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Wladimir I. Lenin 19180823 Rede in einer Volksversammlung im Alexejew-Volkshaus

Wladimir I. Lenin: Rede in einer Volksversammlung im

Alexejew-Volkshaus

(23. August 1918. Kurzer Zeitungsbericht)

[„Petrogradskaja Prawda" Nr. 185 (411). 27. August 1918. Nach Sämtliche Werke, Band 23, Moskau 1940, S. 241-243]

Genossen, heute veranstaltet unsere Partei Volksversammlungen mit dem Thema – „Wofür kämpfen wir Kommunisten".

Auf diese Frage kann man am Kürzesten so antworten: für die Beendigung des imperialistischen Krieges und für den Sozialismus.

Schon bei Kriegsbeginn, in der Zeit der Reaktion und des Zarismus, erklärten wir, dass der Krieg ein Verbrechen sei, dass der einzige Ausweg aus ihm die Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg sei.

Vielen schien damals der Zusammenhang zwischen dem imperialistischen Krieg und dem Sozialismus unverständlich, sogar viele Sozialisten glaubten, dass dieser Krieg, ebenso wie andere Kriege, durch einen Friedensschluss beendigt werden würde.

Vier Jahre Krieg haben jedoch vieles gelehrt. Heute wird es immer offenkundiger, dass es keinen anderen Ausweg gibt. Nach der russischen Revolution reifen in allen kriegführenden Ländern Revolutionen heran. Warum ist das so gekommen? Um diese Frage zu beantworten, muss man klarstellen, wie sich die Kommunisten zum Kriege verhalten und wie wir ihn von unserem Standpunkt aus einschätzen. Alle Kriege, die das Resultat räuberischer Bestrebungen der Zaren und Kapitalisten waren, halten wir für verbrecherisch, denn sie sind für die werktätigen Klassen verderblich, während sie der herrschenden Bourgeoisie reiche Früchte bringen.

Doch gibt es Kriege, die die Arbeiterklasse als die einzig gerechten Kriege bezeichnen muss – das ist der Kampf um die Befreiung aus der Sklaverei, aus dem Joch der Kapitalisten; solche Kriege muss es geben, weil wir die Befreiung nicht anders als durch Kampf erreichen werden.

Als im Jahre 1914 zwischen den Deutschen und den Engländern-Franzosen der Krieg darum begann, wie die Erde zwischen ihnen aufzuteilen sei, wer von ihnen das Recht zu erhalten habe, die ganze Welt zu würgen, – da bemühten sich die Kapitalisten beider Lager, ihre räuberischen Bestrebungen durch Losungen von der „Vaterlandsverteidigung" zu bemänteln. Mit diesen Ammenmärchen haben sie die Volksmassen gefüttert.

Millionen Menschen sind in diesem Gemetzel umgekommen, Millionen Menschen wurden zu Krüppeln. Der Krieg wurde zum Weltkrieg und immer häufiger begannen die Fragen aufzutauchen: wofür, weswegen sollen diese unnötigen Opfer gebracht werden?

England und Deutschland schwimmen in Blut, und doch gibt es keinen Ausweg aus diesem Kriege: wenn die einen imperialistischen Länder den Krieg einstellen, werden ihn die anderen weiterführen.

Die Kapitalisten haben sich übernommen; sie haben zu viel zusammengestohlen. Indessen schreitet die Zersetzung der Armee fort, überall tauchen Deserteure auf; die Berge Italiens wimmeln von ihnen, in Frankreich weigern sich die Soldaten, in den Kampf zu gehen, und selbst in Deutschland ist die frühere Disziplin geschwunden.

Die französischen und deutschen Soldaten beginnen zu begreifen, dass sie kehrtmachen und ihre Waffen gegen die eigenen Regierungen richten müssen, weil es unmöglich ist, den blutigen Krieg unter dem kapitalistischen System zu beenden; daher eben rührt die Erkenntnis der Notwendigkeit, den Kampf der Arbeiter aller Länder gegen die Kapitalisten aller Länder zu beginnen.

Es ist schwer, die sozialistische Ordnung zu schaffen. Der Bürgerkrieg wird noch lange Monate, möglicherweise auch Jahre dauern, und das dürfte dem russischen Menschen begreiflich sein, da er sich bewusst ist, mit welcher Mühe man die herrschende Klasse stürzt und wie verzweifelt die russischen Gutsbesitzer und Kapitalisten kämpfen.

Es gibt kein Land in Europa, wo die Arbeiter nicht mit den Bolschewiki sympathisierten, und wo sie nicht überzeugt wären, dass die Zeit kommt, da sie ihre Regierung stürzen werden, wie das die russischen Arbeiter getan haben.

Wir russischen Kommunisten stehen einstweilen allein da, weil unsere Abteilung den anderen Abteilungen vorausgeeilt ist, man hat uns von den übrigen Genossen abgeschnitten. Wir mussten jedoch als erste in Aktion treten, weil unser Land am rückständigsten war. Unsere Revolution brach als allgemeine Revolution aus, und mit Hilfe der Arbeiter und Bauern aller Länder werden wir unsere Aufgaben lösen.

Unsere Aufgaben sind hart und schwer, zu uns stoßen manche überflüssigen, schädlichen Elemente, doch die Arbeit hat begonnen, und wenn wir auch Fehler machen, so darf man nicht vergessen, dass jeder Fehler schult und lehrt.

Der Kapitalismus ist eine internationale Kraft und vernichten kann man ihn darum nur in allen Ländern, nicht aber bloß in einem Lande allein. Der Krieg gegen die Tschechoslowaken ist ein Krieg gegen die Kapitalisten der ganzen Welt.

Die Arbeiter stehen auf, erheben sich zu diesem Kampf; die Petrograder und Moskauer Arbeiter reihen sich in die Armee ein und damit wird gleichzeitig die Armee von der Idee des Kampfes für den Sieg des Sozialismus durchdrungen.

Die proletarischen Massen werden der Sowjetrepublik den Sieg über die Tschechoslowaken sichern, und werden ihr die Möglichkeit gewährleisten, sich so lange zu halten, bis die sozialistische Weltrevolution entbrennt.

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