteins Meinung, den Luxus der internationalistischen Taktik erlauben. Die Prinzipientreue scheint bei ihnen eine Art der «Jugendeselei» zu sein. Also, je stärker und einflussreicher die sozialdemokratische Partei ist, desto mehr Entgegenkommen muss sie der Bourgeoisie zeigen. Eduard DavidD will uns eine besondere (russische) Taktik oktroyieren. In Wirklichkeit ist unsere Partei nur bestrebt, die Prinzipien des revolutionären Marxismus – Marxismus von Marx und Engels, nicht aber von Kautsky und Plechanow – den russischen Verhältnissen anzupassen. Diese unsere Bestrebungen wurden durch zwei Umstände begünstigt. Ein Umstand ist in der Lage unserer Arbeiterklasse zu suchen. Die Masse der russischen Proletarier steht im Banne der revolutionären Jahre. Die revolutionäre Krisis im Lande verschärft sich ständig. Der Kultus der Legalität um jeden Preis konnte sich bei uns nicht einbürgern. Die Arbeiteraristokratie ist sehr schwach. Der Boden für den Opportunismus in den Arbeiterkreisen ist nicht vorhanden. Der zweite Umstand, eine logische Folge des ersten, ist in den Entwicklungsbedingungen unserer Partei zu finden. Die kleinbürgerlichen und opportunistischen Elemente sind aus unseren Reihen heraus gedrängt. Mit den Revisionisten besteht eine offene Spaltung. Die Arbeiter-Avantgarde orientiert sich selbständig in diesen zwei Taktiken und – stellt sich auf die Seite des revolutionären Internationalismus. Würde unserer Spaltung noch eine Berechtigung fehlen, so haben die Ereignisse, die mit dem Kriege verbunden sind, uns vollauf Recht gegeben. III. Die Frage der legalen und illegalen Organisation spielte eine große Bolle in unseren russischen Streitigkeiten. Unsere Opportunisten, die die «europäische» Form der deutschen Partei nachahmen, lehnten grundsätzlich die illegale Organisation ab. Dagegen schuf unsere Partei, alle legalen Möglichkeiten vollauf ausnützend, zugleich einen illegalen Apparat, führte illegale Arbeit aus. Der Krieg hat auch diesen Streitpunkt zuungunsten des Opportunismus gelöst. Es scheint, dass der Krieg in dieser Hinsicht eine nützliche Belehrung auch im europäischen Maßstabe lieferte. Alles, was jetzt in «Europa» Sozialdemokratisches geleistet wird, wird illegal oder halblegal gemacht. Die Verhaftung unserer legalen Vertretung (5 Arbeiterdeputierte der Reichsduma) und Niederdrückung unserer täglich erscheinenden Zeitung («Prawda») war für unsere Partei ein starker Schlag. Dessen ungeachtet arbeitete unsere illegale Partei erfolgreich weiter. In den ersten Mobilisationstagen des August 1914 veranstaltet unser Petersburger Komitee Straßendemonstrationen der Arbeiterschaft. Es leitet die wieder auflebende Streikbewegung der Arbeitermassen. August 1915 umfasst die politische Streikbewegung – nur in Petersburg – 150.000 Arbeiter. Es unterstützt das Zentralkomitee, um die Beziehungen mit einer ganzen Reihe von Provinzstädten aufrechtzuerhalten. In diesen Städten, in Moskau, Iwanowo-Wosnessensk, Charkow, Sormowo, Samara, Saratow, Zarizyn, Perm, Jekaterinburg, Revel, Narwa, Twer, Tula, in den größeren Zentren des Kaukasus usw. führen unsere Organisationen streng internationalistische Arbeit aus. Das Petersburger Komitee unserer Partei gibt während des Krieges eine Reihe von illegalen Flugblättern heraus. (Bis jetzt sind über 20 Flugblätter in unseren HändenE. Schon im ersten Flugblatt, bald nach dem Kriegsausbruch, die Frage: «Wo steht der Hauptfeind?» beurteilend, schreibt das Petersburger Komitee: «Wer also ist der Feind, der das russische Volk bedroht und gegen den ihr auftreten sollt? Man sagt uns, dass das die Deutschen sind.» Weiter folgt ein Abriss der Verfolgungen und Exploitation, der die russischen Arbeiter ausgesetzt sind. «Die Junker berauben uns, die Fabrikanten, die großen Hausbesitzer und Kaufleute berauben uns, die Polizei beraubt uns, der Zar samt seiner Tschinowniks berauben uns. Und wenn wir dieser Beraubung satt sind, wenn wir unsere Interessen in Schutz nehmen wollen, wenn wir einen Streik erklären, dann werden auf uns die Polizei, die Soldaten und die Kosaken losgelassen, man prügelt uns, man wirft .uns in die Gefängnisse, man deportiert uns nach Sibirien, man verfolgt uns wie tolle Hunde. Das sind unsere wirklichen Feinde, Feinde, die rücksichtslos und unversöhnlich gegen uns auftreten.» «Jetzt will man uns irreführen und uns glauben lassen, als sei unser Feind «der Deutsche», den wir ja gar nicht gesehen haben. Man will uns gegen Deutschland aufreizen. Jetzt, wo sie unsere Fäuste brauchen, jetzt singen sie das Liedlein von «Einigkeit». Jetzt sucht man uns einzulullen, wir sollen jeden inneren Streit vergessen; wir sollen uns alle in einem patriotischen Strom vereinigen; wir sollen unsere eigene Arbeitersache vergessen; wir sollen ihre Sache zur unseren machen; wir sollen neue Länder für ihren Zaren und seine Junker erobern gehen.» «Aber, werden wir, russische Arbeiter, wirklich so dumm sein, dass wir diese lügenhaften Phrasen ernst nehmen? Werden wir wirklich unsere eigene Sache preisgeben? Nein, wenn wir schon unser Leben aufopfern müssen, so tun wir es im Dienste unserer eigenen Sache und nicht im Dienste der Herren Romanows und ihrer Krautjunker. Man drückt uns Gewehre in die Hände. Gut. Seien wir Männer, nehmen wir diese Gewehre, um für die russische Arbeiterklasse neue Lebensbedingungen zu erkämpfen.» Auf diese Weise wurde die Agitation von unserer Partei geführt. Die Agitation, die während des Krieges von der anderen Partei (Menschewistische) geführt wurde, kann man am besten mit den programmatischen Erklärungen ihrer wichtigsten legalen Organe illustrieren. – «Wir erklären Ihnen,» schrieben die Anhänger der Zeitschrift «Nascha Sarja» im offenen Briefe an Vandervelde, «dass wir uns dem Kriege nicht widersetzen werden.» (Abgedruckt in einer Reihe von russischen sozialdemokratischen Publikationen.) - «Der Sieg Deutschlands bedeutet die ökonomische Abhängigkeit und Ausbeutung Russlands, dagegen der Sieg des englischen Imperialismus sichert die vollständige Freiheit der Handelsverträge und eine Befreiung von der gewaltmäßigen Ausbeutung des Landes» – schrieb P. Maslow. («Die ökonomischen Ursachen des Weltkrieges», Moskau 1915, S. 41, 42.) - «Die Demokratie kann sich in der gegebenen historischen Situation nur auf die Seite der Tripelentente stellen,» schrieb der bekannte Führer der Liquidatoren, W. Lewitzki («Nasche Djelo», Nr. 3/4, 1915, S. 68). - «Wenn wir am Anfange des Krieges dem Proletariate mit der Empfehlung der Taktik – «sich dem Kriege nicht widersetzen» – begnügen konnten, jetzt können und müssen wir weiter gehen … Im Prozess der Mobilisation der gesellschaftlichen Kräfte müssen die Arbeiter den regsten Anteil nehmen unter der gemeinsamen, belebenden Losung: Selbstverteidigung des Landes von der ihm drohenden Gefahr» – so schreibt noch einer Liquidatoren-Führer N. Tscherewanin (Nasche Djelo, Nr. 5(6, S. 61, 62). Noch am 27. Oktober 1915 verteidigt Paul Axelrod alle diese typischen Sozialchauvinisten gegen die Beschuldigung des Nationalismus. Er schreibt darüber folgendes: Wenn jemand zu erfahren wünscht, «wohin nach meiner Meinung die Gruppe «Nascha Sarja» gehört, so muss ich sagen, dass ich sie weder zu den Nationalisten zählte noch zähle» (Nasche Slowo Nr. 225). Man soll sich darüber gar nicht wundern. Derselbe Axelrod fordert jetzt auf, «mit den Beschuldigungen des Opportunismus», die man gegen solch bewährte Führer wie Jules Guesde wirft, vorsichtig zu sein. («Golos» Nr. 86, 87). Und er erklärt offen, dass der «Menschewik Plechanow» ihm näher als die internationalen Bolschewiks sei (Nasche Slowo Nr. 87, 90)… So sieht die Agitation aus, die die Partei der Opportunisten jetzt in Russland führt, und welche P. Axelrod im Ausland zu beschönigen versucht. Die Partei der Opportunisten verfügt jetzt in Russland über das Monopol der legalen Presse. Sie gibt eine Zeitschrift «Nasche Djelo» (Nachfolgerin der «Nascha Sarja»), eine Zeitung «Rabotscheje Utro» und eine andere Zeitung «Nasch Golos» heraus. Zwanzig angesehene Vertreter der Opportunisten (Menschewiki), Liquidatoren, veröffentlichen eine legale Sammlung von Artikeln unter dem Titel: «Selbstverteidigung. Sie erklären es offen, dass sie den Standpunkt der Vaterlandsverteidigung vertreten. (Siehe: Nasch Golos Nr. 11). Zu dieser Sammlung haben folgende Autoren Beiträge geliefert: Wera Sassulitsch, Peter Maslow, Tscherewanin, Potressow, An, M. B-off, Baturski, Bibik, B. Bogdanow, W. Wolski, Gorski, Lwow-Bogatschewski, W. Mirow, Eug. Majewski, L. Sjedow. Das alle sind die besten Kräfte der Menschewiki, der ganze Generalstab dieser Richtung. An diese Sozialpatrioten lehnt sich of en die führende Arbeitergruppe der Menschewiks an: Bulkin, Bibik, Kubikow, Gudkow, Gwosdew, Abrosimow u. a. m. Bei dieser Sachlage ist es geradezu komisch, die «internationalistischen» Beteuerungen des ausländischen Sekretariats des Organisationskomitees ernst zu nehmen. Übrigens treibt dasselbe Organisationskomitee in Russland selbst sozialpatriotische Agitation. Der Zeitung «Nasche Slowo»F wird aus Russland berichtet: «Das Kräfteverhältnis zwischen Patrioten und Internationalisten im OK hat sich noch mehr verschlechtert.» (Nr. 395). Dasselbe «Nasche Slowo» sagt weiter, dass im OK diplomatische und patriotische Elemente vorhanden sind, und dass «die diplomatischen Elemente des OK eine blutleere Organisationsformel vorgeschlagen haben, die die patriotischen Elemente desselben OK mit ihrem politischen Inhalt füllten». (Nr. 277.) Im «Nasche Slowo» (Nr. 273) lesen wir weiter, «dass bei dieser Sachlage der Kampf des ausländischen Sekretariats (d. h. Martow, Paul Axelrod und andere) des OK mit Plechanow zu einer politischen Komödie wird», dass «es unstatthaft ist, auf der internationalen Bühne gegen Scheidemann und Lensch aufzutreten, und in Russland zusammen mit Lewitzki und Gwosdew zu marschieren.»G Einen tatsächlichen Einfluss in Russland haben nur die oben angeführten Organe (Nasche Djelo, Rabotscheje Utro usw.). Die Mitwirkung Axelrods in Zimmerwald verpflichtet die Sozialpatrioten in Russland keineswegs. Dem «Nasche Slowo» wird aus Petersburg geschrieben, dass in den führenden Kreisen der Petersburger Mitarbeiter des Organisationskomitees «auf Zimmerwald mit den schlimmsten Worten geschimpft wird». (Nr. 395.) Die Verbesserungsvorschläge, die Martow und Axelrod in ihrer Stellungnahme zu bringen versuchen, ändern in der sozialpatriotischen Agitation in Russland gar nichts. Eben dadurch sind die Mahnungen zur Einheit vollständig wertlos. In der Tat bedeuten sie nur Einheit mit dem Sozialpatriotismus der «Nascha Sarja» und durch sie mit der imperialistischen Bourgeoisie. IV. Die Frage der Anteilnahme, der Arbeiterschaft in den Kriegsindustriekomitees war für Russland von großer Bedeutung. Es war nicht nur eine Tagesfrage für die ganze russische Bewegung, sondern noch dazu ein Prüfstein des Internationalismus für alle russischen Sozialdemokraten. Die Kriegsindustriekomitees sind eine von der Großbourgeoisie samt der zarischen Bürokratie geschaffene Organisation zur Mobilisierung der Industrie für den Krieg, zur Verbesserung der Herstellung von Munition, und anderen Kriegsmaterialien, mit einem Worte – zur „Organisation des Sieges über den preußischen Militarismus". Damit man desto erfolgreicher die Arbeiterausstände bekämpfen könnte, die die „Mobilisation der Industrie" störten und die unverschämte Ausbeutung den Industriellen erschwerten, beschlossen die Industrieritter zusammen mit den zarischen Bütteln, die Vertreter der Arbeiterschaft in diese Komitees heranzuziehen. So wurden die russischen Arbeiter massenweise verfolgt, gehetzt und gejagt, zu Tausonden und Abertausenden von Gefängnis zu Gefängnis geschleppt, weil sie wenig Patriotismus in ihren Herzen bargen. In drei verschiedenen Orten (Iwanowo-Wosnessensk, Moskau, Kostroma) wurden sie während des Krieges füsiliert, dann feierlichst „Arbeiterbrüder" genannt und in zarische Komitees berufen. Es ist klar, dass die revolutionäre Sozialdemokratie darauf nur eine Antwort haben konnte: Die Arbeiterschaft nützt die schlauen Züge der Industriellen für ihre Zwecke aus, sie ruft überall Versammlungen ein, um diese Frage zu besprechen, nützt die ganze Kampagne zur Kräftigung ihrer Reihen aus, aber lehnt die Absendung ihrer Geiseln in die zarischen Komitate strikte ab. So hatte unsere Partei die Frage gelöst. In diesem Sinne führte das Petersburger Komitee unserer Partei die Agitation aus. Anders aber hatte die Partei der Opportunisten mit dem OK an der Spitze diese Frage beantwortet. Alle Publikationen dieser Partei, die in Russland erscheinen, sprachen sich für den Anteil der Arbeiter in den Kriegsindustriekomitees aus. Die Zeitschrift «Nasche Djelo», die Petersburger Zeitung «Rabotscheje Utro», die in Samara erscheinende «Nasch Golos», alle zusammen agitierten für den Anteil an den Kriegskomitees. Die Zeitung «Nasch Golos» erklärt, (Nr. 8), dass ihre (der Petersburger Liquidatoren) sozialpatriotische Position «mit der Stellungnahme der gesamtrussischen Kreise unserer (d. h. menschewistischen) Richtung identisch ist». In der Tat. Die Zeitung publiziert eine Anfrage, die sie bei den angesehensten Führern ihrer Partei veranstaltet hat. Sie alle erklären sich für den Anteil. Nad (Pseudonym des bedeutendsten politischen Führers dieser Partei), Sjedow, Tscherewanin, Bulkin, Lewitzki u. a. agitieren für den Anteil in den Kriegsindustriekomitees. Des Weiteren eine Gruppe der Sozialdemokraten, deren Plattform das Auslandskomitee des OK unlängst publiziert hat, erklärt offen: «Wir gehen in die Kriegsindustriekomitees». Diese Gruppe besteht nach den eigenen Worten des Auslandskomitees des OK aus ihren nächsten Mitarbeitern und Gesinnungsgenossen. Das sind meist linksstehende opportunistische Elemente, die anscheinend der Fraktion Tschcheidse am nächsten stehen. Und auch sie sind für den Anteil. Um die Spuren zu verwischen, haben die «diplomatischen» Elemente der Sozialpatrioten eine ganze Theorie zusammengebraut: Wir sind keine Sozialpatrioten, sagen sie; wir gehen in die Kriegsindustriekomitees hinein, nur um sie zum Zwecke der Organisation der Arbeiterklasse auszunützen. Sie vergessen aber eins: als die deutschen Sozialpatrioten am 4. August für die Kriegskredite stimmten, spielte auch bei ihnen die Frage der Erhaltung der Organisationen, der Kassen, Druckereien, Zeitungen eine große Rolle; sie waren auch «nur» um die Organisation besorgt. … Die Organisation brauchen die Arbeiter, um den Kampf gegen den Krieg, gegen die Imperialisten zu führen, aber nicht, um den Imperialisten zu helfen oder in den zarischen Kriegsindustriekomitees mitzuwirken. … Man kann nicht ohne Mithilfe der Arbeiter Krieg führen – dies ist den Regierungen in England und Deutschland so gut bekannt als der russischen Regierung. In Petersburg wurde den Arbeitern auf ein paar Wochen Versammlungsfreiheit gewährt, um sie zur Mitarbeit zu gewinnen. Mehr als 200.000 Arbeiter hatten diese Frage diskutiert und Delegierte gewählt. Auf der Delegiertenversammlung gelang es unserer Partei mit 91 gegen 81 Stimmen, gegen alle anderen Richtungen (d. h. gegen Menschewiki, Anhänger von Plechanow, Narodniks und ParteiloseH) die Ablehnung der Mitarbeit in den Kriegsindustriekomitees durchzuführen. Die Anteilnahme in diesen Komitees wurde von der Mehrheit als Verrat an der Arbeitersache qualifiziert. Eine ähnliche Ablehnung führte unsere Partei in Nischni-Nowgorod, Saratow, Charkow durch. In Moskau, nachdem die Regierung die Versammlungen verboten hat und Hunderte von Arbeitern in die Gefängnisse schleppte, führte sie die «Wahlen» von 45.000 Arbeitern selbständig durch. Mit 67 gegen 22 Stimmen wurde beschlossen, die Delegierten in das Kriegsindustriekomitee zu schicken. Indessen hat diese Wahl im moral-politischen Sinne keine Bedeutung. Das einzige Mal wurden in Petersburg die Arbeitermassen selbst gefragt, und die haben sich gegen die Anteilnahme in der «Verteidigung des Vaterlandes» ausgesprochen. Dieses Beispiel ist lehrreich für die gesamte internationale Arbeiterbewegung. In Italien ist die Partei des Bissolati für die Teilnahme an den verschiedenen Kriegskomitees, Internationalisten – gegen. In Deutschland stellt die Generalkommission der Gewerkschaften die ganze gewerkschaftliche Organisation zur Verfügung des Kriegsministeriums. In Russland das gleiche Bild: Die Opportunisten für die Anteilnahme in den Kriegsindustriekomitees, unsere Partei – gegen. Jedem denkenden Leser sagt diese Tatsache mehr als eine Reihe von Artikeln unverantwortlicher «russischer Korrespondenten» des «Vorwärts». Nach der Niederlage in Petersburg half sich die Partei der Opportunisten folgendermaßen: Ihr Vertreter, Herr Gwosdew, denunzierte in der Presse (die Kampfmethoden der Sozialpatrioten gegen die Internationalisten sind überall die gleichen!), dass in der Delegiertenversammlung «ungesetzlich», unter falschem Namen ein Redner unserer Partei anwesend war. Daraufhin erklärten die Industriellen die Wahlen der Delegiertenversammlung als null und nichtig. Zwei Monate dauerte eine polizeiliche Säuberung. Die Polizei verhaftete aus den Kreisen der Internationalisten, wenn es nötig war. Nach zwei Monaten berief man eine neue Versammlung ein, auf welcher schon kein Redner der Sozialdemokratie anwesend war, dagegen trat als Agitator der bekannte Reaktionär und Oktobristenführer, früherer Dumapräsident, Gutschkow auf. Unter Protest verließen 70 Delegierte die Versammlung. Die übriggebliebenen, zusammen mit der Bourgeoisie und mit Hilfe der Polizei, wählten in das Kriegsindustriekomitee ihre Delegierten, Gewählt wurden die gleichen angesehenen Führer der Menschewistischen Richtung, die Herren Gwosdew, Gudkow, Abrosimow, Breyde und andere. Sogar in der Zeitung «Nasche Slowo» wurden diese Leute als «politische Streikbrecher» gebrandmarkt. «Diese Delegierten, die das OK in das Lager der Potresow und Plechanow führte, fanden sich durch die Logik der Tatsachen unter der beschmutzten Fahne Gwosdews ein.» («Nasche Slowo», Nr. 277.) «Das Organisationskomitee stimmt der Zimmerwalder Konferenz zu. … Aber wie kann dasselbe Organisationskomitee, das sich der Zimmerwalder Konferenz anschließt, sich von den 90 internationalistischen Wahlmännern trennen und gegen dieselben sich mit dem sozialpatriotischen Block, der von der Administration (d. h. der zarischen Administration, G. S.) begünstigt wird, verbinden?» So schreibt dasselbe «Nasche Slowo» in der Nummer vom 14. Januar 1916. Die Frage bleibt eben bestehen, wie es dazu gekommen ist, dass das sozialpatriotische Organisationskomitee sich in der Zimmerwalder Kommission vertreten lässt. Aber der Ausspruch des «Nasche Slowo» über die «diplomatischen» Elemente des Organisationskomitees erklärt schon ein bisschen dieses geheimnisvolle Ereignis.… In der lebendigen Wirklichkeit der Wahlkampagne, die Hunderttausende von Arbeitern ergriff, ist ein überaus klares Bild entstanden: Unsere Partei für den Internationalismus, die Partei der Opportunisten für den Sozialpatriotismus … V. Eine der wichtigsten Fragen der russischen Sozialdemokraten ist die Frage der Beziehungen der Partei zu der Fraktion Tschcheidse in der Reichsduma (sechs Deputierte). Einzelne Genossen sind bereit, das OK und die Nascha Sarja zu bekämpfen, aber die Fraktion Tschcheidse wird von ihnen verteidigt. Es gibt kaum einen verhängnisvolleren Fehler als dies. Die Fraktion Tschcheidse war immer und ist auch jetzt ein Organ und Sprachrohr der Opportunisten. Es sind darin «diplomatische» Elemente vorhanden, die eifrig «patriotische» Auswüchse zuzudecken bestrebt sind. Unsere Aufgabe ist jedoch, sie aufzudecken, nicht aber sie vertuschen zu lassen. Als der Krieg ausbrach, waren in der Reichsduma zwei sozialdemokratische Fraktionen: die russische sozialdemokratische Arbeiter-Fraktion (unserer Partei, fünf Deputierte) und die Fraktion Tschcheidse – der Partei der Opportunisten («Liquidatoren»). Nach einigen Monaten der Agitation gegen den Krieg wurde unsere Fraktion verhaftet und lebenslänglich nach Sibirien verbannt. Der Fraktion Tschcheidse wurde die Immunität überlassen. Hat das wirklich keinen politischen Hintergrund? Soll man auch als Zufall annehmen, dass unsere ganze legale Presse unterdrückt wurde, die Sozialpatrioten dagegen jetzt in Russland das Monopol der Legalität ausüben? Nein, es ist nicht so. Der gesamten Bourgeoisie ist bekannt, dass die Fraktion Tschcheidse die Vertreterin der Opportunisten ist und die Sozialpatrioten unterstützt. Darum zwei verschiedene Bewertungen. Eines der angesehensten Mitglieder der Fraktion Tschcheidse, der Deputierte Tschchenkeli, ist Mitarbeiter der sozialpatriotischen Zeitschrift Plechanows («Sowremenny Mir»). Im Heft 5 dieser Zeitschrift schrieb er: «Die Behauptung, die deutsche Sozialdemokratie sei imstande gewesen, die Beteiligung Deutschlands am Kriege zu verhindern, und sie habe es nicht getan, bedeutet entweder den stillen Wunsch, sie soll wie ihr Vaterland auf den Barrikaden verrecken, oder es bedeutet, dass man die vor der Nase liegenden Gegenstände durch ein anarchistisches Teleskop betrachte».I Jeder Internationalist kann aus diesem einzigen Satz den Geist des Dumaabgeordneten Tschchenkeli ersehen. … In der wichtigsten Frage des Anteils der Arbeiterschaft in den Kriegsindustriekomitees veröffentlicht die Fraktion keine Silbe gegen die Sozialpatrioten. Im Gegenteil, sie unterstützte die Zeitung «Rabotscheje Utro»J, die im Namen ihrer ganzen Richtung spricht, eine Zeitung, von der sogar das Pariser «Nasche Slowo» (Nr. 395) schreibt: «Die Richtung der Zeitung «Rabotscheje Utro» ist ultrapatriotisch.» In der Fraktion Tschcheidse sind drei Deputierte von sechs – Mitgliedern der Kaukaser Organisation. Der bedeutendste Führer der Kaukasischen Sozialdemokraten, An, ist ein offener Anhänger von Plechanow. Die opportunistische Zeitung «Nasch Golos» (Nr. 8) berichtet, dass auf der Konferenz der kaukasischen sozialdemokratischen Organisationen beschlossen wurde, in die Kriegsindustrie-Komitees einzutreten. Und die Fraktion Tschcheidse und ihre kaukasischen Mitglieder schweigen! In der Artikelsammlung «Der Krieg» – herausgegeben von Plechanow – wird die Fraktion Tschcheidse sehr günstig beurteilt. Plechanow wünschte noch, die Fraktion solle für Kriegskredite stimmen. Aber sie kann das nicht tun. Wie schon erwähnt, sogar die bürgerlichen Demokraten (die Trudowiki) sind Gefangene der regierungsfeindlichen Stimmung im Lande und stimmen nicht für die Kriegskredite. Die Fraktion Tschcheidse lässt in der Reichsduma scharfe Reden gegen die zarische Regierung von Stapel laufen. Jedoch solche Reden werden auch von den bürgerlich-demokratischen Trudowiks und sogar von den Liberalen gehalten. Tschcheidse und seine Freunde haben in der Reichsduma keine einzige Rede gehalten, die nicht in das Schema: «Revolution zum Siege über Deutschland» hineinpasste. Sogar das «Nasche Slowo» teilt unlängst eine wichtige Rede des Abgeordneten Tschcheidse mit mit der Bemerkung: «Wir wissen nicht, inwieweit die Rede des Genossen Tschcheidse vollkommen und genau gedruckt ist. aber wie sie gedruckt ist, trägt sie unzweifelhaft einen zweideutigen Charakter.» (Nr. 398.) Nämlich Tschcheidse sprach im Geiste der Losung; «Revolution zum Zwecke der Besiegung des preußischen Militarismus.» - Doch genug dieser Tatsachen. Leider haben zurzeit die Internationalisten in der Reichsduma keine Vertreter. Nur die verschämten und offenen Sozialpatrioten besitzen sie. VI. Die revolutionäre Massenaktion im Lande wird auch während des Krieges nur von unserer Partei geleistet. Unlängst wurde in der Frauenzeitschrift «Die Gleichheit», unserer Partei und der ganzen Zimmerwalder Linken der Vorwurf «des bolschewistischen Sektierertums» gemacht. Dieser Vorwurf lässt uns vollständig kalt. Die Kolbs und Südekums beschuldigen den Genossen Karl Liebknecht auch des Sektierertums. Und überhaupt, welchem revolutionären Sozialdemokraten ist es im Laufe seines Lebens nicht vorgekommen, als «Sektierer» und «Extremist» beschuldigt zu werden. Unsere Partei – eine Sekte!! Eine Partei, die in den denkbar ungünstigsten Umständen alle Mandate der Arbeiterkurie in die Reichsduma erobert hat; die im Laufe von zwei Jahren in Petersburg eine Tageszeitung herausgeben konnte, die mehr als die doppelte Auflage aufwies als die opportunistische Zeitung (40.000 gegenüber 16.000 Exemplaren); eine Partei, die auf ihrer Seite die Mehrheit der Gewerkschaften hat (Metallarbeiterverband!), eine Partei, die eine Streikbewegung von Millionen leitete, eine Partei, die alle Arbeitermandate des staatlichen gesamtrussischen Versicherungsamtes eroberte, eine Partei, die sogar nach Aussage der Gegner die Sozialdemokratie Russlands war und im Kriege blieb – wenn eine solche Partei Sekte genannt werden kann, ja, dann sind wir «Sektierer». Unsere Partei ist gewohnt, von den «europäischen» Sozialdemokraten nicht gehätschelt zu werden. Jetzt ist es klar warum. Die übergroße Mehrheit der «Europäer» haben sich selbst als national-liberale Arbeiterpolitiker entpuppt. Und als ihnen zu Ohren drang, dass wir die national-liberalen Arbeiterpolitiker aus der Partei wiesen, welch Wunder, dass sie zu der Ansicht kamen, wir seien «Sektierer», «Anarchisten» usw. Einige Wochen vor dem Kriegsausbruch fand in Brüssel, unter dem Vorsitz von Vandervelde und Huysmans, eine Sitzung statt, die uns mit den Opportunisten vereinigen sollte. Und natürlich nahmen die dort anwesenden Kautsky und Plechanow die Seite der Opportunisten an. Wer waren die Richter? Jetzt wissen wir, dass diese Richter schon reif zum Ministersessel und zum Verrat am Sozialismus waren. Unsere Partei sucht sich ihre Anhänger nicht im Lager dieser «Europäer» aus! Wir glauben, dass die revolutionär gesinnten Proletarier Europas selbst versuchen werden, unsere Bewegung zu studieren.K Ihr Urteil wird für uns viel günstiger ausfallen, als das Urteil Kautskys, Vanderveldes, Davids und Kolbs. Der Krieg hat Probleme ungeheurer Wichtigkeit vor den kapitalistischen Staaten aufgerollt. Nicht minder wichtig sind die Probleme die unserem Lande gestellt wurden. Die Lage in Russland bleibt objektiv revolutionär. Eine Revolution von oben ist den Regierenden in Russland nicht gelungen. Diese Diagnose stellte unsere Partei schon 1908 in Zeiten der schwärzesten Konterrevolution auf. Der Krieg hat natürlich die Krisis noch verschärft. Nur in einem Fall könnten die Aussichten der zarischen Monarchie günstig werden: im Falle eines großen auswärtigen Sieges. Es scheint aber nicht, dass der Fall eintreten könnte. Russland geht einer neuen Revolution entgegen. Welchen sozialen Inhalt birgt in sich diese Revolution? Russland ist ein Land mit überwiegender Agrarbevölkerung. Nach der letzten Statistik von 1897 war bei uns nur 25,0% der Gesamtbevölkerung in der Industrie beschäftigt. In der Landwirtschaft, auf dem Lande 58,3%. In Deutschland in ungefähr der gleichen Zeit waren die entsprechenden Zahlen 56,2 und 28,6, in England 67,2 und 11,9. Die russische Armee ist überwiegend eine Bauernarmee. Nach den offiziellen Daten hat das Dorf in Russland bis zum Mai 1915 5½ Millionen Soldaten geliefert, was einen Fünftel (20%) aller ländlichen selbständigen Bewohner ausmacht. Dagegen nach Angaben der Industriellen zählt die Armee nur etwa 470.000 der städtischen Arbeiter. Die Bauernfrage in Russland ist noch nicht gelöst. Nirgends in Europa sind die leibeigenen Verhältnisse in solcher Fülle vorhanden wie in Russland; nirgends sind die Überreste der bäuerlichen Unfreiheit, der feudalen Form des Großgrundbesitzes so unheimlich groß geblieben wie in unserem Lande. Der Antagonismus zwischen der übergroßen Masse der Bauern und den feudalen Gutsherren hat an seiner Schärfe nicht abgenommen. Darum bleibt unsere Forderung: die Konfiskation des adligen Grundbesitzes in unserem Programm-Minimum nach wie vor bestehen. Nur die Ideologen der Konterrevolution können die Ansicht vertreten, als ob die Agrarfrage durch die Stolypinsche Bauernreform gelöst wurde. Die Abhängigkeit der zarischen Regierung von dem europäischen Finanzkapital ist jetzt viel offensichtlicher. 1905/1906 wurde der Zarismus vom französischen Finanzkapital gerettet. Ohne Mithilfe des westeuropäischen Proletariats ist der Kampf gegen den Zarismus furchtbar erschwert. Das ist eine Tatsache. Wenn man aber daraus den Schluss zieht, die Niederwerfung des Zarismus und die Aufrichtung einer Republik sei in Russland unmöglich, bevor in Westeuropa die sozialistische Revolution beginnt, so läuft diese Schlussfolgerung auf die tatsächliche Unterstützung des russischen Liberalismus und des, auf dem Boden der Konterrevolution stehenden, Opportunismus aus. Die Aussichten der russischen Revolution sind engstens mit denen der europäischen Revolution verbunden. Der imperialistische Krieg 1914/1916 hat das mit Evidenz bewiesen. Wie aber die bürgerlich-demokratische Umwälzung in Russland mit der sozialistischen Revolution in Westeuropa in Verbindung bringen? Hier liegt eben die Schwierigkeit des Problems.L Den Zusammenhang der demokratischen Revolution in Russland mit der sozialistischen Umwälzung in Westeuropa sah unsere Partei ganz klar schon vor 1905 ein. Wir haben immer die russische Revolution als einen Prolog der westeuropäischen sozialistischen Umwälzung aufgefasst. Jetzt tritt die Erkenntnis mit besonderer Schärfe hervor, dass der Prolog sich gewaltig dem Epilog näherte. Die Verbindung ist besonders eng. Die russische Revolution würde der sozialistischen Umwälzung in den hochkapitalistischen Ländern eine starke Anfeuerung geben. Aber auch umgekehrt! Marx sagte einmal, dass der Sieg des Sozialismus im Westen die kapitalistische Phase der Entwicklung in Russland abkürzen kann. Man kann diesen Ausspruch paraphrasieren und sagen, dass der Sieg des Sozialismus im Westen die bürgerlich-imperialistische Phase der Entwicklung Russlands verkürzen wird. * Wir meinen natürlich nur die faktische sozialdemokratische Tätigkeit in Russland. Im Auslande, in Emigrantenkreisen, bestehen selbstverständlich eine Anzahl verschiedener Parteigruppen und Richtungen. Wir werden im Weiteren nur davon sprechen, was eine Bedeutung für die sozialdemokratische Arbeit in Russland selbst besitzt. A Der Name stammt von dem Titel der Zeitschrift «Bes saglawia» (ohne Titel), die sie in der Zelt 1905/06 herausgab. B K. Kautsky .-Die Internationalität und der Krieg. Seite 30 u. a. C Archiv für Sozialwissenschaft. Band 10. 2. Heft. Seite 305 und 306. D E. David: Die Sozialdemokratie im Weltkriege. Seite 176 u. ff. E Näheres darüber siehe: Bulletin Nr. 2 der Internationalen Sozialistischen Kommission zu Bern F „Nasche Slowo" – ein in Paris seit Kriegsausbruch in russischer Sprache erscheinendes Tageblatt. Es wird von den Genossen herausgegeben, die sich als „Fraktionslose" bekennen. Der Redaktion des „N. S." gehört auch L. Martoff, Mitglied des O. K , an. Die Zeitung führt gegen unsere Partei einen scharfen Kampf wegen unserer angeblichen „Sektiererei" und „Extremismus". (Dieser letzte Vorwurf wird auch den holländischen Marxisten gemacht.) Desto wertvoller ist die Kritik unserer Gegner aus „Nasche Slowo", die gegen das O. K, und „Nascha Sarja" gerichtet ist. G Unlängst publizierte das OK in Russland einen rein „patriotischen" Aufruf. Als er in deutscher Übersetzung der „.Berner Tagwacht" zugestellt wurde – deren Verhältnis zum OK leider ein allzu gutmütiges ist, indem sie mehr Gewicht auf den gutklingenden Namen Paul Axelrods legt als auf die Tatsachen der praktischen Arbeit in Russland – musste sie doch öffentlich Folgendes erklären: „Wir haben inzwischen den in Rede stehenden Aufruf auch gelesen und müssen gestehen, dass sein Wortlaut allerdings Missverständnisse hervorrufen und dem Ganzen einen Sinn geben, der vielleicht den Urhebern fremd ist." (Siehe „Berner Tagwacht" Nr. 250, 1915.) Das ist zwar sehr maßvoll gesagt, aber klar genug. H Durch Vermittlung des „Vorwärts" haben die ausländischen Anhänger des OK eine falsche Version in die Welt gesetzt, als ob nicht zwei, sondern drei Plattformen vorhanden waren, d. h. dass die Anhänger des OK in Russland im Unterschied von der „Nascha Sarja" von Anfang an für die Boykottierung der Wahlen waren. Unsere Berichtigung hat der „Vorwärts» nicht abgedruckt, dafür aber veröffentlichte er eine kleinliche polemische Notiz gegen uns.… Kaum kann man diese Handlungsweise loyal nennen.,.. Übrigens hatte der „Vorwärts" mit seinen russischen Korrespondenten immer Pech gehabt, schon seit den Zeiten des guten Andenkens Kritschewski, der auch öfters ungereimtes Zeug über die russische Partei zugunsten des Opportunismus schrieb. Nunmehr ist diese vom „Vorwärts" verbreitete Version durch das „Nasche Slovo" berichtigt. Man muss, werte Genossen, die russische Bewegung studieren, so wie man die Bewegung jedes anderen Landes studiert, und nicht auf das Wort des jeweiligen unverantwortlichen Korrespondenten schwören. I „Sowremenny Mir", 1915, Nr. 5, S. 148. J Das Auslandskomitee der OK erkannte öffentlich die Zeitung „Utro" (jetzt „Rabotscheje Utro") als Organ der ganzen menschewistischen Richtung an. Es schrieb; „Im August begannen unsere Petersburger Genossen eine politische sozialdemokratische Zeitung „Utro" herauszugeben … Alle oben aufgezählten Organe (unter ihnen auch „Utro") standen auf dem Standpunkt des Organisationskomitees und der Dumafraktion". (Unterstrichen vom ausländischen Sekretariat der OK Siehe Bulletin des Internationalen Sozialistischen Kommission in Bern, Nr. 2, S. 7, Auf diese Weise erkannte selbst Ausländisches Sekretariat die Solidarität der Fraktion Tschcheidse mit der chauvinistischen Zeitung „Utro" an, die u. a. in Nummer 2 folgendes schrieb: „Man muss klar und mit Nachdruck erklären, dass die Arbeiter in die Kriegsindustriekomitees gehen werden." K Wir machen unter andrem aufmerksam auf die unlängst in der deutschen Sprache erschienene Broschüre von N. Lenin und G. Sinowjew, „Der Sozialismus und der Krieg. Stellung dar SDAP Russlands zum Kriege." Sie ist auch durch die Administration dieser Zeitschrift zu beziehen. Preis 30 Pf. Es wäre wünschenswert, dass unsere Broschüre gleichzeitig mit der deutschen Broschüre I. Axelrods gelesen wird. L Wir können jetzt das Problem nur ganz kurz andeuten und behalten uns vor, in dieser Zeitschrift sie ausführlicher zu behandeln. |
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