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Streiks in Petersburg 1896

Die Streiks im Frühjahr 1896 hatten die folgende Ursache: Die Fabrikanten „feierten“ die Krönung Nikolaus II. dadurch, dass sie die Krönungstage auf Kosten der Arbeiter zu Feiertagen erklärten. Die Arbeiter aber forderten die Bezahlung dieser Tage. Da die Fabrikanten dies ablehnten, traten mehr als 30.000 Weber und Spinner in den Streik. Der Streik dauerte etwa drei Wochen. Sein Umfang und seine Organisiertheit lenkten die Aufmerksamkeit der Arbeiter nicht nur Russlands, sondern auch Deutschlands und Englands auf sich. Es wurden unter anderem auch solche Forderungen aufgestellt wie Verkürzung der Arbeitszeit, Kontrolle der Verwendung der Strafgelder usw. Auch politische Forderungen wurden gestellt. Einige Forderungen wurden erfüllt und die Prüfung einiger anderer Forderungen, wie z. B. der Verkürzung der Arbeitszeit, wurde versprochen. Dieses Versprechen wurde nicht eingehalten und infolgedessen brach der Streik Anfang 1897 neuerdings aus. Die Regierung beantwortete den Streik von 1896 mit den härtesten Maßnahmen. Etwa 1000 Streikende wurden verhaftet und aus Petersburg ausgewiesen. Der Finanzminister Witte wandte sich mit einem offenen Schreiben an die Streikenden, in welchem er sie aufforderte, den „heimlich zugesteckten Briefen“, d. h. den Proklamationen des „Kampfbundes“ nicht zu glauben. Der „Kampfbund“ beantwortete dieses Schreiben des Ministers mit einem Flugblatt, in welchem es hieß, die Regierung „spricht mit uns, was früher nicht der Fall war … Wir lachen ob ihrer Aufforderung, werden unsere schwere und ruhmreiche Arbeit fortsetzen“. [Ausgewählte Werke, Band 1, Anm. 22]

Im Mai 1896 streikten in Petersburg etwa 35.000 Weber und Spinner. Dieser Bewegung folgten eine Reihe von Streiks in anderen Industriezweigen und in anderen Gebieten Russlands. Die Protestbewegung wuchs. Die Fabrikanten sahen sich gezwungen, diese und jene Forderungen der Arbeiter zu erfüllen. Die Arbeiter erzwangen durch diese Bewegung sogar einige Zugeständnisse in der Gesetzgebung. Am 14. (2.) Juni 1897 wurde das Gesetz über die Einschränkung des Arbeitstages in Russland auf 11½ Stunden herausgegeben. Trotz ihrer Geringfügigkeit (das Gesetz über die Arbeitszeit ließ schon eine Umgehung auf Grund der Bestimmungen über die Überstundenarbeit zu) erweckten diese gesetzgeberischen Zugeständnisse verschiedene Illusionen über die Erringung ernsthafter Erfolge auf dem Wege des rein wirtschaftlichen Kampfes und förderten damit die sich bildende ökonomistische Richtung.

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