II. Deutschland in der ersten Zeit der Reformation

[II.] Deutschland … in der ersten Zeit der Reformation 16. Jahrhundert

1. Politische Angelegenheiten Deutschlands in den letzten Jahren Maximilians

[Im] Januar 1519 starb Maximilian. [Er] scheiterte in allem, außer [in der Devise] „Tu, felix Austria, nube!"

Mit Podiebrads und Continus' Tod [wird] König in Ungarn und in Böhmen <vorübergehend mit Östreich vereint unter Kaiser Albrecht II.> der älteste Sohn des polnischen Königs Kasimir III. und Elisabeth, der Tochter des Kaisers Albrecht II. – nämlich Ladislaus VII. <In Polen selbst waren gefolgt dem

Kasimir III. erst sein zweiter Sohn, Johann 1. Albert, dann 1501 sein jüngerer Sohn, Alexander, endlich 1506 sein jüngster, Siegmund I.>

Max hatte erst Ungarn gegen Ladislaus VII. behaupten wollen, dann, wie immer, sich „mit Geld" abfinden lassen, aber außer Geld war

1491 in dem Frieden mit Ladislaus VII. dem Maximilian zugesagt worden [die] eventuelle Nachfolge von Ungarn und das Recht, zugleich den Königstitel des Landes anzunehmen. Als Ladislaus VII. [einen] Sohn erhielt, [kam es zu] Unterhandlungen [zwischen] Maximilian und ihm, um seiner Familie1 durch [eine] Heiratsverbindung [den] Heimfall beider Länder zu sichern. Diese Unterhandlungen [wurden] wieder aufgenommen

1514 [und] geführt durch das Aas „Matthäus Lang" und Johann Cuspinianus (Spießhammer) (Schüler von Konrad Celtes und dessen Nachfolger in der Bibliothekarstelle zu Wien). Ladislaus VII. und sein Bruder, der König von Polen, Siegmund I., [willigen ein] in [die] Verlobung der Tochter Ladislaus' mit einem der beiden Enkel Maximilians und einer Enkelin des Max mit dem Sohn des Ladislaus, [dem] nachherigen König Ludwig II.

[Im] Juli 1515 kommen Ladislaus VII. und Siegmund I. nach Wien; dort [wurde] verlobt Maria (Maximilians Enkelin) mit Ludwig (dem Sohn des Ladislaus), und der alte Steinbock Max [wurde] angetraut mit Anna (Schwester des Ludwig und Tochter des Ladislaus) pro procura für einen seiner beiden Enkel Karl oder Ferdinand; [es] war nicht bestimmt [worden] für welchen! 1521 [wurde] Anna wirklich vermählt mit Ferdinand und 1526, als [der] Bruder der Anna (Ludwig II. in der Schlacht bei Mohacz fällt, erbt Ferdinand Böhmen und Ungarn [und] damit auch die Kriege mit den Türken.

1518: Nach verschiedenen abgeschlagenen Versuchen (wobei [der] Papst und Franz I. [von Frankreich] mitmachten) erneuert Max den Versuch, Karl (V.) (spanisch Carlos I.) zum deutschen oder, wie es hieß, „römischen König" wählen zu lassen. Karl (V.) selbst ließ durch seine Gesandten viel Geld austeilen.

[Im] September 1518 wollten die Kurfürsten von Mainz, Köln, Pfalz, Brandenburg [ein] Wahldekret [zugunsten Karls] abfassen; aber große „französische" Geldsummen und französische Kabalen bei den Kurfürsten von Mainz, Trier und Brandenburg [zeigten ihre Wirkung auf diese]! (Die Franzosen zogen auch den Herzog von Lüneburg in ihr Interesse); diese drei Kurfürsten – also da drin [auch] der Brandenburger! – blieben bis zuletzt französisch gesinnt. (Aber auch der Belgier Karl, und namentlich als König des inquisitorischen Spaniens, war nicht „deutsch". Damals, bei Lebzeiten des Max, hielt es der Kurfürst Friedrich von Sachsen, der Weise, nicht für angeraten, von wegen der Reformationszeiten „den König von Spanien" zum deutschen König zu ernennen.) Nach [dem] Tod des Max, [im]

Januar 1519, [begann das] Interim von fünf Monaten; gemäß der „Goldnen Bulle"2 führten Kurfürst Friedrich von Sachsen und Kurfürst Ludwig V. von [der] Pfalz das Reichsvikariat in den ihnen respektiv zustehenden Teilen des Reichs. Prätendenten [für den Kaiserthron waren] Henry VIII. von England (der nur zum Schein, um ihn als Geldkuh abzumilchen, von den Kurfürsten genannt wurde), Karl und Franz. Alle drei bestachen; aber Franz I. verfügte über mehr Geld als beide, da [ein] modernes Finanzsystem in Frankreich schon damals entwickelt [war] im Vergleich zu Spanien, [den] Niederlanden und England.

[Am] 28. Juni 1519 [wurde] Carlos I. von Spanien, in Deutschland Karl V. [genannt], zum römischen König zu Frankfurt gewählt.

([Am] 23. Oktober 1520 erst wird Karl zu Aachen als deutscher Kaiser gekrönt.)

Die deutschen Fürsten und Kurfürsten benutzen den Kampf zwischen den Prätendenten, um Karl V. in der sogenannten Wahlkapitulation zur Bestätigung neuer Fürstenrechte auf Unkosten des Reichs und des Volks zu zwingen, die sie schon Ende 1518 bei Maxens [Be]strebungen, den Karl bei seinen Lebzeiten zum römischen König gewählt zu haben, von diesem erpresst hatten.

28. Juni 1519: Charakteristisch bei [der] Wahl des Karl in Frankfurt [ist]: Die nach Frankfurt führenden Straßen [wurden] belagert mit 20-000 Mann (in Diensten des schwäbischen Bundes) von Franz von Sickingen und Kasimir von Brandenburg (gewonnen für Karl durch den Herzog von Bouillon); sie schreckten die Wahlfürsten ein. Der brave „Sickingen" lauerte auch dem Geldwagen auf, der von den Franzosen nach Frankfurt geschickt [worden war], dieser aber [wurde] glücklich fortgebracht von dem französisch gesinnten Kurfürsten von Trier.

Selber [war] Sickingen – see die Memoiren des späteren Marschalls von Fleurange3, Sohn des Räubers Robert von der Mark, der selber berühmt ward als Anführer von einigen Tausend deutschen Landsknechten – nach diesem Fleurange [ein] ganz gewöhnlicher, obgleich geistig sehr begabter Räuberhauptmann, [das] Musterbild eines wegelagernden Ritters.

1516: Sickingen – der wie ein Advokat faule Händel an sich kaufte – hatte von seinem Notar Balthasar Ploer einen Streit mit der Stadt Worms an sich gekauft; [er] wollte vom Reichskammergericht und [vom] kaiserlichen Hofrat nichts wissen und übte Faustrecht; alle Kaufleute waren ihm „Wormser", [er] nahm ihnen auf der Landstraße alle nach Frankfurt gebrachten Waren fort; [als er] in Acht erklärt [wurde], pfeift [er] mit seinen Genossen darauf: Die Wormser hätten die Acht durch Geld bei den kaiserlichen Hofräten, namentlich [beim] Herrn Nikolaus Ziegler ausgewirkt; er belagert Worms acht Tage lang [und hätte die Stadt aufs Äußerste gebracht], wenn [er] nicht infolge des vom Grafen von Hagen, Präsident des Reichskammergerichts, beigelegten Zwietrachtes zwischen Rat, Bürgerschaft und Geistlichkeit von Worms sich [hätte] zurückziehen [müssen]; [er] übt aber noch bis

1518 Straßenraub gegen die Wormser Bürger („befehdet" sie); [ein] sogenannter römischer Zug nach Landau [wird] gegen ihn ausgeschrieben, er raubt den Landauer Spießern darauf ihre ganze weidende Herde [und] nannte es ihren Käse; [er] nimmt bei St. Viktor in [der] Nähe von Mainz zwölf Frachtwagen mit Parmesankäse; einen davon schickt er dem Reichskriminalrichter, [dem] Pfalzgrafen Ludwig V. „aus untertäniger Meinung", der jedoch das „Gestohlene" zurückweist.

Derselbe Sickingen [erschien] in Lothringen mit 800 Reisigen und 6000 Fußvölkern <er und seine Genossen, Reichsritter und Grafen, leisteten Hilfe dem Herzog von Bouillon und dem Grafen von Geroldseck gegen den Herzog von Lothringen>; [der] Herzog von Lothringen findet ihn ab mit barer Münze und lebenslänglichem Gehalt von 500 Gulden. Mit denselben Raubhorden, die ihn nach Lothringen begleiten, zieht er gleich darauf gegen [die] Reichsstadt Metz [und] erpresst von deren Bürgern 30.000 Gulden für sich und [einen] Monatssold für seine Ritter.

Dann nehmen ihn in Sold der Abt von Fulda und die Darmstädter Ritter, um [den] erst vierzehnjährigen Landgrafen Philipp von Hessen zu quälen. Er belagert mit ihnen den Philipp in Darmstadt [und] brandschatzt sein Land scheußlich. Markgraf Philipp von Baden, der zur Hilfe eilt, yet quite derselbe, [hält es für ratsam, sie zu entfernen,] indem Sickingen und Genossen 50000 Goldgulden Brandschatzung und 35.000 Goldgulden „Kriegskosten" erhalten.

Als Sickingen diese Züge nach Metz und Darmstadt, [und] gleich drauf einen dritten gegen Ulrich von Württemberg unternahm, war er schon General aller Raubritter; und an [der] Spitze seiner Bande [wurde er] in Deutschland so furchtbar, wie es Franz Sforza und sein Vater in Italien gewesen [sind]. Der Marschall von Fleurange suchte ihn daher für Frankreich zu gewinnen; er nahm ihn mit nach Amboise zu Franz /., der ihn und seine Ritter mit Ehren und Geschenken überhäufte, von wegen [der] Kaiserwahl; er erhielt [ein] Jahrgeld von 3000 Talern und [eine] ebenso viel werte Kette, seine Begleiter erhielten Ketten von 500–1000 Taler Wert. Dafür gelobte er freiwillig mit Eid, dem König von Frankreich in allen Fällen und gegen jedermann außer [gegen das] Haus Mark beizustehen. „Dites lui", sagte er dem Fleurange, „que les grands princes" (die deutschen Fürsten, die Geld von ihm nahmen) „le tromperont"4, aber er – der Biedermann – „niemals". Er rühmte sich, er könne jederzeit 2000 Pferde und 10000 Füßler ins Feld stellen. Aber, soon after, hatte ein deutscher Kaufmann Forderungen an [die] Stadt Mailand; Sickingen kauft sie [und] lässt plündern alle Waren der Mailänder auf den Heerstraßen; sie klagen bei Franz, der rüffelt den Sickingen, er antwortet grob; nun [wird] das ihm früher erteilte Jahrgeld von Franz entzogen, und Sickingen [wird] gewonnen (wohl nicht ohne Bares) von [dem] Herzog von Bouillon für Karl.

1517 hatte Max den Sickingen wegen der Wormser Affäre in Bann getan;

1518 rät [dem] selben Sickingen sein Schwager, Philipp von Flörsheim (Domherr von Speyer und Balthasar von Parmesankäse), nach Innsbruck zu Maximilian zu gehn; [er] tut's; Max, der ihn braucht, um Karls Wahl durchzusetzen, lässt ihn durch dreißig Reichsritter empfangen, und Nikolaus Ziegler (der Hof rat) schickt ihm ein Legel Wittlacher Wein, den Sickingen und sein Freund Graf Emicho von Leiningen sofort ganz aussaufen, for he was potpotent.

Schon vor seiner Krönung am

23. Oktober 1520 in Aachen nahm Karl an den deutschen Angelegenheiten teil: an der Hildesheimschen Stiftsfehde und [der] Affäre [des] Ulrich von Württemberg, deren Gang charakteristisch [war] für [das] damalige deutsche Reich.

Hildesheimsche Stiftsfehde: <Schon unter Friedrich III. [wurde der] Versuch [gemacht mit] einer ständischen Reichs- und Gerichtsverwaltung und [einer] Reichspolizei für [die] Aufrechterhaltung des Landfriedens, aber [es wurde ein] halbes Jahrhundert über die Einrichtung gestritten, und das Faustrecht dauerte fort.>

1512: (Reichstag zu Köln) Unter Maximilian [wurde] scheinbar Ernst gemacht mit [der] sogenannten Reichsexekutionsordnung – [zu welcher] das Reichskammergericht und die acht Kreise [gehörten] ([sie] heißen, als gegen das Faustrecht [gerichtet], zuerst: Landfriedenskreise); [es] kamen damals hinzu als neunter Kreis [das] Herzogtum Burgund [und] als zehnter Östreich, weil Max beide unter den Schutz des Reichs stellen wollte. Die Kreiseinteilung [kam] richtig erst ins Leben zehn Jahre später (1522) unter Karl V. Jeder Kreis hatte [einen] Kreisobersten und [die ihm] zugeordneten Räte; während aber [das] Reichskammergericht und die Kreisordnungen noch um [ihre] Existenz zu kämpfen [hatten], bildete sich, Gewalt mit Gewalt vertreibend, [eine] Verbindung, die es nach und nach den Kreishauptleuten und Gerichten möglich machte, ihren Zweck zu erreichen – der Schwäbische Bund. Schon unter Friedrich III. stand an seiner Spitze Friedrichs III. Rat, der an [der] Bildung desselben auch Anteil habende Hugo von Werdenberg, ein Graf von Bregenz.

1488: Da es mit [der] Kreiseinteilung und [den] Reichsgerichten immer noch nicht [vorwärts] ging, gab Hugo von Werdenberg dem Kaiser Friedrich III. ein, [die] Erweiterung des „Bundes vom Georgenschild" (von Werdenberg geführt) zu einem schwäbischen Bund im Interesse des Landfriedens [vorzunehmen].

[Im] Februar 1488 berief Friedrich III. die Prälaten, Grafen und Ritter des Bundes vom Georgenschild nach Esslingen; Abgeordnete von 22 Reichsstädten finden sich ein [und] schließen sich dem Bund an; auch Graf Eberhard der Ältere von Württemberg und Siegmund von Tirol traten bei. Als ritterlicher Bund vom Georgenschild war der Verein [ein] östreichischer mit östreichischer Fahne; [er wurde] jetzt umgetauft (ähnlich wie die Hermandad5 der spanischen Städte unter [den] Katholiken, der Feudalinstitution dienend, zur Vergewaltigung6 der bürgerlichen Ordnung über die feudale [da war] und daher auch in [ein] monarchisches Institut umgewandelt [wurde]> in „des Kaisers und des Reiches Bund im Lande Schwaben zur Erhaltung des Landfriedens", abgekürzt: der „Schwäbische Bund"; [dem auch] rheinische Fürsten [und] endlich auch [der] Kurfürst von Brandenburg beitreten. Der Bund stellte [ein] Heer von 10.000 Mann auf, [diese] sollten jedoch nicht dem Kaiser, sondern einem Bundesrat untergeben sein. Er war nur auf bestimmte Jahre geschlossen [worden]; [aber der] Kaiser betrieb seine stete Erneuerung, und

1496 [wurde der Bund] auf Betreiben des Kurfürsten Berthold von Mainz auf drei Jahre verlängert und Eberhard der Jüngere von Württemberg darin aufgenommen.

[Im] Juni 1498 verhinderte Max die drohende Auflösung desselben durch Strafbefehle (bei Austritt); damals [trat] auch Ulrich, [der] dem Eberhard dem Jüngeren, seinem Vetter, das Herzogtum Württemberg abtreten musste, in den Bund.

Der Bund hielt damals Landfrieden in Süddeutschland, [das war] wichtig für [die] Städte, weil [der] Handel vom Süden (Italien) nach Norden noch ganz durch Deutschland ging und [die] süddeutschen Städte wie [die] Hansa bereicherte.

1500: [Die] Fehde des Schwäbischen Bundes mit den Schweizern. „Bellum helveticum" [im] klassischen Latein [geschrieben] von Max' geheimem Schreiber Willibald Pirkheimer (Renaissancemann!).

1512 [wird] der Schwäbische Bund erneuert auf zehn Jahre. [Der] Bischof von Bamberg, [die Städte] Heilbronn, Wimpfen, Weißenburg im Nordgau [wurden] aufgenommen; Ulrich, Herzog von Württemberg, will nicht [eintreten]. Bei dieser Gelegenheit erhält [das] Bundesgericht [einen] festen Sitz in Augsburg; neben letzterem besteht fort [das] Reickskammergericht, [es] kann aber selten seine Urteile exekutieren gegen die Reichsritterschaft, noch weniger gegen die Fürsten und Städte; überdies [ist es] bald nicht in der Verfassung, Recht zu sprechen, sei es wegen mangelnder Mitgliederzahl, bald [bleiben] sie unbesoldet, indem die zur Zahlung bestimmten Gelder fast nie ordentlich einkamen. Oft auch [waren] die Beisitzer unter sich uneinig, oder mit der Stadt, worin sie tagten. Infolge der Fehde des Sickingen mit Worms [wurde das Gericht] von da nach Speyer verlegt, [später] dann wieder für lange Zeit nach Worms, bis es nach Wetzlar musste.

Hildesheimsche Stiftsfehde: Niedersachsen [wurde] fast auf gleiche Weise unter [die] welfischen Fürsten (Nachkommen Heinrichs des Löwen) verteilt wie Obersachsen unter die Enkel Friedrichs des Streitbaren von Thüringen und Meißen; nur in Lauenburg – wo [das] Recht der Erstgeburt [eingeführt worden war] – herrschte noch [eine] Linie [des] sächsisch-askanischen Stammes. Wie die pfalzbayrischen Fürsten zerfielen die welfischen bald in mehr, bald [in] weniger Linien, [welche] bald nach diesem, bald nach jenem Ort benannt [wurden], je nachdem [wie] bei [dem] Tod eines Fürsten die Verteilung unter seine Söhne ausgefallen [war]. Zur Zeit der Stiftsfehde [bestanden] in Kalenberg, Grubenhagen, Lüneburg, Braunschweig-Wolfenbüttel besondere Linien des welfischen Hauses, welches auch viele Bistümer von Niedersachsen und Westfalen an sich gebracht [hatte]. 1504 erhielt [das] Bistum Hildesheim dagegen von seinem älteren in Lauenburg (sädhsisch-askanischer Stamm) herrschenden Bruder [der] Prinz Johann; [er] hat bald Krakeel mit seiner Ritterschaft, weil er die früher für [einen] Spottpreis an [den] Adel verpfändeten Hildesheimschen Stiftsgüter wieder einlöst; unter anderem beschweren sich diese Burschen, „sie würden nicht hinreichend entschädigt für die an den Gütern gemachten Verbesserungen"; vor allem

1516 stiften die Herren von Saldern [einen] Bund von 65 ritterlichen Gutsbesitzern des Bistums [und] begeben sich unter [den] Schutz der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel und Kalenberg und des „gräulichen" Bischofs Franz von Minden (braunschweigischer Prinz), um ihren „Landesherrn" zu befehden.

1516 bis 1518: Diese Fehden wurden dem Johann so öklich, dass er, indem er den erst zehnjährigen Sohn des Herzogs Heinrich von Lüneburg [im]

April 1519 zu seinem Koadjutor macht, in diesem Heinrich Schutz findet; er7 hebt danach [den] Familienvertrag mit den Feinden des Bischofs auf [und] fällt ohne vorherige Ankündigung der Fehde in Braunschweig, Kalenberg [und in das] Bistum Minden [ein und] vertrieb aus letzterm den Franz. Nachdem vergeblich [der] Kurfürst von Sachsen als Reichsvikar und Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig-Wolfenbüttel ihn zur Ruhe zu bereden gesucht [hatten], auch die von [dem] letzteren aufgestellten Truppen nichts gegen ihn vermocht [hatten], zogen seine und des Bischofs von Hildesheim drei Feinde – davon [waren] Erich von Kalenberg und Franz von Minden durch viele Fehden berühmt – mit ihrer ganzen Macht ins Feld.

[Am] 28. Juni 1519 [kam es zur] Schlacht in [der] Soltauer Heide am Tag des Karls V. Wahl; sie <die drei> [werden] geklopft, [es] fallen 4000 Mann; Erich von Kalenberg nebst seinem Bruder Heinrich dem Jüngeren [werden] gefangen [genommen]. Die Gefangenen müssen – in Betreff ihrer Freisetzung – [ein] Schiedsgericht anerkennen; aber das [Schiedsgericht ist] parteiisch. Nämlich Herzog Heinrich von Lüneburg bei [dem] Krieg mit seinen Vettern hatte auf französische Hilfe und die des Herzogs Karl von Geldern, des Todfeindes des burgundischen Hauses, gerechnet; und in [diesem] Schiedsgericht hatten zwei Hauptstimmen die Kurfürsten von Brandenburg und von Mainz, die [zusammen] mit dem [Kurfürsten] von Trier nach Maximilians Tod Geld von Frankreich angenommen hatten und die Wahl auf den König von Frankreich zu lenken suchten; erst [im]

Juli 1519 [wurde] Erich von Kalenberg freigesetzt, nachdem er 18 seiner besten Schlösser zum Pfand gegeben [hatte]. Als nun Karl V. nach Brüssel kam, reiste zu ihm der Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig, damit er den „ungerechten Austrag" (Schiedsurteil) niederschlage. Heinrich der Jüngere war auf dieser Reise begleitet von der Gemahlin Erichs von Kalenberg; sie erlangen von Karl (zu Brüssel) <der damals noch nicht „gekürt" [war], was erst [am] 23. Oktober 1520 geschieht> den kaiserlichen Strafbefehl gegen Heinrich von Lüneburg und [den] Bischof von Hildesheim; sie [die letzteren] fügen sich nicht etc. [und] müssen endlich

1520 zu Köln (wo [der] dortige Erzbischof, der den Karl zu Aachen gekrönt [hatte], die Sache ausgleichen soll) sich dahin fügen, ihre Gefangenen zu „betagen" (freizusetzen) und [das] Urteil auf [dem] Reichstag im nächsten Jahr zu empfangen.

1521 [wurde der] Reichstag zu Worms von Karl V. gehalten. Heinrich von Lüneburg hatte seine Regierung seinen beiden Söhnen Otto und Ernst überlassen und war mit seiner Beischläferin Anna von Campen nach Frankreich gegangen.

27. Mai 1521: Nach [dem] Ende des Wormser Reichstags [wurde ein] sehr strenges Dekret Karls [erlassen]; [aber der] Bischof von Hildesheim und die Lüneburger Herzöge gehorchten nicht.

24. Juli 1521: Karl V. erklärt sie in „Acht"; [er] bevollmächtigt mit [der] Exekution [den] König Christian II. von Dänemark (wegen Holstein) nebst den Herzögen von Kalenberg und Wolfenbüttel; da Christian II. zu viel in Dänemark und Schweden zu tun [hat], überlässt er den beiden andern die ganze Exekution; sie hatten sich

1520 schon mit dem Grafen von Hoya abgefunden;

1521 vermittelt Philipp von Hessen zwischen den beiden Achtvollstreckern und dem Grafen von Schaumburg, und [im]

Oktober 1521 [bewirken] die Herzöge von Sachsen die Aussöhnung mit Lüneburg; die Gefangenen [werden] ohne Lösegeld entlassen, [die] Kriegsschäden gegeneinander aufgewogen, die Erbverträge erneuert, [der] Bischof Johann von Hildesheim [ward] seinem Schicksal überlassen; nach verschiedenen Abenteuern – er setzte den Krieg fort, rief auch den Karl von Geldern mit seiner „schwarzen Bande" zur „Hilfe", und

Ende 1522 (wo sein Bruder, der Bischof von Münster, starb) – muss er sein Bistum ganz aufgeben; endlich [jetzt wurde] ein sehr nachteiliger Friede für Hildesheim – der Quedlinburger Vertrag – [geschlossen].

Am 20. Oktober 1523 [wurde er] von Karl V. bestätigt; Bischof Johann [wird] vom Vertrag ganz ausgeschlossen, weil er ihn nicht anerkennen will; [das] Domkapitel und [die] Stadt Hildesheim und [die] Landstände müssen den Braunschweigern für drei Millionen Achtsvollziehungs-Kosten [gradstehen, einen] großen Teil des Bistums (das von den Herzögen von Kalenberg und Wolfenbüttel erobert [worden war]) [müssen sie] abtreten; [es] blieb nur [das] kleine Stift, die Stadt Hildesheim und [die] Ämter Peine, Steuerwald und Marienburg; doch war eine zweideutige Klausel im Quedlinburger Vertrag [enthalten], den auch der Papst bestätigt hatte. 1540: [Der] Bischof von Hildesheim (auf jene Klausel gestützt) wendet sich an [den] Papst; der erklärt sich für ihn; [der] Kaiser aber verweist [die] Sache an [das] Reichskammergericht, und [von] 1540 bis 1629 bleibt die Sache beim Reichskammergericht hängen! Welch echt deutsch-reichsliche Historie!

Württembergische Affäre.

Eberhard der Jüngere, [der] Nachfolger des von Maximilian zum Herzog ernannten Grafen von Württemberg, Eberhards des Älteren (des „Bärtigen"), [ein] roher wüster Rittersmann – muss im Kampf mit seinen Untertanen nach Ulm fliehen; da sein Bruder Heinrich blödsinnig [ist], erklären die württembergischen Stände dessen Sohn Ulrich zum Herzog; [er wird] bestätigt von Maximilian, der deswegen nach Rottenburg am Neckar kam. Ulrich [war] damals noch ein Kind; [die] stellvertretende Regierung kam an [den] Landhofmeister, [den] Grafen von Fürstenberg, und [an] zwölf Regimentsräte.

1507: Ulrich lebt lustig mit Maximilian in Konstanz, [war] schon zu seinem zwanzigsten Jahre wegen vielen Essens und Trinkens „überwohlbeleibt", und dergestalt war [er] ein wütender Jäger.

1503 schon [wird] Ulrich (sechzehn Jahre alt) durch Maximilians Gunst [für] majorenn erklärt; [er] lebt in Saus und Braus, überschuldet sich, während sein Landhofmeister, der Kanzler und die Landschreiber für sich [und] ihre Verwandten sorgen. Nachdem er [es] zur halben Million Guldenschuld gebracht [hatte] – er unterhält [eine] Bande von Landsknechten [und] gab sich selbst mit seinen Leuten in fremden Sölden – sollten die von Feudallasten niedergedrückten Bauern noch [zusätzlich] Steuern von [ihren] ersten Lebensbedürfnissen [wie] Wein, Korn, Fleisch etc. zahlen; zudem führte er [ein] kleineres Maß und [kleinere] Gewichte ein [bei unverminderten Preisen]; außer den Bauern bringt er durch seine Schulden, [durch die] Veräußerung des Landeigentums [und andere] Eigenmächtigkeiten etc. auch [die] Feudalstände gegen sich auf: [Sie] verweigern [ihm] den Gehorsam, weil er seit dreizehn Jahren keinen Landtag einberufen [hatte]; zur selben Zeit:

1514 [war der] Bauernkrieg – der des armen Konrad benamst (mehrere Jahre vorher war der [Aufstand des] fränkischen „Bundschuhs" ausgebrochen). (Die empörten Bauern nannten ihren Bund den [Bund] der „armen kein-Rat" (klang schwäbisch wie armer Konrad), ihre Güter liegen in „Nirgends", ihre Heimat auf dem „Hungerberge".) Unter [dem] Vagabunden Gaispeter von Beutelsbach sammelten sie sich in der Nähe von Schorndorf [und] wirtschafteten arg. Ulrich [kehrte] zurück ([er] war zu Philipp von Hessen gereist, um [den] Feudalständen und [den] Gläubigern auszuweichen) [und] beruft [den] Landtag nach Stuttgart, von dem [die] Bauern nichts wissen wollten, da jeder Landtag neue Steuern bringe und sie stets für die Fürsten und Junker bluten müssten. [Es kommt zum] Zwist Ulrichs mit dem Landtag, [er] verlegt ihn nach Tübingen. [Inzwischen geht die] Ausbreitung des „armen Konrad" [weiter]. Hierbei [kommt es im]

Juli 1515 [zum] Tübinger Vertrag8 (mit den Feudalständen, [die] Städte eingeschlossen). <[Das war die] erste deutsche Konstitution, [sie] dauerte bis 1819; zwar [war] keiner der unendlich vielen kleinen deutschen Staaten damals ohne Landstände, Freiheiten, Privilegien einzelner und ganzer Klassen, aber [es gab] keinen geschriebenen Vertrag und kein Grundgesetz.> Diesen Vertrag halfen Kaiser und alle Fürsten [zu] schließen, die bedroht [waren] von dem Bauernkrieg, der sich wie [eine] Feuersbrunst ausbreitete am Rhein, in Franken und in Niederbayern. Vermittler und Bürgen des Vertrages [waren] die Gesandten [des] Kaisers Max: [die] Bischöfe von Konstanz und Straßburg, der Gesandte des Kurfürsten Ludwig von der Pfalz und seines Bruders Friedrich, des Markgrafen Philipp von Baden und der Bischof von Würzburg. Als Kaufpreis (von den Untertanen zu zahlen) übernahmen die Stände in diesem Vertrag 910.000 Gulden Schulden des Ulrich; er gab dagegen eine verbürgte Urkunde etc. [in der er] u. a. [versprach]: „Künftig solle in peinlichen Sachen niemand mehr ohne Urteil und Gericht gestraft werden können." <So weit war es schon damals mit dem alten Volksrecht gekommen!> Der Tübinger Vertrag – der herzoglichen Gewalt [eine] Art ständischer Oligarchie entgegensetzend – tat [aber] nichts für die armen Bauern; sie [werden] „radikalistisch". Daher erlagen [sie] bald [den] Waffen und der Grausamkeit des Herzogs und [der] Ritter, bis acht Jahre später der eigentliche Bauernkrieg ausbrach in [der] Landgrafschaft Stühlingen.

1515 noch verlangt Ulrich von den Ständen [eine] Zuteilung für neue 130.000 Gulden Schulden; [die] Stände [gaben] „nichts" [und erklärten] , er solle auch in den „Schwäbischen Bund" treten9; [er] wollte das nicht, um nicht [das] Bundesgericht von Augsburg anerkennen zu müssen. <Er hatte zudem das Haupt des Bundes, [den] Herzog Wilhelm IV. von Bayern, beleidigt durch [einen] Streit mit dessen Schwester (er, in einem spätem Manifest an [das] deutsche Reich10, klagt sie an, [ein] „loses Maul" zu sein; er habe sie nur manchmal, wenn sie ihn mit bösen Worten aus dem Bett getrieben habe, geschlagen, „und das nicht hart"). Sabina, [Ulrichs Gemahlin, war die] Tochter des verstorbenen Herzogs von München-Bayern und einer Schwester Maximilians; [sie war eine] ziemlich üppige Person wie [auch] Ulrich; sie hurte mit Hans11 von Hutten, dessen Frau dahingegen mit Ulrich. Durch [den] Mord [an] diesem Hutten – der sein erster Hofbeamter [war] – hatte Ulrich die schwäbische Reichsritterschaft beleidigt. Sie12 ließ sich „entführen" und floh zu ihrer Mutter.) Den Mord des Hans von Hutten stellte Ulrich dar als eine ihm als Freigrafen des westfälischen Femegerichts auf getragene Strafvollziehung.

Von 1515 bis August 1516 dauerte dieser Streit. Die Stände machen ihm [den] Prozess (Ulrich von Hutten durch neue Pamphlete13 bewegt [den] ganzen streitbaren Adel gegen ihn ins Feld).

Oktober 1516: Maximilian spricht [die] Acht gegen Ulrich von Württemberg aus. Max dann aber bevollmächtigt noch Matthäus Lang, mit ihm zu unterhandeln.

[Am] 21. Oktober 1516 [wurde der] Vertrag von Blaubeuren [geschlossen]. Ulrich versteht sich zu den vorgelegten Bedingungen. Max spricht ihn frei von [der] Acht und Aberacht; nach der Übereinkunft [wurde eine] Urkunde (mit kaiserlichem Siegel) des Machtspruches des Kaisers angefertigt: [Dem] Herzog Ulrich soll für [die] nächsten sechs Jahre die Regierung entzogen [werden], statt seiner [wird eine] Regierung ernannt unter dem Titel „Statthalter und Räte des Herzogs" etc., außerdem [soll] des Hans von Hutten Vater, Ludwig, für den Mord mit Geld abgefunden [werden] von der Landschaft (nominell [wurde] diese Summe, um den Handel zu verbergen, an [den] Kaiser gezahlt). Ulrich pfeift auf all das; schon auf [der] Reise von Blaubeuren nach Stuttgart mordet und brandet er mit seinen Söldlingen im eignen Land, regiert dann kannibalisch grausam, spottet der kaiserlichen Schreiben, Befehle und Urteile, bis er endlich wieder den Schwäbischen Bund durch [einen] neuen Streit herausfordert.

Januar 1519: Kaum [war] Max tot, besetzt Ulrich Reutlingen, welche Stadt zum Bund gehörte; sie hatte lange [einen] Streit mit Ulrichs Förster über Forst und Jagd [gehabt]; endlich erschlug der württembergische Burgvogt in Achalm einen Reutlinger Bürger; die Reutlinger murksen [darauf] den Burgvogt [ab]; Ulrich zieht mit seinem „bewaffneten" Landvolk (ca. 12000 Bauern) gegen Reutlingen [und] nötigt sie vor Verlauf von vier Wochen zur Obergabe. Bald darauf erscheint [die] schwäbische Bundesmacht, geführt von Ulrichs Schwager, [dem] Herzog Wilhelm von Bayern, und [von] Georg von Frundsberg; Schweizer Hilfstruppen, die Ulrich erwartet, machen kehrtum, sobald sie hören, dass er nicht zahlungsfähig [ist].

Mai 1519: Ulrich flieht nach Mömpelgard (Montbeliard), [und] Württemberg [wird] von den Bundestruppen besetzt, [sie] drücken das Land hart; sobald sie fort [sind]:

August 1519: Ulrich erobert sein Land wieder (mit streitbarem Gesindel); [er] kassiert [die] Tübinger Konstitution, treibt's noch schlimmer als je vorher; aber viele Städte, u. a. Esslingen, Göppingen, Urach, behaupten sich gegen ihn; [im]

Oktober 1519 riefen [sie den] Schwäbischen Bund; er muss wieder fliehen.

[Am] 19. Oktober 1519 [fand der] Bundestag zu Augsburg [statt]; [er] beschließt, ihn nie wieder zum Besitz von Württemberg hineinzulassen; [sie] machen [ihm] außerdem [eine] Kostenrechnung, die er nie hätte zahlen können. Jetzt [beginnt] der Streit unter den Siegern. [Die] Württemberger wollen [die] Einsetzung von Ulrichs Sohn Christoph; [der] Bund schreibt aber unerhörte Brandschatzungen aus und will seine Höllenscharen 8Georg von Frundsbergs Stratioten, Franz von Sickingens Räuber und die Leute des Herzogs von Bayern, der Silbergeschirr, Kostbarkeiten und Seltenheiten stahl) [nicht zurückführen], bis die [namentlich] von [den] Bayern arg hochgestellte Kostenrechnung gezahlt [ist]. [Die] über die schwäbischen Lande bestellte Regierung und Ferdinand (der bis zu seines Bruders Karl

Ankunft im Reich die östreichische Regierung leitete) hatten verhindert schon vor der Kaiserwahl die Einsetzung des Christoph als Herzog; jetzt lassen sie Karl V. schon von Barcelona aus sich in diese Händel einmischen. Ulrich [war] nach Solothurn gegangen, [er] ließ [dem Schwäbischen Bund] durch die dort versammelten Eidgenossen erklären, er wolle vor den Eidgenossen dem Kaiser und Kurfürsten von der Pfalz zu Recht stehen; [der] Bund lehnt dies ab.

[Am] 4. Oktober 1519 sprach Karl V. in [einem] Schreiben an die von ihm eingesetzte östreichische Regentschaft [offen aus]: Sie solle drei oder vier Kommissäre an den in Augsburg zu haltenden [schwäbischen] Bundestag schicken, dort mit den Bundesgliedern unterhandeln, „damit dem Hause Östreich sämtliche Länder des Herzogs Ulrich und dessen Kinder zur Bewahrung zugestellt und zugesprochen würden, dagegen den Bundständen leidliche und ziemliche Bezahlung (auch die gierigen „Eidgenossen" machten Geldansprüche an Ulrich geltend) von wegen des Kaisers und seines Bruders, des Erzherzogs Ferdinand zu versprechen und zu verschreiben sei".14

[Am] 30. November 1519 [wird] auf dem Augsburger Bundestag die Abtretung an Östreich abgemacht, [im]

Februar 1520 [wird] durch zwei Verträge alles beendigt. Im ersten [wird] abgemacht, was Östreich zu leisten [hat] an Ulrichs Verwandte, namentlich aber [die Zahlung von] 220.000 Gulden an den Schwäbischen Bund; im zweiten, [dass] die Kinder Ulrichs nach Innsbruck gebracht [und] für Christoph 5000, für seine Schwester Anna 4000 Gulden als jährliches Einkommen [festgesetzt werden sollen]. Unter den kaiserlichen Bevollmächtigten, die dies zusammen mogelten, war der saubere Kardinal Matthäus Lang, seit kurzem Erzbischof von Salzburg. Ulrich selbst irrte von Hof zu Hof; sein Mömpelgard war verpfändet, und Hohentwiel kostete ihm unice (Hohentwiel [liegt] im jetzigen württembergischen Donaukreis). Die östreichische Regierung entschädigt sich für die Kaufsumme durch Verpfändung der Klöster und ganzer Ämter; bestätigt [aber] die Tübinger Konstitution. Karl V. [kommt aus] Spanien zurück, [er] behandelt Württemberg nicht als verpfändetes Land, sondern als sein Eigentum und setzt

1522, trotz allseitigen Widerspruchs, Ferdinand in [den] Besitz des Landes ein.

1530: Bei Karls V. zweiter Anwesenheit im Reich belehnt dieser Ferdinand als Herzog von Württemberg und Teck.

2. Reformationsangelegenheiten bis Karls V. Ankunft in Deutschland

1502: [Dem] Kurfürsten Friedrich dem Weisen von Sachsen lag viel an der in diesem Jahr (1502) von ihm gestifteten Universität Wittenberg; dahin [wurde] 1508 der Mönch Martin Luther berufen als Lehrer der Theologie auf Empfehlung des Kurfürsten Freundes, des Augustiner-Provinzials Staupitz, der den Luther in Erfurt kennengelernt [hatte], wo jener „Mönch" lehrte und predigte; Wittenberg verdunkelte bald die Universitäten Leipzig und Erfurt. Bis 1512: Luther greift vorsichtig, auf Augustinus gestützt, die katholische Gnadenlehre [an, sie] sei Semipelagianismus15 (insgeheim in die Kirche eingeschlichne Ketzerei des „Cassianus"). 1512 [ist Luther] Doktor der Theologie geworden, [er] greift [jetzt] die Säulen der Schuldogmatik, die Scholastiker Bonaventura und Thomas von Aquino, als Ketzer (Pelagianer16) an. (Erasmus teilt nicht Luthers Ansicht von der „Gnade", obgleich Luther vorher von Erasmus und Reuchlin als Genosse in ihrem Kampf mit den Obskuranten anerkannt [war].) Luther [ist] bald im Streit mit den Dominikanern, die schon 1515 heftig gegen ihn erbittert [sind]; dito Schulgezänk mit Pirkheimer, Mutian, Eck. Ernsthaft ward die Sache erst, als Leo X. den von Julius II. begonnenen Bau der Peterskirche heftig fortsetzt und hierzu wie zu seinem sonstigen Kunsthang in Rom viel Geld braucht; ein Mittel, das beizutreiben, [besteht] in [der] Pachtgebung von Ablasszetteln, wofür er [eine] runde Summe erhielt; [der] Primas von Deutschland, der Erzbischof von Mainz, Albrecht, teilt den Gewinn [und] lässt als Commis voyageur mit Ablasszetteln impudent monks diese [als] Ware auf Märkten etc. feilbieten. Dieser Albrecht [ist] „sonst [ein der] neuen Wissenschaft gewogener Mann"; zugleich Erzbischof von Mainz und Magdeburg, besaß [er] außerdem noch ein Bistum; sein Kommissär zum Verkauf des Ablasses [war] Tetzel (Dominikaner).

1517 war schon seit drei Jahren Tetzel Ablasshändler (den Ablass als Marktware ausposaunend) in Deutschland; [er] hatte einen Unterkommissär ernannt, der [war] noch unverschämter als er. Beide stützten sich auf die eigenartige Akkumulationstheorie: Die vielen Märtyrer und Heiligen der Kirche hätten solchen Überfluss des Verdienstes bei Gott erworben, dass daraus ein Vorrat entstanden [sei] <ganz wie aus der Surplusarbeit" der Vorfahren der Kapitalisten>, den das Haupt der sichtbaren Kirche, der Papst, an andre Gläubige, die zu wenig Verdienst oder gar schwere Sündenlast (minus) hätten, verschenken oder verkaufen könnten. Tetzel schlug seine Bude endlich in der Nähe von Wittenberg auf, in Jüterbog und Zerbst, wo viel Volk hin strömte.

[Am] Allerheiligenabend 1517 kündet ihm Luther die „Fehde" an; i. e. [er] schlug 95 Sätze, zu deren Verteidigung er sich erbietet, an [die] Tür [der] Schlosskirche von Wittenberg an (diese Sätze [sind] bald in ganz Europa verbreitet). Tetzel erschien nicht, [er] machte aber zweimal Gegensätze bekannt, und über den zweiten derselben, wahrscheinlich verfasst vom Frankfurter Professor Wimpina, [wurde] disputiert [am]

20. Januar 1518 in Frankfurt an der Oder; Tetzel lässt Luthers Glaubenssätze verbrennen; in Wittenberg von Luthers Freunden geschieht selbiges mit seinen [Sätzen]; wütende Predigten [wurden seitens] der Dominikaner nun gegen den „Augustinermönch'' [gehalten. Der] Kampf ward sehr bald [ein] Kampf über [das] päpstliche Ansehen und [über] die Autorität der Scholastiker (neben der Bibel). Gegen Luther [traten in] Schmutzschriften der römische Hofdominikaner Sylvester Prierias (Magister Sacri Palatii) in [seinem] „Dialoge" (dem Papst gewidmet) und Johann Eck (Prokanzler der Universität Ingolstadt und Domherr zu Eichstädt) [in seinen] „Obelisci" [auf], denen Luther antwortet durch [die] „Asterisca" (Eck schrieb für den Ablasshandel). In dem Streit mit Luther [trat hervor] unter andern auch der Kölner Oberketzermeister Hoogstraaten (einer der „vier viri obscuri", [der] bekannt [geworden war] durch [die] Satiren von Reuchlin, Hutten, Crotus etc.). Die Gegner Luthers wandten sich an [den] Papst.

Ende April 1518: Auf [einer] allgemeinen Versammlung des Augustiner-Eremitenordens zu Heidelberg [hält] Luther [eine] Disputation gegen [die] Scholastiker und leise gegen [die] Unfehlbarkeit des Papstes, wobei [anwesend sind] Bucer, Brennius17, Schnepf, Theobald Billican – [diese] verbreiten seine Lehren dann in ihren Kreisen. (Bucer schließt sich gleich darauf an Zwingli und Bullinger an, diese Schweizer Bewegung [entstand] unabhängig von Luther.) [Der] Pfalzgraf Wolfgang, [der] Bruder Ludwigs V. von der Pfalz, schließt sich an Luther an, und der Würzburger Bischof, Lorenz von Bibra, empfiehlt ihn dem Kurfürsten von Sachsen, der jedoch dem Luther zu verstehen gibt, er wolle seinetwegen nicht mit Kaiser und Papst brechen; darauf [folgt ein] demütiges Schreiben Luthers an seinen Diözesan-Bischof und an [den] Papst. [Im] August 1518 schreibt Maximilian18 an [den] Papst19, [er] solle dem Religionslärm [ein] Ende machen, doch warnt er ihn wegen des den deutschen Fürsten und Städten ärgerlichen Ablassskandals; aber schon vorher hatte Leo X. [ein] geistliches Gericht in Rom bestellt, mit [dem] Dominikaner Sylvester Prierias als Fiskal, infolge wovon [am]

7. August 1518 Luther [eine] Vorladung erhielt, in 60 Tagen vor jenem Gericht in Rom zu erscheinen. Jedoch infolge von Maximilians Brief und [dem] Anliegen des Kurfürsten von Sachsen gab Leo X. dem Kardinal Thomas de Vio <(Cajetanus genannt nach seinem Geburtsort Gaeta), der schon vorher auf [den] Reichstag nach Augsburg geschickt [worden war]> [den] Auftrag über ein Verfahren [im]

Oktober mit Luther. (Luther unterdessen hielt [eine] heftige Predigt – [er hat sie] auch gedruckt – gegen [das] Recht des Papstes, [den] Bannfluch auszusprechen.) Luther ward von seinem Kurfürst zum Reichstag nach Augsburg entboten. In Augsburg [hatte Luther] drei Interviews mit Cajetanus (der wollte ihn zum öffentlichen Widerruf laden oder, wo nicht, seine Auslieferung erwirken); der Kurfürst von Sachsen war schon abgereist.

19. Oktober 1518: [Die] Sache ward so bedenklich, dass Luthers Freunde ihn heimlich aus Augsburg fortbringen [wollten]. (Luther [war] aber auf der Hut, [ein] Pferd [wurde] von Staupitz ihm verschafft, [und] ohne Beinkleider und Stiefel [legte] er acht Meilen in einem Ritt [zurück].)

[Im] Januar 1519 starb Maximilian. Kurfürst Friedrich von Sachsen (Luthers Beschützer) [wurde] pro hinc [die] Hauptperson (sobald das Interim [begann]) in Deutschland. Leo X., in eigener Bulle – ohne Luther zu nennen – plädiert Autorität des römischen Stuhles und [des] Ablasses und verflucht die neuesten Gegner. Luther appelliert gegen die Bulle vom Papst und [an ein künftiges] Konzil; kurz vor Luthers Abwesenheit von Wittenberg [war] Philipp Melanchthon dort eingetroffen. Karl von Miltitz (Sachse), [ein] Kämmerer des Papstes, [wurde] von diesem zu [dem] Kurfürsten Friedrich geschickt, um ihm [die] „geweihte goldne Rose" zu überreichen und den Streit beizulegen. Er macht dem Tetzelskandal [ein] Ende (Tetzel stirbt im Jahre 1519 noch) [und] hat in Altenburg [eine] Zusammenkunft mit Luther, den er zu [einem] demütigen Schreiben an [den] Papst bewegte. Er will schweigen, wenn man auch seinen Gegnern Schweigen auferlegt etc.

[Am] 19. Juli 1519 [findet] zu Leipzig <[der] Residenz des fanatischen katholischen Herzogs Georg, [des] Hauptes der herzoglichen Linie von Sachsen> [ein] Disputationsturnier [statt] <zehn Punkte von Eck, dreizehn von Luther aufgestellt. Neben Luther [nehmen auch] Karlstadt und Melanchthon [daran teil]>.

1520: Eck reist nach Rom; auf seinen Betrieb übergibt ihm ganz in der Stille Leo X. [die] Bannfluchbulle20; [sie wurde] eröffnet, ausgefertigt, i. e. [am] 15. Juni 1520, um sie in Deutschland bekanntzumachen <der Eck [ist] verbunden mit dem Leipziger Professor Hieronymus Emser, den Luther gleich nach der Leipziger Disputation grob angegriffen [hat]). (Übrigens [waren] damals nicht nur die meisten Städte (deutsche) des römischen Drucks müde, auch [ein] Teil der deutschen Fürsten. Ein Artikel aus [der] Wahlkapitulation, dem (Oktober 1520) Kaiser Karl auferlegt, lautet: Er verpflichtet [sich], „alles, was der römische Hof bisher gegen die Konkordate der deutschen Nation vorgenommen hätte, abzuschaffen und mit allem Ernst auf ihre genaue Beobachtung zu dringen"21.) Zur Zeit, wo Eck in Rom [weilte], schrieb [der] Kurfürst Friedrich von Sachsen an seinen damals in Rom befindlichen Vasallen Valentin von Teutleben [unter anderem]: „Non esse eum nunc qui olim Germaniae statum, efflorescere bonas artes et litteras et plebejos etiam cognoscendae scripturae desiderip teneri; inde fore, si pontifex nonnisi vi ecclesiasticae potestatis agat et conditionem a Luthero propositam denegato examine doctrinae recuset, nec ex scriptura sacra testimonia et solida argumenta proferantur, ut maximi sint orituri motus, ex quibus ad pontificem nulla sit reditura utilitas."22 Luther erhielt Nachricht von der Bulle, lang bevor sie in Deutschland bekannt ward. Januar 1520: Luthers Brief an Karl V.; er greift auch die Abendmahlslehre an.

Juni 1520: Luther in [seinem Buch] „Vom christlichen Adel deutscher Nation" fordert [die] deutsche Reichsritterschaft auf, [das] Pfaffenjoch abzuwerfen. Ulrich von Hutten [geht weiter, indem er] in seinen Flugschriften drauf [los] predigt: Dreinzuschlagen; aber [der] Mönch Luther [antwortet]: „Es sei nicht sein Wille, dass man mit Gewalt für das Evangelium kämpfe.

1. August 1520: Luther bricht ganz mit dem Papsttum im Buche „Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche". Er hat schon vorher an Spalatin geschrieben: „Ego sic angor ut prope non dubitem Papam esse proprie Antichristum [illum], quem vulgata opinione [expectat] mundus, Adeo conveniunt omnia, quae vivit facit, loquitur, statuit."23

Anfang Oktober 1520: Eck kolportiert seine Bulle in Deutschland <[er] teilt sie sogar den Bischöfen bloß „zur Bekanntmachung" mit; die Bischöfe sehen darin [einen] Eingriff in ihr Recht, nur wenige [von ihnen] machen sie bekannt); [er] schickt sie an den Rektor der Universität von Wittenberg, der von ihr, als nicht offiziell zugesendet, keine Notiz nimmt. <In der Bulle [werden] 41 aus Luthers Schriften ausgezogene Sätze als verwegen, ärgerlich oder ketzerisch verdammt; Luther selbst [wird] darin aufgefordert, in[nerhalb von] 60 Tagen [einen] Widerruf nach Rom zu schicken oder persönlich dahin zu bringen, sonst [sei er] nach Ablauf des Termins in Bann gefallen, und jeder, der ihn schütze, [gehöre zu jenen, die] gebannt [werden] und [den] Verlust aller Würden und Lehen erleiden sollen.) Luther gab seine Predigt „Von der Messe" gedruckt heraus. Darin [hatte er] statt der sieben Sakramente der Kirche nur drei: Taufe, Buße, Abendmahl. Auf Miltitz', der wieder in Deutschland [weilt], Antrieb schreibt Luther noch einmal an [den] Papst, höflich, aber nicht mehr mit der vorigen mönchischen Demut. Er legt diesem Brief bei sein „Büchlein von der christlichen Freiheit". Im selben Monat Oktober 1520 publiziert Luther [seine Schrift] „Gegen die Bulle des Antichrist"; böser [ist] noch Ulrich von Huttens „Der Büllentöter" etc.

[3.] Karl und die Reformation bis zum Schluß des Wormser Reichstags

[Am] 23. Oktober 1520 [war] Karls V. Krönung zu Aachen; [er] schrieb sofort danach [einen] Reichstag zu Worms aus. Als Karl nach Köln kam, erlangte von ihm der päpstliche Nuntius, dass – wie [der] Papst Luthers Bildnis und Schriften in Rom verbrannt [hatte] – selbiges geschah in Mainz, Köln und Löwen.

[Am] 10. Dezember 1520, 9 Uhr morgens, nachdem er durch Anschlag jedermann in Wittenberg eingeladen [hatte], zieht Luther (zu Wittenberg) in Begleitung von Doktoren, Magistern, Studenten vor das Elstertor der Stadt, lässt dort durch einen Magister24 [einen] Scheiterhaufen errichten und anzünden; [es werden das] kanonische Recht, [die] Schriften von Eck und von Emser hineingeworfen; Luther selbst wirft zuletzt die päpstliche Bannbulle25 gegen ihn hinein und sagt: „Weil du den Heiligen des Herrn (meinte er damit „sich", den heiligen Ketzermeister Martinus Luther?) betrübt hast, so betrübe und verzehre dich das ew'ge Feuer!"

[Der] Papst hatte die Kardinäle Aleander und Caraccioli Luthers wegen nach Deutschland gesandt. Karl V. wagte nicht – er brauchte damals sowohl die Freundschaft des Kurfürsten von Sachsen wie die des Papstes –, wie Aleander von ihm verlangte, Luthers Lehre in ganz Deutschland zu verbieten; [er] sicherte auch die Verbrennungsfeuer nur in Belgien und [in] den geistlichen rheinischen Stiften.

Im ganzen Monat November 1520 war Karl V. damals zu Köln, [wo] Verhandlungen zwischen ihm und [dem] Kurfürsten Friedrich [stattfanden]; der Nuntius Aleander und Doktor Eck als Bevollmächtigte des Papstes [verlangten vom Kurfürsten, er] solle die Untersuchung über Luthers Lehre [ihnen] überlassen; indessen [der] Kurfürst pfeift drauf und reist ab nach Hause, dito [reist] Karl [ab, der sich] weiter den Rhein hinauf [begab], und Luther, erfrecht durch [die] Stellung, die sein Landesherr [ein]genommen [hatte], wagte die Szene vom 10. Dezember 1520.

3. Januar 1521: Leo X. erlässt [eine] neue Bannbulle nicht nur gegen Luther, sondern [gegen] jeden, der ihn schützen werde, also auch [gegen] die reformfreundlichen deutschen Fürsten; diese [werden] jetzt förmlich für Ketzer erklärt, da sie nicht widerriefen innerhalb des durch die erste Bulle gesetzten Termins. <In [der] Schrift gegen die Verdammungsbulle [wird] Luther heftig, [hier] sagt dieser u. a.: „Alle Artikel des Johann Hus, die man zu Costnitz verdammt, sind ganz christlich, und ich bekenne, dass der Papst hier mit den Seinen als ein rechter Antichrist gehandelt, das heilige Evangelium mit Johann Hus verdammt und an seine Statt des höllischen Drachen Lehre gesetzt hat."26>

<In [der] Schrift gegen Ambrosius Katharinus, [den] späteren Bischof von Kosenza, der den von Prierias begonnenen Kampf für [das] Papsttum fortgesetzt [hat,] beweist Luther ([der] dickköpfige fanatische Mönch), daß das in der Bibel beschriebene Reich des Antichrist buchstäblich das Papsttum meine.) Karl V., der dies schon früher verlangte, besteht nun auf Luthers Erscheinen vor [dem] Wormser Reichstag.

Von Mai 1520 bis April 1521 [werden] alle diese stets rücksichtsloseren Attacken Luthers aufs Papsttum auf [dem] Wormser Reichstag [behandelt] . Aleander und Johannes von Eck (Kanzler oder Vikarius des Erzbischofs von Trier, nicht zu verwechseln mit dem Disputanten Eck) [wurden] gewählt, um Luther über den rechten Glauben zu verhören.

(Damals [wurde] im Nordosten von Deutschland bis Livland, Kurland, Preußen die lutherische Lehre freudevoll begrüßt als Säkularisationsmittel von bis dahin nur auf Lebenszeit besessenen Großmeisterschaften, Kommanderien und Landgütern. Kurfürst Friedrich von Sachsen, [der] Schützer Luthers, und sein trunksüchtiger Nachfolger verehrten den Augustinermönch als Messias; Ludwig V. von der Pfalz und Philipp, Landgraf von Hessen, [waren] auf dem Sprung, sich für ihn zu erklären. Karl wollte es weder mit diesen Reichsfürsten noch mit [dem] Papst verderben. [Dem] letzteren27 war [es] sogar sehr nützlich, mit Deutschland zu schrecken, da [der] Papst noch zwischen ihm und Franz I. schwankte (mit Bezug auf die italienischen Angelegenheiten). Als später [die] Fürsten und [die] Aristokraten in Deutschland das Luthertum ausbreiten, wie die Demokratie in Böhmen es mit dem Hussitentum getan [hat, da] wird Karl aus politischen Gründen [ein] ebenso heftiger Verfolger des Luthertums wie der Papst.)

6. März 1521: Luther [wird] „höflich" vorgeladen durch [den] kaiserlichen Herold Kaspar Storm, binnen drei Wochen in Worms zu erscheinen. (Gleichzeitig rückte [der] Papst Luther und alle seine Wohlwoller namentlich ein in die jährlich verlesene Bulle „In coena domini28, wobei Luther im folgenden Jahr [ihn] gröblich vermöbelt in [einer] Druckschrift.29)

[Am] 16. April 1521 zieht Luther in [einem] mit Leinwand bedeckten Bauernwagen in Worms ein.

[Am] 17. April führt ihn [der] Reichserbmarschall Utzen oder Ulrich von Pappenheim in die Reichsversammlung ein; Luther erscheint dort in seiner „päpstlichen" Mönchsuniform (vorher waren schon von dem Ausschuss des Reichstags Karl V. 101 Beschwerden gegen [den] Papst übergeben [worden]). Luthers Rede vor [dem] Reichstag endend:

Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, amen!" (Sogar Herzog Georg von Sachsen erklärte [eine] Kirchenreform für nötig, dito dessen in Freiberg residierender Bruder Heinrich, der [aber] erst 1523 zu reformieren wagte.) [Am] 26. April 1521 reist Luther von Worms ab; unterwegs, nach Verabredung mit [dem] Kurfürsten Friedrich, [wurde er] von verkappten Reisigen am

4. Mai 1521 auf unbekannten Wegen nach der Wartburg bei Eisenach gebracht, wo sein Aufenthalt geheimgehalten [wird]; [er] übersetzt dort die Bibel ins Deutsche. Karl, der nun seinen Krieg in Italien begann, wozu er [den] Papst braucht, lässt, nachdem [der] Kurfürst von Sachsen, Philipp von Hessen [und] die meisten andren Glieder des Reichstags Worms längst verlassen [haben, am]

26. Mai 1521 auf [dem] Reichstag zu Worms [die] Achterklärung wider Luther und alle seine Anhänger [fällen]. (Karl ließ die Acht vom 8. Mai datieren, damit sie mit Zustimmung aller Reichsstände gefällt erschien); selbige [Achterklärung wurde] stilisiert und motiviert durch Aleander, den ehemaligen Sekretär des Cäsar Borgia! U. a. [heißt es] darin: „Illum unum (nämlich Lutherum) non ut hominem sed ut diabolum ipsum sub hominis specie ad perniciem generis [humanis] assumta monachi cuculla, [quam] plurimorumhaereticorum damnatissimas haereses jam diu sepultas in unam sentinam congesisse, aliquas etiam de suo excogitasse etc."30 Auf dem Reichstag zu Worms [war] Luthers Affäre Nebensache; [die] Hauptsache [war, zu] beraten vom

3. Januar bis Mai 1521 [die Frage des] Reichsregiments und [des] Reichskammergerichts. Karl V. ändert die aristokratische Senatsverfassung, die das Reichsregiment unter Maximilian erhalten [hatte]; der Regiments-Rat und sein Präsident [wurden] aus „Königlicher und des Reichs Rat" umgetauft [in] „Kaiserlicher Majestät Rat im Reich", [die] Statthalter und Räte schwuren nur noch [dem] Kaiser allein (vorher: auch dem Reich); die Zahl der Beisitzer [wurde auf] 22 [erhöht], der Kaiser als solcher und [als] Erzherzog von Östreich soll davon vier ernennen, jeder der sechs Kurfürsten einen, die übrigen Fürsten, Grafen, Prälaten vier, [die] acht im Reichsabschied genannten Städte zwei, die sechs alten Reichskreise sechs; [der] Sitz des Reichsregiments [soll], wenn [der] Kaiser nach Deutschland komme, jedes Mal in einer von ihm zu bestimmenden Stadt [sein, jedoch] nicht nördlicher als Köln [und] nicht südlicher als Augsburg. Das Reichsregiment [ist] bevollmächtigt, in allen Reichsangelegenheiten, wegen Frieden und Recht, zu entscheiden, dito von „wegen der Aufrechterhaltung des christlichen Glaubens". [Dem] Kaiser [sind] vorbehalten: wichtige Staats- und Justizsachen, Fahnenlehen, keine auswärtigen Bündnisse [dürfen] ohne dessen Zustimmung [geschlossen werden].

[Das] Reichskammergericht [wurde] konsolidiert; [es] erhielt zwei Räte mehr; [die] westfälischen oder Femegerichte blieben bestehen; [der] Kurfürst von Köln hat [die] Aufsicht über sie [und hat] über sie zu berichten; ewiger Landfriede [wurde] aufs neue verkündet [und der] Schwäbische Bund auf elf Jahre verlängert. Verordnet [wurde auch die] Vorlegung von [einem] Entwurf [eines] deutschen Kriminalgesetzbuches, [welches] später veröffentlicht [wurde] als peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V.

28. April 1521: (Damals [war das] Erstgeburtsrecht der östreichischen Besitzungen im deutschen Reich noch nicht eingeführt.) (Auf dem Wormser Reichstag [wurden gleichfalls] geordnet Karls östreichische Familienangelegenheiten.) Karl V. überlässt seinem Bruder Ferdinand Ober- und Nieder Östreich, Steiermark, Kärnten, Krain; [er] behält sich vor die vorderöstreichischen Länder in Schwaben und Elsass, Tirol, Istrien, Friaul, das Land Triest und Gradisca.

Februar 1522: Karl erhält die Niederlande und das ganze Erbe seines Vaters Philipp, [er] gibt Ferdinand auch noch Tirol und den Landstrich in Schwaben, (Württemberg für immer, die Landvogtei im Elsass auf Lebenszeit).

1540 erhielt Ferdinand alle deutschen Besitzungen erblich.

1 Das heißt der Familie Maximilians. Die Red.

2 „Goldene Bulle" (Aurea bulla) – ein 1356 vom Kaiser Karl IV. (1346–1378) beschworenes Dokument, in dem er die volle politische Selbständigkeit der Kurfürsten anerkannte und auf jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten dieser Fürsten verzichtete. Die Bulle bestätigte den Kurfürsten das Recht, den Kaiser zu wählen, legalisierte den Privatkrieg und verbot den Vasallen, Krieg gegen ihren Lehnsherrn zu führen.

3 Siehe „Les mémoires de Fleurange" (Histoire des choses mémorables advenues du reigne de Louis XII. et François I....), enthalten in „Nouvelle collection des mémoires pour servir a l'histoire de France, depuis le XIII- siècle jusqu'à la fin du XVIII", par MM. Michaud et Poujoulat, première série, tome V, Paris 1838. S. 60/61.

4 Die Obersetzung lautet: Sagt ihm, ... dass die großen Fürsten (...) ihn betrügen werden („Les mémoires de Fleurange", S. 61).

5 Heilige Hermandad — eine Ende des 15. Jahrhunderts in Spanien entstandene Verbindung der Städte, die sich die Sicherung des Landfriedens, die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung und somit den Kampf gegen alle Erscheinungen der Zügellosigkeit der, spanischen Feudalherren zur Aufgabe machte. Die Hermandad war also ein Instrument in den Händen der Städte gegen die Macht der Feudalherren.

6 Marx meint offensichtlich die gewaltsame Verteidigung der bürgerlichen Ordnung gegenüber der feudalen. Die Red.

7 Das heißt Heinrich von Lüneburg. Die Red.

8 Siehe Christian Friderich Sattler, „Geschichte des Herzogthums Würtenberg unter der Regierung der Herzogen", 1. Teil, Tübingen 1769, Beilage 67

9 Ulrich von Württemberg hatte bis 1512 dem Schwäbischen Bund angehört. Die Red.

10 Siehe Christian Friderich Sattler, „Geschichte des Herzogthums Würtenberg unter der Regierung der Herzogen", 1. Teil, Tübingen 1769, Beilage 103: „Herzog Ulrichs gedruckte Verantwortung gegen das unter dem Kayserlichen Namen wider ihn auf dem Reichstag zu Maynz ausgegebene Ausschreiben, d. d. 8. Januar 1519", S. 263—272.

11 Im Manuskript irrtümlich: Franz. Die Red.

12 Das heißt die Sabina. Die Red.

13 Gemeint sind die Schriften, die Ulrich von Hutten in der Sache seines Hauses wider Ulrich von Württemberg wegen der Ermordung seines Vetters Hans von Hutten in den Jahren 1515-1517 verfasst hat.

14 Von Schlosser nicht wörtlich zitiert. Der Originaltext lautet: „...damit uns das berürt Fürstenthumb Wirtenberg und all ander des gedachten Vlrich erorbert Lande und auch desselben Kinder in bewar zu behalten zugestelt und gesprochen werden und dagegen den vorgenanten Pundstend für ir anzal leidlich und zimlich betzalung von unsern wegen zuuersprechen zuzusagen und zuuerschreiben..." Siehe Christian Friderich Sattler, „Geschichte des Herzogthums Würtenberg unter der Regierung der Herzogen", 2. Teil, Tübingen 1770, Beilage 42: „Gewalt K. Carls V. auf seine Commissarien auf den Bundstag wegen Bezahlung der auf die Eroberung des Fürstenthums Würtenberg ergangner Unkosten und Ueberlassung an das Erz-Hauß Oesterreich, d. d. 4. Okt. 1519", S. 79/80.

15 Semipelagianismus — die Lehre der Anhänger des Johannes Cassianus, die, im 5. Jahrhundert entstanden, vermittelnd zwischen den Augustinern und Pelagianern auftraten. Daher wurden sie Semipelagianer, halbe Pelagianer, genannt.

16 Pelagianer — Anhänger einer Anfang des 5. Jahrhunderts entstandenen und als ketzerisch verurteilten religiösen Gruppierung, die die Lehre des Kirchenheiligen Augustinus (353-430) von der Erbsünde und der Prädestination (Vorherbestimmung) bekämpften und lehrten, dass die Menschen aus sich heraus die Kraft zur Erlangung der Seligkeit aufzubringen vermögen. Der Lehrer dieser religiösen Gruppierung war der britische Mönch Pelagius (gest. nach 418).

17 So bei Schlosser; gemeint ist Brenz. Die Red.

18Im Manuskript: Karl V. Die Red.

19 Siehe „Ulrici Hutteni Opera" [Ulrich von Huttens Schriften], herausgegeben von E. Böcking, V. Bd., Leipzig 1861, S. 246. 307

20 i. e. die Bannandrohungsbulle. Die Red.

21 Die von Karl V. am 23. Oktober 1520 beschworene Wahlkapitulation ist vom 3. Juli 1519 datiert. Die Schlossersche Zitierung ist ungenau. Die Stelle lautet im Original: „16. Und als über und wider concordata Principum, auch auffgerichte Vertrag zwischen der Kirchen / Päbstlicher Heiligkeit oder dem Stul zu Rom und Teutscher Nation, mit unsäglichen Gratien, Rescripten, Annaten der Stifft / so täglich mit Mannigfältigung und Erhöhung der Officien am Rom. Hof / auch Reservation, Dispensation, und in ander Weg / zu Abbruch der Stifft, Geistlichkeit, und andern gegebenen Freyheiten, darzu zu Nachtheil Juris patronatus, und der Lehen-Herren / stetigs und ohne Unterlaß öffentlich gehandelt / derhalben auch unleidlich und verbotten Gesellschafften und Contract, oder Bündnuß (als wir bericht) fürgenommen und auffgericht werden: Das sollen und wollen wir / mit ihr der Churfürsten, Fürsten und anderer Stand Rath, bey unserm H. Vatter dem Pabst, und Stul zu Rom, unsers besten Vermögens abwenden und fürkommen, auch darob und daran seyn / daß die vorgemeldten concordata Principum, und auffgerichte Vertrag, auch Privilegia und Freyheiten, gehalten / gehandhabt, denen festiglich gelebt und nachkommen werde." Zitiert nach Johann Christian Lünig, „Des Teutschen Reichs-Archivs Partis Generalis Continuatio I", 2. Buch,Leipzig 1713, S.335; auch enthalten in: „Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit." Bearbeitet von Karl Zeumer. Zweite Auflage, Tübingen 1913, Zweiter Teil, S. 311.

22 Siehe V. L. Seckendorf, „Commentarius historicus et Apologeticus de Lutheranismo..." [Historischer und apologetischer Kommentar über das Luthertum], Lipsiae MDCXCIV, Lib. I, Sect. 27, § LXIX, S. 101. Die Übersetzung lautet: Heute sind diese Verhältnisse in Deutschland nicht wie einst, die schönen Künste und Wissenschaften blühen, auch die Plebejer sind begierig nach der Kenntnis der Schrift, wenn indessen der Papst nur mit der Macht der kirchlichen Gewalt vorgeht und die von Luther vorgebrachten Lehren nachdrücklich in Abrede stellt, weder aus der Heiligen Schrift Zeugnisse noch feste Argumente herbeibringt, so würden große Unruhen entstehen, aus denen es zum Papsttum keine Rückkehr mit Nutzen geben wird.

23 Siehe Luthers Schreiben an Spalatin vom 24. Februar 1520 (Weimarer Ausgabe, Briefwechsel 2, S. 48/49). Die Übersetzung lautet: Ich fürchte, dass fast ohne Zweifel der Papst der Antichrist ist, den alle Welt erwartet. Hierher kommt alles, was lebt, handelt, spricht, beschließt.

24 Im Manuskript: Magistrat. Die Red.

25 i. e. die eigentliche Bannbulle. Die Red.

26 Siehe „Grund vnnd vrsach aller Artickel D. Mart. Luther, szo durch Romische Bulle unrechtlich vordampt seyn", 1521 (Weimarer Ausgabe 7, S.430).

27 Das heißt dem Karl V. Die Red.

28 „Bulla in coena domini" [Abendmahlsbulle] — die an jedem Gründonnerstag in Rom verlesene Bulle Urbans V. vom Jahre 1364, die Ketzer und alle, die ihnen Beistand leisteten, verfluchte.

29 Gemeint ist die „Bulla coena domini, das ist die bulla vom Abentfressen des allerheyligsten hern, des Bapsts..." (Weimarer Ausgabe, Briefwechsel 2, S. 691-720).

30 Siehe V. L. Seckendorf, „Commentarius historicus et Apologeticus de Lutheranismo..." [Historischer und apologetischer Kommentar über das Luthertum]. Lipsiae MDCXCIV, Lib. I, Sect. 43, S. 158. Die Übersetzung lautet: ...dieser Eine, nicht ein Mensch, sondern als der böse Feind in Gestalt eines Menschen [hat] mit angenommener Mönchskutte, vieler Ketzer aufs höchste verdammte Ketzereien, die lange Zeit verborgen geblieben sind, in eine stinkende Pfütze zusammen versammelt und selber etliche von Neuem erdacht etc. (Nach der „Neuen Propyläen-Weltgeschichte", Bd. 3, Berlin 1941.)

Der zeitgenössische offizielle Text lautet: „...hat diser eniger nit ein mensch / sund als der böß feint / in gestalt eins meschen / mit angenomner münchs kutte / mancher ketzer vff dz höchst verdäpter ketzereie / die lange zeit vborge belibe sein in ein stinckede phütze zusame vsamlet vn selbs eilich vo nüwem erdacht" (ebendort).

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