Wladimir I. Lenin: Rede auf dem 1. Allrussischen Kongress der werktätigen Kosaken 1. März 1920 [„Prawda“ Nr. 47, 48 und 49, 2., 3. und 4. März 1920. Nach Sämtliche Werke, Band 25, Wien-Berlin 1930, S. 52-74] Genossen! Erlaubt mir zunächst, den Kongress im Namen des Rates der Volkskommissare zu begrüßen Ich bedaure es sehr, dass ich der Eröffnungssitzung eures Kongresses nicht beiwohnen und das Referat des Genossen Kalinin1 nicht mit anhören konnte. Aber aus dem, was er mir erzählt hat, schließe ich, dass er in seiner Rede vieles über die nächsten, unmittelbaren Aufgaben des Sowjetaufbaues und insbesondere der Kosaken gesagt hat. Deshalb bitte ich um die Erlaubnis, in meinem Referat hauptsächlich die internationale Lage der Sowjetrepublik und jene Aufgaben zu behandeln, die aus dieser internationalen Lage für die gesamte Masse der Werktätigen und auch für das Kosakentum erwachsen. Die internationale Lage der Sowjetrepublik war niemals so günstig, niemals die Aussicht auf den Sieg so groß, wie jetzt. Wenn man sich die Umstände vergegenwärtigt, unter denen sich in diesen zwei Jahren unsagbarer Schwierigkeiten und ungeheurer Opfer unsere internationale Lage gestaltet hat, wenn man die Ursachen dieser Erscheinung prüft, so werden jedem denkenden Menschen die Haupttriebkräfte und das entscheidende Kräfteverhältnis in der ganzen begonnenen Weltrevolution klar. Als wir vor mehr als zwei Jahren, noch zu Beginn der russischen Revolution, von dieser heranbrechenden internationalen Weltrevolution sprachen, da war das mehr ein Voraussehen und bis zu einem gewissen Grade eine Prophezeiung. Und die ungeheure Mehrheit der werktätigen Massen, die nicht in den großen Städten leben und keine politische Schulung besitzen, verhielten sich zu diesen Reden über die heranbrechende Weltrevolution entweder misstrauisch oder gleichgültig und schenkten ihnen jedenfalls keine genügende Aufmerksamkeit, Es war doch ganz unmöglich, ganz unsinnig, anzunehmen, dass die gewaltigen Massen der werktätigen Bevölkerung, insbesondere der bäuerlichen, der ländlichen Bevölkerung, die über ungeheure Gebiete zerstreut ist, im Voraus eine auch nur halbwegs richtige Vorstellung davon bekommen konnten, warum die internationale Revolution heranbricht und warum sie tatsächlich international ist. Was wir in diesen zwei unerhört schweren Jahren erlebt haben, die Erfahrung, die die werktätigen Massen der fernen Randgebiete gemacht haben, – diese Erfahrung verdient es, dass wir über sie nachdenken und nicht einfach über sie hinweggehen und erklären: das sei eben eine schwere Zeit gewesen, jetzt aber hätten wir es leichter. Nein, man muss darüber nachdenken, weshalb es gerade so gekommen ist, was das zu bedeuten hat, welche Lehren wir daraus ziehen müssen, welche Ansichten der Parteien durch das bestätigt worden sind, was uns unsere eigene und die Weltgeschichte in diesen zwei Jahren gezeigt haben. Eben über diese Frage möchte ich vor allen Dingen sprechen. Vom Standpunkt der internationalen Lage ist diese Frage besonders klar, denn geht man an die Frage mit einem Riesenmaßstab heran, nicht vom Standpunkt einer Partei oder eines Landes, sondern vom Standpunkt aller Länder zusammengenommen, – wenn man an die Frage mit einem solchen Maßstab herantritt, so fallen alle Einzelheiten und Kleinigkeiten weg und die Haupttriebkräfte, die die Weltgeschichte bestimmen, werden offenbar. Als wir zu Beginn der Oktoberrevolution die Herrschaft der Gutsbesitzer und Kapitalisten stürzten und dazu aufforderten, mit dem Krieg ein Ende zu machen, als wir diese Aufforderung auch an unsere Feinde richteten und später unter das Joch der deutschen Imperialisten gerieten, als dann im Oktober–November 1918 Deutschland erdrosselt wurde und England, Frankreich, Amerika und die anderen Ententestaaten zu Herren der ganzen Erde wurden, – wie war damals unsere Lage? Die überwiegende Mehrheit erklärte damals: „Nun, ist es jetzt nicht klar, dass die Sache der Bolschewiki hoffnungslos ist?“ Und viele fügten hinzu: „Nicht allein hoffnungslos, die Bolschewiki haben sich sogar als Betrüger entpuppt. Sie haben den Frieden versprochen, aber dann erwiesen sie sich nach der Beseitigung des deutschen Jochs, nach der Niederlage Deutschlands, als Feinde der ganzen Entente, d. h. Englands, Frankreichs, Amerikas und Japans – der mächtigsten Staaten der ganzen Welt, und das geschwächte, gepeinigte, ruinierte Russland muss nach dem imperialistischen Krieg und dem Bürgerkrieg noch gegen die fortgeschrittensten Länder der Welt kämpfen!“ Dem Glauben zu schenken, war nicht schwer. Und es ist nicht weiter erstaunlich, dass infolge des Misstrauens Gleichgültigkeit und häufig auch direkte Feindschaft gegen die Sowjetmacht immer weiter um sich griffen. Das ist nicht weiter erstaunlich. Erstaunlicher ist aber, dass wir aus dem Kampfe gegen Judenitsch, Koltschak und Denikin, die von den reichsten Staaten der ganzen Welt mit allen Mitteln unterstützt wurden, von Staaten, mit denen sich keine einzige militärische Macht auf Erden auch nur annähernd messen kann, – dass wir aus diesem Kampfe siegreich hervorgegangen sind. Dass dem aber so ist, das sehen alle Menschen, sogar die Blinden, auch diejenigen, die schlimmer als die Blinden sind, und um keinen Preis sehen wollen, aber dennoch sehen, dass wir aus diesem Kampfe siegreich hervorgegangen sind. Wie ist nun dieses Wunder geschehen? Ich möchte euch vor allem bitten, dieser Frage eure ganze Aufmerksamkeit zuzuwenden, denn hier enthüllen sich uns die wichtigsten Triebkräfte der ganzen internationalen Revolution mit größter Klarheit. Wenn wir diese Frage sachlich prüfen, so können wir darauf eine Antwort erteilen, denn wir haben es bereits mit Erlebtem zu tun: wir können, rückschauend, über das sprechen, was bereits hinter uns liegt. Wir haben den Sieg errungen, weil wir einig waren und weil wir es fertig brachten, im Lager unserer Feinde Bundesgenossen für uns zu gewinnen. Unsere unvergleichlich mächtigeren Feinde dagegen sind unterlegen, weil unter ihnen keine Einigkeit bestand, keine Einigkeit bestehen konnte und auch keine bestehen wird, und weil jeder weitere Monat des Kampfes gegen uns den inneren Zerfall ihres Lagers herbeiführen kann. Ich gehe zu einer Tatsache über, die diese Behauptungen beweisen wird. Ihr wisst, dass England, Frankreich und Amerika nach dem Siege über Deutschland keine Gegner auf Erden hatten. Sie plünderten die Kolonien Deutschlands, und es gab keinen Fleck auf Erden, keinen einzigen Staat, den die Streitkräfte der Entente nicht beherrschten. In einer solchen Situation, als Feinde Sowjetrusslands, begriffen sie anscheinend sehr gut, dass das Ziel des Bolschewismus die Weltrevolution war. Wir haben auch nie daraus ein Geheimnis gemacht, dass unsere Revolution nur ein Anfang ist, dass sie nur dann siegreich zu Ende geführt werden kann, wenn wir in der ganzen Welt die gleiche Flamme der Revolution entzünden, und wir waren uns ganz klar darüber, dass die Kapitalisten wütende Feinde der Sowjetmacht waren. Man darf auch nicht vergessen, dass sie aus dem europäischen Kriege mit einer Millionenarmee und einer mächtigen Flotte hervorgingen, während wir auch nicht den Schatten einer Flotte und einer halbwegs starken Armee hatten. Und um uns militärisch zu erdrosseln, hätte es genügt, wenn die Entente einige Hunderttausend Soldaten dieser Millionenarmee zum Krieg gegen uns genau so verwendet hätte, wie im Kriege gegen Deutschland. Daran kann auch nicht der geringste Zweifel bestehen für jene, die diese Frage theoretisch behandelt haben, und insbesondere für jene, die diesen Krieg mitgemacht haben und dies alles aus eigener Erfahrung und Beobachtung kennen. Sowohl England als auch Frankreich haben versucht, Russland auf diese Weise niederzuringen. Sie schlossen einen Vertrag mit Japan, das an dem imperialistischen Krieg unmittelbar fast gar nicht teilgenommen, aber hunderttausend Soldaten gestellt hatte, um die Sowjetrepublik vom Fernen Osten her zu erdrosseln. England landete damals Truppen im Murmangebiet und in Archangelsk, von den Truppenbewegungen im Kaukasus ganz abgesehen, während Frankreich seine Soldaten und Matrosen im Süden aufmarschieren ließ. Dies war die erste historische Phase des Kampfes, den wir durchzumachen hatten. Damals verfügte die Entente über eine Millionenarmee, und ihre Soldaten waren natürlich jenen weißgardistischen Truppen, die zu jener Zeit in Russland gesammelt wurden und weder Organisatoren noch Waffen besaßen, weit überlegen. Die Entente führte diese Soldaten gegen uns. Es kam aber so, wie die Bolschewiki es vorausgesagt hatten, die erklärten, dass es nicht allein um die russische, sondern auch um die internationale Revolution gehe und dass die Arbeiter eines jeden zivilisierten Landes unsere Bundesgenossen seien. Diese Voraussagen hatten sich damals, als wir allen Ländern Frieden vorschlugen, nicht unmittelbar erfüllt Unsere Aufforderung fand keinen allgemeinen Widerhall, Aber der Januarstreik 1918 in Deutschland zeigte uns, dass wir dort nicht nur Liebknecht hatten, der es noch zur Zeit des Zarismus fertig brachte, von der Tribüne des Reichstags die Regierung und die Bourgeoisie Deutschlands als Räuber zu bezeichnen, sondern dass auch ziemlich große Arbeitermassen für uns waren Dieser Streik endete mit einer blutigen Niederwerfung der Arbeiter. Die Bourgeoisie der Ententeländer aber betrog natürlich die Arbeiter, tischte ihnen über unseren Aufruf Lügen auf, oder aber veröffentlichte ihn überhaupt nicht. Deshalb hatte unser Aufruf an alle Völker im November 19172 keine direkte Wirkung, und wer da geglaubt hatte, dass allein dieser Aufruf die Revolution hervorrufen werde, musste eine tiefe Enttäuschung erleben. Wir aber rechneten nicht allein auf diesen Aufruf. Wir rechneten auf die tieferen treibenden Kräfte und sagten, dass die Revolution in den verschiedenen Ländern auf verschiedene Weise vor sich gehen werde und dass es selbstverständlich nicht nur darauf ankomme, einen Günstling Rasputins oder einen stockreaktionären Junker zu beseitigen, sondern dass wir es hier mit dem Kampf gegen eine entwickeltere, gebildetere Bourgeoisie zu tun haben. Und als England im Norden, Frankreich im Süden Truppen landete, da mussten wir die entscheidende Probe bestehen, und der Ausgang der Dinge wurde endgültig entschieden. Da wurde es klar, wer im Recht war: die Bolschewiki, die behaupteten, dass man auf die Arbeiter rechnen müsse, um den Kampf zu bestehen, oder die Menschewiki, die erklärten, dass die Revolution in einem einzelnen Lande ein wahnwitziger Versuch und ein Abenteuer sei, denn die anderen Länder würden sie niederschlagen Solche Reden hörte man nicht nur von Parteileuten, sondern auch von allen, die kaum erst angefangen hatten, sich mit Politik zu beschäftigen. Es kam die Stunde der Entscheidung. Lange Zeit wussten wir nicht, was sie uns bringen werde. Lange Zeit waren wir nicht imstande, mit einem bestimmten Ergebnis zu rechnen, jetzt aber, nachträglich, kennen wir dieses Ergebnis. Trotz all der tollen Lügen, die sämtliche bürgerliche Zeitungen über die Bolschewiki verbreiteten, sind bereits in den englischen Zeitungen Briefe englischer Soldaten aus Archangelsk veröffentlicht worden. Die Soldaten erzählen darin, dass sie auf russischem Boden Flugblätter in englischer Sprache vorgefunden hätten, in denen erklärt wurde, man habe sie betrogen und in einen Krieg gegen die Arbeiter und Bauern geführt, die ihren eigenen Staat geschaffen hätten. Diese Soldaten schrieben, sie seien nicht damit einverstanden, weiter zu kämpfen. Was Frankreich betrifft, so wissen wir, dass dort ein Matrosenaufstand ausbrach und dass jetzt dafür Dutzende, Hunderte und vielleicht Tausende von Franzosen im Zuchthaus sitzen. Diese Matrosen haben erklärt, dass sie gegen die Sowjetrepublik nicht kämpfen werden. Jetzt begreifen wir, weshalb jetzt weder die englischen noch die französischen Truppen gegen uns marschieren, weshalb die englischen Soldaten aus Archangelsk zurückgezogen worden sind und weshalb die englische Regierung es nicht wagt, sie unseren Boden betreten zu lassen. Einer unserer politischen Schriftsteller, Genosse Radek, hat erklärt, dass der russische Boden sich als ein Boden erweisen werde, auf dem kein Soldat eines anderen Landes werde kämpfen können3. Diese Worte schienen allzu viel zu versprechen. Aber es kam wirklich so. Der Boden, auf dem sich die Sowjetrevolution abspielte, erwies sich für alle Länder als ein sehr gefährlicher Boden. Es zeigte sich nämlich, dass die russischen Bolschewiki, die es verstanden hatten, unter dem Zarismus die Arbeiter zusammenzuschließen, im Recht waren. Die Arbeiter aber schufen kleine Zellen, die unter allen, die ihnen vertrauten – unter den französischen Arbeitern und englischen Soldaten – Agitation in deren Muttersprache trieben. Allerdings, wir gaben nur eine ganz geringe Zahl von Flugschriften heraus, während in der französischen und englischen Presse Tausende von Zeitungen gegen uns agitierten und jeder Satz in zehntausenden Spalten veröffentlicht wurde. Wir gaben im Monat nur zwei bis drei Flugschriften in Quartformat heraus, so dass bestenfalls auf zehntausend französische Soldaten eine Flugschrift entfiel4. Ich bin aber nicht sicher, dass wirklich so viele ein Blatt bekommen haben. Warum aber haben trotzdem die englischen und französischen Soldaten diesen Flugblättern Glauben geschenkt? Weil wir die Wahrheit sagten und weil sie nach ihrer Ankunft in Russland erkannten, dass sie betrogen worden waren. Man hatte ihnen gesagt, dass sie ihr Vaterland verteidigen müssten, als sie aber nach Russland kamen, zeigte es sich, dass sie nur die Macht der Gutsbesitzer und Kapitalisten beschützen und die Revolution erwürgen sollten. Wenn wir im Laufe von zwei Jahren diese Menschen gewinnen konnten, so war das möglich, weil die russische Revolution und der Sieg der russischen Arbeiter und Bauern den Soldaten Englands und Frankreichs, die bereits vergessen hatten, wie sie einst ihre Könige hingerichtet haben, von dem Augenblick an, wo sie russischen Boden betreten hatten, ihre eigenen Revolutionen in Erinnerung brachten. Und dank den Ereignissen in Russland tauchten bei ihnen die Erinnerungen auf an all das, was sich dereinst auch bei ihnen abgespielt hat. Hier bestätigt sich, dass die Bolschewiki Recht hatten, dass unsere Hoffnungen begründeter waren als die Hoffnungen der Kapitalisten, trotzdem wir weder Mittel noch Waffen hatten und die Entente über Waffen und eine unbesiegbare Armee verfügte. Alle diese unbesiegbaren Armeen haben wir für uns erobert. Wir haben es erreicht, dass man weder englische noch französische Soldaten gegen uns zu führen wagt, weil man aus Erfahrung weiß, dass ein solcher Versuch gegenteilige Folgen haben kann. Das ist eines der Wunder, die sich in Sowjetrussland ereignet haben. Jetzt, nach vier Kriegsjahren, nachdem zehn Millionen Menschen getötet und zwanzig Millionen zu Krüppeln geworden sind; jetzt, wo die Imperialisten sich fragen: „Worum ging der Krieg?“ – führen derartige Fragen zu sehr interessanten Enthüllungen. Unlängst wurden in Frankreich Dokumente über Verhandlungen veröffentlicht, die im Jahre 1916 stattgefunden haben. Bereits damals hatte der österreichische Kaiser Friedensverhandlungen mit Frankreich angeknüpft. Frankreich hat das verheimlicht. Albert Thomas, der sich Sozialist nennt und zu jener Zeit in der Regierung saß, kam damals nach Russland, um Nikolaus II. Konstantinopel, die Dardanellen und Galizien zu versprechen. Jetzt haben diese Enthüllungen das ans Licht gebracht. Sie sind in einer französischen Zeitung veröffentlicht worden5. Und jetzt fragen die französischen Arbeiter Albert Thomas: „Du hast erklärt, du seist in die Regierung eingetreten, um die französische Heimat und die Interessen der französischen Arbeiter zu verteidigen; als der österreichische Kaiser aber im Jahr 1916 Frieden anbot, da hast du. Albert Thomas, es verheimlicht, und Millionen Menschen sind zugrunde gegangen, damit die französischen Kapitalisten sich bereichern,“ Diese Enthüllungen sind noch nicht zu Ende, Wir haben die Enthüllungen damit begonnen, dass wir die Geheimverträge veröffentlichten, so dass die ganze Welt sehen konnte, dass Millionen Menschenleben, Millionen Opfer zugrunde gerichtet worden waren, damit Nikolaus II. die Dardanellen und Galizien bekomme. Das wussten alle Imperialisten, Auch die Menschewiki und Sozialrevolutionäre wussten es. Und wenn sie es nicht wussten, wenn sie von Politik und Diplomatie noch so wenig verstanden haben, um zu wissen, was jetzt in der französischen Presse veröffentlicht ist, so sind sie vollkommene Idioten. Diese Enthüllungen gehen jetzt immer weiter – ins Endlose. Das führt dazu, dass die Arbeiter und Bauern eines jeden Landes immer mehr und mehr die Wahrheit erkennen und bereits verstehen, weshalb der imperialistische Krieg geführt worden ist. Deshalb beginnen sie, uns immer mehr und mehr zu glauben, dass wir die Wahrheit sagen und dass die Imperialisten, die sie angeblich zur Verteidigung ihres Vaterlandes führten, sie belogen haben. Dies ist der Grund dafür, dass wir, die in militärischer Hinsicht schwach und entkräftet waren, das Wunder vollbracht und die Truppen Englands und Frankreichs für uns gewonnen haben. Jetzt ist das keine Prophezeiung mehr, sondern eine Tatsache. Allerdings haben wir diesen Sieg unter unerhörten Schwierigkeiten errungen und gewaltige Opfer gebracht. In den letzten zwei Jahren mussten wir die fürchterlichen Qualen der Hungersnot ertragen. Dieses Unglück traf uns besonders schwer, als die Brotgebiete im Osten und Süden von uns abgeschnitten wurden. Nichtsdestoweniger haben wir den Sieg errungen, der nicht nur ein Erfolg für unser Land, sondern für alle Länder, für die ganze Menschheit ist. Dass die in militärischer Hinsicht mächtigsten Staaten nicht imstande waren, gegen die militärisch schwache Sowjetrepublik zu kämpfen, – das ist in der Geschichte noch nicht dagewesen. Warum aber konnte dieses Wunder geschehen? Weil wir Bolschewiki, als wir das russische Volk zur Revolution führten, sehr gut wussten, dass das eine qualvolle Revolution sein wird und dass wir Millionen werden opfern müssen. Aber wir wussten, dass die werktätigen Massen aller Länder für uns eintreten werden und dass nach Entlarvung der Lüge unsere Wahrheit immer größere und größere Siege erringen wird. Nachdem der Feldzug gegen Russland misslungen war, versuchten diese Staaten es mit einer anderen Waffe. Die Bourgeoisie in jenen Ländern verfügt über jahrhundertelange Erfahrungen, und sie verstand es, ihre unzuverlässige Waffe gegen eine neue zu vertauschen. Zuerst schickte sie ihre eigenen Soldaten, um Russland zu erwürgen, zu erdrosseln. Jetzt will sie es mit Hilfe der Randstaaten versuchen. Der Zarismus, die Gutsbesitzer und die Kapitalisten unterdrückten eine ganze Anzahl von Randvölkern – Lettland, Finnland u. a. In diesen Ländern haben sie durch die jahrhundertelange Unterdrückung Hass großgezogen. Das Wort „Großrusse“ wurde all diesen Völkern, deren Blut vergossen worden war, von allen Worten am meisten verhasst. Die Entente, die mit ihren eigenen Soldaten im Kampfe gegen die Bolschewiki schlechte Erfahrungen gemacht hat, setzt nun ihre Hoffnung auf die kleinen Staaten und versucht, mit ihrer Hilfe Sowjetrussland zu erwürgen, Churchill, der dieselbe Politik treibt wie Nikolaus Romanow, will Krieg führen und führt Krieg, ohne sich um das Parlament zu kümmern. Er prahlte damit, dass er vierzehn Staaten gegen Russland mobilisieren werde – es war im Jahre 1919 – und dass im September Petrograd und im Dezember Moskau erobert sein werden. Er hat jedoch den Mund ein bisschen zu voll genommen. Er setzte seine Hoffnung darauf, dass in allen diesen kleinen Ländern Hass gegen Russland herrsche, vergaß jedoch, dass man sich dort vollkommen im Klaren darüber ist, wer Judenitsch, Koltschak und Denikin sind. Es gab eine Zeit, da nur wenige Wochen sie vom endgültigen Sieg zu trennen schienen. Als Judenitsch unweit Petrograd stand, erschien in den „Times“, der reichsten englischen Zeitung, ein Artikel – ich habe diesen Leitartikel selbst gelesen –, in dem man Finnland anflehte, aufforderte und ihm befahl: helft Judenitsch, die ganze zivilisierte Welt blickt auf euch; ihr werdet Freiheit, Zivilisation und Kultur in der ganzen Welt retten. Kämpft gegen die Bolschewiki!6 Das erklärte England, das das bis über die Ohren verschuldete Finnland völlig in der Tasche hatte, jenes Finnland, das nicht zu mucken wagte, weil es ohne England nicht einmal für eine Woche lang Brot hatte. Auf diese Weise versuchte man, alle diese kleinen Staaten zum Kampfe gegen die Bolschewiki zu treiben. Aber auch das misslang zweimal, weil die Friedenspolitik der Bolschewiki ernst gemeint war und auch von ihren Feinden für aufrichtiger gehalten wurde als die Friedenspolitik aller übrigen Länder; weil eine ganze Reihe von Staaten sich sagte: wie sehr wir auch jenes Großrussland, das uns unterdrückt hat, hassen, wir wissen doch, dass es Judenitsch. Koltschak und Denikin waren, die uns unterdrückt haben, nicht aber die Bolschewiki, Das ehemalige Haupt der weißgardistischen finnischen Regierung hat nicht vergessen, dass es persönlich im November 1917 aus meinen Händen ein Dokument entgegennahm, in dem wir unumwunden erklärten, dass wir die Unabhängigkeit Finnlands bedingungslos anerkennen. Damals schien das eine bloße Geste zu sein. Man glaubte, der Aufstand der finnischen Arbeiter werde das vergessen machen. Nein, solche Dinge werden nicht vergessen, zumal wenn sie durch die ganze Politik einer bestimmten Partei bestätigt werden. Und sogar die finnische bürgerliche Regierung erklärte: „Wir wollen es uns überlegen. Wir haben in den 150 Jahren der Unterdrückung durch die russischen Zaren manches gelernt. Wenn wir gegen die Bolschewiki kämpfen, so werden wir damit Judenitsch, Koltschak und Denikin ans Ruder bringen. Wer aber sind diese Herrschaften? Kennen wir sie etwa nicht? Sind es nicht dieselben zaristischen Generale, die Finnland, Lettland, Polen und eine ganze Reihe anderer Völker unterdrückt haben? Sollen wir also unseren Feinden gegen die Bolschewiki beistehen? Nein, wir wollen abwarten!“ Sie wagten es nicht, direkt abzulehnen: denn sie sind abhängig von England. Sie unterstützten uns nicht direkt, sie warteten ab, schoben die Sache hinaus, schrieben Noten, schickten Delegationen, setzten Kommissionen ein, nahmen teil an Konferenzen und – konferierten so lange, bis Judenitsch, Denikin und Koltschak geschlagen wurden und auch die zweite Kampagne der Entente misslungen war. Wir waren Sieger geblieben. Wenn alle diese kleinen Staaten gegen uns marschiert wären – ihnen wurden hunderte Millionen Dollar, die besten Kanonen, die beste Ausrüstung, englische Instrukteure gegeben, die über die Erfahrungen des Krieges verfügten –, wenn sie gegen uns marschiert wären, so hätten wir zweifelsohne eine Niederlage erlitten. Das leuchtet jedem vollkommen ein. Aber sie marschierten nicht gegen uns, weil sie zugeben mussten, dass die Bolschewiki ehrlicher waren als die andern. Wenn die Bolschewiki erklären, dass sie die Unabhängigkeit eines jeden Volkes anerkennen, dass die Politik des zaristischen Russland auf der Unterdrückung anderer Völker aufgebaut war und dass sie niemals für diese Politik eingetreten sind und auch niemals eintreten werden, dass sie niemals einen Krieg zur Unterdrückung eines Volkes führen werden, – wenn sie das sagen, so glaubt man es ihnen. Das haben wir nicht von den lettischen oder polnischen Bolschewiki, sondern von der polnischen, lettischen und ukrainischen Bourgeoisie erfahren. Darin äußerte sich die internationale Bedeutung der bolschewistischen Politik. Das war eine Prüfung nicht auf russischem, sondern auf internationalem Boden, Das war eine Prüfung mit Feuer und Schwert, nicht mit bloßen Worten, Das war eine Prüfung im letzten entscheidenden Kampf, Die Imperialisten erkannten, dass sie keine eigenen Soldaten hatten, dass man den Bolschewismus nur erdrosseln könne, wenn man internationale Kräfte zusammenfasse, aber alle diese internationalen Kräfte waren geschlagen worden. Was ist eigentlich Imperialismus? Imperialismus haben wir, wenn einige der reichsten Staaten die ganze Welt unterdrücken, wenn sie wissen, dass sie 1500 Millionen Menschen in der ganzen Welt beherrschen und unterdrücken, und wenn diese 1500 Millionen Menschen fühlen, dass englische Kultur, französische Kultur und amerikanische Zivilisation bedeuten: Raube, soviel du kannst! Jetzt sind bereits drei Viertel Finnlands von amerikanischen Milliardären aufgekauft worden. Die Offiziere, die aus England und Frankreich in unsere Randstaaten kamen, um deren Truppen zu instruieren, benehmen sich wie freche russische Adelige in einem besiegten Lande. Sie spekulierten nach rechts und links. Und je mehr die finnischen, polnischen und lettischen Arbeiter hungern, desto stärker lastet auf ihnen der Druck eines Häufleins englischer, französischer und amerikanischer Milliardäre und deren Handlanger, Und das gleiche geschieht in der ganzen Welt, Nur die Russische Sozialistische Republik hat das Banner des Kampfes für die wirkliche Befreiung erhoben, und die Sympathie der ganzen Welt wendet sich ihr zu. Wir haben durch unsere Politik gegenüber den kleinen Ländern die Sympathien aller Völker der Erde erobert. Das aber sind hundert und aber hunderte Millionen, Sie sind jetzt unterdrückt und verängstigt. Sie sind der zurückgebliebenste Teil unter den Völkern, aber der imperialistische Krieg hat sie aufgeklärt. Ungeheure Volksmassen wurden in den imperialistischen Krieg hineingerissen, England schleppte zum Kampf gegen die Deutschen Regimenter aus Indien herbei. Frankreich rief Millionen Neger zu den Waffen, um den Kampf gegen die Deutschen zu führen. Aus ihnen wurden Stoßtruppen gebildet, sie wurden an den gefährlichsten Stellen eingesetzt, wo die Maschinengewehre sie wie Gras niedermähten. Und sie haben dabei so manches gelernt. Ebenso wie die russischen Soldaten unter dem Zarismus erklärten: „Wenn wir schon zugrunde gehen sollen, dann lieber im Kampfe gegen die Gutsbesitzer!“ – so sagten auch diese Soldaten: „Wenn wir verderben müssen, dann nicht, um den französischen Räubern zu helfen, die deutschen Kapitalisten und Räuber zu plündern, sondern um uns von den deutschen und französischen Kapitalisten zu befreien.“ In allen Ländern der Welt, in demselben Indien, wo dreihundert Millionen Landproletarier von England unterdrückt werden, erwacht das Bewusstsein dieser Unterdrückung, und mit jedem Tage wächst die revolutionäre Bewegung immer mehr an. Sie alle blicken nach einem Stern, nach dem Stern der Sowjetrepublik, weil sie wissen, dass die Sowjetrepublik im Kampfe gegen die Imperialisten ungeheure Opfer gebracht und den härtesten Prüfungen standgehalten hat. Das ist die Bedeutung unseres zweiten Sieges über die Entente. Das ist ein Sieg im internationalen Maßstab. Das bedeutet, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung der Erde unsere Friedenspolitik gutheißt. Das bedeutet, dass die Zahl unserer Verbündeten in allen Ländern zunimmt, freilich bei weitem nicht so schnell, wie wir es wünschen, aber immerhin zunimmt. Der Sieg, den wir im Kampfe gegen die Offensive errungen haben, die Churchill gegen uns vorbereitet hatte, zeigt, dass unsere Politik richtig ist. Später haben wir dann noch einen dritten Sieg errungen – den Sieg über die bürgerliche Intelligenz, über die Sozialrevolutionäre und Menschewiki, die in allen Ländern aufs Schärfste gegen uns eingestellt waren. Sie alle haben gegen den Krieg Front gemacht. In allen Ländern hat die bürgerliche Intelligenz, haben die Sozialrevolutionäre und Menschewiki – dieser Menschenschlag ist leider in allen Ländern vorhanden – die Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands verurteilt. Sie haben in allen Ländern erklärt, dass das eine Schmach sei. Als England den Deutschen vorschlug, Sowjetrussland zu blockieren, da antwortete Deutschland mit einer Absage, Und auch den englischen und anderen Sozialrevolutionären und Menschewiki riss die Geduld, Sie erklärten: „Wir sind Gegner der Bolschewiki und halten sie für Gewaltmenschen und Räuber, aber wir können es nicht gutheißen, dass man den Deutschen den Vorschlag macht, zusammen mit uns Russland durch eine Hungerblockade zu erdrosseln.“ Also, innerhalb des feindlichen Lagers, in den eigenen Ländern, in Paris, London usw., dort, wo man gegen die Bolschewiki hetzt und mit ihnen so umspringt, wie mit den Revolutionären unter dem Zarismus, – überall ist die bürgerliche Intelligenz mit der Forderung: „Hände weg von Sowjetrussland!“ aufgetreten. In England beruft die bürgerliche Intelligenz unter dieser Losung Meetings ein und erlässt Aufrufe, Das war der Grund für die Aufhebung der Blockade! Sie waren nicht imstande, Estland zurückzuhalten. Wir haben mit diesem Lande Frieden geschlossen und können mit dem ganzen Volke Handel treiben. Wir haben uns ein Fenster zur zivilisierten Welt geöffnet. Die Sympathie der Mehrheit der Werktätigen ist auf unserer Seite, die Bourgeoisie aber ist bemüht, den Handel mit Russland möglichst rasch aufzunehmen. Jetzt fürchten uns die Imperialisten, und sie haben auch allen Grund dazu; denn Sowjetrussland ist aus diesem Kriege stärker hervorgegangen, als es je zuvor war. Englische Schriftsteller schrieben davon, dass die Armeen in der ganzen Welt sich zersetzen, dass es in der ganzen Welt nur ein Land gebe, in dem die Armee an Kraft zunehme, und das sei Sowjetrussland, Sie versuchten, Genossen Trotzki zu verleumden, und sagten, diese Erscheinung sei daraus zu erklären, dass in der russischen Armee eine eiserne Disziplin herrsche, die man durch größte Strenge und eine geschickte, großzügige Agitation aufrechterhalte. Das haben wir niemals bestritten, Krieg ist eben Krieg und er erfordert eine eiserne Disziplin, Haben etwa die Herren Kapitalisten solche Mittel nicht angewendet? Haben etwa die Herren Kapitalisten keine Propaganda getrieben? Besitzen sie etwa nicht hundertmal mehr Papier und Druckereien? Wenn man den Umfang unserer und ihrer Literatur betrachtet, ist es da nicht, als ob man ein Erbsenkorn mit einem Berg vergleicht? Aber ihre Agitation hat Schiffbruch erlitten, unsere dagegen hat gesiegt. Die Sozialrevolutionäre und Menschewiki haben den Versuch gemacht, mit den Kapitalisten friedlich auszukommen und zu sozialen Reformen überzugehen. Sie wollten in Russland auf friedliche Weise soziale Reformen durchführen, um den Kapitalisten nicht weh zu tun. Sie vergaßen, dass die Herren Kapitalisten eben Kapitalisten sind und dass nichts anderes übrigbleibt, als sie zu besiegen. Sie behaupten, die Bolschewiki hätten das Land im Bürgerkrieg mit Blut überschwemmt. Aber haben die Herren Sozialrevolutionäre und Menschewiki nicht acht Monate Zeit für die Durchführung ihres Experiments gehabt? Waren sie nicht von Februar bis Oktober 1917 zusammen mit Kerenski im Besitz der Macht, als die Kadetten, die ganze Entente und die reichsten Länder der Welt sie unterstützten? Damals war ihr Programm: soziale Umgestaltung ohne Bürgerkrieg. Hätte sich denn in der ganzen Welt auch nur ein einziger Dummkopf gefunden, der für die Revolution gewesen wäre, wenn sie tatsächlich die sozialen Reformen begonnen hätten? Weshalb haben sie es denn nicht getan? Weil ihr Programm eine leere Phrase, ein unsinnige Phantasterei war, weil eine Einigung mit den Kapitalisten, eine friedliche Unterordnung der Kapitalisten unmöglich ist, besonders nach einem vierjährigen imperialistischen Krieg. Glaubt man etwa, dass es in England, Frankreich und Deutschland keine klugen Menschen gibt, die verstehen, dass sie in einen Krieg mussten, der wegen der Aufteilung der Kolonien geführt wurde? Dass zehn Millionen Menschen getötet und zwanzig Millionen zu Krüppeln wurden um der Teilung der Beute willen? Das ist der Kapitalismus! Wie kann man also diesen Kapitalismus, der zwanzig Millionen Menschen verkrüppelt und zehn Millionen getötet hat, überreden wollen oder sich mit ihm einigen? Und wir sagen den Menschewiki und Sozialrevolutionären folgendes: „Ihr habt die Möglichkeit gehabt, das Experiment durchzuführen. Warum ist es euch nicht gelungen? Weil euer Programm eine reine Utopie ist, nicht nur in Russland, sondern sogar in Deutschland, wo jetzt die deutschen Menschewiki und Sozialrevolutionäre, auf die niemand hört, am Ruder stehen, in Deutschland, wo der deutsche Kornilow, bis an die Zähne bewaffnet, die Reaktion vorbereitet, in jener deutschen Republik, wo in den Straßen der Städte 15.000 Arbeiter niedergemetzelt worden sind. Und das nennt sich demokratische Republik!“ Und die deutschen Menschewiki und Sozialrevolutionäre haben noch die Kühnheit, zu sagen, dass die Bolschewiki schlechte Kerle seien, dass sie das Land in den Bürgerkrieg hineingeführt haben, dass aber bei ihnen selbst der soziale Frieden herrsche und nur 15.000 Arbeiter in den Straßen getötet worden seien. Sie erklären, dass es bei uns zu Bürgerkrieg und Blutvergießen gekommen sei, weil wir ein zurückgebliebenes Land sind. Aber warum sehen wir dasselbe auch in solchen fortgeschrittenen Ländern, wie Finnland? Warum haben wir in Ungarn einen weißen Terror, über den die ganze Welt empört ist? Warum hat man in der deutschen Republik, in der nach dem Sturz des Kaisers die Menschewiki und Sozialrevolutionäre an der Macht stehen, Luxemburg und Liebknecht ermordet? Und warum ist dort nicht der Menschewik stark, sondern der Kornilow, und auch die Bolschewiki, die zwar unterdrückt werden, aber durch die Überzeugung von der Richtigkeit ihrer Sache und durch ihren Einfluss auf die Massen stark sind? Das ist jene internationale Revolution, mit der, wie man behauptete, die Bolschewiki das Volk betrügen. In Wirklichkeit aber haben sich alle Hoffnungen auf eine Verständigung als barer Unsinn erwiesen. Zwischen den bürgerlichen Ländern selbst entbrennt ein heftiger Streit. Amerika und Japan sind drauf und dran, sich auf einander zu stürzen, weil Japan während des imperialistischen Krieges in aller Ruhe fast ganz China eingesteckt hat, in dem vierhundert Millionen Menschen leben. Die Herren Imperialisten sagen: „Wir sind für die Republik, wir sind für die Demokratie, warum aber haben die Japaner vor unserer Nase mehr zusammen gestohlen, als erlaubt ist?“ Japan und Amerika stehen am Vorabend eines Krieges, und es besteht keine Möglichkeit, diesen Krieg zu vermeiden, in dem es abermals zehn Millionen Tote und zwanzig Millionen Krüppel geben wird. Frankreich erklärt ebenfalls: „Wer hat die Kolonien bekommen? – England!“ Frankreich hat gesiegt, aber es steckt bis über die Ohren in Schulden, und seine Lage ist trostlos, während England sich bereichert hat. Dort beginnen wieder neue Kombinationen und Bündnisse. Man will sich schon wieder wegen der Teilung der Kolonien aufeinander stürzen Abermals ist ein imperialistischer Krieg im Entstehen begriffen. Aber es ist unmöglich, ihn abzuwenden, nicht etwa, weil der einzelne Kapitalist ein schlechter Mensch ist – jeder einzelne unter ihnen ist genau so ein Mensch wie alle anderen –, sondern weil sie nicht imstande sind, sich auf andere Weise von den finanziellen Fesseln zu befreien, weil die ganze Welt verschuldet und versklavt ist, weil das Privateigentum zum Kriege geführt hat und stets zum Kriege führen wird. Das alles schafft immer tiefere Voraussetzungen für die Weltrevolution, Infolge dieser Umstände haben wir die französischen und englischen .Soldaten für uns gewonnen und das Vertrauen der kleinen Staaten erobert. Unsere internationale Lage ist gegenwärtig so günstig wie noch nie. Auf Grund einer einfachen Berechnung können wir sagen: wir haben noch viel Schweres vor uns, aber die größten Schwierigkeiten haben wir bereits überwunden. Die allmächtige Entente ist uns nicht mehr schrecklich: in den entscheidenden Kämpfen haben wir sie geschlagen. Allerdings, Polen können sie noch gegen uns hetzen. Unter den polnischen Gutsbesitzern und Kapitalisten brodelt es. Sie drohen uns, erheben Ansprüche auf das Territorium von 1772 und wollen sich die Ukraine unterwerfen. Wir wissen, dass Frankreich in Polen hetzt und mit Millionen herumwirft, denn es ist sowieso bankrott und setzt nun seine letzte Hoffnung auf Polen. Wir aber sagen den Genossen in Polen, dass wir Polens Freiheit ebenso wie die eines jeden andern Volkes achten und dass der russische Arbeiter und Bauer, der das Joch des Zarismus hat ertragen müssen, sehr wohl weiß, was das für ein Joch war. Wir wissen, dass es das größte Verbrechen war, Polen unter das deutsche, österreichische und russische Kapital aufzuteilen, dass diese Teilung das polnische Volk zu langjähriger Knechtschaft verurteilte. Damals wurde es als Verbrechen angesehen, die Muttersprache zu sprechen, und das ganze polnische Volk wuchs auf mit dem einen Gedanken – sich von diesem dreifachen Joch zu befreien. Deshalb verstehen wir jenen Hass, von dem die Polen erfüllt sind. Und wir sagen ihnen, dass wir niemals die Grenze, wo jetzt unsere Truppen stehen, überschreiten werden. Und sie stehen ziemlich weit entfernt von den Gebieten mit polnischer Bevölkerung! Wir schlagen einen Frieden auf dieser Grundlage vor, weil wir wissen, dass das für Polen ein ungeheurer Gewinn ist. Wir wünschen keinen Krieg wegen territorialer Grenzen, weil wir die verfluchte Vergangenheit, wo jeder Großrusse als Unterdrücker galt, vergessen machen wollen. Wenn aber Polen auf unseren Friedensvorschlag mit Schweigen antwortet, wenn es dem französischen Imperialismus, der es zum Kriege gegen Russland hetzt, auch weiterhin Handlungsfreiheit gewährt, wenn in Polen täglich neue Züge mit Munition eintreffen, wenn sie mit dem Kriege gegen Russland drohen, dann sagen wir: „Versucht es nur! Ihr werdet eine Lehre erhalten, die ihr nie vergessen werdet!“ Als die Soldaten im imperialistischen Krieg starben, damit der Zar und die Gutsbesitzer sich bereicherten, da haben wir gerade und offen erklärt: die Verteidigung des Vaterlandes im imperialistischen Krieg ist Verrat, ist nichts anderes als eine Verteidigung des russischen Zaren, der die Dardanellen, Konstantinopel usw., haben will. Nun aber, nachdem wir die Geheimvertäage veröffentlicht, die gegen den imperialistischen Krieg gerichtete Revolution durchgeführt, um dieser Revolution willen unerhörte Leiden erduldet und bewiesen haben, dass die Kapitalisten in Russland niedergerungen sind, dass sie an die Rückkehr zum früheren Regime nicht einmal zu denken wagen, erklären wir, dass wir nicht das Recht auf Plünderung anderer Völker, sondern unsere proletarische Revolution verteidigen und sie bis zum letzten Augenblick verteidigen werden. Das befreite Russland, das in zwei Jahren schwerer Leiden sich seine Sowjetrevolution erstritten hat, dieses Russland werden wir bis zum letzten Blutstropfen verteidigen! Wir wissen, dass wir eine Zeit hinter uns haben, wo uns von allen Seiten die Armeen der Imperialisten bedrängten und die Werktätigen in Russland unsere Aufgaben noch wenig verstanden. Wir hatten das Partisanentum, wo jeder, ohne Rücksicht auf das Ganze, Waffen zu erlangen versuchte, und in einzelnen Orten Willkür und Raub an der Tagesordnung waren. In diesen zwei Jahren haben wir eine disziplinierte Armee geschaffen. Das war eine sehr schwere Aufgabe, Ihr wisst, dass man das Kriegshandwerk nicht auf einmal erlernen kann, Ihr wisst auch, dass nur die Offiziere die Kriegswissenschaften kennen, d, h. Oberste und Generale, die von der Zarenarmee übriggeblieben sind, Ihr habt gewiss davon gehört, dass wir diesen alten Obersten und Generalen viele Verrätereien zu verdanken haben, die zehntausende Menschenleben kosteten. Alle diese Verräter mussten beseitigt werden, gleichzeitig aber musste man einen Kommandeurstab aus ehemaligen Offizieren schaffen, damit die Arbeiter und Bauern von ihnen lernen, denn ohne Wissenschaft kann man keine moderne Armee aufbauen. Also musste man sie den Militärfachleuten anvertrauen. Das war eine schwere Aufgabe, aber wir haben sie gelöst. Wir haben eine einheitliche Armee geschaffen, an deren Spitze jetzt ein Vortrupp erfahrener Kommunisten steht, die es verstanden haben, überall die Agitation und Propaganda zu organisieren. Freilich, auch die Imperialisten treiben ihre Agitation, die Bauern aber haben schon zu begreifen angefangen, dass zwischen Agitation und Agitation ein Unterschied besteht. Instinktiv beginnen sie zu fühlen, wo Wahrheit und wo Lüge ist. Jedenfalls hat die Agitation der Menschewiki oder Koltschaks und Denikins gegenwärtig keinen solchen Erfolg mehr. Man nehme ihre Plakate und Broschüren, Darin ist von der Konstituante, von der Freiheit und der Republik die Rede, aber die Arbeiter und Bauern, die mit ihrem Blute die Freiheit errungen haben, begreifen bereits, dass hinter dem Worte „Konstituante“ der Kapitalist steckt. Und wenn etwas den Kampf gegen Koltschak und Denikin zu unseren Gunsten entschieden hat, trotzdem Koltschak und Denikin von den Großmächten unterstützt wurden, so war es die Tatsache, dass letzten Endes sowohl die Bauern als auch die werktätigen Kosaken, die lange Zeit auf der anderen Seite gestanden hatten, nun auf die Seite der Arbeiter und Bauern übergegangen sind. Das hat denn auch letzten Endes den Krieg entschieden und uns den Sieg gebracht. Indem wir uns auf diesen Sieg stützen, müssen wir ihn jetzt schon an einer anderen Front sichern, an einer unblutigen Front, an der Front des Kampfes gegen die wirtschaftliche Zerrüttung, die eine Folge des Krieges gegen die Gutsbesitzer und Kapitalisten, gegen Koltschak und Denikin sind. Ihr wisst, was uns dieser Sieg gekostet hat, ihr wisst, welch fürchterlichen Kampf wir bestehen mussten, als wir von den Getreidegebieten, dem Ural und Sibirien abgeschnitten waren. Damals mussten die Moskauer und Petrograder Arbeiter unerträgliche Hungerqualen erdulden. Man versuchte, euch mit den Worten „Diktatur des Proletariats“ einen Schrecken einzujagen. Damit wollte man die Bauern und die werktätigen Kosaken einschüchtern und versuchte ihnen einzureden, die Diktatur sei nichts anderes als eine Überheblichkeit der Arbeiter. Zu der Zeit aber, als England und Amerika Koltschak und Denikin zu unterstützen versuchten, da zeigten in Wirklichkeit die Arbeiter in den großen Städten bei der Durchführung der Diktatur allen durch ihr Beispiel, wie man sich von den Gutsbesitzern und Kapitalisten befreien und mit den Werktätigen zusammengehen müsse, denn die Arbeit einigt, während das Eigentum trennt. Diese Prüfung, die wir in den zwei Jahren bestanden haben, hat uns zum Siege geführt. Uns hat gerade die Arbeit geeinigt, während die Entente immer mehr zerfällt, denn das Privateigentum hat aus den Imperialisten wilde Tiere gemacht, die nichts anderes kennen als den Kampf um die Beute. Die Arbeit dagegen hat uns zu jener Kraft gemacht, die alle Werktätigen eint. Jetzt kann das Wort „Diktatur“ nur noch ganz zurückgebliebene Menschen erschrecken, wenn es solche überhaupt noch in Russland gibt. Ich weiß nicht, ob es auch nur einen einzigen Menschen gibt, dem Koltschak und Denikin nicht die Augen geöffnet haben und der nicht begriffen hat, dass die Diktatur des Proletariats bedeutet: das Proletariat der Hauptstädte und der Industriezentren war niemals in einer so schweren Lage, wie in diesen zwei Jahren, Jetzt eignen sich die Bauern in den produzierenden Gouvernements als Herren ihres Bodens das ganze Produkt an. Zum ersten Male nach tausend Jahren können die russischen Bauern seit der Revolution der Bolschewiki für sich arbeiten und ihre Ernährung verbessern. Und gleichzeitig erträgt das Proletariat, das seine Diktatur verwirklicht, in diesen zwei Jahren des Kampfes unerhörte Hungerqualen. Jetzt werdet ihr verstehen, dass Diktatur soviel bedeutet wie Führung, Zusammenfassung der zersplitterten, zerstreuten werktätigen Massen zu einer geschlossenen, kompakten Einheit, zum Siege über die Kapitalisten, damit sich nicht abermals das Blutbad wiederhole, dem wir bereits 10 Millionen Tote und 20 Millionen Krüppel zu verdanken haben. Um eine Macht zu besiegen, die sich auf die stärksten Armeen, auf die moderne Kultur stützt, ist die Geschlossenheit aller Werktätigen, ist ein einheitlicher eiserner Wille notwendig. Und diesen einheitlichen eisernen Willen können nur die werktätigen Massen, nur das Proletariat, nur jene klassenbewussten Arbeiter schaffen, die die Schule jahrzehntelangen Kampfes, die Schule der Streiks und Demonstrationen durchgemacht haben; die es verstanden haben, den Zarismus zu stürzen, jene Arbeiter, die in den zwei Jahren eines unerhört schweren Bürgerkrieges alles haben ertragen müssen; die in den vordersten Reihen gekämpft und eine einheitliche Rote Armee geschaffen haben, in die Zehntausende der besten Arbeiter, Bauern und Kursanten eintraten, die als erste in den Tod gingen und in Moskau, Petrograd, Iwanowo-Wosnessensk, Twer, Jaroslawl und in allen Industriezentren unerhörte Hungerqualen gelitten haben. Und diese Qualen haben die Arbeiter zusammengeschmiedet, die Bauern und das werktätige Kosakentum der produzierenden Gouvernements gezwungen, an die Wahrheit des Bolschewismus zu glauben. Dadurch haben sie es ihnen ermöglicht, sich im Kampfe gegen die Weißgardisten zu behaupten. Deshalb hat die Arbeiterklasse das Recht, zu sagen, dass sie durch die zwei Jahre Opfer und durch den Krieg allen werktätigen Bauern, jedem werktätigen Kosaken aufs Deutlichste bewiesen hat, wie man der Aufgaben Herr werden muss, bewiesen hat, dass wir uns vereinigen, uns zusammenschließen müssen. Wir müssen den Kampf aufnehmen gegen jene, die mit dem Hunger spekulieren, denn es ist vorteilhafter, Brot für 1000 Rubel pro Pud zu verkaufen als zum festen Preise. Auf diese Weise kann man sich bereichern, das aber führt uns zurück zu den alten Zeiten; auf diese Weise geraten wir abermals in jene verfluchte schmutzige Vergangenheit, wo der Zarismus herrschte und die Kapitalisten um ihres Profites willen die Menschheit in das imperialistische Gemetzel stürzten. Das wird uns zurückwerfen, das dürfen wir nicht zulassen. Sowohl die werktätigen Bauern als auch die Kosaken haben nach dem Kampfe gegen Koltschak und Denikin begriffen, dass wir uns zusammenschließen müssen. Sie gehen Schulter an Schulter mit den Arbeitern zusammen und sehen in der Arbeiterklasse ihren Führer, Die werktätigen Bauern sahen in der Arbeitermacht keine Kränkung für sich und können das auch nicht. Benachteiligt fühlten sich nur die Gutsbesitzer, Kapitalisten und Kulaken. Das aber sind die schlimmsten Feinde der Werktätigen, das sind die Bundesgenossen der Imperialisten, die alles Unheil über die Bevölkerung gebracht und den blutigen Krieg hervorgerufen haben. Alle Arbeiter, alle werktätigen Massen müssen sich zusammenschließen, aber es dürfen sich ihnen keine Ausbeuter, keine Spekulanten anschließen, nur dann werden wir den Sieg erringen. Der blutige Krieg ist beendet, jetzt führen wir einen unblutigen Krieg gegen Chaos, Zerstörung, Verelendung und Krankheiten, in die uns die vier Jahre imperialistischer Krieg und die zwei Jahre Bürgerkrieg hineingetrieben haben. Ihr wisst, dass diese Zerstörung entsetzlich ist. In den Randgebieten Russlands, in Sibirien und im Süden haben wir Dutzende Millionen Pud Getreide, und Millionen Pud sind bereits eingebracht, während in Moskau fürchterlicher Hunger herrscht und die Menschen vor Hunger sterben, weil es unmöglich ist, das Getreide herbeizuschaffen, Die Herbeischaffung des Getreides aber ist unmöglich, weil der Bürgerkrieg das Land vollkommen ruiniert, das Transportwesen und Dutzende von Brücken zerstört hat. Die Lokomotiven sind unbrauchbar geworden, und wir haben keine Möglichkeit, sie zu reparieren. Schwerlich werden wir jetzt Hilfe vom Ausland bekommen. Aber wir wissen, dass gegenwärtig die Möglichkeit besteht, die völlige Wiederherstellung der Industrie in Angriff zu nehmen. Wir wissen, dass die Sowjetmacht dem Bauern nur Papiergeld gibt, wenn sie bei ihm Getreide zu festen Preisen kauft. Welchen Wert haben diese Geldscheine? Sie sind kein entsprechender Gegenwert für das Getreide, aber wir können nur Papiergeld geben. Wir sagen jedoch: das ist notwendig, die Bauern müssen uns Getreide vorschießen. Was müssen wir tun, um die Industrie wiederherzustellen, was müssen wir in einer Situation tun, wo wir keine Waren für das Getreide geben können, weil wir einfach keine haben? Und wird sich denn auch nur ein einziger satter Bauer weigern, dem hungrigen Arbeiter Brot zu geben, wenn er weiß, dass dieser Arbeiter, sobald er sich ein wenig gestärkt haben wird, ihm Industrieprodukte dafür gibt? Kein einziger ehrlicher einsichtiger Bauer wird sich weigern, Brot vorzuschießen. Die Bauern, die Überschüsse an Getreide haben, müssen es dem Staat gegen Papiergeld überlassen, und das bedeutet eben, dass sie es uns vorschießen. Das begreift nur derjenige nicht, der ein Anhänger des Kapitalismus und der Ausbeutung ist, der da will, dass der Satte sich auf Kosten des Hungrigen noch mehr bereichere. Das kann eine Arbeiterregierung nicht zulassen, und im Kampfe dagegen werden wir vor keinen Opfern zurückschrecken! Wir haben jetzt alle unsere Kräfte auf die Wiederherstellung der Industrie konzentriert und führen diesen neuen Krieg unbeirrt weiter, in dem wir ebensolche Siege erringen werden wie bisher. Wir haben eine Kommission von Gelehrten und Technikern beauftragt, einen Plan der Elektrifizierung Russlands auszuarbeiten. Dieser Plan wird in zwei Monaten fertig sein und uns ein ganz klares Bild davon geben, wie ganz Russland im Verlaufe einiger Jahre mit einem Netz von elektrischen Leitungen bedeckt, nicht auf der alten, sondern auf einer neuen Grundlage aufgebaut werden und jene Kultur erreichen wird, die unsere Gefangenen in Deutschland gesehen haben. So müssen wir unsere Industrie wieder aufbauen, so werden wir hundertfach jenes Darlehen zurückerstatten, das der Bauer uns gibt. Wir wissen: das ist nicht eine Sache von ein oder zwei Jahren. Das Minimalprogramm der Elektrifizierung ist auf nicht weniger als drei Jahre berechnet. Der volle Sieg dieser hochkultivierten Industrie erfordert mindestens zehn Jahre, Wenn wir es aber verstanden haben, uns zwei Jahre in diesem blutigen Kriege zu behaupten, so werden wir uns bei allen Schwierigkeiten auch zehn Jahre und länger behaupten können. Wir haben eine Erfahrung in der Führung der werktätigen Massen durch die Arbeiter erworben, die uns durch alle Schwierigkeiten dieser unblutigen Front des Kampfes gegen die Zerrüttung zu Siegen führen wird, die von noch größerer Bedeutung sein werden als unsere Siege im Kriege gegen den internationalen Imperialismus. 1 M. Kalinin, der am 20. April im Namen des Allrussischen Zentralexekutivkomitees den Allrussischen Kongress der werktätigen Kosaken begrüßte, befasste sich in seiner Rede mit dem Wesen des Sowjetsystems und der inneren Politik der Sowjetmacht. 2 Gemeint ist der Aufruf der Internationalen (Zimmerwalder) Sozialistischen Kommission und der Auslandsvertretung des ZK der Bolschewiki „An die Proletarier aller Länder“, der in der „Prawda“ vom 10. November 1917 veröffentlicht wurde. 3 Lenin meint offenbar einen Artikel Radeks in der Nummer 46 der „Iswestija“ vom 26. Februar 1920. In diesem Artikel führt Radek folgendes Zitat aus der polnischen Zeitung „Robotnik“ an: „Die Ukraine, in die Österreich und Deutschland ihre Armeen warfen, um Brot zu bekommen, wurde zum Grab dieser mächtigen europäischen Staaten“. Eine andere polnische Zeitung „Poniedziałek“ schrieb: „Wenn es auch leicht wäre, nach Moskau zu kommen, so kann es passieren, dass man von dort nicht mehr zurückkehrt“. Radek schrieb am Schluss seines Artikels aus diesem Anlass: „Die Herren Pans und Kapitalisten mögen ihren Freund Denikin fragen, wie leicht es ist, nach Moskau zu kommen. Dass sie von einem solchen „Spaziergang“ nicht zurückkehren werden – dafür können wir uns verbürgen“. 4 Gemeint sind hier die Blätter, die 1918-1919 in englischer, deutscher und französischer Sprache von den ausländischen Sektionen der KPR herausgegeben wurden zwecks Verbreitung an den Fronten des Bürgerkrieges und unter den Kriegsgefangenen der Interventionsarmeen. In englischer Sprache erschien die Zeitung „The Call“, die an der Nordfront verbreitet wurde. In deutscher Sprache erschienen zwei Organe: „Der Völkerfriede, Organ der Internationalen Abteilung des ZK des Rates der Arbeiter, Soldaten und Rotarmisten“ und „Die Weltrevolution – Organ der deutschen Gruppe der KPR“. Beide Organe wurden unter den deutschen Kriegsgefangenen in der Ukraine und in anderen von den deutschen Truppen besetzten Gebieten verbreitet. In französischer Sprache erschien die Wochenschrift „La Lanterne“, die an der Südfront verbreitet wurde. 5 Lenin meint die Memoiren des Prinzen Sixtus von Parma „L’offre de paix séparée de l’Autriche 4. Decembre 1916–12. Octobre 1917“. 6 Der Leitartikel, den Lenin erwähnt, heißt: „Finland and the Bolshevists“ (Finnland und die Bolschewiki) und ist in den „Times“ vom 24. Oktober 1919 erschienen. |