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Wladimir I. Lenin 19171007 Aus dem Tagebuch eines Publizisten

Wladimir I. Lenin: Aus dem Tagebuch eines Publizisten1

[Geschrieben am 5.-7. Oktober (22.-24. September) 1917. Zum ersten Mal veröffentlicht im Jahre 1924 in der Zeitschrift „Proletarskaja Rewoluzija", Nr. 3 (26). Nach Sämtliche Werke, Band 21, Wien-Berlin 1931, S. 275-281]

Freitag, den 22. September 1917

Die Fehler unserer Partei

Je mehr man über die Bedeutung der sogenannten Demokratischen Beratung nachdenkt, je aufmerksamer und mit je mehr Abstand man sie betrachtet – und der Abstand, sagt man, erlaubt besser zu sehen –, um so fester wird die Überzeugung, dass die Teilnahme unserer Partei an der Beratung ein Fehler war. Man hätte sie boykottieren müssen. Man wird vielleicht fragen, welchen Nutzen die Untersuchung dieser Frage bringt. Was geschehen ist, ist nicht mehr gut zu machen. Jedoch ein solcher Einwand in Bezug auf eine Taktik von gestern wäre offensichtlich unhaltbar. Wir verurteilen stets – und als Marxisten müssen wir es – die Taktik, die „von einem Tag auf den andern lebt". Die Erfolge des Augenblicks genügen uns nicht. Überhaupt genügen uns Berechnungen auf eine Minute oder auf einen Tag nicht. Wir müssen uns stets kontrollieren durch das Studium der Kette der politischen Geschehnisse in ihrer Gesamtheit, in ihren ursächlichen Zusammenhängen, in ihren Ergebnissen. An der Analyse der Fehler von gestern lernen wir die Fehler von heute und von morgen vermeiden.

Im Lande wächst offensichtlich eine neue Revolution heran, die die Revolution anderer Klassen sein wird (verglichen mit den Klassen, die die Revolution gegen den Zarismus vollbrachten). Der Zarismus wurde gestürzt von der Revolution des Proletariats, der Bauern und der mit dem englisch-französischen Finanzkapital verbündeten Bourgeoisie.

Jetzt wächst die Revolution des Proletariats und der Mehrheit der Bauern heran, und zwar der ärmsten Bauern, gegen die Bourgeoisie, gegen ihre Verbündeten, das englisch-französische Finanzkapital, gegen ihren Regierungsapparat, an dessen Spitze der Bonapartist Kerenski steht.

Wir wollen uns jetzt nicht bei den Tatsachen aufhalten, die das Anwachsen einer neuen Revolution bezeugen, denn nach den Artikeln unseres Zentralorgans „Rabotschij Putj" zu urteilen, hat unsere Partei bereits zum Ausdruck gebracht, was sie hierüber denkt. Das Anwachsen einer neuen Revolution ist, so scheint es. eine von der Partei allgemein anerkannte Erscheinung. Wir werden natürlich noch genaue Daten über dieses Anwachsen beibringen müssen, doch das wird die Aufgabe anderer Artikel sein.

In diesem Augenblick ist es wichtiger, die größte Aufmerksamkeit den Klassenunterschieden zwischen der alten und der neuen Revolution zuzuwenden, der Würdigung des politischen Augenblicks und unserer Aufgaben vom Standpunkt dieser Haupttatsache: der Wechselbeziehung der Klassen. Damals, in der ersten Revolution, waren die Arbeiter und die Soldaten, d. h. das Proletariat und die Bauern, die Avantgarde der Revolution.

Diese Avantgarde riss nicht nur viele der schlechtesten schwankenden Elemente des Kleinbürgertums mit sich (wir erinnern an die Schwankungen der Menschewiki und Trudowiki in den Fragen der Republik), sondern auch die monarchistische Partei der Kadetten und der liberalen Bourgeoisie, die sie republikanisch machte. Warum war eine solche Umwandlung möglich?

Weil für die Bourgeoisie die ökonomische Herrschaft alles ist, die Form der politischen Herrschaft ist für sie von zweitrangiger Bedeutung. Die Bourgeoisie kann unter der Republik herrschen, und selbst mit größerer Sicherheit, weil in einer Republik keine Änderung in der Zusammensetzung der Regierung oder in der Zusammensetzung der herrschenden Parteigruppierungen sie berührt. Gewiss, die Bourgeoisie war monarchistisch und wird es bleiben, weil eine brutalere militärische Form der Verteidigung des Kapitals, eine Form, die den monarchistischen Institutionen eigentümlich ist, den Kapitalisten und Grundbesitzern besser gefällt, ihnen „vertrauter" ist. Aber bei einem starken Druck von unten „passt sich" die Bourgeoisie immer und überall der Republik an, unter der Bedingung, dass sie ihre ökonomische Herrschaft behält.

Jetzt stehen das Proletariat und die ärmste Bauernschaft, d. h. die Mehrheit des Volkes, in einem solchen Verhältnis zur Bourgeoisie und zum „verbündeten" (wie auch zum internationalen) Imperialismus, dass man die Bourgeoisie nicht mit sich „reißen" kann. Mehr als das: die Oberschichten des Kleinbürgertums und die wohlhabenden Schichten des demokratischen Kleinbürgertums sind offensichtlich gegen eine neue Revolution. Diese Tatsache tritt so klar zutage, dass es jetzt nicht notwendig ist, auf sie einzugehen. Die Herren Liber-Dan, Zeretelli und Tschernow illustrieren das außerordentlich anschaulich.

Die Wechselbeziehung der Klassen ist eine andere geworden, das ist der Kern der Sache.

Aber diese Klassen stehen „auf der einen und auf der anderen Seite der Barrikade".

Das ist die Hauptsache.

Das und nur das ist die wissenschaftliche Grundlage, die es erlaubt, von einer neuen Revolution zu sprechen, die, rein theoretisch gesprochen, die Frage abstrakt genommen, legal vor sich gehen könnte, wenn z. B. die von der Bourgeoisie einberufene Konstituierende Versammlung den Parteien der Arbeiter und der ärmsten Bauern eine Mehrheit gegen die Bourgeoisie gäbe.

Die objektive Wechselbeziehung der Klassen, ihre (wirtschaftliche und politische) Rolle außerhalb der Repräsentativkörperschaften vom gegebenen Typus und innerhalb dieser Körperschaften, das Ansteigen oder der Niedergang der Revolution, das Verhältnis zwischen außerparlamentarischen und parlamentarischen Kampfmitteln – das sind die wichtigsten, grundlegenden, objektiven Faktoren, die berücksichtigt werden müssen, wenn man die Taktik des Boykotts oder der Beteiligung nicht willkürlich, auf Grund seiner „Sympathien", sondern marxistisch ableiten will.

Die Erfahrung unserer Revolution zeigt anschaulich, wie man an die Frage des Boykotts marxistisch herangehen muss.

Warum hat sich der Boykott der Bulyginschen Duma als eine richtige Taktik erwiesen?

Weil er dem objektiven Wechselverhältnis der gesellschaftlichen Kräfte in ihrer Entwicklung entsprach. Er gab die Losung der anwachsenden Revolution für den Sturz der alten Regierungsgewalt, die, um das Volk von der Revolution abzulenken, eine kompromisslerische, grob gefälschte und darum keine Aussichten auf ein ernstes „Anhaken" am Parlamentarismus eröffnende Körperschaft (die Bulyginsche Duma) einberief. Die außerparlamentarischen Kampf mittel des Proletariats und der Bauernschaft waren stärker. Aus diesen Erwägungen heraus ergab sich die richtige, der objektiven Lage Rechnung tragende Taktik des Boykotts der Bulyginschen Duma.

Warum hat sich die Taktik des Boykotts der dritten Duma als falsch erwiesen?

Weil sie sich nur auf das „Eindrucksvolle" der Losung des Boykotts und auf die Abscheu gegen den grob reaktionären Geist des „Stalls" vom 3. Juni stützte. Aber die objektive Lage war so, dass einerseits die Revolution sich in einem schroffen Niedergang befand und immer mehr abebbte. Um sie wieder zum Aufschwung zu bringen, gewann die parlamentarische Stütze (sogar aus dem Innern des „Stalles" heraus) eine ungeheure politische Bedeutung, denn die außerparlamentarischen Mittel der Propaganda, der Agitation, der Organisation waren fast gar nicht vorhanden oder waren äußerst schwach. Anderseits hinderte ihr grob reaktionärer Geist die dritte Duma nicht, das Organ einer wirklichen Wechselbeziehung der Klassen zu sein, und zwar der Stolypinschen Einigung der Monarchie mit der Bourgeoisie. Diese neue Wechselbeziehung der Klassen musste überwunden werden.

Aus diesen Erwägungen heraus ergab sich die richtige, der objektiven Lage Rechnung tragende Taktik der Beteiligung an der dritten Duma.

Es genügt, sich diese Lehren der Erfahrung, die Bedingungen für eine marxistische Beurteilung der Frage von Boykott oder Beteiligung zu überlegen, um sich zu überzeugen, wie absolut falsch die Taktik der Beteiligung an der „Demokratischen Beratung", am „Demokratischen Rat" oder am Vorparlament ist.

Einerseits wächst eine neue Revolution heran. Der Krieg steigt an. Die außerparlamentarischen Mittel der Propaganda, Agitation und Organisation sind in ungeheurem Umfang vorhanden. Die Bedeutung der „Parlamentstribüne" ist in diesem Vorparlament äußerst gering. Anderseits bringt dieses Vorparlament keine neue Wechselbeziehung der Klassen zum Ausdruck und „dient" keiner solchen; die Bauernschaft z. B. ist hier schlechter vertreten als in den bereits bestehenden Organen (dem Rat der Bauerndeputierten). Der ganze Sinn des Vorparlaments ist eine bonapartistische Fälschung nicht nur in dem Sinne, dass die schmutzige Bande der Liber-Dan, Zeretelli und Tschernow in Gemeinschaft mit Kerenski und Konsorten die Zusammensetzung dieser Zeretelli-Bulyginschen Duma zusammengeschoben, gefälscht hat, sondern auch in dem weit tieferen Sinne, dass es die einzige Bestimmung des Vorparlaments ist, die Massen zu bemogeln, die Arbeiter und Bauern zu betrügen, sie von der neuen heranreifenden Revolution abzulenken, den unterdrückten Klassen Sand in die Augen zu streuen durch ein neues Gewand für die alte, bereits erprobte, zerzauste, abgenutzte „Koalition" mit der Bourgeoisie (d. h. für die Verwandlung der Herren Zeretelli und Konsorten durch die Bourgeoisie in Clowns, die das Volk dem Imperialismus im imperialistischen Krieg unterordnen helfen).

Wir sind jetzt schwach – sagt der Zar im August 1905 seinen Fronherren-Gutsbesitzern. Unsere Macht schwankt. Die Welle der Arbeiter- und Bauernrevolution steigt. Man muss die „kleinen Leute" betrügen, ihnen Honig um den Mund schmieren …

Wir sind jetzt schwach – sagt der heutige „Zar", der Bonapartist Kerenski, den Kadetten, den parteilosen Spießern, den Plechanow, Breschkowskaja und Konsorten. Unsere Macht schwankt. Die Welle der Arbeiter- und Bauernrevolution gegen die Bourgeoisie steigt. Man muss die Demokratie betrügen und zu diesem Zweck jenem Narrengewand eine andere Farbe geben, in das sich seit dem 6. Mai 1917 die Sozialrevolutionären und menschewistischen „Führer der revolutionären Demokratie", unsere lieben Freunde Zeretelli und Tschernow, gekleidet haben, um das Volk zu narren. Es ist nicht schwer, ihnen mit dem „Vorparlament" Honig um den Mund zu schmieren.

Wir sind jetzt stark – sagt der Zar seinen Fronherren-Gutsbesitzern im Juni 1907. Die Welle der Arbeiter- und Bauernrevolution sinkt. Aber wir werden uns nicht in alter Weise halten können, und der Betrug allein genügt nicht. Eine neue Politik auf dem Lande, ein neuer wirtschaftlicher und politischer Block mit Gutschkow-Miljukow, mit der Bourgeoisie, ist notwendig.

So kann man drei Situationen darstellen: August 1905, September 1917, Juni 1907, um die objektiven Grundlagen der Boykott-Taktik, ihren Zusammenhang mit der Wechselbeziehung der Klassen anschaulicher zu erläutern. Ein Betrug der Unterdrücker an den unterdrückten Klassen ist immer vorhanden, aber die Bedeutung dieses Betrugs ist in den verschiedenen geschichtlichen Augenblicken verschieden. Die Taktik kann nicht nur auf die Tatsache begründet sein, dass die Unterdrücker das Volk betrügen; sie muss bestimmt werden durch eine allgemeine Analyse der Wechselbeziehung der Klassen und der Entwicklung sowohl des außerparlamentarischen wie des parlamentarischen Kampfes.

Die Taktik der Beteiligung am Vorparlament ist falsch, sie entspricht nicht der objektiven Wechselbeziehung der Klassen, den objektiven Bedingungen des Augenblicks.

Die Demokratische Beratung musste boykottiert werden, wir haben uns alle geirrt, als wir das nicht taten, ein Fehler ist kein Betrug. Den Fehler werden wir korrigieren, wenn nur der aufrichtige Wille vorhanden ist, für den revolutionären Kampf der Massen einzutreten, wenn wir nur über die objektiven Grundlagen der Taktik ernstlich nachdenken.

Das Vorparlament muss boykottiert werden. Man muss sich in den Rat der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten, in die Gewerkschaftsverbände zurückziehen, überhaupt zu den Massen gehen. Man muss die Massen zum Kampf aufrufen. Man muss ihnen die richtige und klare Losung geben: die bonapartistische Bande Kerenskis und sein gefälschtes Vorparlament, diese Zeretelli-Bulyginsche Duma auseinanderzujagen. Die Menschewiki und Sozialrevolutionäre haben sogar nach der Kornilowiade unseren Kompromiss, die friedliche Übergabe der Macht an die Räte (in denen wir damals noch keine Mehrheit hatten) abgelehnt, sie sind wieder in den Sumpf der schmutzigen und niederträchtigen Machenschaften mit den Kadetten hin abgesunken. Nieder mit den Menschewiki und den Sozialrevolutionären! Schonungsloser Kampf gegen sie. Sie müssen schonungslos aus allen revolutionären Organisationen verjagt werden. Keine Verhandlungen, keine Gemeinschaft mit diesen Freunden der Kischkin, den Freunden der kornilowistischen Grundbesitzer und Kapitalisten.

Sonnabend, den 23. September 1917

Trotzki ist für den Boykott eingetreten. Bravo, Genosse Trotzki!

Der Boykottismus hat in der Fraktion der Bolschewiki, die sich für die Demokratische Beratung versammelt haben, eine Niederlage erlitten.

Es lebe der Boykott!

Auf keinen Fall können und dürfen wir uns mit der Beteiligung abfinden. Die Fraktion der Beratung ist nicht das höchste Parteiorgan, aber auch die Beschlüsse der höchsten Organe unterliegen einer Revision auf Grund der praktischen Erfahrung.

Man muss um jeden Preis einen Beschluss in der Frage des Boykotts sowohl in der Plenarsitzung des Exekutivkomitees als auch auf einem außerordentlichen Parteitag herbeiführen. Man muss sofort die Frage des Boykotts zur Plattform für die Wahlen zum Parteitag und für sämtliche Wahlen innerhalb der Partei machen. Zur Erörterung dieser Frage müssen die Massen herangezogen werden. Es ist notwendig, dass die klassenbewussten Arbeiter die Sache in ihre Hand nehmen, die Diskussion durchführen und einen Druck auf die „Oberschichten" ausüben.

Es kann absolut nicht daran gezweifelt werden, dass in den „Oberschichten" unserer Partei Schwankungen zu beobachten sind, die verhängnisvoll werden können, denn der Kampf entwickelt sich; in bestimmten Verhältnissen aber, in einem bestimmten Augenblick können Schwankungen die Sache zugrunde richten. Solange es nicht zu spät ist, muss man mit allen Kräften an den Kampf herangehen und die richtige Linie der Partei des revolutionären Proletariats durchsetzen.

In den „parlamentarischen" Oberschichten der Partei ist nicht alles in Ordnung; es ist notwendig, ihnen mehr Aufmerksamkeit zu widmen, sie mehr durch die Arbeiter kontrollieren zu lassen; die Kompetenz der Parlamentsfraktionen muss strenger festgelegt werden.

Der Fehler unserer Partei tritt klar zutage. Für die kämpfende Partei der vorgeschrittenen Klasse sind die Fehler kein Unglück. Ein Unglück wäre das Beharren auf einem Fehler, die falsche Scham vor der Anerkennung und Verbesserung eines Fehlers.

Sonntag, den 24. September 1917

Der Rätekongress ist auf den 20. Oktober verschoben worden. Das entspricht angesichts des Tempos, in dem Russland lebt, einem Aufschub auf den St. Nimmerleinstag. Zum zweiten Mal wiederholt sich die Komödie, die die Sozialrevolutionäre und die Menschewiki nach dem 20.-21. April gespielt haben.

1 Der Artikel Lenins „Aus dem Tagebuch eines Publizisten. Die Fehler unserer Partei", der den Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit der Frage des Boykotts der Demokratischen Beratung gewidmet ist, ist zum ersten Mal im Jahre 1924 veröffentlicht worden, und zwar in Nr. 3 der Zeitschrift „Proletarskaja Rewoluzija" zusammen mit einer Notiz des Genossen Tajeschnikow (Mogilnikow), in der dieser erzählt, dass Lenins Artikel im September 1917 im Wiborger Bezirk von Hand zu Hand ging. Der Artikel ist nach einer Abschrift veröffentlicht worden, die Gen. Tajeschnikow aufbewahrt hatte.

In der Frage des Boykotts der Demokratischen Beratung und des von ihr geschaffenen Vorparlaments bestanden innerhalb des bolschewistischen Zentralkomitees zwei Meinungen: Lenin war für den Boykott, Kamenew für die Beteiligung. Die Frage, ob man die Demokratische Beratung verlassen sollte, wurde in einer Zentralkomiteesitzung am 4. Oktober (21. September) 1917 erörtert. Das Protokoll der Sitzung enthält folgende Notiz: „Zur Frage der Demokratischen Beratung wurde beschlossen, diese nicht zu verlassen und nur die Mitglieder unserer Partei aus dem Präsidium abzuberufen. Was das Vorparlament anbelangt, so wurde mit neun gegen acht Stimmen beschlossen, sich an ihm nicht zu beteiligen. Mit Rücksicht auf die Tatsache aber, dass die Stimmen zu gleichen Teilen gespalten waren, wurde beschlossen, die endgültige Entscheidung einer Parteikonferenz zu überlassen, die sofort aus der versammelten Fraktion der Demokratischen Beratung organisiert werden soll. Auf dieser Konferenz sollen zwei Referate angehört werden: des Gen. Trotzki und des Gen. Rykow." Die Sitzung der bolschewistischen Fraktion der Demokratischen Beratung fand am 4. Oktober (21. September) statt. Stalin und Trotzki traten in dieser Sitzung für, Kamenew und Rykow gegen den Boykott des Vorparlamentes ein. Ein Bericht über die Sitzung steht uns nicht zur Verfügung. Das Protokoll des Zentralkomitees enthält nur folgende Notiz: „In der Konferenz wurde mit 77 gegen 50 Stimmen beschlossen, sich am Vorparlament zu beteiligen; das Zentralkomitee hat diesen Beschluss bestätigt." Die Frage des Boykotts des Vorparlamentes wurde in der Sitzung des ZK vom 18. (5.) Oktober von Neuem erörtert. „Nach einer Diskussion wird mit allen gegen eine Stimme beschlossen, gleich am ersten Tag nach Verlesung einer Deklaration das Vorparlament zu verlassen. Es wurden Thesen angenommen, mit der Ausarbeitung der Deklaration wurde die Redaktion des Zentralorgans beauftragt." Gegen das Verlassen des Vorparlamentes hat Kamenew gestimmt, der dem Protokoll des ZK folgende Erklärung beifügte: „An das ZK der SDAPR. Werte Genossen, ich bin der Meinung, dass euer Beschluss, den ,Rat der Russischen Republik' gleich in der ersten Sitzung zu verlassen, die Taktik der Partei für die nächste Zeit in einer Richtung vorausbestimmt, die nach meiner persönlichen Ansicht für die Partei sehr schädlich sein wird. Ich ordne mich dem Parteibeschluss unter, bitte aber gleichzeitig die Genossen, mich meiner Pflichten in den vertretenden Körperschaften (ZK usw.) zu entbinden und mich mit irgendeiner andern Arbeit zu beauftragen. 5. Oktober 1917. Kamenew" („Protokolle der Sitzungen des ZK der SDAPR", „Proletarskaja Rewoluzija", Nr. 10 [69], 1927). Die bolschewistische Fraktion verließ das Vorparlament gleich in seiner ersten Sitzung, am 20. (7.) Oktober, nachdem Trotzki eine Deklaration verlesen hatte.

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