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Wladimir I. Lenin 19181212 Entwurf von Regeln für die Verwaltung der Sowjetinstitutionen

Wladimir I. Lenin: Entwurf von Regeln für die Verwaltung der

Sowjetinstitutionen1

[Geschrieben am 12. Dezember 1918. Zum ersten Mal veröffentlicht 1928 im „Lenin-Sammelband" VIII. Nach Sämtliche Werke, Band 23, Moskau 1940, S. 563-567]

I

Die kollegiale Besprechung und Entscheidung aller Verwaltungsfragen in den Sowjetinstitutionen muss begleitet sein von der Festsetzung der striktesten Verantwortlichkeit jeder Person, die eine beliebige Sowjetfunktion innehat, für die Durchführung bestimmter, klar und unzweideutig umrissener Aufgaben und praktischer Arbeiten.

Die Befolgung dieses Prinzips, ohne das die Durchführung einer wirklichen Kontrolle und die Auswahl der geeignetsten Personen für jede Funktion und jede Arbeit unmöglich ist, muss von nun ab unbedingte Pflicht werden.

Darum ist jedes Sowjetkollegium und jede Sowjetinstitution ohne jede Ausnahme verpflichtet, unverzüglich:

1. einen Beschluss zu fassen über die genaue Verteilung der Arbeit und der Verantwortung zwischen sämtlichen Mitgliedern des Kollegiums oder den beamteten Personen;

2. mit absoluter Genauigkeit die Verantwortung derjenigen Personen zu bestimmen, die einzelne Aufträge irgendwelcher Art ausführen, insbesondere aber solche, die die rasche und richtige Aufbringung und Verteilung von Rohstoffen und Lebensmitteln betreffen.

Die Erfüllung dieser für sämtliche Sowjetinstitutionen verpflichtenden Regel wird den Orts-, Kreis-, Stadt- usw. Volkswirtschaftsräten und den Wirtschafts- (oder ökonomischen) Abteilungen der Exekutivkomitees besonders zur Pflicht gemacht. Diese Abteilungen und die Volkswirtschaftsräte sind verpflichtet, unverzüglich bestimmten Personen die Verantwortung für schnelle und richtige Aufbringung je einer Art von all den Rohstoffen und Lebensmitteln, deren die Bevölkerung bedarf, aufzuerlegen.

Alle leitenden Sowjetkörperschaften, wie: Exekutivkomitees, Sowjets der Gouvernements, der Städte usw. sind verpflichtet, unverzüglich ihre Arbeiten so umzustellen, dass die faktische Kontrolle über die wirkliche Durchführung der Verordnungen der Zentralgewalt und der örtlichen Behörden an den ersten Platz tritt, die Arbeit anderer Art dagegen in weitest möglichem Maße Hilfskommissionen aus einer kleinen Zahl von Mitgliedern der betreffenden Körperschaft übergeben wird.

II

Zwecks Bekämpfung des Schlendrians und zur erfolgreicheren Aufdeckung von Missbräuchen sowie zur Entlarvung und Beseitigung unehrlicher beamteter Personen, die in die Sowjetinstitutionen eingedrungen sind, werden folgende Regeln festgelegt:

In jeder Sowjetinstitution müssen nicht nur innerhalb des Gebäudes, sondern auch außen, Regeln über Tage und Stunden für den Empfang des Publikums so ausgehängt werden, dass sie allen ohne jeden Passierschein zugänglich sind. Der Raum für den Empfang muss unbedingt so eingerichtet sein, dass der Zutritt zu ihm unbedingt ohne jeden Passierschein frei ist.

In jeder Sowjetinstitution muss ein Buch geführt werden, in das in aller Kürze der Name des Antragstellers, das Wesen seines Anliegens einzutragen und anzugeben ist, wohin die Angelegenheit weitergeleitet wurde.

An Sonn- und Feiertagen müssen Sprechstunden festgesetzt werden.

Den beamteten Personen der Staatskontrolle wird das Recht eingeräumt, in allen Sprechstunden anwesend zu sein; ihnen wird zur Pflicht gemacht, von Zeit zu Zeit die Sprechstunden zu besuchen, das Registrationsbuch zu prüfen und über den Besuch, die Durchsicht des Buches und die Befragung des Publikums ein Protokoll aufzusetzen.

Die Kommissariate für Arbeit, für Staatskontrolle und für Justiz sind verpflichtet, allerorts Auskunftsbüros zu organisieren, die unbedingt auch an Sonntagen Sprechstunden einzurichten haben, unter Benachrichtigung der Bevölkerung über Tag und Stunde des Empfanges, zu dem alle ohne Passierscheine und unentgeltlich freien Zutritt haben.

Diese Auskunftsbüros sind verpflichtet, nicht nur alle erbetenen Auskünfte, sowohl mündliche als auch schriftliche, zu geben, sondern auch unentgeltlich schriftliche Gesuche für Analphabeten und solche Personen aufzusetzen, die außerstande sind, ein verständliches Gesuch abzufassen. Zur Mitwirkung in diesen Auskunftsbüros sind unbedingt sowohl Vertreter aller in den Sowjets zugelassenen Parteien, bei unbedingter Hinzuziehung auch der nicht an der Regierung beteiligten Parteien, als auch Vertreter der parteilosen Gewerkschaften und der parteilosen Verbände der Intelligenz heranzuziehen.

III

Die Landesverteidigung der Sowjetrepublik erfordert dringend die größte Kräfteersparnis und die produktivste Verwendung der Volksarbeit.

Zu diesem Zwecke wird – in erster Linie in Bezug auf alle Sowjetinstitutionen, mit späterer Ausdehnung auf alle und jede Unternehmungen und Kollegien – Nachstehendes beschlossen:

1. Jede irgendwie selbständige Abteilung ausnahmslos sämtlicher Sowjetinstitutionen muss innerhalb dreier Tage dem örtlichen Exekutivkomitee (und in Moskau außerdem auch noch dem Volkskommissariat für Justiz) kurze Angaben laut folgendem Schema einreichen: a) Ressort; b) Bezeichnung der Abteilung; c) Inhalt ihrer Arbeit in knappster Schilderung; d) Zahl der Unterabteilungen, der Kanzleien oder anderer Gliederungen unter Aufzählung derselben; e) Zahl der Angestellten männlichen und weiblichen Geschlechts; f) Umfang der Geschäftsführung, soweit dieser ausgedrückt werden kann, z. B. durch die Zahl der Akten, den Umfang des Briefwechsels und andere ähnliche Merkmale.

Die örtlichen Exekutivkomitees (und in Moskau das Exekutivkomitee des Sowjets im Einvernehmen mit dem Volkskommissariat für Justiz und dem Präsidium des Zentralexekutivkomitees) sind verpflichtet, unverzüglich: 1. Maßnahmen zu treffen zur Kontrolle der richtigen und rechtzeitigen Durchführung der oben dargelegten Regel; 2. innerhalb einer Woche vom Tage der Vorlage der erwähnten Angaben einen Plan auszuarbeiten zur Koordinierung, Vereinigung und Verschmelzung derjenigen Abteilungen, die gleiche oder gleichartige Angelegenheiten verwalten.

In die Kommissionen, die von den oben erwähnten Institutionen mit der Durchführung dieser Maßnahmen beauftragt werden, sind Vertreter der Ressorts für Innere Angelegenheiten, Justiz, Staatskontrolle und Arbeit einzubeziehen, mit der Maßgabe, dass je nach Bedarf auch andere Ressorts herangezogen werden, und mit der Verpflichtung, allwöchentlich an den Rat der Volkskommissare und das Präsidium des Zentralexekutivkomitees kurze Berichte darüber einzusenden, was zur Verschmelzung gleichartiger Abteilungen und zur Arbeitsersparnis getan worden ist.

2. In jeder Stadt, wo gleichartige Abteilungen oder Ämter vorhanden sind, seien es zentrale oder solche des Gebiets, der Stadt, des Gouvernements, des Kreises, müssen sofort bei der obersten Behörde Kommissionen geschaffen werden zur Koordinierung und Vereinigung aller derartiger Institutionen zwecks größtmöglicher Kräfteersparnis, wobei diese Kommissionen auf Grund der Regeln und unter Einhaltung der Fristen, die im Art. 1 angegeben sind, zu arbeiten haben.

3. Denselben Kommissionen (Art. 1 und 2) ist auf denselben Grundlagen die schnellste Durchführung von Maßnahmen zur maximalen Ersetzung der Männerarbeit durch Frauenarbeit und zur Aufstellung von Listen der Männer zu übertragen, die auf eine Arbeit in der Armee oder bei der Armee oder auf andere Arbeiten, welche keinen Kanzlei-, sondern operativen und praktischen Charakter haben, überfuhrt werden können.

4. Die gleichen Kommissionen (Art. 1 und 2) werden beauftragt, im Einvernehmen mit den örtlichen Organisationen der Kommunistischen Partei Russlands einen Personenwechsel derart vorzunehmen, dass Mitglieder der KPR (mit einer Parteizugehörigkeit von nicht weniger als zwei Jahren) nur auf leitenden und verantwortlichsten Stellen verbleiben, während die übrigen Stellen mit Parteilosen oder Mitgliedern anderer Parteien besetzt werden, um eine möglichst grolle Zahl von Mitgliedern der KPR für andere Arbeiten frei zu machen.

Alle Organisationen der KPR werden verpflichtet, innerhalb einer Woche vom Tage der Veröffentlichung dieses Beschlusses des ZK der KPR in sämtliche Mitgliedsbücher und Karten Angaben darüber einzutragen, seit wann die betreffende Person Mitglied der bolschewistischen Partei ist.

Fehlen Angaben darüber und ist es unmöglich, solche einzuziehen (und durch Unterschrift von nicht weniger als drei Mitgliedern der KPR mit zweijähriger Parteizugehörigkeit zu beglaubigen), so muss in jedem Mitgliedsbuch oder jeder Karte ein Vermerk gemacht werden: „Seit wann in der Partei – unbekannt."

Alle Mitglieder der KPR, die irgendeinen Sowjetposten bekleiden, sind verpflichtet, sofort in ihre Mitgliedsbücher unter Bestätigung durch die Vorsitzenden der Parteiorganisationen oder deren Sekretäre kurze Angaben darüber eintragen zu lassen, welchen Parteien die betreffende Person während der letzten fünf Jahre angehört oder nahegestanden hat.

1 Zu dem „Entwurf von Regeln für die Verwaltung der Sowjetinstitutionen" existiert folgendes, von W. I. Lenin eigenhändig geschriebenes Begleitschreiben: „Ich bitte, diesen Entwurf, den ich für den Rat für Verteidigung verfasst habe, durchzulesen, den Genossen zu zeigen und bis Sonnabend, den 14. XII. zu begutachten; wünschenswert bis Sonnabend schriftliche Abänderungsvorschläge." Lenin selbst hatte eine Liste von Personen aufgestellt, denen der „Entwurf" zugestellt werden sollte. Darunter befanden sich J. W. Stalin, J. M. Swerdlow u. a.

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