VIII. Deutsche Zustände kurz vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges

[VIII.] Deutsche Zustände kurz vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges

a) Herzog Maximilian von Bayern und [die] Stadt Donauwörth

[Die] Brüder des Kaisers Rudolf II. [sind] alle Schwachköpfe (auch der Erzherzog Albrecht). Aber mehr Mann [ist] der spätere Ferdinand II., Sohn von Rudolfs II. Oheim Karl, der Herrscher von Steiermark, Kärnten, Krain und Garz; [er betrachtete als] seine Hauptaufgabe [die] Ausrottung der protestantischen Religion; [das] gelang ihm in seinen Erbprovinzen. [Von diesem Gedanken war auch erfüllt] sein Vetter und Studiengenosse Maximilian I. (von Bayern), Sohn des Herzogs Wilhelm V. von Bayern (Bruder von Ferdinands Mutter Maria, [der] Frau des Maximilian II., [des] Kaisers).

In Bayern [war] schon unter Albrecht V. (Vater des Wilhelm V., Großvater von Maximilian) die Einheit des in mehrere Linien getrennten Wittelsbacher Hauses hergestellt worden. <See: Wolfs und Breyers Geschichte des Kurfürsten Maximilian I.> Die Jesuiten herrschten unter Albrecht V.; [sie] verjagten seit 1571 durch [eine] sogenannte Landesvisitation alle ihnen verdächtigen Schulmeister und Geistlichen außer Landes; sogar Grammatiken aus protestantischen Druckereien [wurden] nicht geduldet, den Klostergeistlichen der Besitz der griechischen und römischen Klassiker verboten. Unter seinem Sohn Wilhelm V. [wurde] die Jesuitenwirtschaft noch ärger; [er] tritt mit Schulden [die] Regierung an und vermehrt sie noch [und] war schon in seiner Art ein „König Ludwig von Bayerland". Seine Schwester Maria war mit dem Erzherzog Karl von Steiermark vermählt; er bringt's daher fertig, in Verbindung mit Karls Hofprediger und Beichtvater (Karls Residenz war Grätz), dem Jesuiten Johannes, den in Steiermark damals noch verbreiteten Protestantismus auszurotten. Sein Sohn Maximilian studierte in Ingolstadt (Jesuitenuniversität), wohin 1590 auch sein Vetter Ferdinand von Steiermark kam. 1598 bringt es Maximilian I. dahin, dass sein über die Ohren verschuldeter Vater Wilhelm V. ihm die Regierung abtritt gegen [ein] geringes Jahrgeld. Max, damals 25 Jahre [alt], bringt [die] Finanzen in Ordnung, schafft [eine] Miliz unter den Bauern, regiert als patriarchischer Bürokrat, emanzipiert sich von den Landständen, die er während seiner 53jährigen Regierung im Anfang nur zweimal berief, nachher gar nicht mehr. Damals [waren] an [der] Tagesordnung [die] Reichshofratsprozesse, die unter Rudolf II. [von den Jesuiten benutzt wurden], indem die Gerichte den Religionszwist [der] unter sich entzweiten Bürger der freien Städte stets für die Katholiken entschieden, worauf die Protestanten dann sich tatsächlich der Urteilsausführung widersetzen. In den freien Städten – und das diente dem Maximilian I. und Ferdinand II. zur Vertilgung der Protestanten [war] daher beständiger Streit, Zank, Prozess und Aufstand, so in der Donauwörth-Affäre.

1266 [war] Donauwörth von Konradin versetzt [worden] an seinen Oheim Ludwig den Strengen von Bayern, [war] dann bayrische Landstadt [gewesen und] wurde

1348 vom Kaiser Karl IV. zur freien Reichsstadt erhoben [und]

1376 für 60.000 Dukaten von Karl IV. an die drei Söhne des Herzogs Stephan des Älteren [von Bayern] verpfändet,

1434 nahm Kaiser Siegmund die Stadt dem Herzog Ludwig dem Bärtigen wieder ab und verkauft ihr aufs neue die Reichsfreiheit.

1458: Herzog Ludwig der Reiche von Bayern-Landshut, durch [seine] Verbindung mit Friedrich dem Siegreichen von der Pfalz dazu befähigt, besetzt [die Stadt] Donauwörth wieder, bis sie ihm das einst für sie gegebene Geld zurückerstattet. Hence der sogenannte pfälzisch-bayrische Krieg.

[Im] August 1463 findet sich Ludwig von Bayern-Landshut ab mit Albrecht Achilles von Brandenburg, den ihm der Kaiser auf den Hals gehetzt [hat; er] gibt die Reichsstadt Donauwörth wieder heraus, verzichtet auch auf die 75000 Gulden, wofür sie seinen Vorfahren verpfändet [worden war].

Seit 1546 [ist die] Mehrzahl der Bürger im Magistrat lutherisch in Donauwörth; [sie] nehmen die Kathedrale als lutherische Kirche in Anspruch; [die] Religionsübung der katholischen Minderzahl [wird] auf den Bezirk und die Kirche des Benediktinerklosters zum heiligen Kreuz, am äußersten Ende der Stadt gelegen, beschränkt. Prozessionen etc. [werden] den Katholiken nicht in der Stadt gestattet.

1580 maßt sich [der] Bischof Marquard von Augsburg die seit alten Zeiten von der Stadt ausgeübte Schutz- und Schirmgerechtigkeit über das Kloster an wie [auch] deren weltliche Gerichtsbarkeit über den Abt und seine Angehörigen; [er] verleiht dem Abt sogar Pfarrgerechtsamkeiten in der Stadt. Dem widersetzt sich die Stadt, und [der] Abt beruhigt sich; aber mit [dem] Regierungsantritt des Maximilian 1598 ließ Abt Christoph [eine] glänzende Prozession mit der Monstranz, mit Lichtern und fliegenden Fahnen halten. [Die] Sache ruht wieder, bis [im]

Mai 1605 Bischof Heinrich von Augsburg und Abt Leonhard absichtlich neuen Lärm veranlassen; Leonhard, ohne Befragung des Magistrats, hielt [die] Prozession auf [eine] besonders lärmende Art; [der] Magistrat schickt einige [seiner] Mitglieder mit [dem] Amtmann, um zu protestieren. Darauf wandten sich [der] Bischof von Augsburg und [der] Abt Leonhard nach Prag an den Reichshofrat; [sie] klagen wegen Landfriedensbruchs und Religionsbedrückung.

Oktober 1605: [Der] Reichshofrat ladet Bürgermeister und Rat vor, binnen 36 Tagen zur Verantwortung zu erscheinen; daneben [verlangt ein] drohendes Mandat des Reichshofrats – bei Strafe der Acht –, den Abt nicht an Prozessionen etc. zu hindern.

Ende Februar 1606 teilt [der] Abt dem Rat das Mandat mit; zugleich benutzt er [ein] Begräbnis zum feierlichen Erscheinen in der Straße; [der] Magistrat begnügt sich mit [einem] Protest, worauf ihm [der] Reichshofrat antwortet, bis zur ausgemachten Sache keine Gewalt zu brauchen.

[Am] 11. April 1606 veranstaltet [der] Abt [eine] neue Prozession, wobei [der] „Pöbel" diese am Zug durch die Stadt verhindert, [sie] verhöhnt etc.; [der] Magistrat wendet sich an [die im]

Mai 1606 gehaltene Versammlung der protestantischen Reichsstädte zu Worms; diese billigen die protestantischen Donauwörther etc.; [der] Bischof von Augsburg erwirkt [dagegen] durch den Grafen Fugger, der dem Rudolf II. oft pumpt, [im]

September 1606 [eine] neue Vorladung der Stadt und [ein] furchtbares Mandat gegen sie durch [den] Reichshofgerichtsrat; [im]

Dezember 1606 [wird eine] vergebliche Antwort der Donauwörther [auf die Vorladung und das Mandat] an Rudolf II. [geschickt].

1. März 1607: In [einem] Dekret Rudolfs II. [wird] endlich dem Maximilian I. von Bayern „als dem nächst gesessenen ansehnlichen Fürsten des Reichs" aufgetragen, „sein Ansehen zu verwenden, um die Katholischen vor weiterem Spott und Schaden in Ausübung ihres Gottesdienstes zu schützen"1.

16. März 1607: [Ein] kaiserliches Schreiben an Maximilian I. drückt [die] Überzeugung aus, dass die unter sich (theologisch) keifenden protestantischen Stände es auch diesmal beim Schreiben würden bewenden lassen, bis die Religionsfreiheit unterdrückt sei.

23. April 1607: [In Anbetracht der Tatsache, dass] der Abt (im Einverständnis mit Max) [eine] neue Prozession halten will, schickt Maximilian I. zwei seiner Beamten als kaiserliche Kommissäre, sogenannte Subdelegaten, in die Stadt, und [der] Magistrat wollte die Prozession unter Protest ziehen lassen.

[Am] 26. April 1607 soll die Prozession stattfinden; aber [die] Bürger [sind] auf [dem] Markt versammelt, bewaffnet etc.; [die] Kommissäre müssen unverrichteter Sache abziehen. [Der] Magistrat Briefe schreibend wendet sich an viele protestantische Fürsten und an [den] Kaiser. Maximilian [ist bestrebt], durch Geschenke an [den] Vizekanzler, [den] Reichshofrat etc. ||zu erreichen, dass die Stadt||2 der Anwendung von Gewalt preisgegeben werde.

[Im] Mai 1607 ||hatte der alte||3 Pfalzgraf Philipp Ludwig von Neuburg [eine] Zusammenkunft nach Nördlingen [berufen; er] besetzte den Schellenberg bei Donauwörth, und auch [der] Herzog von Württemberg rüstet.

Juni 1607: Die dadurch beunruhigten Reichshofräte mahnen Maximilian zur Vorsicht, aber von diesem [werden] die kaiserlichen Räte bestochen, [und am]

3. August 1607 sprechen [sie die] Achtssentenz über Donauwörth aus und beauftragen Maximilian mit [der] Exekution. – Weiteres Hin- und Herintrigieren des Maximilian durch Sendung von Kommissären nach Donauwörth und Scheinverhandlungen mit [dem] Magistrat [folgen].

4. September 1607: Maximilian I. schickt vier Kommissäre nach Donauwörth; [der] Magistrat gibt in allem nach; dagegen [ist das] Bürgerkollegium der Siebziger, [das] von der ganzen Bürgerschaft unterstützt [wird]; nach [der] Abreise der Subdelegaten [kommt es zu einem] förmlichen Pöbelaufstand; [der] Abt Leonhard und seine Halunken, [die] Mönche, flüchten zu Maximilian I. Wieder [werden] Kommissäre, Geistliche, [geschickt], denen die Masse nicht erlaubt, etwas auszurichten etc.

10. November 1607: Die Donauwörther [werden] zum Nichtfügen verleitet durch [das] Erscheinen von [einem] pfalz-neuburger Advokaten, der die Bürger zum Ausharren ermuntert [und] Hilfe von Ulm und andren Städten zusichert,

12. November 1607: Maximilian I. ließ die Achtserklärung gegen Donauwörth verkünden; [er] schickt [ein] Heer mit starken Geschützen unter Alexander von Haslang, [der] vorher einer der Subdelegaten [gewesen war]; dem bayrischen Heer folgen auf [dem] Fuße vier Jesuiten und zwei Barfüßermönche; bald [blieben] nur noch die ärmsten Bürger in der Stadt übrig; aber 300 Bayern blieben dort, weil Maximilian die Stadt besetzt hielt, angeblich zur Zahlung der Exekutionskosten; diese [waren] so berechnet, dass sie nie entrichtet werden konnten; [das war ein] mongolisches Verfahren mit der Religion und dem Eigentum der Bürger, deren Stadt aus [einer] protestantischen freien Reichsstadt so verwandelt [wurde] in [eine] katholische bayrische Landstadt.

Infolge dieser Donauwörther Affäre [begibt sich folgendes]:

[Am] 4. Mai 1608 zu Ahausen, [in einem] ehemaligen fränkischen Kloster im Ansbachschen, versammeln Friedrich IV. von der Pfalz und Christian von Anhalt eine Anzahl meist calvinistischer Fürsten und [Vertreter der] Städte, wo unter anderen auch die beiden Markgrafen von Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Kulmbach Joachim Ernst und Christian, [der] Pfalzgraf Philipp Ludwig von Neuburg [und der] Herzog Johann Friedrich von Württemberg [anwesend sind; sie] schlossen auf zehn Jahre [einen] Verteidigungsbund – die sogenannte protestantische Union – [und] verabredeten [die] Aufstellung eines gemeinschaftlichen Heeres und [die] Errichtung von [einer] Bundeskasse. [Der] Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz [wurde] zum Direktor des Bundes ernannt. Auf zwei andren Bundesversammlungen zu Hall in Schwaben und zu Rothenburg an der Tauber [wurden] Festsetzungen bezüglich diplomatischer Verbindungen mit andren protestantischen Mächten [und bezüglich der] Heeresordnung [getroffen] ; ebenso [wurden] Bundesämter errichtet. Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach wird Direktor außerhalb der Länder der Alliierten mit [einem] Monatsgehalt von 6000 Gulden; Christian von Anhalt [ist] Generalleutnant des Bundes während des zu führenden Kriegs und Markgraf Georg Friedrich von Baden General der Reiterei, beide ebenfalls mit Gehalt. Straßburg, Ulm und Nürnberg treten dem Bund bei, nachher auch Landgraf Moritz von Hessen und der neue Kurfürst von Brandenburg, Johann Siegmund. Unmittelbarer Anlass [zur Gründung] der Union [war das Streben nach der] Wiederherstellung der Reichsstadt Donauwörth (alles ruhte auf der Hoffnung: Heinrich IV.).

1608: Auf [dem] Regensburger Reichstag [wurden] die deutschen Reichsstände versammelt von Ferdinand II. von Steiermark im Namen des blödsinnigen Rudolf II. (Kaiser) zur Türkenhilfe. [Die] Protestanten daselbst klagen gegen die Exekutionen von Donauwörth; dito, dass Rudolf Sachen, die vor [das] Reichskammergericht gehören, an [den] Reichshofrat weise. Sie gehen nicht auf die kaiserlichen Vorschläge ein und wollen Ferdinand, den Protestantenverfolger, nicht als Repräsentanten des Kaisers gelten lassen.

Maximilian I. (von Bayern) tat seit 1608 Schritte zur Bildung eines katholischen Gegenbundes wider die „Union", die ja in first instance der Stadt Donauwörth galt. Er hatte Finanzen und [ein] stehendes Heer: Seine Soldaten [hatte er] nicht geworben, sondern „ausgehoben"; die Untertanen, die dabei nicht in Anspruch genommen [wurden], entrichteten die Steuern, woraus der Soldatensold bestritten [wurde]; er selbst zahlte nur selten aus seinem Schatz. Das Heer sollte nach den Grundsätzen [des] in Italien gebildeten Militärsystems eingerichtet werden. Der erst von ihm dazu gewählte kaiserliche General Hermann Roßwurm, durch [seine] Taten im ungarischen und türkischen Krieg berühmt [geworden, wurde] bald nach seiner Erwählung auf Befehl Rudolfs II. hingerichtet, angeblich weil er den Grafen Belgiojoso auf offener Straße niedergestoßen hatte, in Wirklichkeit aber, weil Rudolfs II. Kammerdiener, der getaufte Jud Lang, sein Feind war. Maximilian I. nahm nun den kaiserlichen Feldmarschall Johann Tzerklas, Freiherrn von Tilly, der damals schon in Rudolfs Diensten gegrausamt [hatte, in den Dienst] gegen [die] Protestanten; dieser wurde Generalleutnant von Maximilians ganzem, neu zu organisierendem Heer. Neben ihm [standen] Engelbert Benighausen und Thimon Lindelo als Obersten der Reiterei. [Das] Geschützwesen [wurde] eingerichtet durch Alexander Groote. Maximilian suchte seinen Gegenbund – später „Liga" genannt – so einzurichten, dass er das Geld der kleinen Städte und der geistlichen Herrn, die sich an ihn anschlossen, für sein Heer gebrauchen konnte. Es war ihm unlieb, als mächtigere Fürsten dem Bund beitraten.

b) Sachsen am Ende des 16. Jahrhunderts

1553–1586: August I., Kurfürst von Sachsen (genannt der Fromme – Bruder des Moritz), [ein] Hund von Lutheraner, hart und grausam, [trat denen, die die] Konkordienformel [nicht anerkennen wollten], hetzend und [sie] verfolgend [entgegen; er zeichnete sich aus durch] sein Wüten gegen „Calvinisten" und Krypto-Calvinisten oder aber [wie man sie auch nannte] „Philippisten" <so genannt nach Philipp Melanchthon, der auch als Ketzer galt>.

1560: [Die] Konkordienformel [wurde] fabriziert von Wittenberger und Heidelberger lutherischen Ochsen.

[Im] Mai 1574 verlangt August von den in Forgau versammelten Ständen, sie möchten den geheimen Rat Cracau, den Leibarzt Peucer, den Kirchenrat Stößer und den Hofprediger Schütz, die er hatte verhaften lassen, bestrafen, „weil dieselben übel an ihm gehandelt und sich unterstanden [hätten], in sein Land und Leute eine falsche Lehre einzuschieben"4. Wer nicht mit den polternden Stinklutheranern, den Doktoren Andrea, Chemnitz, Seinecker et Co., [war, den begann man als] Teufelskind fortzujagen [oder gar] zu vertilgen.

1580: In Bergen bei Magdeburg bringen Andrea und Chemnitz die Konkordienformel zum Abschluss: [Das] Luthertum wird neues Papsttum; Sachsen [steht] daher seit jener Zeit stets den Katholiken näher als den Reformierten. Damals [gab es] noch [einen] Gegensatz in Sachsen gegen das unfehlbare Dresdner Oberkonsistorium, wie das (1580) bei Auflösung des Meißenschen Konsistoriums erlassene Edikt beweist (of p. 52)5. Unter Augusts I. Nachfolger, [dem von]

1587–1591 [regierenden] Christian I. (dessen Schwager, der reformierte Pfalzgraf Johann Kasimir, hatte den Kanzler Krell von der unpolitischen Richtung der lutherischen Ochsen überzeugt), sucht [der] Kanzler Krell die Feindschaft zwischen Lutheranern und Reformisten zu lindern.

1587: Die Verpflichtung der theologischen Professoren auf die Konkordienformel [wird] aufgehoben; nur die Augsburgsche Konfession nebst Luthers und Melanchthons Erklärung derselben sollen verbindlich sein. Allen Kirchen- und Schuldienern wird dasselbe geboten; [das] Zanken und Polemisieren auf [der] Kanzel hat aufzuhören. Zwei Freunde von Calvins Lehre, die Hofprediger Salmulk und Steinbach, [werden] beauftragt, der erste eine Bibel mit Anmerkungen herauszugeben, der zweite [einen neuen] Katechismus zu verfertigen. [Die] Lehren [dieses Katechismus waren] in Sachsen schon anstößig. [Das] Verbot aber an die Pfarrer, bei der Taufe zu „exorzisieren" und den Teufel auszutreiben, bringt das ganze Land, endlich [auch] die Ritterschaft in Wut gegen Krell, dessen Freunde ihre Gegner, die Altlutheraner, hier und da zudem verfolgten.

1591: [Nach Christians I. Tod folgte] Christian II. (Sohn des Christian I., minderjährig). [Er stand] unter [der] Vormundschaft des Kurfürsten Johann Georg von Brandenburg (dies nur nominell) und [des] Herzogs Friedrich Wilhelm von Weimar, der den Vorteil und die Administration erhielt. Lutherische Reaktion.

Oktober 1591: [Der] Ausschuss der Ritterschaft, versammelt in Dresden bei [dem] Leichenbegängnis des Christian I., verlangt vom Administrator – und dies [wird] unterstützt von der frommen Megäre, Christians I. Witwe –, den Kanzler Krell verhaften zu lassen, weil er „in Verdacht" [stehe], „die wichtigen Veränderungen in der Religion und Kirchenverfassung" [während der Regierung Christians I.] unterstützt zu haben.

[Am] 23. Oktober 1591 [wird] Krell verhaftet.

[Am] 18. November 1591 [werden] verhaftet die Kabinettssekretäre Zschammer und Kohlreuter, die Hofprediger Salmuth und Steinbach, die Professoren Pierius zu Wittenberg und Gundermann zu Leipzig. Viele flüchten, viele [werden] vertrieben, vom peinlichen Gericht verfolgt; alle Verdächtigen [werden] erst den Juristen, dann [dem] Henker übergeben.

1601: Krell [wird] öffentlich hingerichtet nach jahrelangen Verhören, Foltern etc. <Dies ist Luthertum with a vengeance! Endet sachgemäß mit [dem] Katholizismus der sächsischen Kurfürsten.>

c) Die Pfalz am Ende des 16. Jahrhunderts, [die] Union und [die] Liga und [der] Ausbruch des Jülichschen Erbstreits

<See: Häusser, Geschichte der Pfalz.> 1559 stirbt aus die alte Kurlinie der Pfalz. Nun [folgt] Friedrich von Simmern als Kurfürst Friedrich III.; [er ist] Lutheraner. 1560: Kurfürst Friedrich III. ([er ist] gegen die hölzerne Konkordienformel) geht zu Calvins Lehre über, führt sie in Kirchen, Universität und Schulen ein.

1566: Auf [dem] Reichstag zu Augsburg: Maximilian II. (Kaiser) weist die Forderung der Lutheraner ab, die Reformierten an die Vorteile des Religionsfriedens anzuschließen. Friedrichs III. Sohn und Nachfolger, [Ludwig VI., ist] schon zu dessen Lebzeiten [ein] lutherischer „Ochs“.

[Von] 1576–1583 [regiert] Ludwig VI.; er, der Kurfürst von Sachsen und [der] Herzog von Württemberg wollen [die] Konkordienformel aller Welt aufdrängen. Ludwig bringt Kultus und Gottesdienst als rechter „Lutheraner" wieder dem katholischen [näher], ferner treibt [er] alle widerspenstigen Gelehrten, Prediger, Beamten aus seinem Lande. Später treiben's ihm die lutherischen Juristen und Theologen zu arg, und seine Konkordienwut schlafft ab.

1583 stirbt Ludwig VI.; sein Sohn Friedrich IV. [ist] noch [ein] Kind; [die Vormundschaft kommt an] Ludwigs Bruder, den Soldatenwerber und Bummelkriegsführer Johann Kasimir – er hatte nach der Zeitsitte statt [einer] Apanage (jährliche Geldsumme) die Ämter Lautern, Neustadt an der Haardt und Böckelnheim –, [dieser] schützt dort [die] reformierte Konfession, nimmt die Verbannten auf, bringt die Reformierten wieder in [der] Pfalz auf und seinen Mündel mit den französischen Reformierten und Heinrich IV. zusammen.

1592 stirbt Johann Kasimir. Friedrich IV. ergreift [die] Regierung; [die] Pfalz wird Mittelpunkt der reformierten Partei im Reich. Seine Verbindung mit [den] Reformierten in Frankreich [wird] noch enger, seit Catherine de Rökan den Herzog Johann II. von Zweibrücken geheiratet und Heinrich IV. schiedsgerichtet [hatte] im Streit über [das] Bischoftum Straßburg.

1603: Zusammenkunft des Landgrafen Moritz von Hessen, [des] Markgrafen von Baden, [des] Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach und Friedrichs IV. zu Heidelberg [zum Abschluss eines] Verteidigungsbündnisses derselben (Vorbereitung der späteren Union). Damals nahm sich Friedrich IV. – in [einem] kühnen Brief an Heinrich IV., der [sich] schon auf [dem] Marsch nach Sedan gegen [den] duc de Bouillon [befand] – des letzteren erfolgreich an. <[Der] duc de Bouillon [stand] damals an [der] Spitze der französischen Reformierten.>

Mitte 1609: Friedrich IV., im Einverständnis mit Henri IV., zieht [eine] Sache gegen Rudolf II. auf; [er] erteilt dem Generalleutnant der Union, Christian von Anhalt, den er zum Statthalter der Oberpfalz gemacht [hat, den] Auftrag, nach Prag zu reiten und dem Kaiser den Kopf zu waschen.

Juli 1609: Christian von Anhalt hat – zufolge der Intrigen der verhassten Minister Rudolfs, Stralendorf und Hanniwald – fünf Wochen [verbringen müssen], ohne [eine] Audienz mit [dem] Kaiser zu machen, und erhält endlich schriftlich [die] Antwort, dass der Kaiser „trefflich molestiert" sei. Auf seine Drohung hin erhält er nicht nur [eine] Audienz beim blödsinnigen Rudolf, der mündlich verspricht, den Prozessen beim Reichshofrat Einhalt zu tun, sondern auch [das] schriftliche Versprechen, dass Donauwörth in vier Monaten geräumt werden soll; dies wird auch indeed [von] der Reichsacht entbunden.

Anfang Juli 1609: In München, unter [dem] Vorsitz dreier von Maximilian I. ernannter Kommissäre, [treten] zusammen die Bevollmächtigten der Bischöfe von Würzburg, Konstanz, Augsburg, Regensburg, [des] Propsts von Ellwangen [und des] Abts von Kempten, und Maximilian bewegt die katholischen Stände des bayrischen und schwäbischen Kreises zur Unterschrift einer von ihm entworfenen Bundesakte. Von den eingeladenen Bischöfen weicht nur aus der von Salzburg. Maximilian [wird] zum Direktor des Bundes ernannt, [der] angeblich gestiftet [worden ist] zur Erhaltung des Religions- und bürgerlichen Friedens, „damit die alte, wahre, allein seligmachende Religion nicht ausgerottet werde". Der Bund heißt erst später Liga.

In der letzten Woche [des] August 1609 treten [der Liga] – zum Missvergnügen des Maximilian I. – die drei geistlichen Kurfürsten bei und ernennen für die rheinischen Gegenden den Kurfürsten von Mainz zum zweiten Bundesdirektor. Der Bund erhält auch spanische Subsidien, seit [sich] Henri IV. auf [den Stand]punkt einer Intervention ||in|| die deutschen Angelegenheiten [gestellt hat].

September 1609: Trotz Rudolfs II. Versprechen an Christian von Anhalt intrigiert Maximilian I. dahin, dass Donauwörth ihm als Pfandschaft für die Exekutionskosten förmlich überlassen wird.

[Am] 25. März 1609 stirbt der letzte Herzog von Jülich, der blödsinnige Johann Wilhelm, und damit [beginnt der] Streit über die Erbschaft in Jülich, Kleve, Berg, Mark, Ravensberg und Ravenstein, und Henri IV. [ist] entschlossen, dass diese Bissen nicht den Habsburg-Spaniern in den Rachen fallen [sollen].

Der blödsinnige Johann Wilhelm hinterlässt nur vier Schwestern; sie prätendieren [auf die] Erbschaft infolge von [einem] Privilegium, das Karl V. 1546 dem Herzog von Jülich erteilt [hatte]. Auch [der] Kurfürst von Sachsen machte Ansprüche, weil er früher von Rudolf II. förmliche Belehnung des erledigten Lehens erhalten [hatte]. Trotzdem, dass [der] Protestantismus von den Niederlanden her sich in diesen Ländern ausgebreitet [hatte], waren die Herzöge von Jülich katholisch geblieben und repräsentierten außer Bayern [die] einzige bedeutende weltliche Macht unter den katholischen deutschen Fürsten. – Von den vier Schwestern Johann Wilhelms hatte nur die ältere für sich und ihre Kinder Ansprüche zu machen; die älteste [war] vermählt mit [dem] Herzog Albrecht Friedrich von Preußen; [sie] hatte [eine] Tochter hinterlassen, [die] Frau des calvinistischen Kurfürsten Johann Siegmund von Brandenburg; die zweite [war] vermählt mit dem lutherischen Pfalzgrafen Philipp Ludwig von Neuburg und hatte von ihm [einen] Sohn, Wolfgang Wilhelm. Philipp Ludwig stützte sich darauf, dass die älteste Schwester des verstorbenen blödsinnigen Johann Wilhelm keinen männlichen Erben hinterlassen [habe], hence der Sohn der zweiten – Wolfgang Wilhelm – der einzige rechtmäßige Erbe sei. Pfalz-Neuburg und Brandenburg forderten die Stände von Jülich zur Huldigung auf und ernannten auch Beamte; sie wurden vorläufig zugelassen, konnten aber nur gemeinschaftlich handeln, weil [eine] Entscheidung des Reichsgerichts erwartet [wurde]. – Rudolf II. – d.h. die ihn am Narrenseil Leitenden – wollte [die] Sache an [den] Reichshofrat bringen unter [dem] Vorwand, der Streit der Neuburg und Brandenburg sei Landfriedensbruch.

Darauf verglichen sich die zwei, ordneten gemeinschaftliche Besitznahme und Verwaltung an, nannten sich die „possedierenden Fürsten" und kümmerten sich nicht weiter um den kaiserlichen Befehl an Räte, Stände und Untertanen, vor [der] kaiserlichen Entscheidung keinen als Erben Johann Wilhelms anzuerkennen. Die von [den] Jesuiten und Spaniern angespornten kaiserlichen Juristen wollten der Sache [dieselbe] Wendung geben – wie im casus Donauwörth. Sie erklärten das Herzogtum Jülich für [ein] erledigtes Lehen. Rudolf bestimmte Ferdinand von Steiermarks Bruder, [den] Erzherzog Leopold, das Land einstweilen zu besetzen. Dazu [war] Leopold schon als Kind zum Bischof von Passau gewählt [worden und] hatte auch das streitige Bistum (die Stadt selbst [war] protestantisch) Straßburg erhalten. Er sammelte [ein] Heer, als Brandenburg und Pfalz-Neuburg sich an Henri IV. wandten. Dieser – sobald [die] Kunde nach Paris [kam], dass [der] Erzherzog Leopold zum kaiserlichen Kommissär und Administrator aller Jülichschen Länder ernannt [worden war] – macht [im Jahre] 1609 [einen] Vertrag in Schäbisch-Hall mit den reformierten Fürsten Deutschlands. Schon [im] Dezember 1609 hatte sich Leopolds Hauptmann durch Verrat der Stadt Jülich bemächtigt; er verteidigte sie hartnäckig, als die beiden „Possedierenden" ihn ernstlich angriffen. Damals gerade hatte Henri IV. [ein] Heer von 40.000 Mann aufgestellt und mit Moritz von Nassau verabredet, dass er und die Holländer, unter [dem] Vorwand, gegen Jülich zu ziehen, die spanischen Niederlande besetzen und sie unter sich teilen sollten etc.

13. Mai 1610: Bei [der] feierlichen Krönung seiner infamen Mediceerin Maria [wird] Henri IV. durch Francois Ravuillac ermordet. Auf [die] Nachricht von Henris IV. Ermordung [begab sich] der Bube Leopold6 nach Prag und von da nach [dem] Elsass, um Gesindel zu werben; [er] ließ in Jülich den tapferen Rauschenberger zurück. Dieser hält die Zitadelle gegen [die] Brandenburger und Neuburg und auch gegen den [in der]

letzten Woche des Juli 1610 mit holländischen Truppen kommenden Moritz von Nassau.

[Am] 25. August 1610 erscheint vor Jülich [der] Marschall von Chastre mit 2000 [Mann] französischer Infanterie7 und 2000 [Mann] Kavallerie <[er] war über Köln gezogen>.

1. September 1610: Rauschenberger kapituliert. Im Jülichschen blieben nachher die Sachen gemeinsam, ein brandenburgischer Prinz wird Statthalter; [der] Kurfürst von Sachsen ließ sich mit [dem] Herzogtum Jülich noch einmal von Rudolf II. belehnen.

Leopold lässt um Straßburg und Basel herum seine Truppen – später berüchtigt als das „Passauische Kriegsvolk" – schrecklichen Unfug treiben. Gegen ihn [wird ein] Heer der Union geschickt. [Am] 9. September 1610 stirbt Friedrich IV. von der Pfalz, und [der] Pfalzgraf Johann II. von Zweibrücken übernimmt [die] Vormundschaft von dessen Sohn Friedrich V. (erst 14 Jahre alt) und die Geschäfte eines Direktors der „Union". Die von letzterem geschickten Truppen bestanden aus der Wehrmannschaft der Pfalz. Damals trat im Elsass Graf Ernst von Mansfeld zu den Protestanten über, gegen die er bisher gefochten [hatte]. Als Lump Leopold ins Gedränge kommt, ruft Rudolf II. den Maximilian von Bayern [ihm] zu Hilfe, aber der [ist] abgeneigt, das östreichische Haus noch mächtiger in Deutschland zu machen. Leopold [ist] daher gezwungen, mit den Unierten [den] Vertrag zu Willstädt zu schließen; er muss nach Hause und sein Raubvolk entlassen, das er [später] wieder im Passauischen sammelt. Die Unierten [wurden] dito nach Hause [geschickt]. [Im] Sommer 1610 hatte Rudolf II. den Kurfürsten Christian II. wieder mit [dem] Herzogtum Jülich belehnt, aber dieser Erztrunkenbold – [es] scheint untrennlich der Soff vom Altluthertum [zu sein] – [ist] ungefährlich.

d) Östreich und Böhmen bis zur Ausstellung des Majestätsbriefs

Unter Rudolf II. bemächtigen sich in allen östreichischen Erblanden die Stände, indeed der Herrenstand, der Gewalt. Außerdem ertrotzen die Protestanten in Böhmen, Östreich und Ungarn neue Privilegien, worüber Regierung, Jesuiten, Mönche todwütig [sind].

1597: [Der] Bauernkrieg in Östreich [wird] unterdrückt, jetzt geht Rudolf an die Protestanten.

1597–1598: Die protestantischen Landstände versagen alle Bewilligungen, [es] soll alles beim Alten bleiben. Dito Kampf in Ungarn; hier bedient sich Rudolf II. erst des Erzherzogs Maximilian (nicht des bayrischen) und als dieser nach Tirol ging, seines Bruders Ernst, und nachdem der [letztere] von Philipp II. in die Niederlande berufen [wurde], schickt er dorthin seinen ihm grimmig verhassten Bruder Matthias.

1604: Matthias beruft [den] Reichstag nach Preßburg, wobei er nichts Religiöses vorbringt, sich vielmehr für die Protestanten bei Rudolf II. verwendet. Dieser „Blödsinnige" fügt eigenmächtig den 21 Reichstagsbeschlüssen [einen] 22. hinzu – [der sich] absolut gegen die Protestanten [und] für die Päpstlichen [ausspricht]. Nun brechen – mit den Türken in Verbindung stehend – die beiden Protestantenhäupter Botskai und Bethlen Gabor (Gabriel Bethlen) los.

Zur selben Zeit dekretieren die Stände in Oberöstreich – ohne Rücksicht auf den „Blödsinnigen" – freie unbeschränkte Religionsübung; [sie] drohen jedem Hinderer ([das] galt [den] Prälaten und Äbten) mit Verlust der ständischen Rechte [und] ließen in allen Kirchen lutherischen Gottesdienst halten. Matthias muss dies missbilligen; sie versammeln sich [hierauf] zu Horn, um die verweigerten Zugeständnisse durch [eine] bewaffnete Verbindung zu erzwingen. – Die ungarischen Protestanten unterdessen, unter [dem Kommando von] Botskai

und Bethlen Gabor und mit den Türken verbunden, setzen sich im Siebenbürgischen fest, erobern in Ungarn [Dörfer und Städte], so dass [im Jahre]

1605 Gran und Neuhäusel in der Gewalt der Türken und Ungarn [sind]. – Nun (1606) [wird den Religions]beschwerden der östreichischen Stände abgeholfen.

1606: Da auch [ein] Aufstand in Böhmen befürchtet [wird], bevollmächtigt Rudolf II. den Matthias zum Friedensschluss mit Botskai.

[Am] 23. Juni 1606 [wird] dieser Frieden in Wien geschlossen; danach [wird die] freie Religionsübung für [die] Katholiken und Protestanten [garantiert]; Botskai erhält Siebenbürgen erblich, dito die ungarischen Grafschaften Bikar, Zarend, Szolnock und Marmaros mit [dem] Titel eines Reichsfürsten, auf Lebenszeit die Komitate Szatkmar, Ugotsa und Beregh; im Fall er unbeerbt sterbe, [solle] alles wieder an Ungarn zurückfallen.

[Am] 11. November 1606 [wird der] Frieden mit den Türken auf 20 Jahre zu Zsitwa Torok [geschlossen], worin zum ersten Mal die Türken aufhören, den Kaiser nur „König von Wien" zu nennen, und ihn [nun] als Kaiser anerkennen; gegen [eine] Abfindungssumme von 200.000 Talern verzichten sie auf den seit Ferdinand I. ihnen gezahlten jährlichen Tribut.

[Im] März 1606 war Rudolf II. gezwungen, wieder den Matthias förmlich zum Gubernator von Ungarn zu erklären; Matthias berief [im]

April 1606 seinen jüngeren Bruder Maximilian (seit mehreren Jahren Herrscher von Tirol) und seine beiden Vettern, den Ferdinand von Steiermark und Maximilian Ernst von Steiermark, nach Wien zur Ausstellung der Urkunde, worin Rudolf II. für „gemütsblödig" erklärt und untauglich zum Regieren erklärt [wird. Erst im]

November 1606 – nach dem Abschluss der beiden Friedensverträge – ließ Erzherzog Albrecht von den Niederlanden [eine] Beitrittsakte dazu ausfertigen.

1607: Herr Matthias braucht das für die Türken bestimmte Geld zur Befriedigung seiner eigenen Gläubiger; die Türken drohen daher mit [der] Erneuerung des Krieges, und in Ungarn raubt und [treibt] Unfug die unbezahlte ungarische Miliz, benannt Heiducken. Ferdinand setzte die von seinem Vater Karl begonnene Ketzerausrottung in Steiermark fort, rottete sie auch mit Jesuitenscheußlichkeiten in Kärnten und Krain aus. Karl hatte schon 12000 lutherische Bücher verbrennen lassen; [im Jahre] 1600 ließ sein Sohn Ferdinand wieder 10.000 [Bände] in Grätz verbrennen. 1601 lassen Ferdinands beide Kommissäre in Laibach acht Wagen voll verdächtiger Bücher verbrennen.

1608: Der „gemütsblödige" Rudolf II. ernannte eben deswegen Ferdinand und nicht Matthias zu seinem Stellvertreter auf [dem] deutschen Reichstag zu Regensburg; ebendeshalb schlossen sich die östreichischen, ungarischen und mährischen Stände an Matthias an, der auch von Khlesel ermuntert [wird und] die östreichischen Stände nach Wien, die ungarischen nach Preßburg beruft, nachher auch die ersteren nach Preßburg. Der „Gemütsblödige" gibt Gegenbefehl; nichts gehorcht ihm. Matthias wirbt Truppen und sucht die Fürsten der „Union" zu gewinnen <hier Hammers Biographie des Kardinals Khlesel>. – Da ganz Mähren im Aufstande [ist], erscheint dort [im]

April 1608 Matthias; [er] rückt dann nach Czaslau vor (in Böhmen), wohin er, nachdem sich auch die mährischen Stände mit den östreichischen verbunden [hatten], ladet auf [eine] allgemeine Versammlung [am]

4. Mai 1608 die böhmischen Stände; aber Rudolf II. hält sie ab [dorthin zu gehen] und beruft sie nach Prag; Matthias nähert sich dieser Stadt bis auf vier Meilen, und der durch die Stände bedrohte „Gemütsblöde" muss [am]

25. Juni 1608 [einen] Vertrag mit Matthias schließen (den der „Blöde" nicht mehr anerkennt, sobald er aus der Not [ist]); danach tritt [der] „Blödsinn" dem Matthias [den] Königstitel ab mit Ungarn sowie [das] Erzherzogtum Östreich ob und unter der Enns, entband [er] seine Stände und Untertanen des ihm (i. e. dem „Blödsinn") geleisteten Treueids etc.; zugleich erhielt Matthias – mit Zustimmung der böhmischen Stände – [den] Titel und [die] Ansprüche eines „ernannten Königs von Böhmen"; die Stände erlaubten ihm ausdrücklich, [die] Regierung von Mähren sofort anzutreten. Matthias übernahm dagegen alle Schulden des „Blödsinns" in Ungarn und Östreich und überließ dem alten „Blödsinn" seinen Anteil an Oberöstreich. <Nämlich den nördlichen Teil von Tirol; dieser hieß Oberöstreich, während das Land ob und unter der Enns „Niederöstreich" hieß; Steiermark, [die] Grafschaft Garz, Kärnten, Krain hieß Inneröstreich; endlich das Vorarlbergische hieß Vorderöstreich.>

29. Juni 1608: Die Stände von Östreich und Ungarn unterzeichnen [eine] Urkunde, worin es heißt, bei einer künftigen Huldigung sollen die von den ungarischen Ständen zu Preßburg und von den östreichischen zu Eibenschütz unterzeichneten Bündnisse „besonders im Punkt der Religionsfreiheit" unbeschadet sein. [Am] 16. Oktober 1608 huldigen nur die vier katholischen Stände dem Matthias; die protestantischen [Stände], zu Horn versammelt, verweigern dies, bis Matthias die Religionsfreiheiten bestätigt. Während des ganzen Jahres 1608 [befindet sich] Khlesel von wegen der verweigerten Huldigung im Streit mit den zu Horn versammelten Ständen; scharfe Dekrete [werden seitens] des Matthias [erlassen]; als dieser nach Preßburg geht, senden ihm die Protestanten Tschernembel nach, um ihre ungarischen Bundesgenossen anzurufen; dagegen protestieren die katholischen Stände gegen die von den Protestanten verlangte Erweiterung der ihnen von Kaiser Maximilian II. gewährten Rechte.

[Am] 19. März 1609 [wird] von Matthias unter dem Namen „Kapitulationsresolution"8 [eine] vollständige Duldungsakte gewährt; dagegen protestieren Khlesel, der Nuntius, der Offizial des Laushunds Leopold, Bischofs von Passau, [eines] Bruders von Ferdinand.

[Zum] 4. Mai 1608 hatte „Blödsinn Rudolf II." beim Anmarsch seines Bruders die böhmischen Stände nach Prag berufen; er verlangt die Einwilligung von ihnen, dass Matthias urkundlich als „ernannter König von Böhmen" anerkannt werde; die Stände durch Wenzel von Budowa lassen 15 Artikel aufsetzen; [sie verlangen, diese] zu gewähren, sonst [könnten sie] nicht den Vorschlag [des] „Blödsinns" annehmen; nur Jaroslaw Borzita von Martinitz stimmte gegen die 15 Artikel und sollte damals schon nach alter Tschechensitte zum Fenster hinausfliegen. Graf Joachim9 von Schlick überreicht die Artikel dem „Blödsinn" mit so heftiger Rede, dass dem „ganz bange" [wird]; er gewährt einige Artikel sogleich, vertröstet bezüglich der übrigen auf [den] zu berufenden Landtag; dieser Landtag wurde gehalten, sobald des Matthias Heer Böhmen verlassen [hatte], aber [er] ging [im]

Mai 1609 auseinander, [und zwar] unverrichtet[erdinge]. <[Die] kaiserlichen Räte wollten nur wissen von den „Utraquisten" und „Kompaktaten"10, aber nichts von Lutheranern und Pikarden11 (freidenkende Schwärmer); aber die [angesehensten] Männer [in Böhmen], Joachim Graf von Schlick, Heinrich Matthias, Graf von Thum und der beredte Wenzel von Budowa [standen] an [der] Spitze der Lutheraner und Pikarden. [Der] Minister Lobkowitz wie die beiden Räte Martinitz und Slawata sprachen sich gegen [die] Toleranz aus.> Mitte Juni 1609 veröffentlichen die Stände in Prag die Artikel, wegen deren sie das Defensionswerk errichtet [haben] (eine Regierungsbehörde von Landesherren und ein Heer). Der spanische Gesandte Zuniga rät dem hilfs- und mittellosen „Blödsinn", nachzugeben und den Lutheranern und mährischen Brüdern freie Religionsübung zu gestatten.

11. Juli 1609: Rudolf II. erteilt den Dissidenten plötzlich alles im sogenannten „Majestätsbrief"12 , wodurch allen nicht-katholischen Christen gestattet [wird]: völlige Religionsfreiheit, [die] Erlaubnis neue Kirchen zu bauen, geistliche Konsistorien zu bestellen und aus ihrer Gemeinde Defensoren (Beschützer ihres Glaubens) zu ernennen, deren Bestätigung sich Rudolf II. jedoch vorbehielt; [die] Prager Universität [wird] den Dissidenten völlig zugänglich gemacht, alle kaiserlichen Verordnungen des Kaisers oder seiner Nachkommen, [die] im Widerspruch mit diesen Konzessionen [stehen, werden] im voraus für null und nichtig erklärt.

10. Juli 1610: Zu Dortmund [wird ein] Vertrag zwischen Pfalz-Neuburg und Brandenburg [abgeschlossen; es wurde der] gemeinschaftliche Besitz und [die] gemeinschaftliche Ernennung von Beamten und Statthaltern [festgesetzt]; die beiden „Possedierenden" wollten das frühere kaiserliche Privileg, dass die zum Herzogtum Jülich gehörigen Erbländer zusammenbleiben sollten, aufrechterhalten. Hence [der] Plan der Verheiratung des jungen Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm mit [der] Tochter des Kurfürsten von Brandenburg; [dieser Plan] endet mit [einer] Ohrfeige, die der „versoffene" Johann Siegmund dem Pfalzgrafen im Trünke wischt.

1613: Nach [dem] Tod des gemeinschaftlichen Statthalters, [des] Markgrafen Ernst von Brandenburg, kommt's zum Kampf zwischen den beiden „Possidenten".

e) Matthias und Rudolf im Kampf über Böhmen

Ende 1609 zeigt Rudolf II. schon [sein] Pfeifen auf den Majestätsbrief,

[er] will auch Matthias von [der] Nachfolge ausschließen. Anfang 1610 rüsten Rudolf und Matthias gegeneinander, während Leopold sein Raubgesindel im Passauischen immer [mehr] vermehrt; sowohl die benachbarten Bayern als [auch die] Östreicher und die Stände des Landes ob der Enns ersuchen Matthias, ein Heer gegen [den] letzteren aufzustellen, was er auch tut. Matthias erfährt, dass das Raubvolk gegen Böhmen bestimmt [ist, er] teilt dies insgeheim dem Grafen von Thum mit, der an [der] Spitze der protestantischen Partei in Böhmen [steht]; auf Rudolfs einerseits, [auf] Matthias' andrerseits Betreiben [kommt es im]

Mai 1610 zu Prag [zu einer] Versammlung der Kurfürsten [von] Mainz, Köln, Sachsen (der von Trier lehnte ab), [des] Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig, [des] Landgrafen Ludwig V. von Hessen-Darmstadt; [es erscheinen noch] andre Fürsten; auch der Erzherzog Ferdinand von Steiermark und Maximilian von Tirol [waren anwesend] , ebenso [kamen] aus den Niederlanden Bevollmächtigte des Erzherzogs Albrecht. Seinem Gesandten an den Konvent zu Prag gab Matthias eine Beschreibung von der Art und Weise seines „blöd-gemütlichen" Bruders Rudolf mit (see p. 83, 8413). An der Spitze der Bevollmächtigten des Matthias stand Khlesel, der gleich darauf die Kardinalswürde erhielt.

Von Mai bis September 1610 [fanden] Verhandlungen zwischen Rudolf und Matthias [statt], sogar „Verträge" [wurden] zwischen ihnen vermittelt; gleichzeitig wuchs Leopolds auf kaiserliche Kosten gesammeltes Heer, [er] beraubt endlich auch die nach Linz reisenden Kaufleute; als Feldmarschall [stand] an [der] Spitze dieses Heers Graf von Althaimb (Althahn), unter ihm [standen] die Obersten Sulz, Ramée und Trautmannsdorf.

24. Dezember 1610: Ramée geht mit den Passauer Vagabunden über die Donau in Oberöstreich hinein, über Neumarkt und Wadenkirchen nach Linz [diese Banden] hausen wie Räuber, brennen, morden, notzüchtigen <see: Kurz, Geschichte des Passauischen Kriegs>. Diese Bande [zog] nach Prag, wo Leopold sich an ihre Spitze stellt; Rudolf lässt sich huldigen von dem Mordgesindel, das den Hradschin besetzt. Prag [fiel, außer der Altstadt] – nach vergeblichem Widerstand – in [die] Hand der Mordgesellen etc. Leopold lässt die Altstadt aus vierzehn Kanonen beschießen, die er auf [dem] Hradschin aufstellen ließ.

[Am] 8. März14 1611 brach Matthias von Wien auf, [er] marschierte langsam nach Prag, die böhmischen Stände führten selbst ihre Mannschaften nach Prag, außerdem [wurden] 8000 Ungarn von Matthias geschickt. Jetzt fand Rudolf II., der sich seit sechs Monaten mit Geldmangel entschuldigt [hatte], 300.000 Gulden in [der] Kasse, um den rückständigen Sold zu zahlen; [die] Böhmen hieben Ramées Gesindel überall zusammen, wo sie es antrafen. Ramée zieht nach Budweis, wo er sich befestigt. Die böhmischen Stände hatten damals ihre unabhängige Regierung errichtet <i. e. 30 sogenannte Direktoren, 10 von jedem „Stand". Diesen Regenten [waren] neun Männer zugesellt – drei aus jedem Stand –, die, in den Kreisen gewählt, als Volksrepräsentanten von den Direktoren zu Rat zu ziehn [waren]>. [Der] Graf von Thum, unter [dem] Vorwand, den Rudolf in seinem Schloss zu Prag zu schützen, lässt letzteres von seinem Heer besetzen und bewachen. [Der] „Blödsinn" [ist] also in point of fact sein Gefangener.

24. März 1611: Prunkvoller Einzug des Matthias in Prag. <Er residiert in [der] Altstadt Prag.>

[Am] 24. April 1611 [war der] Landtag (zu Prag) von Böhmen, Schlesien, Lausitz. Rudolf II., um nicht freiwillig abzugehen, schlägt dem Landtag vor, Matthias als König von Böhmen ausrufen und krönen zu lassen; [die] Stände nehmen's an, kündigen sofort dem Rudolf ihre Pflichten auf, und Matthias muss versprechen, nach der Krönung alle ihre Freiheiten zu bestätigen.

[Am] 26. April 1611 [fand] Matthias' Prunkumzug aus [der] Altstadt in den Tiergarten bei Prag und von da auf [den] Hradschin [statt]. Rudolf muss ihm die „Krone" ausliefern.

23. Mai 1611: Matthias [wird] gekrönt, [nimmt die] Huldigung von Böhmen [an], stellt [einen] „Revers" aus, worin [die] Anerkennung des Majestätsbriefs mittelbar enthalten [ist]. Der Revers lautet: „Er tue in diesem Briefe vor jedermänniglich kund, dass er zugesagt habe, seines geliebten Bruders, [des] Kaisers Rudolf allen von Ihrer Majestät ausgegangenen Verschreibungen ohne Widerspruch und allerhand Verhinderung nachzukommen, dieselben wirklich zu halten und zu schützen." Auch [das] Wahlrecht der Stände (bezüglich der Könige) [wird] anerkannt, sowohl durch Rudolfs Zusicherung als faktisch [dadurch], dass Matthias durch [die] Wahl der Stände König geworden [war]. – Rudolf II. Blödsinn blieb nun deutscher Kaiser, bettelarm, ohne Land, Güter, Einkünfte (dass [er] außerdem „verrückt" [war, ist] natürlich gleichgültig und rather „regulär"). Die „gekränkten" deutschen Fürsten hielten entrüstet [den] (nichtstuenden) Nürnberger Reichstag [ab] und gingen dann home quasi re bene gesta. Matthias kehrte nach Wien zurück, ohne den Rudolf auch nur gesehen zu haben. [Am] 20. Januar 1612 starb Rudolf II.

f) Erste Zeit des Matthias (als Kaiser)

Juni 1612: Matthias [wird] zum Kaiser von Deutschland gewählt.

1613 stirbt der gemeinschaftliche Statthalter des Herzogtums Jülich, [der] Markgraf Ernst von Brandenburg, [der] Bruder des brandenburgischen Kurfürsten Johann Siegmund, der, wie der Kurfürst von Sachsen, Christian II., täglich dead-drunk [war]; Johann Siegmund übertrug die Statthalterschaft seinem Sohn Georg Wilhelm, der noch seltener nüchtern war als er! [Es kam zum] Streit zwischen letzterem und [dem] Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm <Sohn des alten Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg>; [die] Brandenburger weigern [sich], den Wolfgang in die Zitadelle Jülich einzulassen, als er sie einmal besichtigen will. Wolfgang Wilhelm, dessen Vater [ein] eifriger Lutheraner [war], wird heimlich Katholik.

[Im] Spätjahr 1613 [war] zu München Wolfgang Wilhelms Heirat mit der jüngeren Schwester des Maximilian I. von Bayern (die ältere Schwester des Max [war] mit Ferdinand von Steiermark vermählt).

1614: [Es] wirft, nach [einer] Bekehrungskomödie, [der] Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm die lutherische Maske ab, [er] geht, öffentlich zum Katholizismus über; [er] ist seit der Zeit innig mit Bayern verbunden.

1612: Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz, [war] durch seinen Vormund, [den] Pfalzgrafen Johann II. von Zweibrücken, verlobt [worden] mit Elisabeth, [der] Tochter des James I. von England. [Die] Hochzeit [wurde] in London gefeiert. Johann II. schließt für seinen Mündel im Namen der „Union" einen Bund mit England [ab]; derselbe Johann II. hatte [im]

Juli 1611 als Direktor der „Union" [einen] Bundestag nach Rothenburg ausgeschrieben, wo außer den Mitgliedern der „Union" auch Gesandte des Kaisers und die Prinzen des kaiserlichen Hauses, der Republik Venedig, der reformierten Schweizer Kantone und der Generalstaaten [anwesend waren].

[Im] Mai 1613 [wurde ein] Verteidigungsbündnis der Union mit den (holländischen) Generalstaaten im Haag unterzeichnet. – [Die] Union [war] damals viel stärker als [die] Liga.

1611 hatte Maximilian I. Frieden mit der „Union" im Namen der Liga geschlossen; er war nämlich wegen des Salzes etc. in Krieg mit [dem] Erzbischof von Salzburg geraten, [er hatte] dessen Erzstift besetzt, den Erzbischof verhaftet und hielt ihn bis an sein Ende in strenger Haft.

Maximilian wollte Diktator der Liga sein, deshalb [gab es] Krakeel mit den drei geistlichen Kurfürsten seit ihrem Eintritt; [er] war auch gegen den Eintritt des lutherischen Kurfürsten Christian II. von Sachsen in die Liga, die das Viech verlangte.

1611–1613: Die Mitglieder der Liga – lauter kleine schwäbische und bayrische Herrn oder Äbte und Prälaten – verweigern [die] Beiträge zur Bundeskasse, die Maximilian I. eigenmächtig ausschrieb. Für [den]

1. März 1613 schrieb Maximilian I. [einen] Bundestag zu Frankfurt aus nickt nur der Glieder der Liga, sondern aller katholischen Stände des bayrischen, schwäbischen, fränkischen und rheinischen Kreises. Er wusste, dass Khlesel und [der] Kurfürst von Mainz (Direktor der oberländischen Abteilung der Liga) den Christian II. von Sachsen in die Liga einschieben wollten. Auf der Versammlung [herrschte ein] solcher Krakeel, dass Max sein Amt (als Direktor der Liga) niederzulegen drohte; [er] bleibt nur auf Drängen der kleinen geistlichen Herrn aus Franken und Schwaben (die gerade damals [eine] Säkularisation fürchteten), behält sein Amt nur bis [zum] nächsten Bundestag unter [der] Bedingung, dass die Stände dem Frankfurter Rezesse gemäß ohne Ausnahme und Verzug ihre Kontribution entrichten sollten (der Schlaue, seit langem konsequent auf den ökonomischen Punkt hinwirkend, [forderte] schwere Beisteuer der Pfaffen in die Bundeskasse zu München [und hielt diese] in seiner Hand).

23. Oktober 1613: Durch Intrigen von Matthias, i. e. dessen Khlesel, gegen Maximilian I. [wurde der] Abschied eines zu Regensburg gehaltenen Reichstags [eingebracht], wonach statt zwei Direktoren (Maximilian und [der] Erzbischof von Mainz) [fortan] drei sein sollen; unterschrieben [wurde] das Aktenstück durch [die] Bischöfe von Mainz, Bamberg, Würzburg, Eichstädt, Salzburg, Konstanz, Augsburg, Ellwangen, Worms, Hildesheim, Lüttich, Münster, Kempten, Speyer, [durch die] Stadt Köln und [von] den katholischen Städten des schwäbischen Kreises. Der dritte Direktor sollte der Östreichische Prinz Maximilian von Tirol sein, wodurch Khlesel die ganze Liga an Östreich, i. e. an sich, bringen wollte. Failure. Maximilian behielt die Zügel in [der] Hand.

g) Erste Feindseligkeit der durch Union und Liga beschützten Prinzen gegeneinander

März 1614: [Der] Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm, auf [einer] Reise von Lüttich nach Jülich kommend, will dort [die] Zitadelle besuchen; der protestantische Kommandant lässt ihn nicht ein, [er] meldet die Sache dem Statthalter Georg Wilhelm von Brandenburg und den Generalstaaten; die schicken zwei Kompanien Infanterie und eine Kompanie Kavallerie; [der Kommandeur der] letzteren erklärt, er sei eingezogen im Namen der beiden Possidenten; darauf besetzte Wolfgang Wilhelm für sich allein Düsseldorf (im Herzogtum Kleve), vertreibt alle Brandenburger, nimmt so viele Plätze, als er kann; nun tun [die] Brandenburger dasselbe.

August 1614: [Der] alte Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg stirbt aus Schrecken darüber, dass sein Sohn Wolfgang Wilhelm kurz nach obigem Vorfall zur katholischen Religion öffentlich übergetreten [war]. Von Wolfgang Wilhelms Verwandten (Maximilian etc.) bestürmt, zieht Matthias nun die Spanier nach Deutschland; [der] Vorwand dazu [ist] erstens die Vertreibung des protestantischen Rats aus Aachen und [zweitens der] Zwist zwischen [der] Stadt Köln und dem protestantischen Ort Mühlheim. Der katholische Reichshofrat, dessen Präsident Graf Hohenzollern, [ein] fanatischer Protestantenfeind, [war], hatte einseitig entschieden in [der] Aachener und Mühlheimer Sache; [der] Kurfürst von Brandenburg aber [hatte] beide (Aachen und Mühlheim) durch seine Truppen schützen lassen und dem Kaiser grob geschrieben, dass die Sache nicht vor den ganz katholischen kaiserlichen Hof rat, sondern vor das paritätische Reichskammergericht gehöre.

1614: Matthias aber übertrug die Exekution dem Erzherzog Albrecht, und dieser – nach erlangter Einwilligung von Spanien – schickt Ambrosius Spinola mit [einem] Heer gegen Aachen und Mühlheim. Spinola vermöbelt Aachen, vertreibt die Protestanten etc. Auf [dem] Zug von Aachen nach Mühlheim nimmt Spinola Düren und andre feste Plätze des Jülicher Landes. Auf seinem weiteren Marsch [wurden die] Truppen des Wolfgang Wilhelm mit den seinigen vereint. In Mühlheim, wo er keinen Widerstand findet, zerstört er Mauern, Wälle, die neu erbauten Häuser, nimmt alle Vorräte weg [und] vertreibt die Einwohner.

Anfang September 1614 nimmt Spinola nach dreitägigem Angriff das stark befestigte Wesel (in [der] Grafschaft. Kleve); nun bricht Moritz von Nassau für die Generalstaaten auf, [er] besetzt für Brandenburg Rees, Emmerich, Kranenburg und Gennep. Nachdem Spinola auch Xanten besetzt [hatte], standen sich der Spanier Spinola (für den katholischen Pfalzgrafen) und Moritz von Nassau (Holländer) (für den reformierten Kurfürsten von Brandenburg) einander [feindlich] gegenüber. Da der Brandenburger nicht einmal seine eignen von Schömberg kommandierten Truppen [be]zahlen kann, bleiben die Holländer, die [die] Kostenberechnung verstehen, einstweilen in loco. – Spinola befestigt Wesel noch stärker. – [Die] Holländer und Spanier (der Vertrag von Xanten, den die unierten Fürsten einerseits, Albrecht und Isabella und Spinola für Belgien andrerseits unterschrieben, [wurde] nicht bestätigt von Philipp III.) hielten die deutschen Städte ferner [hin] besetzt; der Kurprinz Georg Wilhelm residierte in Kleve, der Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm in Düsseldorf.

1614: [Ein] Schwatz-Bundestag [wird] gehalten vom Kurfürsten von der Pfalz, Friedrich V., in Nürnberg.

Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm – als Konvertit – lässt in Neuburg den Lutheranern die Hauptkirche nehmen etc.

h) Neuer Religionszwist in Östreich und Böhmen Abfall der Böhmen vom Kaiser Matthias

1612 fordert Matthias die deutschen Städte zum Türkenzug auf.

Oktober 1612: Bethlen Gabor setzt sich als erwählter Fürst in Siebenbürgen mit Türkenhilfe fest. <Botskai hatte sich durch Grausamkeit in Ungarn und Siebenbürgen verhasst gemacht; letzteres hatte den Bethlen Gabor an seine Stelle gewählt.> Bethlen Gabor bewog die versammelten Magnaten von Oberungarn, dem Sultan (der den Gabor anerkannte) gewissermaßen zu huldigen, wenn er ihnen [den] ruhigen Güterbesitz ohne Abgabenerhöhung sichre. Die Türken räumten zuletzt die von ihnen besetzten Teile Ungarns und ganz Siebenbürgen unter [der] Voraussetzung, dass Matthias den Bethlen Gabor anerkenne.

[Am] 26. Juni 1615 [wurde der] sogenannte Wiener Friede mit den Türken, i. e. [eine] Verlängerung des Waffenstillstands auf 20 Jahre, [abgeschlossen], wodurch Bethlen Gabor im Besitz [von Siebenbürgen] blieb. – Gegen Ferdinand von Steiermarks Bemühungen, sich [eine] Nachfolge in Östreich, Böhmen, Ungarn [und im] deutschen Reich zu sichern, arbeiten [die] Protestanten und [auch der] Kardinal Khlesel. Rudolf, Matthias und die andren kaiserlichen Brüder hatten keine rechtmäßigen Nachfolger.

Juni 1612: Bei Matthias' Krönung in Frankfurt hatten [der] päpstliche Nuntius und [der] spanische Gesandte schon intrigiert und die geistlichen Kurfürsten dafür gewonnen, dass Matthias den Ferdinand zu seinem Nachfolger ernenne. Khlesel verhinderte [das] damals unter [dem] Vorwand, dass Matthias noch Nachfolger zeugen könne. Zum selben Zweck [wurde]

1616 das ganze Jahr [hin]durch kabaliert. Endlich gab Matthias <der 1615–1617 immer mehr erkrankte und abschwächte> nach.

Juni 1616: Nach [der] Erklärung des Matthias, die [böhmischen Stände sollten] Ferdinand als dessen erklärten Nachfolger [annehmen, wurde Ferdinand] durch die böhmischen Stände zu Prag anerkannt, unter [der] Bedingung, dass er den Ständen [den] Eid wegen ihrer Räte etc. zu leisten [habe] und gleich nach seiner Krönung den Ständen [einen] Revers ausstelle, während [der] Lebzeiten des Matthias und ohne Befragung der obersten Landes-, Rechts- etc. Beamten und bestimmter ständischer und städtischer Abgeordneter keine Regierungshandlung vorzunehmen; Ferdinand bewilligt dies sofort schriftlich; [er] wird [am]

9. Juni 1617 als König von Böhmen ausgerufen [und am]

29. Juni 1617 gekrönt. – Auf [der] Reise von Matthias, Maximilian und Ferdinand nach Dresden wurde [der] Kurfürst (Christian II. war bereits gestorben) für Östreich gewonnen und dadurch [die] Wahl Ferdinands zum deutschen Kaiser gesichert.

1617; Auf [der] Rückreise von Dresden [wurde] Ferdinand in Schlesien, Mähren, [der] Lausitz anerkannt (um 1618 auch in Ungarn).

<Matthias, auf [der] Rückreise von Prag nach Wien [Ende 1611], hatte sieben katholische Herrn – darunter die Fanatiker Jaroslaw Borzita von Martinitz und Wilhelm Slawata und drei Utraquisten – zu Statthaltern in Böhmen eingesetzt.>

Gleich nach [der] Abreise des Ferdinand von Prag, nach seiner Krönung, lässt Wolfgang Seiender Prossewitz, Abt von Braunau, die auf seinem Gebiet neu gebaute protestantische Kirche verschließen, und Johann Lohelius, Erzbischof von Prag, lässt zu Klostergrab (im jetzigen Egerkreis) die errichtete neue Kirche schleifen; darauf [kommt es zu einer] Sonderversammlung des utraquistischen Teils der Stände [und zu einer] heftigen Beschwerde bei [dem] Kaiser Matthias. Khlesel riet [ihm] dazu, den Ketzern nicht mehr nachzugeben. Matthias befiehlt den Statthaltern, die Stände, die eigenmächtig jene Versammlung berufen [haben], vorzufordern [und] ihnen in seinem Namen zu erklären, das in Klostergrab und Braunau Geschehene sei auf seinen königlichen Befehl [hin] geschehen, die Stände missbrauchten den Majestätsbrief und andere Privilegien. Die Hauptpersonen bei den letzten Versammlungen sollten als Aufrührer betrachtet und bestraft werden.

Oktober 1617: [Der] Graf Heinrich Matthias von Thurn [fühlte sich] tödlich beleidigt, indem man ihm das Burggrafenamt zu Karlstein entzog, das verbunden [war] mit [der] Verwahrung der böhmischen Krone und der Freiheitsbriefe Böhmens. – Als [die] obenerwähnten Befehle des Matthias an die utraquistischen Sonderstände ankamen, waren in Prag anwesend [nur] der Oberst-Burggraf Adam von Sternberg, Wilhelm Slawata, Martinitz und Diepold von Lobkowitz, die andern Glieder der Statthalterschaft [befanden sich] auf ihren Gütern. Jene vier katholischen Herrn luden die widersetzigen Stände vor und machten ihnen die kaiserlichen Befehle bekannt; die Vorgeforderten erklären, sie würden nach [einem] Monat wiederkommen und Bescheid geben.

23. Mai 1618: [Sie] kommen indeed, [sie] ziehn mit [einer] großen Schar gerüsteter Leute aufs Schloss, wo die vier Statthalter sie erwarten. Nach [einer] Beratung im grünen Zimmer, von Thurn gestichelt, treten sie in [den] Saal (wo die vier Statthalter [sich befinden]). Wenzel von Raupowa15 ruft aus: „Werft sie nach altböhmischer Sitte zum Fenster hinaus!" Wilhelm von Lobkowitz und vier andre Magnaten werfen den Martinitz hinaus; Thurn führt ihnen dann den Slawata zu, den sie auch „hinaus"expedieren: Das gleiche geschieht dann mit dem Geheimschreiber Fabricius Platter. Von diesen drei Halunken – weil unter [dem] Fenster [ein] Haufen zerrissener Papiere und weicher Sand [lagen] – steht Fabricius sofort wieder auf; [er] entkommt nach Wien, wo er dem Matthias die Nachricht [von dem Vorgefallenen] bringt. Martinitz und Slawata [werden] von ihren Bedienten in [das] Haus des Oberst-Kanzlers von Lobkowitz gebracht. Von da rettet sich Martinitz nach München; Slawata, schwer verletzt am Kopf, [wird] in einem Haus bewacht. – Danach [wird der] Aufstand förmlich organisiert, Graf Thurn – an [der] Spitze der bewaffneten Macht – [ist der] cheville ouvrière des Ganzen.

24. Mai 1618: [Eine] ständische Regierung für Böhmen [wird] eingerichtet [sowie] an [einer] Verbindung mit dem protestantischen Teil Ungarns und mit [den] protestantischen Ständen Östreichs gearbeitet. Die böhmischen Stände, auf [dem] Prager Schloss versammelt, erwählen aus ihrer Mitte 30 Direktoren der Staatsangelegenheiten [und] bevollmächtigen sie, [die] äußeren und inneren Angelegenheiten Böhmens selbständig zu führen. Den Direktoren müssen der Schlosshauptmann Dionysius Czernin von Chudenitz und die Magistrate aller drei Städte den Treueid leisten.

Ferdinand wollte die Bewegung in Böhmen gleich ganz niederschlagen; [er] konterkariert durch seinen und [des] Erzherzogs Maximilian obstacle Khlesel; dieses obstacle [wird] nach dem „probaten" Mittel der Habsburger entfernt. Der östreichische Erzherzog Maximilian hatte auf ihn schon in Wien schießen lassen, aber [man hatte ihn] verfehlt. In [einer] Beratung zwischen Ferdinand und Erzherzog Maximilian mit dem spanischen Gesandten Graf Ognate [wird] zunächst [die] Entführung Khlesels (er war in Wien als Leiter des Matthias great obstacle) beschlossen; auch [der] päpstliche Nuntius [ist] in [das] Geheimnis [eingeweiht].

[Am] 19. Juli 1618 machen ihm Ferdinand und Maximilian [einen] Besuch, ihn so zum Gegenbesuch auf der Hofburg nötigend; dorthin nimmt ihn [am] nächsten Tag [der] Nuntius im Wagen mit – worauf [der] Nuntius, nachdem [er] Khlesel in [die] Hofburg [gebracht hat], sofort nach Haus zurück [fährt].

20. Juli 1618: In [der] Hofburg in Gewahr[sam] gebracht, wird Khlesel [darauf] nach Schottwein gebracht, dann von da durch Steiermark und Kärnten nach Tirol.

28. Juli 1618: Khlesel [sieht sich] auf [dem] Schloss Ambras in Tirol [in den Händen] seines Feindes, [des] Erzherzogs Maximilian. Trotz Verwendung des Papstes darf Khlesel erst [im Jahre] 1627 in sein Bistum Prag zurück.

1. Juni 1618: Alle Jesuiten [sind] aus Böhmen vertrieben; nur noch drei Städte: Pilsen, Budweis, Krumlow16 [sind] für Matthias; [sie hatten unterdessen ein] Heer gerüstet (die Stände von Mähren wollten nicht gemeinsame Sache mit ihnen machen), [es] dringt nach Östreich vor. Auf Ferdinands Betreiben [werden] zwei mit spanischem Geld geworbene Mietlingsheere [aufgestellt]; das Ganze [steht] unter [dem] Oberbefehl des im Hennegau geborenen Wallonen Karl Longueval, Graf von Bouquoi; unter ihm führt ein zweites Heer Heinrich Duval, Graf von Dampierre (Lothringer). Maximilian I. von Bayern – trotz allen Drängelns von Matthias und Ferdinand – gibt ihnen einstweilen keine Hilfe. – [Die] Böhmen wenden sich an [den] Kurfürsten Friedrich V. von [der] Pfalz, weil er Direktor der „Union" [ist], dessen [Schutz sie] dadurch sich zu sichern meinen, wobei sie unterstützt [werden] von dem windigen Christian von Anhalt, Friedrichs V. Mitdirektor der Union und seinem Statthalter in [der] Oberpfalz. Juni 1618: Ober [die] böhmischen Angelegenheiten beratet die Union in [einer] Versammlung zu Karlsburg, dann [im] Oktober 1618 zu Rothenburg (an der Tauber); [es werden] nichts als leere Versprechen [gegeben].

August 1618: Bouquoi und Dampierre rücken in Böhmen ein; [sie] grausamen gegen Lutheraner und Utraquisten, begräueln das Land. Dampièrre [wird] bei Czaslau geschlagen, dann wieder [im]

September 1618 bei Lomnitz. Bouquoi, der geradewegs nach Prag ziehn will, [wird] bei Budweis vom Grafen Thurn zurückgeworfen. – Die Stände von Schlesien nahmen Partei für [die] böhmische Sache.

Oktober 1618: [Die] Union bewegt den Grafen Ernst von Mansfeld mit 1000 Reitern, die er geworben, in [den] Sold der Böhmen zu treten. <Er hatte zuerst als Kondottieriführer in [den] Niederlanden und [im] Elsass an [der] Spitze von Banden für Östreich gegen [den] Protestantismus gestritten, dann [hat er] Religion und Partei gewechselt. [Der] Herzog von Savoyen, als er mit [der] Union sein Bündnis schloss, hatte ihn beauftragt, mit seinem (savoyischen) Geld Truppen in Deutschland zu werben; diese schickt der Herzog nun Friedrich V. als [dem] Haupt der Union zu; der überließ sie nach geheimen Unterhandlungen (see Breyer, „Maximilians Leben") den Böhmen.>

[Am] 21. November 1618 erobert Mansfeld an [der] Spitze seiner Banden [die] Stadt Pilsen ([die] zweite nach Prag) nach langem Widerstand; [er] gründete dadurch seinen Kriegsruhm und gab dem Aufstand Festigkeit.

Philipp III. schickt dem Matthias 300.000 Kronen Subsidien und ließ seine Truppen in Italien bereithalten. [Die] Schlesier schicken den Böhmen 2000 Infanteristen und 1000 Reiter „zur Verteidigung der evangelischen Religion". Die östreichischen Stände gestatten nicht, in ihrem Land für Matthias zu werben und Schieß- und Mundvorrat für des Heer [desselben] durch Östreich nach Böhmen zu bringen.

Als Bouquoi in Östreich Winterquartiere beziehen will, folgen ihm [die] Böhmen unter [dem] Grafen Johann Schlick, nehmen ihm alles Vieh und [alle] gemachte Beute ab, bemächtigen sich der 70.000 Gulden in seiner Kriegskasse, dringen in Östreich ein und erobern Swietla durch nächtlichen Überfall. Winter 1619: [Es] droht umsonst den Böhmen der lächerliche Siegmund III. von Polen; die Vermittlungsunterhandlungen, die Kurfürst Johann Georg l. betreibt, [werden] durch Thurn und Fels vereitelt. [Am] 20. März 1619 stirbt das Viech Matthias; sein Bruder Maximilian von Tirol war schon gestorben am 2. November 1618.

Als [die] böhmische Krone an Ferdinand II. [fiel, war] nur noch Budweis in [der] Gewalt der Östreicher. Ferdinands Vorschläge zur Güte (!) [werden] vereitelt durch den Einfluss von Thurn und Fels auf die 30 Direktoren, die damals in Böhmen herrschten. – Bouquoi, dessen Heer durch Wallonen neu verstärkt [wurde], beginnt den Krieg [von] östreichischer Seite wieder.

Thurn hatte sich mit dem böhmischen Hauptheer nach Mähren gewandt, um zuerst diese Provinz und dann auch Östreich mit den Böhmen zu vereinen; [er] nahm der Reihe nach Znaym, Brünn, lglau, Olmülz [und] rief dann die protestantischen und katholischen Stände nach Brünn. Gegenüber focht auf kaiserlicher Seile der berüchtigte Albrecht von Wallenstein an [der] Spitze eines einzigen Regiments, welches in fact von den mährischen Ständen geworben [worden war]; er erkannte die Beschlüsse des mährischen Landtags nicht an, verachtete die Befehle der böhmischen Direktoren, beunruhigte wo [nur] möglich Thums Heer; [er] floh schließlich mit der Kriegskasse von 100.000 Gulden nach Wien; die mährischen Stände setzten ihn ab und erhielten durch Drohungen das Geld von Ferdinand II. zurück. Der mährische Landtag schloss [eine] Union mit Böhmen, ernannte ein Direktorium von 24 Personen, vertrieb die Jesuiten [und] bestellte in allen Städten nur Protestanten zu Herren des Rats. Thurn marschiert [hierauf] nach Östreich. [Am] 6. Juni 1619 [erschien] Thurn vor Wien; da kein Widerstand dort [war], hätte er es genommen, verlor aber sechs Tage durch Hin- und Hergerede, so dass Dampierre 500 Reiter in die Burg werfen konnte etc.; [das geschah gerade] im Moment, wo Ferdinand durch die Böhmen vor der Stadt [einerseits] und die Deputierten der östreichischen evangelischen Stände [andrerseits] zur Entscheidung gedrängt wurde. Audi erhielt Thurn wenige Tage nachher von den Direktoren [den] Befehl, nach Prag zu eilen, das von den vereinten Truppen Bouquois und Dampierres bedrängt [wurde].

[Am] 9. Juni 1619 [kam es zur] Niederlage des Grafen Ernst von Mansfeld und [des] Grafen Hohenlohe bei Netolitz (Krummau) durch Bouquoi, der in Budweis durch Italiener und Wallonen verstärkt worden [war]. Hierauf besetzte das kaiserliche Heer eine Stadt nach der andren und bedrohte Prag.

17. August 1619: Auf [dem] Landtag zu Prag, wo auch Abgesandte von Mähren, Schlesien [und der] Lausitz [vertreten waren] – auch Deputierte der östreichischen protestantischen Städte [waren] dort – [wurde] Ferdinand II. als König von Böhmen abgesetzt.

[Am] 27. August 1619 [wurde] Ferdinand in Frankfurt zum deutschen Kaiser gewählt [und im] September gekrönt <[er] war schon [am] 10. Juli nach Frankfurt gekommen>.

1 Dieses Dokument wurde am 16. März 1607 abgefasst. Siehe Franz Dominicus Häberlin, „Neuere Teutsche Reichs-Geschichte bis auf unsere Zeiten", 22. Bd., Halle 1791, S. 444. Ein Auszug desselben findet sich auch bei Peter Philipp Wolf, „Geschichte Maximilians und seiifer Zeit", 2. Band, München 1807, S. 198-199. Jedoch wird hier die Einleitung dieses Dokumentes ungenau gebracht.

2 Nicht zu entziffern, sinngemäß gebracht. Die Red.

3 Nicht zu entziffern, sinngemäß gebracht. Die Red.

4 Das Schreiben Augusts von Sachsen bringt im Wortlaut L. Hutterus, „Concordia Concors, de origine et progressu formulae Concordiae ecclesiarium confessionis Augustanae, liber unus" [Concordia Concors, über den Ursprung und die Entwicklung der Formel von der Einheit der Kirchen der Augsburger Konfession, Buch eins], Francofurti et Lipsiae MDCXC, S. 232 bis 234.

5 Die Stelle lautet bei Schlosser: „Sehr naiv drückt sich das 1580 bei Gelegenheit der Auflösung des Meißnischen Konsistoriums erlassene Reskript über die Notwendigkeit aus, durch das Dresdener Ober-Konsistorium zu verhüten, dass irgend jemand im ganzen Sachsen-Lande seinem gesunden Verstande und den klaren Worten der Bibel in Religionssachen traue und sich dem theoretischen Dünkel widersetze."

6 Im Manuskript irrtümlich: Johann. Die Red.

7 Bei Schlosser: 12000. Die Red.

8 Siehe Bernhard Raupach, „Das evangelische Oesterreich, d. i. Nachricht von den Schicksalen der evangelischen Kirche in Oesterreich, 1520—1624", Bd. II, Hamburg 1742, Beilage IX, S. 52. 410

9 Bei Schlosser irrtümlich: Andreas. Die Red.

10 Kompaktaten — gemeint sind die Utraquisten (siehe Anmerkung 144). Am 30. November 1433 war es zu einem Vergleich, zu den „Kompaktaten" zwischen den böhmischen Ständen und Vertretern des Baseler Konzils gekommen, wonach den Calixtinern (Utraquisten) unter Einschränkungen zugestanden wurde: der Gebrauch des Laienkelchs, die freie Predigt, das Recht auf Verwaltung des Kirchenguts.

11 Pikarden — Name für verschiedene religiöse Gemeinschaften wie die im Jahre 1420 entstandenen Böhmischen Brüder, die sich an die Gebote der Bergpredigt hielten, den Kriegsdienst und die Annahme öffentlicher Ämter verweigerten.

12 Siehe Franz Christoph Khevenhiller, „Annales Ferdinandei", 8. Teil, Leipzig 1724, Spalte 185 ff.

13 Die Stelle lautet bei Schlosser: „,Der Kaiser', heißt es in der Instruktion Matthias', .wolle überhaupt niemand vor sich lassen, und was man von ihm erbitte, könne nur auf Umwegen mit großen Kosten erlangt werden. Kammerdiener, Maler, Alchimisten, Branntweinbrenner und Leute dieses Gelichters, denen sich auch des Kaisers Bruder fügen müsste, hätten die Länder regiert. Die Gerechtigkeitspflege und die Ämter seien verkäuflich, die erkauften Ämter aber nicht lange ihren Besitzern, welche bald verungnadet worden, sicher gewesen. Die geheimen Räte seien oft Monate lang nicht vorgelassen worden und hätten diejenigen, welche bei ihnen Bescheid suchten, an Kammerdiener gewiesen. Wenn Geschäfte endlich zum Vortrage gekommen wären, so seien dieselben nicht nach dem Gutachten der geheimen Räte, sondern ohne deren Wissen durch einen bestochenen Kabinettssekretär oder Vizekanzler vorgetragen und erledigt worden. Schon gefasste Entschließungen habe der Kaiser oft entweder nicht unterschreiben und ausfertigen wollen; die schon ausgefertigten aber habe er unter dem Vorgeben, dass er die Sache nicht wisse und von den Seinigen betrogen worden sei, oft zurückgenommen. An Termine und gerichtliche Verfahren habe sich der Kaiser nie gehalten, sondern er sei immer willkürlich zu Werk gegangen und habe nur die Leute, welche ihm dazu geraten, begünstigt.' Es folgte noch eine ganze Reihe anderer, von allen Zeitgenossen bestätigten Beschwerden, welche leicht aus der neulich von Hurter herausgegebenen, auf urkundlichen Quellen beruhenden Lebensbeschreibung des kaiserlichen Kammerdieners Lang bis ins Unendliche vermehrt werden könnten."

14 Im Manuskript: Mai. Die Red.

15 Bei Schlosser: Ruppowa. Die Red.

16 Bei Schlosser: Krummau. Die Red.

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