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Karl Marx 18421110 Übergabe eines Gemeindeordnungsentwurfs

Karl Marx: Übergabe eines Gemeindeordnungsentwurfs,

welcher die Rechtsgleichheit zwischen Stadt- und Landgemeinden nicht anerkennt, an die rheinischen Deputierten in Berlin

[Rheinische Zeitung Nr. 314, 10. November 1842. Nach Marx Engels Gesamtausgabe (MEGA). Erste Abteilung. Werke – Artikel – Entwürfe, Band 1. Berlin 1975, S. 382 f.]

X Köln, 9. Nov. Unser heutiges Beiblatt bringt die Fortsetzung des Artikels über die Gleichheit der Gemeindeordnung für Stadt und Land. Da diese Frage der Gleichheit die politische Lebensfrage der ganzen Kommunalreform ist, so glauben wir ein allgemeineres, über die Grenzen der Rheinprovinz übergreifendes, Interesse voraussetzen und einer ausführlichen Erörterung Raum gestatten zu dürfen. Die Störung der Gleichheit aller Staatsbürger involviert eine Verletzung der großen und geheiligten Prinzipien, die als Niederschlag der letzten europäischen Stürme das Herz von ganz Deutschland erobert, aber fast nur auf dem Boden der Rheinprovinz Früchte getragen haben. Tief durchdrungen von den Mängeln der Rheinischen Volkszustände, dürfen wir es dennoch aussprechen, dass den Rheinländern die hohe Aufgabe zugefallen ist, durch Bewahren und Weiterbilden der Resultate eines großen geschichtlichen Prozesses, die zum Theil ihr faktisches Eigentum sind, allen Provinzen des gemeinsamen Staates die gleichen Güter: „Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Gerichtsverhandlungen, Schwurgerichte, Gleichheit aller Staatsangehörigen vor der Justiz und der Administration " vorzubereiten. So tief ist der Eindruck, den selbst ein kurzer Genuss jener Güter zurücklässt, dass er sogar in dem langen Winterschlafe, der uns befangen, sich nicht verloren hat. Sollen wir nun freiwillig im Wachen aufgeben, was wir selbst schlafend festzuhalten wussten?

Unsere neuesten Berliner Nachrichten lassen keinen Zweifel darüber, dass die gegenwärtige Bewegung nur das Vorspiel eines Kampfes ist, der alle unsere Ausdauer erheischt, wenn er nicht mit einer schmählichen Niederlage enden soll. Den rheinischen Deputierten zu den Zentral-Ausschüssen ist der Entwurf einer Gemeindeordnung übergeben worden, der die Rechtsgleichheit der Stadt und Landgemeinden nicht anerkennt.

Wir zweifeln keinen Augenblick, dass die Redaktionen aller rheinischen Provinzial-Blätter, denen die Aachener Zeitung mit einem rühmlichen Beispiel vorangegangen ist, eine feste Haltung annehmen, und sollten sie vielleicht von irgend einer vorgefassten Meinung zu Irrtümern sich haben hinreißen lassen, jede persönliche Rücksicht dem Vaterlande aufopfern werden. Gleichheit für Alle, für Bürger und Bauer sei unsere gemeinsame Losung. Es ist Zeit, dass die Rheinprovinz ihren historischen Beruf, die Resultate der französischen Freiheitskämpfe mit den Resultaten der norddeutschen Kämpfe auf dem Gebiet der Wissenschaft zu vereinen und die Freiheit zu verdeutschen, mit Bewusstsein verfolge. Wie in Athen der Familie der Eumolpiden, so ist in Preußen und dadurch in Deutschland der Rheinprovinz die Hütung der allen gemeinsamen Mysterien vom Geist der Geschichte anvertraut! Mache sie sich dieses Vertrauens würdig!

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