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Moskauer Gebietskonferenz der SDAPR 19170500 Resolution über die Stellung zur provisorischen Regierung

Moskauer Gebietskonferenz der SDAPR: Resolution über die Stellung zur provisorischen Regierung

[„Sozialdemokrat" (Moskau) Nr. 45 vom 15. (2.) Mai 1917. Nach Lenin, Sämtliche Werke, Band 20.2, Wien-Berlin 1928, S. 277 f.]

Nach Erörterung der Frage, welche Stellung der Provisorischen Regierung gegenüber einzunehmen ist, gelangte die Gebietskonferenz des Zentralen Industriebezirks zu folgenden Schlüssen:

1. Die Provisorische Regierung, als das Machtorgan der Bourgeoisie und der Grundbesitzer, ist mit dem englisch-französischen Imperialismus eng verbunden und ist ihrem Wesen nach konterrevolutionär.

2. Die Provisorische Regierung, die die Interessen dieser Klassen widerspiegelt, verwirklicht nur sehr langsam und ungern, nur unter dem Druck der revolutionären Demokratie das von ihr veröffentlichte Reformprogramm und leistet der weiteren Ausdehnung und Vertiefung der Errungenschaften der Revolution Widerstand.

3. Zu gleicher Zeit sind die sich organisierenden Kräfte der bürgerlichen und feudalen Konterrevolution – bei offensichtlichem Gewährenlassen, in manchen Fällen auch unter direkter Mithilfe der Provisorischen Regierung – bestrebt, die Massen der revolutionären Demokratie zu spalten und sie die proletarisch-bäuerliche Revolution nicht zu Ende führen zu lassen.

Zu diesem Zwecke lässt die Provisorische Regierung die konterrevolutionäre Agitation im Heere gewähren, sie fördert die Organisation der höheren Offiziere gegen die Soldaten, bremst die Einführung des Achtstundentages, verschleppt die Festsetzung der Wahlen zur Konstituierenden Versammlung, widersetzt sich dem Übergang des gesamten Grund und Bodens in die Hände des Volkes usw.

4. Jeder Schritt der Provisorischen Regierung, sowohl in der Außen- als auch in der Innenpolitik, liefert Stoff, der den wahren Charakter dieser Regierung aufzeigt, und rückt damit vor den proletarischen, halbproletarischen und revolutionären kleinbürgerlichen Schichten in Stadt und Land immer mehr die Aufgabe in den Vordergrund, alle Macht in den Organisationen dieser revolutionär-demokratischen Bevölkerungsgruppen zu konzentrieren.

5. Die Räte der Arbeiter-, Soldaten- und anderen Deputierten – diese Organe der revolutionären Macht und die Organisationszentren der Massen der revolutionären Demokratie – sind in ihrer bedeutenden Mehrheit gegenwärtig nicht nur keine Organe mit Machtvollkommenheit, sie üben auch noch keinen genügend konsequenten, organisierten Druck auf die verschiedenen örtlichen Organe der revolutionären Periode aus: die provisorischen Exekutivkomitees der Gouvernements, die Stadtkomitees für öffentliche Sicherheit usw. – sie bringen der Provisorischen Regierung Vertrauen entgegen und unterstützen ihre Tätigkeit, mitunter sogar in ihren ausgesprochen gegen das Volk gerichteten Äußerungen (Unterstützung der „Freiheitsanleihe").

Von diesen Feststellungen ausgehend, ist die Konferenz der Auffassung:

1. Für den Übergang der gesamten Staatsgewalt in die Hände der Räte der Arbeiter-, Soldaten- und anderen Deputierten oder anderer Organe, die unmittelbar den Willen der revolutionären Demokratie zum Ausdruck bringen, ist eine langwierige Arbeit zur Aufhellung des proletarischen Klassenbewusstseins und zur Zusammenfassung der städtischen und ländlichen Proletarier gegen die Schwankungen des Kleinbürgertums notwendig, denn nur eine solche Arbeit kann wirklich für die erfolgreiche Vorwärtsbewegung des gesamten revolutionären Volkes Gewähr bieten.

2. Für eine solche Tätigkeit ist vor allem die Festigung der Räte als Massenorganisationen und die ständige Erweiterung ihrer Verbindung mit den Massen der revolutionären Demokratie notwendig, sowie eine umfassende Arbeit innerhalb der Arbeiter- und Soldatendeputiertenräte zur Zusammenfassung der proletarischen, internationalistischen Gruppen der revolutionären Sozialdemokratie innerhalb dieser Räte.

3. Im Prozess ihrer Umwandlung in machtvollkommene Organe der revolutionären Masse müssen die Räte der Arbeiter- und Soldatendeputierten, die alle Gruppen der revolutionären Demokratie um sich organisieren, die Kontrolle über die Tätigkeit aller Organe der revolutionären Periode ausüben, indem sie den konterrevolutionären Charakter der Aktionen der Provisorischen Regierung, der öffentlichen Komitees der Gouvernements und der Städte usw entlarven. Diese Kontrolle wird sich im Fortgang der siegreichen proletarisch-bäuerlichen Revolution unvermeidlich in eine Kontrolle über alle Elemente des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens verwandeln und eine Etappe bilden auf dem Wege zur Eroberung der gesamten Staatsgewalt durch die organisierten Massen des Proletariats und der Dorfarmut.

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