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Wladimir I. Lenin 19170620 Über die Volksfeinde

Wladimir I. Lenin: Über die Volksfeinde

[„Prawda" Nr. 75 20. (7.) Juni 1917. Nach Lenin, Sämtliche Werke, Band 20.2, Wien-Berlin 1928, S. 151 f.]

Vor kurzem erinnerte Plechanows „Jedinstwo" (das sogar von dem Sozialrevolutionären „Djelo Naroda" mit Recht als Blatt bezeichnet wird, das mit der liberalen Bourgeoisie einig ist) an das Gesetz der französischen Republik von 1793 über die Volksfeinde.

Eine sehr zeitgemäße Erinnerung.

Die Jakobiner von 1793 waren die Vertreter der revolutionärsten Klasse des XVIII. Jahrhunderts, der Stadt- und Dorfarmut. Gegen diese Klasse, die tatsächlich (nicht nur mit Worten) mit ihrem Monarchen, ihren Junkern, ihren gemäßigten Bourgeois durch Anwendung der revolutionärsten Mittel, bis zur Guillotine, abgerechnet hatte, gegen diese wahrhaft revolutionäre Klasse des XVIII. Jahrhunderts zogen die vereinigten Monarchen Europas in den Krieg.

Die Jakobiner erklärten diejenigen für Volksfeinde, die „die Absichten der vereinigten Tyrannen gegen die Republik förderten".

Das Beispiel der Jakobiner ist lehrreich. Es ist auch jetzt nicht veraltet, nur muss es auf die revolutionäre Klasse des XX. Jahrhunderts, auf die Proletarier und Halbproletarier angewendet werden. Die Volksfeinde sind für diese Klasse im XX. Jahrhundert nicht die Monarchen, sondern die Grundbesitzer und Kapitalisten als Klasse.

Wenn die Macht auf die „Jakobiner" des XX. Jahrhunderts, die Proletarier und Halbproletarier, überginge, würden sie die Kapitalisten, die im imperialistischen Krieg, das heißt einem Krieg, der um die Verteilung der Beute und der Profite der Kapitalisten geführt wird, Milliarden zusammenraffen, für Volksfeinde erklären.

Die „Jakobiner" des XX. Jahrhunderts würden die Kapitalisten nicht guillotinieren: ein gutes Beispiel nachahmen heißt nicht, es kopieren. Es würde genügen, 50 bis 100 Magnaten des Bankkapitals, die Hauptmatadoren des Staatskassendiebstahls und des bankmäßigen Raubes, zu verhaften; es würde genügen, sie auf einige Wochen festzusetzen, um ihre Machenschaften aufzudecken, um allen Ausgebeuteten zu zeigen, „wer den Krieg braucht". Nach Aufdeckung der Machenschaften der Bankkönige könnte man sie freilassen, indem man die Banken und die Syndikate der Kapitalisten, wie alle Lieferanten, die für den Fiskus „arbeiten", unter die Kontrolle der Arbeiter stellt.

Die Jakobiner von 1793 sind in die Geschichte eingegangen als leuchtendes Vorbild eines wirklich revolutionären Kampfes der Klasse der Werktätigen und Unterdrückten, die die gesamte Staatsgewalt in ihre Hände nahm, gegen die Klasse der Ausbeuter.

Das erbärmliche „Jedinstwo" (selbst die menschewistischen Oboronzy schämten sich der Koalition mit ihm) will vom Jakobinertum den Buchstaben übernehmen, aber nicht seinen Geist, seine äußere Form, aber nicht den Inhalt seiner Politik. Das ist im Grunde gleichbedeutend mit dem Verrat an der Revolution des XX. Jahrhunderts, einem Verrat, der durch falsche Hinweise auf die Revolutionäre des XVIII. Jahrhunderts verdeckt werden soll.

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