Vorbemerkung

Vorbemerkung

(Zur französischen Ausgabe)1

Dies Rotbuch ist nur ein erster Beitrag zur Analyse des Moskauer Prozesses.

Abgesehen vom ersten Kapitel, das einen allgemein politischen Charakter hat, und dem zweiten, das die früheren Begebenheiten behandelt, Kapitel, die beim Leser ein weniger unmittelbares Interesse hervorrufen dürften, ist diese auf den offiziellen Prozessbericht gegründete Arbeit der Analyse des Prozesses selbst gewidmet, Sie ist bereits auf russisch als Redaktionsartikel im „Bulletin der Opposition" erschienen; für die französische Ausgabe ist sie vom Verfasser neu durchgesehen worden.

Die Untersuchung befindet sich noch in den Anfängen. Neue Nachrichten und neue Zeugnisse werden nicht auf sich warten lassen. Gewisse Dokumente sind in diese Seiten nicht aufgenommen worden, denn wir hatten ihre Veröffentlichung nicht für möglich, bevor sie nicht, ebenso wie die damit verknüpften Umstände, aufs strengste geprüft sind.

Der Verfasser dieser Zeilen steht abseits von der aktiven Politik. Er hat sich bisher noch nie an die Öffentlichkeit gewandt. Wenn er es mit dieser Studie heute tut, so weil gebieterische Gründe ihn dazu zwangen.

In Moskau wurden Menschen in den Schmutz getreten, erschossen, hinge mordet für Verbrechen, die sie nie begangen haben.

Leo Trotzki – der Vater des Verfassers – ist gemein verleumdet, verleumdet wie selten jemand in der Geschichte. Seine ganze Ehre als Revolutionär, sein ganzes vierzigjähriges Werk stehen auf dem Spiel.

Und die Verleumdung hat bereits ihre Früchte getragen: Leo Trotzki ist interniert, zum Schweigen verurteilt, damit er nicht aus einem Angeklagten zum Ankläger werde.

Der Verfasser dieser Zeilen ist ebenfalls Angeklagter des Moskauer Prozesses, Er hat ein Recht, sich zu verteidigen. Eine doppelte Pflicht aber lag ihm vor allem ob: die Pflicht des einzigen in Freiheit gebliebenen Angekläfften, die Wahrheit wiederherzustellen, die Pflicht, Trotzkis Ehre zu verteidigen.

Der wahre Prozess, der Prozess gegen die Moskauer Fusilleure, beginnt erst. Wir haben keine anderen Waffen als die Wahrheit. Wir werden unsere Aufgabe bis zu Ende führen, ohne Schwäche, wie groß die Schwierigkeiten, die) es zu überwinden gilt, auch sein mögen. Die Wahrheit wird sich Bahn brechen.

Von der wahnwitzigen stalinistischen Machination wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Die fürchterliche Verantwortung wird den Moskauer Thermidorianern aufs Haupt zurückfallen.

Stalins Verbrechen wird als das erscheinen, was es ist, als eines der größten Verbrechen der modernen Geschichte.

28. Oktober 1936.

L. Sedow.

1 Die deutsche Ausgabe dieses Werkes ist auf französisch unter dem Titel «Livre Rouge» erschienen. Sie enthält aber einige Zusätze, darunter den hier zum ersten Mal veröffentlichten Orginalwortlaut des Telegramms, das Natalia Trotzkaja an Herriot sandte, sowie das Telegramm des französischen Außenministeriums an den französischen Konsul in Berlin bezüglich der Reise L. Sedows nach Paris (siehe das Kapitel «Kopenhagen») .

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