Wladimir I. Lenin: Resolutionsentwurf zur Frage des offenen Auftretens

auf dem III. Parteitag der SDAPR, 12./25. April–27. April/10. Mai 1905

[Nach Sämtliche Werke, Band 7, 1929, S. 354 f.]

In Erwägung:

1. dass die revolutionäre Bewegung in Russland die absolutistische Regierung bereits ein wenig erschüttert und desorganisiert hat, so dass diese gezwungen ist, ein freies politisches Auftreten der ihr feindlichen Klassen in verhältnismäßig größerem Ausmaß zuzulassen;

2. dass von dieser Freiheit des politischen Auftretens am meisten und fast ausschließlich die bürgerlichen Klassen Gebrauch machen, die dadurch ihre bisherige ökonomische und politische Vorherrschaft über die Arbeiterklasse noch verstärken und die Gefahr der Verwandlung des Proletariats in ein einfaches Anhängsel der bürgerlichen Demokratie vergrößern;

3. dass unter den Arbeitermassen sich immer mehr und mehr das Streben nach einem selbständigen offenen Auftreten auf der politischen Arena entwickelt (zum Durchbruch kommt, ans Tageslicht tritt) selbst (in weniger wichtigen Fällen und selbst) ohne jede Mitwirkung der Sozialdemokratie; –

lenkt der III. Parteitag der SDAPR die Aufmerksamkeit aller Parteiorganisationen darauf, dass es notwendig ist:

a) alle Gelegenheiten des offenen politischen Auftretens der Gesellschaft und des Volkes in der Presse, den Vereinen und Versammlungen auszunützen, um den allgemein-demokratischen Forderungen die selbständigen Klassenforderungen des Proletariats entgegenzustellen, um sein Klassenbewusstsein zu entwickeln und es im Verlauf dieser Aktionen zu einer selbständigen sozialistischen Kraft zu organisieren;

b) alle legalen oder halblegalen Wege zur Schaffung von Arbeitervereinen, -verbänden und -organisationen auszunützen, wobei man bestrebt sein muss, den überwiegenden Einfluss der Sozialdemokratie auf diese Vereine (auf dem einen oder andern Wege) zu sichern, sie in Stützpunkte der künftigen offenen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Russland zu verwandeln;

c) Maßnahmen zu treffen, dass unsere Parteiorganisationen, neben der Aufrechterhaltung und Entwicklung ihres konspirativen Apparates, sofort in allen Fällen, wo dies möglich ist, daran gehen, zweckmäßige Formen des Überganges zur offenen Tätigkeit der Sozialdemokratie vorzubereiten, ohne dabei auch vor Zusammenstößen mit der bewaffneten Macht der Regierung zurückzuschrecken.