Lenin‎ > ‎1913‎ > ‎

Wladimir I. Lenin 19131216 Über die Einheit der Arbeiter

Wladimir I. Lenin: Über die Einheit der Arbeiter

[Sa Prawdu", Nr. 50, 3./16. Dezember 1913. Nach Sämtliche Werke Band 17, Moskau-Leningrad 1935, S. 122-124]

Die Polemik der „Nowaja Rabotschaja Gaseta" gegen die sechs Arbeiterabgeordneten nimmt in der letzten Zeit einen immer weniger sachlichen, immer weniger ideellen, immer mehr „zänkischen" Charakter am. Um so mehr ist es notwendig, in dieser Polemik zu einer ernsthaften Untersuchung der Streitfragen zurückzukehren. Darin wird gewiss jeder klassenbewusste Arbeiter mit uns einverstanden sein.

Da haben wir die „klangvollen" Namen vor uns, mit denen die Liquidatoren anrücken. Zereteli und Gegetschkori verurteilen die Sechs, die „leitende Instanz" der Augustkonferenz (1912) verurteilt sie ebenfalls. Zum tausendundersten Male werden die sechs Spalter gescholten und wird die „Einheit" verkündet.

Zum tausendundersten Male werden wir, ohne uns von dem Geschelte und dem Lärm beirren zu lassen, die Arbeiter auffordern, über die Frage nachzudenken und sie zu studieren.

Die Einheit ist für die Arbeiterklasse notwendig. Die Einheit kann nur durch eine einheitliche Organisation verwirklicht werden, deren Beschlüsse von allen klassenbewussten Arbeitern aus freien Stücken und nach bestem Gewissen durchgeführt werden. Eine Frage behandeln, die verschiedenen Meinungen äußern und anhören, die Ansicht der Mehrheit der organisierten Marxisten ermitteln, diese Ansicht in einem von der Organisation für alle Mitglieder gefassten Beschlüsse zum Ausdruck zu bringen, diesen Beschluss gewissenhaft zu vollziehen: – das ist es, was überall in der Welt, unter allen vernünftigen Leuten als Einheit bezeichnet wird. Und diese Einheit ist der Arbeiterklasse unendlich teuer, unendlich wichtig. Zersplittert sind die Arbeiter nichts. Vereint sind die Arbeiter alles.

Es fragt sich nun: gibt es Daten, auf die gestützt jeder klassenbewusste Arbeiter, der die strittige Frage selbständig untersuchen will, sich über die Verwirklichung der Einheit unter den sozialdemokratischen Arbeitern während der letztem Jahre ein Urteil bilden könnte?

Man muss sich bemühen, derartige Daten zu sammeln, sie zu überprüfen und sie als Material zur Aufklärung, zum Zusammenschluss und zur Organisierung der Arbeiter zu veröffentlichen.

Vom April 1912 an bestand die Zeitung „Prawda", deren Richtung (dies hat kein einziger von ihren Gegnern bestritten) stets genau mit den Beschlüssen übereinstimmte, die von jenem Zeitpunkt an von der leitenden Körperschaft der Marxisten dreimal (einmal im Jahre 1912 und zweimal im Jahre 1913) gefasst wurden. Vom wie viel Arbeitern wurden diese Beschlüsse (über sämtliche Fragen des Arbeiterlebens; insgesamt waren es vierzig Beschlüsse) anerkannt und in die Praxis umgesetzt?

Auf diese – offenbar höchst wichtige und interessante – Frage kann eine nur ungefähre, aber auf ganz genaue, objektive und nicht einseitig zusammengestellte Tatsachen begründete Antwort gegeben werden In den Jahren 1912 und 1913 gab es größtenteils zwei Arbeiterzeitungen, die vor den Arbeitermassen verschiedene Ansichten vertraten. Beide Zeitungen veröffentlichten Berichte über die Arbeitergruppen, die zwecks Unterstützung der einen oder der anderen Zeitung Geldsammlungen veranstalteten. Es braucht nicht gesagt zu werden, dass die Arbeitergruppen, die einer bestimmtem Zeitung eine Unterstützung zukommen ließen, damit in der Tat (und nicht nur in Worten) ihre Sympathie für deren Richtung sowie ihre Bereitschaft bekundeten, die von dieser Zeitung geteilten Beschlüsse zu verfechten.

Die Veröffentlichung dieser Angaben in den beiden sich befehdenden Zeitungen ist die beste Garantie gegen, Fehler, die von den interessierten Arbeitern selbst korrigiert werden. Hier diese Angaben, die schon viele Male publiziert und kein einziges Mal vom jemandem widerlegt oder durch andere Daten ersetzt worden sind: während fast zweier Jahre, von Januar 1912 bis Oktober 1913, wurden von dem Arbeitern für den „Lutsch" 556, für die „Prawda" 2181 und für die Moskauer Arbeiterzeitung 395 Sammlungen durchgeführt.

Man kann kühn behaupten, dass kein einziger Mensch, der nicht durch irgendwelche besonderen Umstände verblendet ist, Bedenken tragen wird, zuzugeben, dass die Mehrheit (und zwar eine gewaltige) hinter den „Prawdisten" steht. Die „Prawda"-Anhänger schaffen langsam, aber beharrlich die wirkliche Einheit der durch einheitliche Beschlüsse, die sie gewissenhaft durchführen, vereinigten Arbeiter selbst. Zum ersten Mal im Verlauf einer so langen Zeit vereinigt in Russland eine marxistische Tageszeitung, die die einheitlichen und genauen Beschlüsse sorgfältig verficht, die über das ganze Land verstreuten Arbeitergruppen immer systematischer und fester.

Das ist die Einheit der Arbeiter in der Tat und nicht nur in Worten! Das ist natürlich bei weitem noch nicht alles, aber es ist bereits eine Tat und keine Worte, keine leere Reklame.

Aber Zereteli, Gegetschkori und die „leitende Augustinstanz" umgehen, wie alle übrigen Liquidatoren, hartnäckig diese Tatsachen!!

Sie schreien nach „Einheit" und verschweigen, dass es gerade die Liquidatoren sind, die unter den klassenbewussten Arbeitern in offenkundiger Minderheit, eben dadurch die Einheit verletzen, dass sie den Willen dieser Mehrheit sprengen!!

Keine Ausrufe, kein Geschrei und keine Schimpfworte vermögen diese einfache und klare Tatsache zu widerlegen. Nur mit einem Lächeln können wir die Berufung des „leitenden August-usw." auf verschiedene „Körperschaften und Gruppen" aufnehmen. Bedenkt doch, meine Herren: was sind diese „Körperschaften und Gruppen" wert, wenn hinter ihnen überhaupt keine Arbeiter stehen oder nur die offenkundige Minderheit der Arbeiter steht? Solche „Körperschaften und Gruppen" sind eben die Spaltung fördernde Einrichtungen, wenn sie nicht alle Arbeiter auffordern, den Willen der Mehrheit zu erfüllen.

Die Erfahrung während der Belebung der Arbeiterbewegung in den letzten zwei Jahren hat die Ansichten der „Prawda"-Anhänger immer mehr bestätigt. Die Erfahrung bei der Vereinigung der russischen Arbeiter auf dem Boden der bestimmten Beschlüsse der Marxisten zeigt immer klarer die Erfolge, das Wachstum und die Kraft unserer Organisation. Es versteht sich, dass wir noch mutiger und schneller auf dem nämlichen Wege weiter schreiten werden, ohne uns durch Geschimpf oder Geschrei oder irgend etwas anderes beirren au lassen.

Kommentare