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Wladimir I. Lenin 19170718 Verleumdungen und Tatsachen

Wladimir I. Lenin: Verleumdungen und Tatsachen

[Geschrieben am 18. (5.) Juli 1917 Veröffentlicht am 19. (6.) Juli 1917 im „Listok Prawdy". Nach Sämtliche Werke, Band 21, Wien-Berlin 1931, S. 12 f.]

Aus Anlass der Demonstration vom 3. und 4. Juli werden die Bolschewiki mit endlosen Beschimpfungen und Verleumdungen überschüttet.

Man versteigt sich bis zu der Beschuldigung, die Bolschewiki hätten „versucht, sich der Stadt zu bemächtigen", sie wollten den Willen der Räte „vergewaltigen", sie hätten ein „Attentat auf die Rätemacht" verübt und so weiter und so fort.

Die Tatsachen aber besagen, dass die Bolschewiki, obwohl die Massen bewaffnet waren, sich nicht nur keines Stadtteils, sondern auch keines einzigen Gebäudes, keiner einzigen Institution bemächtigt haben (obwohl sie es hätten tun können) und auch nicht versucht haben, es zu tun.

Die Tatsachen besagen, dass der einzige politische Fall von Gewaltanwendung gegenüber einer Institution in der Nacht zum 4. Juli erfolgte und in der Demolierung der „Prawda" durch Junker und Kosaken auf Befehl Polowzews bestand, ohne Wissen des Rates und gegen den Willen des Rates.

Das ist eine Tatsache.

Das ist eine überlegte, böswillige Gewaltanwendung gegenüber einer ganzen Institution, das ist ein „Attentat" und eine „Vergewaltigung" nicht in Worten, sondern in der Tat. Wäre dieses Attentat gesetzlich, dann hätte entweder die Provisorische Regierung oder hätten die Räte diesen Schritt bestätigt: keine der Regierungsgewalten hat dies getan. Die Gewalttaten gegen die „Prawda" haben weder im Rat noch in der Provisorischen Regierung Unterstützung gefunden.

Die Bolschewiki riefen die Soldaten, die die Aktion begonnen hatten, zum friedlichen und organisierten Handeln.

Weder die Provisorische Regierung noch der Rat haben die Junker, die Kosaken und Polowzew zu friedlichen und organisierten, zu gesetzmäßigen Handlungen aufgerufen.

Aber, sagt man, es gab doch eine Schießerei.

Ja, es gab eine Schießerei. Aber wer hat geschossen? Wer will es wagen, jemanden der Schießerei zu beschuldigen ohne Untersuchung?

Man höre doch einen Zeugen aus dem bürgerlichen Lager.

Dieser Zeuge ist die Zeitung „Birschewyje Wjedomosti", Abendausgabe vom 4. Juli; wir glauben, niemand in der Welt wird diesen Zeugen der Vorliebe für die Bolschewiki verdächtigen können! Dieser Zeuge bekundet folgendes:

Punkt 2 Uhr mittags erdröhnte an der Ecke der Sadowaja und des Newski, als die bewaffneten Demonstranten vorbeimarschierten und das in erheblicher Zahl versammelte Publikum ruhig zuschaute, von der rechten Seite der Sadowaja her ein ohrenbetäubender Schuss, worauf dann ein Salvenfeuer einsetzte."

Also, auch der Zeuge des bürgerlichen Blattes ist gezwungen, die Wahrheit zu bestätigen, nämlich, dass die Schießerei von der rechten Seite der Sadowaja her begonnen hatte!! Ist dies nicht ein klarer Beweis, dass auf die Demonstranten geschossen worden ist?

Ist es denn schwer zu begreifen, dass, wenn die Demonstranten gewaltsam vorzugehen versucht oder dies gewollt hätten, sie eine bestimmte Institution aufs Korn genommen haben würden (ebenso wie Polowzew die Junker und die Kosaken gegen die „Prawda" geschickt hat)? Umgekehrt, wenn es unter den Matrosen Tote gab und wenn die Zeugen des bürgerlichen Blattes aussagen, dass die Schießerei „von der rechten Seite der Sadowaja her" begonnen hat, „als die bewaffneten Demonstranten vorbeimarschierten" – ist das nicht ein evidenter Beweis, dass gerade die Schwarzhunderter, gerade die Gegner der Demokratie, nämlich die den Kadetten nahestehenden Kreise, nach Gewalttaten trachteten und Gewalttaten wollten?

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