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5. Leitsätze über die Bedingungen der Aufnahme in die KI

Leitsätze über die Bedingungen der Aufnahme in die Kommunistische Internationale.

Der erste Kongress der Kommunistischen Internationale hat keine genauen Bedingungen für die Aufnahme in die Kommunistische Internationale aufgestellt. Bis zum Augenblick der Einberufung des 1. Kongresses existierten in den meisten Ländern bloß kommunistische Richtungen und Gruppen.

Unter anderen Verhältnissen tritt der II. Kongress der Kommunistischen Internationale zusammen. Zurzeit gibt es in den meisten Ländern nicht nur kommunistische Strömungen und Richtungen, sondern kommunistische Parteien und Organisationen.

An die Kommunistische Internationale wenden sich nun oft Parteien und Gruppen, die noch vor kurzem zur II. Internationale gehörten, die jetzt in die Kommunistische Internationale eintreten wollen, aber nicht in der Tat kommunistisch geworden sind. Die II. Internationale ist endgültig zerschlagen. Die Zwischenparteien und die Gruppen des „Zentrums”, die die völlige Aussichtslosigkeit der II. Internationale einsehen, versuchen sich an die immer kräftiger werdende Kommunistische Internationale anzulehnen. Sie hoffen jedoch dabei eine solche Autonomie” zu bewahren, die ihnen die Möglichkeit gewährt, ihre frühere opportunistische oder “Zentrumspolitik” weiterzuführen. Die Kommunistische Internationale wird gewissermaßen Mode.

Das Verlangen einiger führenden Gruppen des Zentrums”, in die Kommunistische Internationale einzutreten, ist eine indirekte Bestätigung dessen, dass die Kommunistische Internationale die Sympathien der überwiegenden Mehrheit der klassenbewussten Arbeiter der ganzen Welt erobert hat und dass sie eine mit jedem Tage immer mehr wachsende Macht wird.

Der Kommunistischen Internationale droht die Gefahr, durch wankelmütige und durch Halbheit sich auszeichnende Elemente, welche die Ideologie der II. Internationale noch nicht endgültig abgestreift haben, verwässert zu werden.

Außerdem verbleibt in einigen großen Parteien (Italien, Schweden, Norwegen, Jugoslawien u. a.), deren Mehrheit auf dem Standpunkt des Kommunismus steht, bis zum heutigen Tage ein bedeutender reformistischer und sozialpazifistischer Flügel, der nur auf den Augenblick wartet, wieder das Haupt zu erheben, mit der aktiven Sabotage der proletarischen Revolution zu beginnen und dadurch der Bourgeoisie und der II. Internationale zu helfen.

Kein einziger Kommunist darf die Lehren der ungarischen Räterepublik vergessen. Die Verschmelzung der ungarischen Kommunisten mit den so genannten linken” Sozialdemokraten ist dem ungarischen Proletariat teuer zu stehen gekommen.

Infolgedessen erachtet es der II. Kongress der Kommunistischen Internationale für notwendig, die Bedingungen der Aufnahme von neuen Parteien ganz genau festzulegen und diejenigen Parteien, die in die Kommunistische Internationale aufgenommen sind, auf die ihnen auferlegten Pflichten hinzuweisen.

Der II. Kongress der Kommunistischen Internationale stellt folgende Bedingungen der Zugehörigkeit zur Kommunistischen Internationale auf:

1. Die gesamte Propaganda und Agitation muss einen wirklich kommunistischen Charakter tragen und dem Programm und den Beschlüssen der Kommunistischen Internationale entsprechen. Alle Presseorgane der Partei müssen von zuverlässigen Kommunisten geleitet werden, die ihre Hingebung für die Sache des Proletariats bewiesen haben, Von der Diktatur des Proletariats darf nicht einfach wie von einer landläufigen, eingepaukten Formel gesprochen werden, sondern sie muss so propagiert werden, dass ihre Notwendigkeit jedem einfachen Arbeiter, jeder Arbeiterin, jedem Soldaten und Bauern verständlich wird aus den Tatsachen des täglichen Lebens, die von unserer Presse systematisch beobachtet und die Tag für Tag ausgenützt werden müssen.

Die periodische und nicht periodische Presse und alle Parteiverlage müssen völlig dem Parteivorstand unterstellt werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Partei in ihrer Gesamtheit in dem betreffenden Augenblick legal oder illegal ist. Es ist unzulässig, dass die Verlage ihre Selbständigkeit missbrauchen und eine Politik führen, die der Politik der Partei nicht ganz entspricht.

In den Spalten der Presse, in Volksversammlungen, in den Gewerkschaften, in Konsumvereinen — überall, wohin sich die Anhänger der Kommunistischen Internationale Eingang verschaffen, ist es notwendig, nicht nur die Bourgeoisie, sondern auch ihre Helfershelfer, die Reformisten aller Schattierungen, systematisch und unbarmherzig zu brandmarken.

2. Jede Organisation, die sich der Kommunistischen Internationale anschließen will, muss regelrecht und planmäßig aus allen mehr oder weniger verantwortlichen Posten der Arbeiterbewegung (Parteiorganisationen, Redaktionen, Gewerkschaften, Parlamentsfraktionen, Genossenschaften, Kommunalverwaltungen) die reformistischen und Zentrumsleute entfernen und sie durch bewährte Kommunisten ersetzen, ohne sich daran zu stoßen, dass besonders am Anfang an die Stelle von erfahrenen” Opportunisten einfache Arbeiter aus der Masse gelangen.

3. Fast in allen Ländern Europas und Amerikas tritt der Klassenkampf in die Phase des Bürgerkrieges ein. Unter derartigen Verhältnissen können die Kommunisten kein Vertrauen zu der bürgerlichen Legalität haben. Sie sind verpflichtet, überall einen parallelen Organisationsapparat zu schaffen, der im entscheidenden Moment der Partei behilflich sein wird, ihre Pflicht gegenüber der Revolution zu erfüllen. In all den Ländern, wo die Kommunisten infolge des Belagerungszustandes und der Ausnahmegesetze nicht die Möglichkeit haben, ihre gesamte Arbeit legal zu führen, ist die Kombinierung der legalen mit der illegalen Tätigkeit unbedingt notwendig.

4. Die Pflicht zur Verbreitung der kommunistischen Ideen schließt die besondere Verpflichtung zu einer nachdrücklichen systematischen Propaganda im Heere in sich. Wo diese Agitation durch Ausnahmegesetze unterbunden wird, ist sie illegal zu führen. Der Verzicht auf eine solche Arbeit würde einem Verrat an der revolutionären Pflicht gleichen und mit der Zugehörigkeit zur Kommunistischen Internationale unvereinbar sein.

5. Es ist eine systematische und planmäßige Agitation auf dem flachen Lande notwendig. Die Arbeiterklasse vermag nicht zu siegen, wenn sie nicht die Landproletarier und wenigstens einen Teil der ärmsten Bauern hinter sich und sich die Neutralität eines Teils der übrigen Dorfbevölkerung durch ihre Politik gesichert hat. Die kommunistische Arbeit auf dem flachen Lande gewinnt gegenwärtig hervorragende Bedeutung. Sie muss vornehmlich mit Hilfe der revolutionären, kommunistischen Arbeiter der Stadt und des Landes geführt werden, die mit dem flachen Lande Verbindung haben. Der Verzicht auf diese Arbeit oder deren Übergabe in unzuverlässige, halbreformistische Hände gleicht einem Verzicht auf die proletarische Revolution.

6. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, nicht nur den offenen Sozialpatriotismus, sondern auch die Unaufrichtigkeit und Heuchelei des Sozialpazifismus zu entlarven: den Arbeitern systematisch vor Augen zu führen, dass ohne revolutionären Sturz des Kapitalismus keinerlei internationale Schiedsgerichte, keinerlei Abkommen über Einschränkung der Kriegsrüstungen, keinerlei demokratische” Erneuerung des Völkerbundes imstande sein werden. neue imperialistische Kriege zu verhüten.

7. Die Parteien, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünschen, sind verpflichtet, den vollen Bruch mit dem Reformismus und mit der Politik des Zentrums” anzuerkennen und diesen Bruch in den weitesten Kreisen der Parteimitglieder zu propagieren. Ohne das ist eine konsequente kommunistische Politik nicht möglich.

Die Kommunistische Internationale fordert unbedingt und ultimativ die Durchführung dieses Bruches in kürzester Frist. Die Kommunistische Internationale vermag sich nicht damit abzufinden, dass notorische Opportunisten, wie sie jetzt durch Turati, Modigliani, Kautsky, Hilferding, Hillquith, Longuet, Macdonald u. a. repräsentiert werden, das Recht haben sollen, als Angehörige der Kommunistischen Internationale zu gelten. Das könnte nur dazu führen, dass die Kommunistische Internationale in hohem Maße der zugrunde gegangenen II. Internationale ähnlich werden würde.

8. In der Frage der Kolonien und der unterdrückten Nationen ist eine besonders ausgeprägte und klare Stellung der Parteien in denjenigen Ländern notwendig, deren Bourgeoisie im ‘Besitz von Kolonien ist und andere Nationen unterdrückt. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, die Kniffe ihrer” Imperialisten in den Kolonien zu entlarven, jede Freiheitsbewegung in den Kolonien nicht nur in Worten, sondern durch Taten zu unterstützen, die Verjagung ihrer einheimischen Imperialisten aus diesen Kolonien zu fordern, in den Herzen der Arbeiter ihres Landes ein wirklich brüderliches Verhältnis zu der arbeitenden Bevölkerung der Kolonien und zu den unterdrückten Nationen zu erziehen und in den Truppen ihres Landes eine systematische Agitation gegen jegliche Unterdrückung der kolonialen Völker zu führen.

9. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, muss systematisch und beharrlich eine kommunistische Tätigkeit innerhalb der Gewerkschaften, der Arbeiter- und Betriebsräte, der Konsumgenossenschaften und anderer Massenorganisationen der Arbeiter entfalten. Innerhalb dieser Organisationen ist es notwendig, kommunistische Zellen zu organisieren, die durch andauernde und beharrliche Arbeit die Gewerkschaften usw. für die Sache des Kommunismus. gewinnen sollen. Die Zellen sind verpflichtet, in ihrer täglichen Arbeit überall den Verrat der Sozialpatrioten und die Wankelmütigkeit. des Zentrums” zu entlarven. Die kommunistischen Zellen müssen der Gesamtpartei vollständig untergeordnet sein.

10. Jede der Kommunistischen Internationale angehörende Partei ist verpflichtet, einen hartnäckigen Kampf gegen die Amsterdamer Internationale” der gelben Gewerkschaftsverbände zu führen. Sie muss unter den gewerkschaftlich organisierten Arbeitern die Notwendigkeit des Bruches mit der gelben Amsterdamer Internationale nachdrücklichst propagieren. Mit allen Mitteln hat sie die entstehende internationale Vereinigung der roten Gewerkschaften, die sich der Kommunistischen Internationale anschließen, zu unterstützen.

11. Parteien, die der Kommunistischen Internationale angehören wollen, sind verpflichtet, den persönlichen Bestand ihrer Parlamentsfraktionen einer Revision zu unterwerfen, alle unzuverlässigen Elemente aus ihnen zu beseitigen, diese Fraktionen nicht nur in Worten, sondern in der Tat den Parteivorständen unterzuordnen, indem von jedem einzelnen kommunistischen Parlamentsmitglied gefordert wird, seine gesamte Tätigkeit den Interessen einer wirklich revolutionären Propaganda und Agitation zu unterwerfen.

12. Die der Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien müssen auf der Grundlage des Prinzips des demokratischen Zentralismus aufgebaut werden. In der gegenwärtigen Epoche des verschärften Bürgerkrieges wird die kommunistische Partei nur dann imstande sein, ihrer Pflicht zu genügen, wenn sie auf möglichst zentralistische Weise organisiert ist, wenn eiserne Disziplin in ihr herrscht und wenn ihr Parteizentrum, getragen von dem Vertrauen der Parteimitgliedschaft, mit der Fülle der Macht, Autorität und den weitgehendsten Befugnissen ausgestattet wird.

13. Die kommunistischen Parteien derjenigen Länder, in denen die Kommunisten ihre Arbeit legal führen, müssen von Zeit zu Zeit Säuberungen (Neuregistrierungen) des Bestandes ihrer Parteiorganisation vornehmen, um die Partei von den sich in sie einschleichenden kleinbürgerlichen Elementen systematisch zu reinigen.

14. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, jeder Sowjetrepublik in ihrem Kampfe gegen die konterrevolutionären Kräfte bedingungslosen Beistand zu leisten. Die kommunistischen Parteien müssen eine unzweideutige Propaganda führen zur Verhinderung des Transports von Kriegsmunition an Feinde der Sowjetrepubliken; ferner müssen sie unter den zur Erdrosselung von Arbeiterrepubliken entsandten Truppen mit allen Mitteln legal oder illegal Propaganda treiben usw.

15. Parteien, die bisher noch ihre alten sozialdemokratischen Programme beibehalten haben, sind verpflichtet, in möglichst kurzer Zeit diese Programme zu ändern und entsprechend den besonderen Verhältnissen ihres Landes ein neues kommunistisches Programm im Sinne der Beschlüsse der Kommunistischen Internationale auszuarbeiten. In der Regel muss das Programm jeder zur Kommunistischen Internationale gehörenden Partei von dem ordentlichen Kongress der Kommunistischen Internationale oder dem Exekutivkomitee bestätigt werden. Im Fall der Nichtbestätigung des Programms einer Partei durch das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat die betreffende Partei das Berufungsrecht an den Kongress der Kommunistischen Internationale.

16. Alle Beschlüsse der Kongresse der Kommunistischen Internationale wie auch die Beschlüsse ihres Exekutivkomitees sind für alle der Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien bindend. Die unter den Bedingungen des schärfsten Bürgerkrieges tätige Kommunistische Internationale muss bei weitem zentralisierter aufgebaut werden, als das in der II. Internationale der Fall war. Dabei müssen selbstverständlich die Kommunistische Internationale und ihr Exekutivkomitee in ihrer gesamten Tätigkeit den verschiedenartigen Verhältnissen Rechnung tragen, unter denen die einzelnen Parteien zu kämpfen und zu arbeiten haben, und Beschlüsse von allgemeiner Gültigkeit nur in solchen Fragen fassen, in denen solche Beschlüsse möglich sind.

17. Im Zusammenhang damit müssen alle Parteien, die der Kommunistischen Internationale angehören wollen, ihre Benennung ändern. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale angehören will, hat den Namen zu tragen: Kommunistische Partei des und des Landes (Sektion der Kommunistischen Internationale). Die Frage der Benennung ist nicht nur eine formelle, sondern in hohem Masse eine politische Frage von großer Wichtigkeit. Die Kommunistische Internationale hat der ganzen bürgerlichen Welt und allen gelben sozialdemokratischen Parteien den Krieg erklärt. Es ist notwendig, dass jedem einfachen Werktätigen der Unterschied zwischen den kommunistischen Parteien und den alten offiziellen sozialdemokratischen” oder sozialistischen Parteien, die das Banner der Arbeiterklasse verraten haben, klar ist.

18. Alle führenden Presseorgane der Parteien aller Länder sind verpflichtet, alle wichtigen offiziellen Dokumente des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale abzudrucken.

19. Alle Parteien, die der Kommunistischen Internationale angehören oder einen Antrag auf Beitritt gestellt haben, sind verpflichtet, möglichst schnell, aber spätestens 4 Monate nach dem II. Kongress der Kommunistischen Internationale einen außerordentlichen Kongress einzuberufen, um alle diese Bedingungen zu prüfen. Dabei müssen die Zentralen dafür sorgen, dass allen Lokalorganisationen die Beschlüsse des II. Kongresses der Kommunistischen Internationale bekannt werden.

20. Diejenigen Parteien, die jetzt in die Kommunistische Internationale eintreten wollen, aber ihre bisherige Taktik nicht radikal geändert haben, müssen vor ihrem Eintritt in die Kommunistische Internationale dafür sorgen, dass nicht weniger als zwei Drittel der Mitglieder ihrer Zentralkomitees und aller wichtigsten Zentralinstitutionen aus Genossen bestehen, die sich noch vor dem II. Kongress der Kommunistischen Internationale unzweideutig für den Eintritt der Partei in die Kommunistische Internationale öffentlich ausgesprochen haben. Ausnahmen sind zulässig mit Zustimmung des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale. Die Exekutive der Kommunistischen Internationale hat das Recht, auch für die im § 7 genannten Vertreter der Zentrumsrichtung Ausnahmen zu machen.

21. Diejenigen Parteiangehörigen, welche die von der Kommunistischen Internationale aufgestellten Bedingungen und Leitsätze grundsätzlich ablehnen, sind aus der Partei auszuschließen.

Dasselbe gilt namentlich von Delegierten zum außerordentlichen Parteitage.

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