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Wladimir I. Lenin 19210304 Der Internationale Frauentag

Wladimir I. Lenin: Der Internationale Frauentag

[Erschienen in der Beilage zu Nr. 51 der „Prawda" vom 8. März 1921: „Der Internationale Frauentag". Gezeichnet: N. Lenin. Nach Sämtliche Werke, Band 26, Moskau 1940, S. 237-239]

Das Hauptsächliche, das Grundlegende im Bolschewismus und in der russischen Oktoberrevolution ist, dass gerade diejenigen in die Politik einbezogen werden, die unter dem Kapitalismus am meisten unterdrückt waren. Sie wurden von den Kapitalisten unterdrückt, sie wurden betrogen, sie wurden ausgeplündert, unter der Monarchie ebenso wie in den bürgerlich-demokratischen Republiken. Dieser Druck, dieser Betrug, diese Ausplünderung der Volksarbeit durch die Kapitalisten waren unvermeidlich, solange das Privateigentum an Grund und Boden, an den Fabriken, den Werken aufrechterhalten blieb.

Das Wesen des Bolschewismus, das Wesen der Sowjetmacht besteht darin, die Lüge und Heuchelei der bürgerlichen Demokratie zu entlarven, das Privateigentum an Grund und Boden, an den Fabriken und Werken aufzuheben und die gesamte Staatsmacht in den Händen der werktätigen und ausgebeuteten Massen zu konzentrieren. Sie selber, diese Massen, nehmen die Politik, d. h. das Werk des Aufbaus der neuen Gesellschaft, in ihre Hände. Es ist ein schwieriges Werk, die Massen sind durch den Kapitalismus geduckt und niedergehalten, aber einen anderen Ausweg aus der Lohnsklaverei, aus der kapitalistischen Knechtschaft gibt es nicht und kann es nicht geben.

Man kann aber nicht die Massen in die Politik einbeziehen, ohne die Frauen in die Politik einzubeziehen. Denn die weibliche Hälfte des menschlichen Geschlechts ist unter dem Kapitalismus doppelt unterdrückt. Die Arbeiterin und die Bäuerin werden vom Kapital unterdrückt und bleiben darüber hinaus selbst in den allerdemokratischsten bürgerlichen Republiken erstens nicht gleichberechtigt, denn das Gesetz gewährt ihnen keine Gleichheit mit dem Manne; zweitens – und das ist die Hauptsache – verbleiben sie in der „häuslichen Sklaverei", bleiben sie „Haussklavinnen", weil sie durch die kleinlichste, gröbste, mühseligste, den Menschen am meisten abstumpfende Küchenarbeit und überhaupt die Arbeit der Einzelwirtschaft in Haus und Familie niedergedrückt werden.

Die bolschewistische, die Sowjetrevolution untergräbt die Wurzeln der Unterdrückung und der Ungleichheit der Frauen so tief, wie keine Partei und keine Revolution auf der Welt sie zu untergraben gewagt haben. Von der gesetzlichen Ungleichheit zwischen Mann und Frau ist bei uns, in Sowjetrussland, auch nicht eine Spur übriggeblieben. Die besonders niederträchtige, gemeine, heuchlerische Ungleichheit im Ehe- und Familienrecht, die Ungleichheit in Bezug auf das Kind ist durch die Sowjetmacht vollständig aufgehoben worden.

Das ist nur der erste Schritt zur Befreiung der Frau. Aber keine einzige der bürgerlichen, auch der allerdemokratischsten Republiken hat auch nur diesen ersten Schritt zu tun gewagt. Sie haben es aus Furcht vor dem „heiligen Privateigentum" nicht gewagt.

Der zweite und wichtigste Schritt ist die Abschaffung des Privateigentums an Grund und Boden, an den Fabriken, den Werken. Dadurch und nur dadurch wird der Weg freigelegt für die vollständige und tatsächliche Befreiung der Frau, für ihre Befreiung von der „häuslichen Sklaverei" durch den Übergang von dem kleinen Einzelhaushalt zum vergesellschafteten Großhaushalt.

Dieser Übergang ist schwierig, denn es handelt sich hier um die Umgestaltung einer zutiefst eingewurzelten, von gewohnter, erstarrter, verknöcherter „Ordnung" (in Wahrheit: von Ungeheuerlichkeiten und Brutalitäten und nicht „Ordnung"). Aber dieser Übergang hat begonnen, das Werk ist in Angriff genommen, den neuen Weg haben wir beschritten.

Und am Internationalen Frauentag werden in allen Ländern der Welt in unzähligen Versammlungen von Arbeiterinnen Grüße an Sowjetrussland ergehen, das das unerhört schwierige und mühselige, aber große, welthistorisch große und wirkliche Befreiungswerk begonnen hat. Es werden mutige Rufe erklingen, angesichts der wütenden und oft bestialischen bürgerlichen Reaktion nicht den Mut zu verlieren. Je „freier" oder „demokratischer" ein bürgerliches Land ist, um so mehr tobt und wütet die Bande der Kapitalisten gegen die Revolution der Arbeiter; ein Beispiel dafür ist die demokratische Republik der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Doch der Arbeiter ist in seiner Masse bereits erwacht. Der imperialistische Krieg hat die schlummernden, halb verschlafenen, trägen Massen in Amerika wie in Europa und im rückständigen Asien endgültig wachgerüttelt.

Das Eis ist an allen Ecken und Enden der Welt gebrochen.

Die Befreiung der Völker vom Joch des Imperialismus, die Befreiung der Arbeiter und Arbeiterinnen vom Joch des Kapitals geht unaufhaltsam vorwärts. Dieses Werk wurde von Millionen und aber Millionen Arbeitern und Arbeiterinnen, Bauern und Bäuerinnen vorwärts getragen. Und darum wird dieses Werk der Befreiung der Arbeit vom Joch des Kapitals in der ganzen Welt siegen.

4. März 1921.

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