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Wladimir I. Lenin 19170714 Wer trägt die Verantwortung?

Wladimir I. Lenin: Wer trägt die Verantwortung?

[„Prawda" Nr. 96 14. (1. Juli) 1917. Nach Sämtliche Werke, Band 20.2, Wien-Berlin 1928, S. 253 f.]

Herr N. Rostow führt in der ministeriellen „Rabotschaja Gazeta" einige Auszüge aus Soldatenbriefen an, die von der außerordentlichen Finsternis zeugen, die im Dorfe herrscht. Alle Briefe – sagt der Verfasser, der, wie er mitteilt, in der Agitationsabteilung des Exekutivkomitees der Arbeiter- und Soldatenräte über ein dickes Paket von Briefen aus allen Teilen des Landes verfügt – alle Briefe enthalten einen einzigen Schrei: Zeitungen, schickt Zeitungen!

Der menschewistische Verfasser fasst sich an den Kopf und ruft bestürzt: „Wenn es ihnen (den Bauern) nicht klar wird, dass die Revolution für sie von großem Nutzen ist, so werden sie sich gegen die Revolution wenden" … Die Bauern leben „nach wie vor in Finsternis".

Etwas spät kommt der menschewistische und ministerielle Beamte mit seinem Briefpaket. Seit dem 6. Mai, an dem die Menschewiki zu Lakaien der Kapitalisten wurden, sind mehr als sieben Wochen vergangen, und in dieser ganzen Zeit flutete ein Strom bürgerlicher, konterrevolutionärer Lügen und Verleumdungen gegen die Revolution ungehindert über das flache Land, und zwar durch die bürgerlichen Zeitungen, die jetzt überwiegen, durch die unmittelbaren und mittelbaren Diener und Anhänger der Kapitalistenregierung, die von den Menschewiki unterstützt wird.

Hätten die Menschewiki und Sozialrevolutionäre die Revolution nicht verraten, die konterrevolutionären Kadetten nicht unterstützt, so wäre die Macht schon seit Anfang Mai in den Händen des Exekutivkomitees, das sofort das Staatsmonopol auf die privaten Inserate in den Zeitungen hätte einführen können und so die Möglichkeit gehabt hätte, Dutzende Millionen von Zeitungsexemplaren unentgeltlich auf das flache Land zu senden und zu verteilen. Die großen Druckereien und die Papiervorräte würden dann – in den Händen des Exekutivkomitees – für die Aufklärung der Landbevölkerung „arbeiten" und nicht für deren Verdummung durch irgendein Dutzend bürgerlicher, konterrevolutionärer Zeitungen, die sich faktisch eine vorherrschende Rolle im Zeitungswesen erobert haben.

Das Exekutivkomitee hätte damals die Reichsduma auflösen und das hierbei ersparte Volksgeld – ganz zu schweigen von anderen Quellen der Ersparnisse – für die Entsendung von tausend, wenn nicht gar mehreren tausend Agitatoren ins Dorf verwenden können.

Während der Revolution ist Zögern mitunter gleichbedeutend mit Verrat. Für die Verschleppung des Überganges der Macht in die Hände der Arbeiter, Soldaten und Bauern, für die Verschleppung der revolutionären Maßnahmen zur Aufklärung der in Finsternis lebenden Landbevölkerung tragen die Sozialrevolutionäre und Menschewiki die volle Verantwortung. Sie haben die Revolution in diesem Punkte verraten. Ihre Politik hat dazu geführt, dass die Arbeiter und Soldaten in ihrem Kampfe gegen die konterrevolutionäre bürgerliche Presse und Agitation jetzt gezwungen sind, sich mit unzulänglichen Mitteln zu begnügen, während ihnen zu diesem Zwecke die Mittel des Staates hätten zur Verfügung stehen müssen.

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