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Mach, Ernst

Mach, Ernst (1838–1916) Berühmter österreichischer Physiker; betätigte sich auch auf dem Gebiete der Physiologie und Philosophie. M. war bereits mit 26 Jahren ordentlicher Professor der Mathematik und Physik in Graz, darauf in Prag, zuletzt Professor für induktive Philosophie in Wien. M.s Forschungen erstrecken sich auf die Gebiete der Sinnesphysiologie, der Theorie der Bewegungsempfindungen, der Psychophysik, der Theorie der Schwingungen und der Ballistik, vor allem aber auf die Geschichte der Physik, die er durch zahlreiche, geistreiche Analysen, durch die Aufdeckung neuer Zusammenhänge und wertvolle entwicklungsgeschichtliche Betrachtungen außerordentlich bereicherte. Zur Leninschen ausführlichen Kritik des M.schen Positivismus sei hier nachgetragen, dass M. noch im Jahre 1910 und bis an sein Lebensende, zu einer Zeit also, als die Atomistik in der Physik einen gewaltigen Aufschwung genommen hatte und von Erfolg zu Erfolg schritt, die Lehre von der realen, objektiven Existenz der Atome als „Mystik" hartnäckig weiter bekämpfte. Auf die Kritik, die der große Berliner Physiker Max Planck an M.s Subjektivismus übte, antwortete M.: „Die eigentliche Differenz, die sich bisher geoffenbart hat, bildet der Glaube an die Realität der Atome, Das ist es auch, weswegen Planck kaum genug degradierende Worte für solche Verkehrtheit finden kann … Man sieht, die Physiker sind auf dem besten Wege, eine Kirche zu werden und eignen sich auch schon deren geläufige Mittel an. Hierauf antworte ich nun einfach: Wenn der Glaube an die Realität der Atome für euch so wesentlich ist, so sage ich mich von der physikalischen Denkweise los, so will ich kein richtiger Physiker sein, so verzichte ich auf jede wissenschaftliche Wertschätzung, kurz, so danke ich schönstens für die Gemeinschaft der Gläubigen. Denn die Denkfreiheit ist mir lieber." („Die Leitgedanken meiner naturwissenschaftlichen Erkenntnislehre und ihre Aufnahme durch die Zeitgenossen", Leipzig 1919, S. 11.) Charakteristisch für M.s Dogmatismus und Unfähigkeit, die erkenntnistheoretische Bedeutung der Errungenschaften der modernen Physik zu erfassen, ist ferner die Tatsache, dass sowohl in der 4. Auflage der „Prinzipien der Wärmelehre" (1923), die noch von M. selbst besorgt wurde, als auch in der „Physikalischen Optik" (1921) die außerordentlichen Fortschritte der modernen physikalischen Atomistik (Spinthariskop, Brownsche Molekularbewegung, Perrins Versuche, Quantentheorie, Laves und Braggs Kristallgitter, Elektronentheorie usw.) mit keinem Worte gewürdigt werden. Dass M. auch Gegner der berühmten kinetischen Gastheorie, der Boltzmannschen Thermodynamik und der Relativitätstheorie ist, folgt naturgemäß aus seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem Atomismus wie aus seinem ganzen „Phänomenalismus". M. begnügt sich nach wie vor damit, der Atomtheorie wegen ihrer „Anschaulichkeit" lediglich einen „heuristischen und didaktischen Wert" zuzubilligen, überdies auch nur in der Chemie. Seinen Subjektivismus unterstreicht M. erneut in dem im gleichen Jahre erschienenen Aufsatz „Sinnliche Elemente und naturwissenschaftliche Begriffe" („Archiv für gesamte Physiologie", Bonn, 1910), in dem es am Schlusse heißt: „Jenseits der sinnlichen Erscheinungen hat also der Physiker jedenfalls nichts zu suchen. Ob aber der Philosoph immer nötig haben wird, ein unabhängig vom Bewusstsein bestehendes Wirkliches zu statuieren, … dies zu entscheiden, mag ganz den Philosophen überlassen bleiben." M.s wichtigste physikalisch-historische Werke sind: „Die Geschichte und die Wurzel des Satzes von der Erhaltung der Arbeit" (1872, letzte Aufl. 1909), „Die Mechanik in ihrer Entwicklung" (1883, 8. Aufl. 1921), „Die Prinzipien der Wärmelehre" (1886, 4. Aufl. 1923) und „Die Prinzipien der physikalischen Optik" (1921). Vorwiegend erkenntnistheoretische Fragen behandeln: „Die Analyse der Empfindungen" (1885, 9. Aufl. 1922), „Populärwissenschaftliche Vorlesungen" (1896, 5. Aufl. 1923), „Erkenntnis und Irrtum" (1905, 5. Aufl. 1926) und „Die Leitgedanken" etc. (1919). Ferner zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen in verschiedenen Zeitschriften.

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