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Kommission 19170500 Bemerkungen über den allgemeinen (theoretischen) Teil des Programms

Bemerkungen der auf der Konferenz vom 24. bis 29. April 1917 gebildeten Kommission über den allgemeinen (theoretischen) Teil des Programms

[Aus der Broschüre „Materialien zur Revision des Parteiprogramms", Petrograd 1917. Nach Lenin, Sämtliche Werke, Band 20.2, Wien-Berlin 1928, S. 302-304]

Allgemeiner Teil

Die Kommission für die Revision des Parteiprogramms ist der Meinung, dass eine einfache Ergänzung des allgemeinen Teils durch den vorläufigen Entwurf des Genossen Lenin eine rein mechanische Anfügung wäre, die oft mit dem Gang der Ausführungen des allgemeinen Teils unseres Programms nicht in Übereinstimmung stände. Von diesen Erwägungen ausgehend, erachtete die Kommission die Umarbeitung des gesamten allgemeinen Teils unseres Programms, entsprechend den vom Genossen Lenin in seinem vorläufigen Entwurf dargelegten Thesen und jenen Erwägungen, die in den Sitzungen der Kommission geltend gemacht wurden, für notwendig.

Zu diesem Zweck hat die Kommission in einer allgemeinen Versammlung eine Unterkommission von drei Genossen gewählt. Diese Unterkommission ist zu folgenden Schlüssen gelangt:

1. Der erste Absatz des Programms ist in dem Sinne zu fassen, dass die „innige Verbindung" nicht nur durch den Austausch allein geschaffen wird, sondern auch durch die Kapitalausfuhr, den Kampf um das Wirtschaftsgebiet – überhaupt durch eine ganze Reihe ökonomischer Vorgänge der letzten Zeit. Und zwar: führte der Austausch direkt und unmittelbar zur Herstellung der „innigen Verbindung", so führt dazu die Kapitalausfuhr usw. im Ergebnis eines komplizierten Kampfes der verschiedenen durch diese Vorgänge erzeugten widerspruchsvollen Tendenzen. Unterstreichen, dass der moderne Kapitalismus zur Nivellierung der Eigenarten des Kapitalismus der verschiedenen Länder, zur Ausarbeitung allgemeiner Methoden und allgemeiner Ziele und so weiter führt (dafür Bogoljepow, Sokolnikow).

2. Der zweite Absatz bleibt unverändert (einstimmig).

3. Der dritte Punkt ist umzuarbeiten entsprechend den neuesten Daten über die wirtschaftliche Rolle der Syndikate und Trusts; die These von dem Übergang zur neuesten Phase des Finanzkapitals ist zu begründen. Den Schluss des Absatzes kategorischer formulieren (die Worte „mehr oder weniger" streichen).

4. Den vierten Punkt erweitern durch den Hinweis auf das Bestreben des Kapitals, in immer größerem Umfange die Arbeit der rückständigen, unzivilisierten Völker auszunutzen (zwei Stimmen dafür, eine dagegen).

5. Der fünfte Absatz bedarf einer gründlichen Umarbeitung. Es ist notwendig, diesen Punkt zu ergänzen durch eine Analyse der Kapitalausfuhr, des Kampfes um das Wirtschaftsgebiet, der Handelspolitik des Finanzkapitals nach innen und außen, der Verschärfung der Konkurrenz und der Rivalität zwischen den Kapitalen der verschiedenen Nationen, die nach der Weltherrschaft streben. Die Krisen und Depressionen verschärfen diese Rivalität noch mehr. Begründung der These, dass wir in die Ära der imperialistischen Kriege eingetreten sind, die Unvermeidlichkeit kriegerischer Zusammenstöße.

In dem Passus über die Krisen, die Worte „mehr oder weniger" streichen und ersetzen durch „und Depressionen". Ein Teil der Genossen schlug vor, den Ausdruck „Überproduktion" als ungenau zu vermeiden. Es wurde vorgeschlagen, am Schlüsse des Absatzes das Wort „mitunter" zu streichen und durch „gegenwärtig" zu ersetzen (Oppokow, Bogoljepow, Sokolnikow).

6. Im Absatz 6 soll hervorgehoben werden die zunehmende Teuerung, die Verelendung, die finanzielle Knechtung, das Sinken des Reallohnes usw. (Versuche, die Arbeit zu versklaven) (einstimmig).

7. Der zweite Teil des Absatzes ist weiter auszuführen. Man muss hervorheben die Rolle des Finanzkapitals und der Banken im Konzentrationsprozess der Industrie, den Übergang zur staatlichen Regelung von Produktion und Verbrauch, die Bildung interstaatlicher ökonomischer Koalitionen. Es entsteht faktisch eine Diktatur des Finanzkapitals, die unvermeidlich im Verlauf des gewaltigen Zusammenstoßes der Klassenkräfte der modernen Gesellschaft durch die Diktatur des Proletariats ersetzt werden muss (Oppokow, Sokolnikow, Bogoljepow).

8. Absatz 8 bleibt, wie er ist.

9. Absatz 9 soll ungefähr folgendermaßen formuliert werden:

Die unerlässliche Bedingung dieser sozialen Revolution ist die Diktatur des Proletariats, d. h. die Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat, die ihm erlaubt, jeden Widerstand der Ausbeuter zu unterdrücken. Die internationale Sozialdemokratie, die sich die allseitige unmittelbare Vorbereitung des Proletariats zur Eroberung der politischen Macht zwecks Durchführung der wirtschaftlichen Maßnahmen, die den Inhalt der sozialen Revolution bilden, zur Aufgabe stellt, organisiert es zu einer selbständigen, allen bürgerlichen Parteien gegenüberstehenden politischen Partei, die alle Äußerungen seines Klassenkampfes leitet, die ihm den unüberbrückbaren Gegensatz zwischen den Interessen der Ausbeuter und denen der Ausgebeuteten enthüllt und ihm klarmacht, dass die proletarische sozialistische Revolution infolge der objektiven Bedingungen zur aktuellen Frage der gegenwärtigen Epoche wird und dass nur sie die Menschheit aus der Sackgasse hinausführen kann, die der Imperialismus und die imperialistischen Kriege geschaffen haben. Welches die Schwierigkeiten der Revolution und ihre möglichen vorübergehenden Misserfolge oder konterrevolutionären Wellen auch sein mögen, der endgültige Sieg des Proletariats ist unvermeidlich. Zugleich damit zeigt die Partei des Proletariats der gesamten übrigen werktätigen und ausgebeuteten Masse die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage in der kapitalistischen Gesellschaft und die Notwendigkeit der sozialen Revolution im Interesse ihrer eigenen Befreiung vom Joch des Kapitals. Die Partei der Arbeiterklasse, die revolutionäre Sozialdemokratie, ruft in ihre Reihen alle Schichten der werktätigen und ausgebeuteten Bevölkerung, soweit sie sich den Standpunkt des Proletariats zu eigen machen.

Diese Bemerkungen sind von der Unterkommission (Bogoljepow, Oppokow, Sokolnikow) gemacht und als richtig befunden worden und sollen dem Plenum der Kommission vorgelegt werden.

Der Vorsitzende der Sektion, G. Oppokow

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