Wladimir I. Lenin: Die Streiks in Russland [Geschrieben 1913 Veröffentlicht 1914 im „Arbeiterkalender für 1914", Verlag „Priboj", St, Petersburg Gez.: W. I. Nach Sämtliche Werke Band 17, Moskau-Leningrad 1935, S. 197-200] Die Streikstatistik wird in den meisten Staaten Westeuropas seit relativ kurzer Zeit, seit 10 bis 20 Jahren, richtig geführt. In Russland gibt es erst von 1895 an Angaben über die Streiks. Der Hauptmangel unserer offiziellen Statistik besteht, abgesehen von der zu niedrigen Angabe der Zahl der Streikenden, darin, dass sie nur die Arbeiter solcher Betriebe erfasst, die der Fabrikinspektion unterstellt sind. Die Eisenbahner, die Bergleute, die Straßenbahner, die Arbeiter in den Monopol-, Bergbaubetrieben usw., die Bauarbeiter und die Landarbeiter werden von der Statistik nicht erfasst. Hier die Gesamtdaten für die ganze Zeit des Bestehens der Streikstatistik in Russland:
Um wie viel diese Ziffern zu niedrig sind, geht beispielsweise daraus hervor, dass ein sehr vorsichtiger Publizist, Herr Prokopowitsch für 1912 eine andere Ziffer anführt: 683.000 Streikende, und „nach einer anderen Berechnung 1.248.000 in den Fabrikbetrieben und außerdem 215.000 in den der Fabrikinspektion nicht unterstellten Betrieben", d. h. insgesamt 1.463.000, fast 1½ Millionen. Die Zahl der politischen Streiks beziffert sich (vom Jahre 1905 an) wie folgt:
Die Geschichte der Streiks in Russland zerfällt somit deutlich in vier Perioden (abgesehen von den achtziger Jahren, wo die berühmten Streiks in den Morosowschen Betrieben ausbrachen, die selbst von dem reaktionären Publizisten Katkow als das Auftauchen der „Arbeiterfrage" in Russland vermerkt wurden): Zahl der Streikenden im Jahresdurchschnitt Erste Periode (1895–1904), vor der Revolution 43.000 zweite Periode (1905–1907), Revolutionszeit 1.570.000 dritte Periode (1908–1910), Zeit der Gegenrevolution 92.000 vierte Periode (1911–1912), neueste Zeit, Beginn des Aufschwungs 308.000 Für alle 18 Jahre zusammengenommen betrug die durchschnittliche Zahl der Streikenden bei uns 335.300 jährlich. In Deutschland war der Durchschnitt für 14 Jahre (1899–1912) – 229.500; in England war der Durchschnitt für 20 Jahre (1893– 1912) 344.200. Um den Zusammenhang der Streiks in Russland mit der politischen Geschichte anschaulich zu illustrieren, führen wir hier die Daten für die Jahre 1905–1907 für jedes Vierteljahr an:
Die Beteiligung der Arbeiter der verschiedenen Gebiete Russlands an den Streiks gebt aus den folgenden Daten hervor:
Hieraus ersieht man die relative Zurückgebliebenheit Moskaus, noch mehr aber die des Südens, bei überragendem Übergewicht Petersburgs und seines Bezirks (Riga inbegriffen), wie auch Polens. Die Streikenden verteilten sich auf die wichtigsten Industriezweige folgendermaßen: Zahl der Streikenden (in Tausenden)
Daraus ersieht man die führende Rolle der Metallarbeiter und die Zurückgebliebenheit der Textilarbeiter, noch mehr aber der übrigen Arbeiter. Nach dem Streikanlass gruppieren sich die Streiks (für die 11 Jahre 1895–1908) folgendermaßen: politische 59,9 Prozent der Streikenden; Lohn 24,3 Prozent; Arbeitszeit 10,9 Prozent; Arbeitsverhältnisse 4,8 Prozent. Nach dem Erfolg der Streiks erhalten wir die folgende Teilung (wobei die Streikenden, die den Streik mit einem Kompromiss beendeten, zu gleichen Hälften auf die Sieger und die Besiegten aufgeteilt werden):
Die Angaben für die Jahre 1911 und 1912 sind nicht vollständig und mit den vorhergehenden nicht ganz vergleichbar. Zum Schluss wollen wir einige kurze Angaben über die Verteilung der Streiks nach der verschiedenen Größe der Betriebe und nach dem Standort der Betriebe anführen:
Das Überwiegen der Großbetriebe in der Streikbewegung und die relative Zurückgebliebenheit der Fabriken auf dem Lande sind aus diesem Ziffern klar ersichtlich. |