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Wladimir I. Lenin: Das Agrarprogramm der Sozialdemokratie in der ersten russischen Revolution von 1905 bis 1907

Das Agrarprogramm der Sozialdemokratie in der

ersten russischen Revolution von 1905-19071

[Nach Ausgewählte Werke, Band 3, Wien-Berlin 1932, S. 150-274 und für Kapitel 3: Band 12, Moskau 1939, S. 285-313]

Zwei Jahre der Revolution, vom Herbst 1905 bis zum Herbst 1907, haben gewaltige geschichtliche Erfahrungen auf dem Gebiete der Bauernbewegung in Russland, des Charakters und der Bedeutung des Kampfes der Bauernschaft um den Boden gebracht. Jahrzehnte sogenannter „friedlicher“ Entwicklung (d. h. solcher, wo Millionen sich von den oberen Zehntausend ruhig scheren lassen) können für die Beleuchtung des inneren Mechanismus unserer sozialen Ordnung niemals so reiches Material liefern, wie es diese zwei Jahre gegeben haben sowohl im Sinne des unmittelbaren Kampfes der Bauernmassen gegen die Gutsbesitzer als auch im Sinne eines einigermaßen freien Vorbringens der Bauernforderungen in Volksvertretungen. Daher erweist sich eine Revision des Agrarprogramms der russischen Sozialdemokraten vom Standpunkt dieser zweijährigen Erfahrungen als absolut notwendig, besonders mit Rücksicht darauf, dass das heutige Agrarprogramm der SDAPR auf dem Stockholmer Parteitag im April 1906 beschlossen worden ist, d. h. am Vorabend des ersten offenen Auftretens von Vertretern der Bauernschaft ganz Russlands mit einem bäuerlichen Agrarprogramm im Gegensatz zum Regierungsprogramm und zum Programm der liberalen Bourgeoisie.

Der Revision des sozialdemokratischen Agrarprogramms muss das neueste statistische Material über den Grundbesitz in Russland zugrunde gelegt werden, um möglichst genau festzustellen, welches eigentlich die wirtschaftliche Unterlage aller Agrarprogramme unserer Zeit ist, um was eigentlich der große geschichtliche Kampf geht. Mit dieser wirtschaftlichen Grundlage des wirklichen Kampfes muss sein ideologisch-politischer Ausdruck in den Programmen, Erklärungen, Forderungen, Theorien der Vertreter verschiedener Klassen verglichen werden. Diesen und nur diesen Weg hat ein Marxist zu gehen, zum Unterschied vom kleinbürgerlichen Sozialisten, der von abstrakter „Gerechtigkeit“, von der Theorie des „Arbeitsprinzips“ usw. ausgeht, und auch zum Unterschied vom liberalen Bürokraten, der bei jeder Umgestaltung die Verteidigung der Ausbeuterinteressen durch Argumentationen über die praktische Durchführbarkeit der Reform und über den „staatlichen“ Standpunkt zu verschleiern sucht.

Kapitel I. Die wirtschaftlichen Grundlagen und das Wesen der Agrarumwälzung in Russland

Kapitel II. Die Agrarprogramme der SDAPR und ihre Feuerprobe in der Revolution

Kapitel III. Die theoretischen Grundlagen der Nationalisierung und Munizipalisierung

Kapitel IV. Politische und taktische Erwägungen in den Fragen des Agrarprogramms

V. Kapitel. Die Klassen und die Parteien in den Agrardebatten der zweiten Duma [fehlt]

Schlusswort

1 Die Arbeit Lenins „Das Agrarprogramm der Sozialdemokratie in der ersten russischen Revolution von 1905-1907“ wurde im Jahre 1907 geschrieben, 1908 veröffentlicht, aber von der zaristischen Regierung beschlagnahmt. Die nächste Veröffentlichung erfolgte dann erst im Jahre 1917.