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SDAPR 19061100 Resolution der allrussischen Konferenz der SDAPR

Resolution der allrussischen Konferenz der SDAPR

[„Proletarier" Nr. 8, 6. Dezember (23. November) 1906 und „Sozialdemokrat" Nr. 7, 1. Dezember (18. November) 1906. Nach Wladimir I. Lenin: Sämtliche Werke, Band 10, Wien-Berlin 1930, S. 539-541]

Über die Taktik der SDAPR in der Wahlkampagne

I

In ihrer Wahlkampagne stellt sich die SDAPR, die als selbständige Klassenpartei des Proletariats auftritt, folgendes Ziel:

1. Weiteste Verbreitung des Programms der revolutionären Sozialdemokratie und Organisierung breitester Schichten des Proletariats auf dem Boden des Klassenkampfes.

2. Aufklärung der Massen über den illusorischen Charakter jeglicher Hoffnungen auf einen friedlichen Ausgang des Kampfes um die Macht zwischen dem Volk und dem Selbstherrschertum. Entlarvung der Halbheit und Haltlosigkeit der taktischen Methoden und programmatischen Losungen der bürgerlichen Oppositionsparteien, indem ihnen die revolutionären Methoden und Ziele des Proletariats entgegengestellt und die demokratischen Elemente auf den Weg des revolutionären Kampfes gedrängt werden.

3. Zerschlagung der konterrevolutionären Pläne der Reaktion, die die Duma in ihre Gewalt zu bekommen strebt, um mit ihrer Hilfe die rückständigen gesellschaftlichen Elemente um die Monarchie zu gruppieren.

4. Hebung der politischen Aktivität der Massen und Schaffung der Bedingungen für die Verwandlung der Duma in einen Stützpunkt der Revolution durch Organisierung der Kräfte der Revolution außerhalb der Duma und innerhalb derselben, Darlegung der ganzen Ohnmacht der Reichsduma als einer gesetzgebenden Institution unter der selbstherrlichen Monarchie, sowie der Notwendigkeit des Kampfes um eine souveräne konstituierende Versammlung.

II

1. In ihrer Wahlagitation tritt die Sozialdemokratie überall auf der Grundlage ihrer selbständigen Parteiplattform auf.

2. In Übereinstimmung mit der Resolution des Vereinigungsparteitages werden alle zwischen den Parteien als Ganzes geschlossenen oder einzelne Gruppen der Partei für die ganze Dauer der Wahlkampagne bindenden Bündnisse abgelehnt.

3. Bei den Wahlen zur Arbeiterkurie sind für das erste Stadium der Wahlen teilweise und örtliche Abkommen jeder Art mit Gruppen und Parteien, die nicht auf dem Standpunkt des Klassenkampfes des Proletariats stehen, unzulässig.

4. In allen übrigen Kurien sind, wenn sich im Laufe der Wahlkampagne die Gefahr herausstellt, dass die Listen der rechten Parteien durchdringen könnten, örtliche Abkommen mit revolutionären und oppositionell-demokratischen Parteien nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse unter der allgemeinen Kontrolle der Zentralinstanzen zulässig, wobei es jedoch absolut unzulässig ist, dass sich die Parteikandidaten oder Parteiorganisationen durch irgendwelche prinzipiellen Konzessionen an die das Abkommen treffenden Gruppen die Hände binden lassen.

5. Die Formen solcher Abkommen müssen in Einklang stehen mit den örtlichen Verhältnissen und diese Abkommen können geschlossen werden sowohl bezüglich der territorialen Verteilung der Kandidaturen im Rahmen eines einzelnen Wahlkreises als auch bei der Aufstellung gemeinsamer Kandidatenlisten für die Wahlmänner.

Anmerkung: Dabei ist dahin zu streben, dass gemeinsame Listen möglichst erst im allerletzten Moment vor den Wahlen aufgestellt werden, wenn die Wahlagitation sich bereits ihrem Ende nähert.

Zur Frage der Einheit der Wahlkampagne an den Orten

Die Konferenz gibt ihrer Überzeugung Ausdruck, dass es im Rahmen ein und derselben Organisation für alle ihre Mitglieder obligatorisch ist, sämtliche die Wahlkampagne betreffenden, von den maßgebenden Instanzen der Ortsorganisationen im Rahmen der allgemeinen Direktiven des Zentralkomitees gefassten Beschlüsse durchzuführen, wobei das Zentralkomitee den Ortsorganisationen verbieten kann, nicht rein-sozialdemokratische Listen aufzustellen, sie aber nicht verpflichten soll, nicht rein-sozialdemokratische Listen aufzustellen.

Abänderungsantrag zum Entwurf der vom Zentralkomitee vorgeschlagenen Wahlplattform

1. Die Ziele unserer Beteiligung an den Dumawahlen sind ausführlicher zu entwickeln, die Bedeutung der revolutionären Organisationen und die Selbsttätigkeit der Massen sowie die Rolle der Duma als Stützpunkt der Revolution sind zu betonen; 2. die allgemeine Charakteristik der oppositionellen und revolutionären Strömungen ist durch konkrete Beispiele der einzelnen Parteien (der konstitutionellen Demokraten, der Sozialrevolutionäre usw.) zu illustrieren und der Klassencharakter der Sozialdemokratie zu betonen; 3. Punkt 6 der Plattform ist ausführlicher darzulegen; 4. Die Plattform ist umzuarbeiten und populärer zu gestalten, wobei besonders die Bauernschaft zu berücksichtigen ist; 5. es ist ein Hinweis auf den Klassencharakter der Sozialdemokratie und auf das Endziel der proletarischen Bewegung einzufügen; 6. aus der Plattform darf auf keinen Fall die Erwähnung der Republik als der konkreten Form der Volksgewalt wegbleiben; auch dürfen die Hinweise auf die Kampfmittel (Aufstand usw.) nicht unterbleiben, d. h. es muss konkret darauf hingewiesen werden, dass der ganze voraufgegangene Kampf die Nation vor die Notwendigkeit eines allgemeinen Volksaufstandes und der Eroberung der Macht durch das Volk zwecks Einberufung der konstituierenden Versammlung gestellt hat; 8. es ist klar und unzweideutig der grundlegende Unterschied des Standpunktes der Sozialdemokratie gegenüber allen in der Duma-Kampagne eine Rolle spielenden Hauptparteien anzugeben und genau der Klasseninhalt der verschiedenen Parteien aufzuzeigen, und zwar sind die konstitutionellen Demokraten, die Trudowiki usw. zu charakterisieren und konkret zu nennen; 9. in der Plattform ist die Idee des Kampfes des Proletariats gegen die Bourgeoisie – eine Idee, die in der Plattform vollkommen verwischt wurde – zum Ausdruck zu bringen; 10. Ausdrücke wie: Abschaffung des Selbstherrschertums, Amnestie usw. sind aus der Plattform wegzulassen.

Über die Grenzen der Agitation für den Arbeiterkongress

Die Konferenz ist der Auffassung, dass aktive Schritte zur Organisierung der Einberufung eines Arbeiterkongresses absolut unzulässig sind und eine Verletzung der Parteidisziplin darstellen, solange nicht zu dieser Frage ein entsprechender Beschluss des Parteitages gefasst wurde.

Soweit jedoch eine Diskussion über die Frage eines Arbeiterkongresses in der Parteipresse und in den Versammlungen geführt wird, darf sie die Grenzen einer rein prinzipiellen Debatte nicht überschreiten.

Über die Beteiligung der Organisationen an den Kosten der Einberufung des Parteitages

I

Die Konferenz beschließt, dass sämtliche Parteiorganisationen zur Organisierung des Ordentlichen Parteitages einen ihrer Mitgliederzahl entsprechenden Beitrag an die Kasse des Zentralkomitees abzuführen haben. Mindestens die Hälfte dieses Beitrages muss einen Monat vor dem vom Zentralkomitee für die Einberufung des Parteitages festgesetzten Zeitpunkt der Kasse des Zentralkomitees überwiesen werden. Der Beitrag wird für jede Organisation mit 20 Kopeken für jeden organisierten Arbeiter festgesetzt.

2. Angesichts der beträchtlichen Kosten, die die Einberufung des Parteitages verursacht, und der Unmöglichkeit, mit diesen Kosten das Zentralkomitee zu belasten, beschließt die Konferenz, dass sämtliche Ortsorganisationen alle Ausgaben selbst tragen und jeden Delegierten mit der vom ZK bezeichneten erforderlichen Summe auszustatten haben. Das Zentralkomitee muss jeder Verantwortung enthoben werden, wenn es einem Delegierten an Geld mangelt und es dem Zentralkomitee infolgedessen nicht möglich ist, diesen Delegierten zum Parteitag zu entsenden.

November 1906

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