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Wladimir I. Lenin 19170619 Die Scharfmacher vom 3. Juni für die sofortige Offensive

Wladimir I. Lenin: Die Scharfmacher vom 3. Juni für die sofortige Offensive

[„Prawda" Nr. 74, 19. (6.) Juni 1917. Nach Lenin, Sämtliche Werke, Band 20.2, Wien-Berlin 1928, S. 144-146]

Die Herren vom 3. Juni1, die Nikolaus Romanow nach 1905 geholfen haben, unser Land mit Blut zu überschwemmen, die Revolutionäre abzuwürgen, die Allmacht der Grundherren und Kapitalisten wiederherzustellen, sind gleichzeitig mit dem Rätekongress zu einer eigenen Konferenz zusammengetreten.

Während Zeretelli, der zu einem Gefangenen der Bourgeoisie geworden ist, durch tausend Ausflüchte die Dringlichkeit, die Wichtigkeit, die Aktualität der politischen Frage einer sofortigen Offensive zu vertuschen suchte, haben sich die Scharfmacher vom 3. Juni, die Kampfgenossen Nikolaus des Blutigen und des Henkers Stolypin, die Grundherren und Kapitalisten, nicht gescheut, die Frage ohne Umschweife, offen zu stellen. Hier die letzte und wichtigste, einstimmig von ihnen angenommene Resolution zur Offensive2:

Die Reichsduma (??) erkennt an, dass nur durch die sofortige Offensive, durch das engste Zusammenwirken mit den Verbündeten eine Gewähr für die rasche Beendigung des Krieges und für die dauernde Festigung der vom Volke eroberten Freiheiten gegeben ist."

Das ist eine klare Sprache.

Das sind Politiker, Menschen der Tat, treue Diener ihrer Klasse, der Grundbesitzer und Kapitalisten.

Wie aber dienen die Zeretelli, Tschernow u. Co. ihrer Klasse? Sie beschränken sich auf fromme Wünsche in Worten und unterstützen die Kapitalisten in der Praxis.

Zeretelli versicherte, dass man die Frage der sofortigen Offensive nicht einmal stellen könne, denn wenn er, der Minister Zeretelli, etwas von einer „sofortigen" Offensive wüsste, so würde er, der Minister, niemand etwas davon sagen. Als Zeretelli das sagte, ahnte er nicht (welche Naivität!), dass die Scharfmacher vom 3. Juni ihn widerlegt haben, ihn durch die Tat widerlegt haben, denn sie sind sogar nicht davor zurückgeschreckt, in einer Resolution vor aller Öffentlichkeit nicht von der Offensive im Allgemeinen, sondern eben von der sofortigen Offensive zu sprechen. Und sie hatten Recht, denn das ist eine politische Frage, die Schicksalsfrage unserer ganzen Revolution.

Hier gibt es keinen Mittelweg: „Sofortige Offensive" – für oder gegen; hier kann man sich nicht der Stimme enthalten; hier mit Hinweisen oder Anspielungen auf das militärische Geheimnis auszuweichen, wäre eines verantwortlichen Politikers geradezu unwürdig.

Für die sofortige Offensive, das bedeutet: für die Fortsetzung des imperialistischen Krieges, für das Abschlachten der russischen Arbeiter und Bauern mit dem Ziel der Erdrosselung Persiens, Griechenlands, Galiziens, der Balkanvölker usw., für die Belebung und Festigung der Konterrevolution, für die endgültige Beseitigung der Phrasen über einen „Frieden ohne Annexionen", für den Krieg u m der Annexionen willen.

Gegen die sofortige Offensive, das bedeutet: für den Übergang der gesamten Macht auf die Räte, für die Entfachung der revolutionären Initiative der unterdrückten Klassen, für das sofortige Angebot eines „Friedens ohne Annexionen" an die unterdrückten Klassen aller Länder, eines Friedens auf Grund der genauen Bedingungen der Abwerfung des kapitalistischen Joches und der Befreiung aller Kolonien ohne Ausnahme, aller unterdrückten oder nicht gleichberechtigten Völker ohne Ausnahme.

Der erste Weg, zusammen mit den Kapitalisten, im Interesse der Kapitalisten, zur Erreichung der Ziele der Kapitalisten, ist der Weg des Vertrauens zu den Kapitalisten, die bereits das dritte Jahr alles in der Welt und noch viel mehr versprechen, unter der Bedingung der „Fortsetzung" des Krieges bis zum „siegreichen" Ende.

Der zweite Weg ist der Weg des Bruches mit den Kapitalisten, des Misstrauens gegen sie, der Bändigung ihres schmutzigen Eigennutzes und ihrer Bereicherung um Hunderte von Millionen an Heereslieferungen, der Weg des Vertrauens zu den unterdrückten Klassen und vor allem zu den Arbeitern aller Länder, der Weg des Vertrauens zu der internationalen proletarischen Revolution gegen das Kapital, der Weg der kräftigsten Unterstützung dieser Revolution.

Zwischen diesen beiden Wegen gilt es zu wählen. Zeretelli, Tschernow u. Co. lieben Mittelwege. In diesem Punkte kann es keinen Mittelweg geben, und sollten sie schwanken oder sich mit Phrasen herauszureden suchen, so werden sie, die Zeretelli, Tschernow u. Co., endgültig zur Rolle eines Werkzeugs in den Händen der konterrevolutionären Bourgeoisie herabsinken.

1 Die Herren vom 3. Juni – am 3. (16.) Juni 1907 wurde die zweite Reichsduma auseinandergejagt und ein neues Wahlrecht oktroyiert Durch dieses Wahlrecht erhielten die feudalen und handelsindustriellen Elemente in der Duma ein gewaltiges Übergewicht. Als Herren vom 3. Juni pflegte man seitdem die Zensuselemente der Reichsduma zu bezeichnen (die Kadetten, Oktobristen, die Rechten), die ihr Übergewicht dem Staatsstreich vom 16. (3.) Juni 1907 verdankten.

2 Die Resolution mit der Forderung der Einleitung einer sofortigen Offensive der russischen Armee an der Front wurde von der Konferenz der Mitglieder der Reichsduma am 16. (3.) Juni 1917 gefasst.

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