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Wladimir I. Lenin 19170623 Entwurf zu einem Artikel über die Räte der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten

Wladimir I. Lenin: Entwurf zu einem Artikel über die Räte der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten

[Geschrieben am 23. oder 24. (10. oder 11.) Juni 1917 Zum ersten Mal veröffentlicht Nr.4 in der Zeitschrift „Byloje" („Vergangenes") Nr. 24. Nach Sämtliche Werke, Band 20.2. Wien-Berlin 1928, S. 174 f.]

Wir sind der Auffassung, dass die eigenartige Institution, genannt die Räte der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten, einem öffentlichen Organ des Willens der Volksmehrheit, einem revolutionären Parlament am nächsten kommt.

Für den Übergang der gesamten Staatsgewalt in die Hände eines solchen Organs traten und treten wir grundsätzlich ein, trotzdem es sich jetzt in den Händen der auf dem Standpunkt der Vaterlandsverteidigung stehenden und der Partei des Proletariats feindlich gesinnten Parteien der Menschewiki und Sozialrevolutionäre befindet.

Die innerlich widerspruchsvolle, schwankende, unbeständige, der Konterrevolution gegenüber ohnmächtige Lage der Räte ist die Folge davon, dass sie die Brutstätte der Konterrevolution, die zehn bürgerlichen Minister, dulden und mit dem englisch-französischen imperialistischen Kapital nicht brechen. Diesem Schwanken entspringt die Nervosität der jetzigen Mehrheit der Räte und ihr Keifen gegen diejenigen, die auf dieses Schwanken hinweisen.

Wir lehnen es ab, unseren Kampf gegen die Konterrevolution mit dem „Kampf" der auf dem Standpunkt der Vaterlandsverteidigung verharrenden und ministerialistischen Parteien zu koordinieren, in Einklang zu bringen.

Die Beschlüsse der Räte können wir nicht als regelrechte Beschlüsse einer regelrechten Staatsmacht anerkennen, solange zehn bürgerliche konterrevolutionäre Minister vom Schlage Miljukows und von der Miljukowschen Klasse in der Regierung bleiben. Aber selbst wenn die Räte die ganze Macht übernehmen (was wir wünschen und stets unterstützen würden), wenn sie zu einem revolutionären Parlament mit uneingeschränkter Macht werden sollten, würden wir uns Beschlüssen nicht fügen, die die Freiheit unserer Agitation einschränken, z. B. die Verbreitung von Flugblättern in der Etappe oder an der Front verbieten, oder friedliche Kundgebungen usw. untersagen. In diesem Falle würden wir es vorziehen, eine illegale, offiziell verfolgte Partei zu werden, auf unsere marxistischen, internationalistischen Prinzipien aber würden wir nicht verzichten.

In gleicher Weise würden wir uns verhalten, falls es dem Rätekongress belieben sollte, uns offiziell, vor der gesamten Bevölkerung Russlands als „Feinde des Volkes" oder „Feinde der Revolution" hinzustellen.

Von den Beweggründen für das dreitägige Demonstrationsverbot erkennen wir nur einen als bedingt richtig an; nämlich, dass die im Hintergrund lauernden Konterrevolutionäre diese Demonstration ausnutzen wollten. Wenn die Tatsachen, auf die sich diese Begründung stützt, richtig, wenn die Namen der Konterrevolutionäre dem gesamten Rat bekannt sind (wie sie uns privat aus einer mündlichen Mitteilung Libers u. a. im Exekutivkomitee bekannt sind), so wäre die unverzügliche Erklärung dieser Konterrevolutionäre zu Feinden des Volkes, ihre Verhaftung und ein Verfahren gegen ihre Anhänger und Helfershelfer notwendig.

Die Unterlassung solcher Maßnahmen seitens des Rates macht auch seinen richtigen Beweggrund zu einem nur bedingt richtigen oder überhaupt unrichtigen.

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