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Georg Herwegh 18421122 Brief an die Redaktion der „Rheinischen Zeitung” in Köln

Georg Herwegh: Brief an die Redaktion der „Rheinischen Zeitung” in Köln

Berlin, 22. November 1842

[Nach Marx Engels Gesamtausgabe (MEGA). Dritte Abteilung. Briefwechsel, Band 1. Berlin 1975, S. 379 f.]

Dienstag.

Meine lieben Freunde!

Die Elberfelder Zeitung und aus ihr die Didaskalia enthalten die Nachricht, dass ich die Gesellschaft der Freien besucht, dieselbe aber unter aller Kritik befunden. Ich habe diese Gesellschaft nicht besucht, sie also weder unter noch über der Kritik finden können. Ich habe sie nicht besucht, weil Ruge mir von den Zusammenkünften unserer Freunde nicht viel Erbauliches erzählte. Sie kompromittieren durch diese revolutionäre Romantik, diese Geniesucht, diese Renommage unsere Sache und Partei; Ruge und ich haben ihnen dies unumwunden erklärt. Sie haben es uns übel genommen – immerhin! ich möchte nicht gegen sie auftreten, und bitte Sie daher um eine Notiz in der Rheinisch. Zeitung, die die Sache in ihrem wahren Lichte zeigt. Wenn ich die Gesellschaft der Freien, die einzeln meistens treffliche Leute sind, nicht besucht habe, so geschah es nicht, weil || ich etwa eine andere Sache verfechte, sondern es geschah lediglich darum, weil ich diese Frivolität, diese Berlinerei in der Art ihres Auftretens, weil ich diese platte Nachäfferei der französischen Clubs, bei aller Achtung vor und Enthusiasmus für die französische Revolution, als ein Mensch, der auch von der Autorität dieser Revolution frei sein will, hasse und lächerlich finde.

Da haben Sie meine Ansicht; machen Sie den passenden Gebrauch davon, ich bitte Sie. Ich bin bei Gott! so revolutionär, als diese Freien, und will sie Alle noch legitim machen, aber der Skandal, die bloße Polissonerei führt zu Nichts.

Das wäre das Eine. Nun das Andere, was mich, wie Sie sehen, an der unmittelbaren Fortsetzung dieses Briefs unterbrochen. Sie werden alberne Berichte über eine Audienz beim König erhalten, der mich zu sehen wünschte. Die Nähe der Majestät hat mich nicht geblendet, und wenn es möglich wäre, bin ich noch freier von ihr als zu ihr gegangen. Zeuge unsrer Unterredung war Schönlein. Nach einer Menge ungewöhnlicher Flatterien, einen so höchst ausgezeichneten Dichter von Angesicht zu Angesicht zu sehen – ich berichte einfach, um unangenehmen anderweitigen Referaten vorzubeugen – wusste er sich gleich auf den richtigen Standpunkt zu setzen, sagte, wir seien und müssen Feinde sein, aber wir wollen ehrliche || Feinde sein, wir müssen einander widerstehen, er bleibe einmal beim Handwerk etc. Mein Besuch freue ihn ungemein, und er dürfe versichern, unendlich mehr, als der Besuch eines andern berühmten Mannes vor ungefähr einem Jahre, des Herrn Thiers. Er wünsche mir einen Tag von – (hier verstand ich ihn nicht, es war ein Wort wie Damask oder ähnlich) und sei überzeugt, ich werde dann Ungeheures wirken können; hoffe mich noch einmal in der Schweiz zu sehen, wo ich erklärte für immer bleiben zu wollen etc. Ich erröte, Ihnen dies schreiben zu müssen; ich muss es aber, damit Sie sich bei einlaufenden Korrespondenzen in Acht nehmen.

Auf dem Sprung, nach Königsberg abzureisen, schließe ich für heute.

Bleiben Sie mir gut!

Der Ihrige Georg Herwegh.

Ich zeige Ihnen zugleich meine Verlobung mit einer Republikanerin comme il faut an, einem Mädchen, das uns allen über das Kapitel der Freiheit tüchtige Lektionen halten könnte!

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