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Truppen, farbige

Truppen, farbige – Der französische und britische Imperialismus setzten Bewohner ihrer Kolonien als Soldaten ein. Trotzki wies wiederholt darauf hin, dass es möglich und notwenig war, auch sie für revolutionäre Ideen zu gewinnen. In einer Rede am 12. Dezember 1919 – als sich die Rote Armee der Schwarzmeerküste näherte, wo Entente-Truppen stationiert waren – sagte Trotzki: „Sie warten ab, bis wir das Schwarze Meer erreichen, wo wir vielleicht auf Araber, Neger, Hindus etc, stoßen werden. Die politische Abteilung muss vielleicht noch afrikanische Sprachen lernen.“ (Kak wooruschalas rewoluzija, Band 2.1, Moskau 1924, S. 82) Am ausführlichsten ging Trotzki am 15. Februar 1923 in einer Antwort auf einen Brief des afro-amerikanischen Dichters Claude McKay, der am 4. Kominternkongress teilgenommen und danach einige Monate in der Sowjetunion gelebt hatte, auf die Frage ein. Dort hieß es u.a.: „Lieber Genosse McKay!

1. Was ist praktisch zu tun, um Frankreich daran zu hindern, dass es schwarze Truppen auf dem europäischen Kontinent verwendet? – das ist Ihre erste Frage.

Dagegen müssen die Schwarzen selbst Widerstand leisten. Es müssen ihnen die Augen geöffnet werden, damit sie sehen, dass, wenn sie dem französischen Imperialismus helfen, Europa zu unterjochen, sie damit sich selbst unterjochen, indem sie die Herrschaft des französischen Kapitals in den afrikanischen und anderen Kolonien unterstützen.

An dieser Aufklärungsarbeit unter den Farbigen ist die Arbeiterklasse Europas und in erster Linie Frankreichs und Deutschlands mit ihrem Blute interessiert. Die Zeit der allgemeinen Resolutionen über das Selbstbestimmungsrecht der Kolonialvölker, über die Gleichheit aller Menschen ohne Rücksicht auf die Hautfarbe usw. ist vorüber. Die Zeit der direkten praktischen Handlung ist gekommen. Jede 10 Neger, die sich unter die revolutionäre Fahne scharen und sich zu einer Gruppe für praktische Arbeit unter den Farbigen vereinigen, sind hundertmal mehr wert als Dutzende von prinzipiellen Resolutionen, von denen die 2. Internationale so reich war. Eine Kommunistische Partei, die sich auf diesem Gebiete auf platonische Beschlüsse beschränken würde, ohne alle ihre Kräfte anzuwenden, um für ihre Ideen in kürzester Frist die möglichst größte Zahl fortgeschrittener Neger praktisch zu erobern, würde nicht den Namen einer Kommunistischen Partei verdienen.

2. Es steht außer jedem Zweifel, dass die Heranziehung von farbigen Truppen für den imperialistischen Krieg und gegenwärtig für die Besetzung deutschen Gebiets einen streng durchdachten und sorgfältig durchgeführten Versuch des europäischen und in erster Linie des französischen und englischen Kapitals darstellt, bewaffnete Kräfte außerhalb des unruhigen Europas aufzubringen und dadurch zu ermöglichen, dass es sich nötigenfalls gegen die revolutionären Massen Europas auf mobilisierte bewaffnete, disziplinierte afrikanische oder asiatische Truppen stützen könne. Auf diese Weise ist die Frage der Verwendung von kolonialen Reserven für die imperialistischen Armeen verknüpft mit der Frage der europäischen Revolution, d. h. mit dem Schicksal der europäischen Arbeiterklasse.

3. Es steht außer jedem Zweifel, dass die Heranziehung der wirtschaftlich und kulturell rückständigen kolonialen Massen in die Weltkonflikte des Imperialismus und noch mehr in die Klassenkonflikte Europas ein sehr riskierter Versuch ist, aus dem Gesichtspunkt der herrschenden Bourgeoisie selbst. Die Farbigen wie auch überhaupt die Eingeborenen der Kolonien bewahren ihren Konservativismus und ihre geistige Unbeweglichkeit nur in dem Maße, in dem sie unter den gewohnten wirtschaftlichen Lebensverhältnissen bleiben. Wenn aber die Hand des Kapitals und noch eher die Hand des Militarismus sie aus ihren gewohnten Existenzbedingungen mechanisch herausreißt und sie zwingt, ihr Leben wegen komplizierter, neuer Fragen und Konflikte aufs Spiel zu setzen (Konflikte zwischen der Bourgeoisie verschiedener Nationen, Konflikte zwischen den Klassen einer und derselben Nation), dann lässt die konservative Hartnäckigkeit ihrer Seele plötzlich nach, und die revolutionären Ideen finden einen raschen Zugang zu ihrem aus dem Gleichgewicht gebrachten Bewusstsein.

4. Deshalb ist es so wichtig, schon heute, schon sofort eine, wenn auch nur kleine Anzahl fortgeschrittener, junger, selbstaufopfernder, an der Hebung des materiellen und moralischen Niveaus der Masse der Neger in hohem Grade interessierter Neger zu haben, die gleichzeitig fähig sind, in ihrem Geiste das Schicksal der Masse der Neger mit dem Schicksal der Metropolen der ganzen Welt und in erster Linie mit dem Schicksal der internationalen Arbeiterklasse zu verbinden.

Die Erziehung von schwarzen Propagandisten ist eine äußerst dringende und wichtige revolutionäre Aufgabe unserer Zeit.“ („Trotzki über die Negerfrage“, Internationale Presse-Korrespondenz, 3. Jahrgang Nr. 38 (28. Februar 1923), S. 277 f.) Selbstverständlich würde wir heute das Wort „Neger“, das inzwischen als extrem abwertend empfunden wird, nicht mehr verwenden.

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