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Wladimir I. Lenin 19170425 Rede an die Soldaten auf einem Meeting des Ismailow-Regiments

Wladimir I. Lenin: Rede an die Soldaten auf einem Meeting des Ismailow-Regiments

[„Prawda" Nr. 30, 25. (12.) April 1917 Gezeichnet: N. Lenin. Nach Sämtliche Werke, Band 20.1, Wien-Berlin 1928, S. 194-196]

In der gestrigen Versammlung des Ismailow-Regiments, wo der Genosse Sinowjew und ich nach dem Redner des Petrograder Komitees gesprochen haben, sagte ich folgendes:

Genossen Soldaten! Auf der Tagesordnung steht jetzt die Frage der Staatsordnung. Die Kapitalisten, die zur Zeit die Staatsmacht in Händen halten, wollen eine parlamentarische bürgerliche Republik, d. h. eine Staatsordnung, in der es keinen Zaren gibt, wo aber die Herrschaft in den Händen der Kapitalisten bleibt, die das Land regieren mit Hilfe der alten Institutionen: der Polizei, der Bürokratie, des stehenden Heeres.

Wir wollen eine andere, den Interessen des Volkes mehr entsprechende, demokratischere Republik. Die revolutionären Arbeiter und Soldaten von Petersburg haben den Zarismus gestürzt und die Hauptstadt gründlich von der Polizei gesäubert. Die Arbeiter der ganzen Welt blicken mit Begeisterung und Hoffnung auf die revolutionären Arbeiter und Soldaten Russlands als auf die Avantgarde der internationalen Befreiungsarmee der Arbeiterklasse. Nachdem man die Revolution begonnen hat, muss man sie festigen und fortsetzen. Lassen wir nicht zu, dass die Polizei wiederhergestellt wird! Die ganze Macht im Staate, von unten bis oben, von dem entlegensten Dörfchen bis zur letzten Straße in Petersburg muss den Räten der Arbeiter-, Soldaten-, Landarbeiter-, Bauern- usw. Deputierten gehören. Die zentrale Staatsgewalt muss sein die alle diese lokalen Räte zusammenfassende Konstituierende Versammlung oder die Nationalversammlung oder der Rat der Räte – auf den Namen kommt es nicht an.

Nicht die Polizei, nicht die Beamten, die dem Volke gegenüber nicht verantwortlich sind, die über dem Volke stehen, nicht das vom Volke getrennte stehende Heer, sondern das von den Räten zusammengefasste, bis zum letzten Mann bewaffnete Volk selber ist es, das das Land regieren muss. Diese Regierung wird die notwendige Ordnung herstellen, dieser Regierung werden die Arbeiter und Bauern nicht nur gehorchen, sie werden sie auch achten.

Nur eine solche Regierung, nur die Räte der Soldaten- und Bauerndeputierten selber sind imstande, die große Frage des Grund und Bodens nicht im Interesse der Grundherren und nicht in bürokratischer Weise zu lösen. Der Grund und Boden darf nicht den Grundherren gehören. Die Bauernkomitees müssen sofort den Grundherren das Land wegnehmen, dabei sehr streng darüber wachen, dass jegliches Gut vor Beschädigung bewahrt wird und dass die Getreideproduktion steigt, damit die Soldaten an der Front besser versorgt werden. Der ganze Grund und Boden muss dem gesamten Volke gehören, und über ihn zu verfügen haben die lokalen Räte der Bauerndeputierten. Damit die reichen Bauern – ebenfalls Kapitalisten – nicht imstande sind, die Landarbeiter und die ärmsten Bauern zu benachteiligen und zu betrügen, ist es entweder notwendig, dass diese sich allein, getrennt beraten, zusammentun, organisieren, oder dass eigene Räte der Landarbeiterdeputierten geschaffen werden.

Lasst nicht zu, dass die Polizei wiederhergestellt wird, gebt weder die Staatsgewalt noch die Staatsverwaltung in die Hände von nicht gewählten, nicht absetzbaren, bourgeoismäßig bezahlten Beamten; vereinigt euch, schließt euch zusammen, organisiert euch selber, vertraut keinem andern, verlasst euch nur auf den eigenen Verstand, auf die eigene Erfahrung, – dann wird Russland festen, sicheren Schrittes vorwärts marschieren können zur Befreiung sowohl unseres Landes als auch der gesamten Menschheit von den Schrecken des Krieges und vom Joch des Kapitals.

Unsere Regierung, die Regierung der Kapitalisten, setzt den Krieg im Interesse der Kapitalisten fort. Wie die deutschen Kapitalisten mit ihrem gekrönten Räuber Wilhelm an der Spitze, so führen auch die Kapitalisten aller übrigen Länder den Krieg um die Teilung der kapitalistischen Profite, um die Herrschaft über die Welt. Hunderte Millionen von Menschen, fast alle Länder der Erde sind in diesen verbrecherischen Krieg hineingezogen worden. Kapitalien von Hunderten Milliarden sind in „einträglichen" Unternehmungen angelegt, die den Völkern Tod, Hunger, Ruin, Verwilderung, den Kapitalisten aber wahnsinnige, skandalös hohe Gewinne einbringen. Um loszukommen von diesem furchtbaren Kriege, um einen wirklich demokratischen und keinen Gewaltfrieden zu schließen, gibt es nur einen Weg: den Übergang der gesamten Staatsgewalt in die Hände der Räte der Arbeiter- und Soldatendeputierten. Die Arbeiter und die ärmsten Bauern, die an der Sicherung der Kapitalprofite, an der Beraubung der schwachen Völker nicht interessiert sind, werden tatsächlich verwirklichen können, was die Kapitalisten nur versprechen, nämlich den Krieg durch einen dauerhaften Frieden beenden, der allen Völkern ohne Ausnahme die Freiheit sichert.

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