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Karl Liebknecht 19100221 Gegen die Ausnutzung der Arbeitsnachweise durch die Unternehmer

Karl Liebknecht: Gegen die Ausnutzung der Arbeitsnachweise durch die Unternehmer

Rede im preußischen Abgeordnetenhaus

[Nach Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Preußischen Hauses der Abgeordneten, 21. Legislaturperiode, III. Session 1910, 2. Bd., Berlin 1910, Sp. 2000-2005 und nach Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Band 3, S. 59-67]

Meine Herren, ich bedauere zunächst, dass bei der Verhandlung dieser außerordentlich wichtigen Angelegenheit kein einziger Vertreter der Regierung im Hause anwesend ist. Das beweist, wie mir scheint, auf das Deutlichste, dass in der preußischen Regierung noch weniger als im Hause der Abgeordneten ein Verständnis für die Bedeutung des Arbeitsnachweises zu finden ist.

Meine Herren, das Wesen des Arbeitsnachweises führt uns ohne weiteres auf den Kern der gesamten sozialen Gegensätze innerhalb der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Es ist heute bei der Komplikation unseres Gesellschaftslebens dem einzelnen nicht möglich, wie es in einfacheren Verhältnissen der Fall ist, nach seinem Belieben irgendwo eine Arbeit selbst zu suchen; er wird stets auf irgendeinen Platz innerhalb der Gesamtorganisation des höchst komplizierten sozialen Wesens angewiesen sein; er muss einen Platz finden, der gerade für ihn frei ist. Da nun diese Plätze nicht immer gerade da zu haben sind, wo sich der betreffende Arbeiter befindet, und da der einzelne das Gesamtgetriebe und seinen Bedarf nicht überblicken kann, so ist es notwendig, dass ihm in irgendeiner Weise die Möglichkeit erleichtert wird, diejenige Stelle innerhalb des Organismus zu finden, in der er eine zweckentsprechende Funktion ausüben kann. In der Frage des Arbeitsnachweises kulminiert die ganze Abhängigkeit des Proletariats, der Arbeiterklasse, gegenüber den herrschenden Klassen; in dieser Frage können wir die Summe aller Abhängigkeiten studieren, in denen sich die Arbeiterschaft befindet. Es ist die wichtigste Macht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, ihn zu beschäftigen oder nicht zu beschäftigen, und diese Macht des einzelnen Arbeitgebers wächst in das ganz Unerträgliche, wenn sie zu einer Macht der organisierten Arbeitgeber, des Arbeitgeberverbandes wird.

Meine Herren, es ist im Reichstag von dem Herrn Abgeordneten Giesberts zutreffend darauf hingewiesen worden, wie der Wechsel, die starke Fluktuation in dem Arbeitsverhältnis zu einem großen Teile direkt auf die wirtschaftliche Situation in den einzelnen Berufen wie auf eine höhere Gewalt zurückzuführen ist und dass dabei die Willkür, das Belieben der Arbeiter im Verhältnis eine geringe Rolle spielt.

Das Recht, das Arbeitsverhältnis zu wechseln, ist ein außerordentlich wichtiges Recht des Arbeiters. Die Freizügigkeit, die freie Beweglichkeit des Arbeiters, ist die wichtigste Waffe, kann man sagen, der Arbeiterschaft zur Hebung ihrer Situation. Zunächst einmal in dem Sinne, dass Angebot und Nachfrage durch diese Freizügigkeit ausgeglichen werden können, dass die Konkurrenz geregelt werden kann, dass auf diese Weise den fortgeschritteneren Schichten der Arbeiterschaft die minder fortgeschrittenen fortgesetzt nachdrängen und sich so eine allgemeine Hebung des Kulturniveaus vollzieht; auf der andern Seite aber auch in dem Sinne, dass Angebot und Nachfrage systematisch von der organisierten Arbeiterschaft geregelt werden. Das ist der Fall insbesondere bei Streiks, bei Arbeitseinstellungen. Das Mittel der Arbeitseinstellung, das Mittel, auf diese Weise die Freizügigkeit auszunutzen, einen Wechsel im Arbeitsverhältnis herbeizuführen, ist die Hauptwaffe für die Arbeiterschaft zur Hebung ihrer wirtschaftlichen Lage. Es darf also ausgesprochen werden, dass die primitive Voraussetzung für jede Höherentwicklung des Proletariats die Freizügigkeit ist und dass die wichtigste Voraussetzung für die Freizügigkeit die Möglichkeit ist, Arbeit zu finden. Eine wesentliche Voraussetzung dafür wiederum ist, dass eine zweckentsprechende Regelung des Arbeitsnachweises stattfindet.

Meine Herren, wir haben es bei der Frage des Arbeitsnachweises mit dem Versuche zu tun, eine der interessantesten und wichtigsten Erscheinungen unseres Wirtschaftslebens in irgendeiner Weise organisatorisch zu fassen und zu regeln. Es ist das die Erscheinung der nationalen und auch internationalen proletarischen Wanderung, die man wohl als die größte Völkerwanderung aller Zeiten bezeichnen darf und deren Bedeutung die Sozialdemokratie seit jeher erkannt hat, insbesondere auf dem sozialdemokratischen Kongress in Stuttgart 19071. Dort hat die Sozialdemokratie dieses wichtige Problem der modernen Entwicklung sehr eingehend erörtert. Meine Herren, es zeigt sich hier, dass sich eine gewaltige Kulturentwicklung gerade in der Form der proletarischen Wanderung vollzieht. Die proletarische Wanderung, das ist der Zug zur höheren Kultur, ein steter Aufstieg zu einem höheren Niveau der Zivilisation. Aus den niedrigst kultivierten Ländern nach den höher kultivierten Ländern ziehen die Arbeiter, aus den niedrigst kultivierten Provinzen nach den höher kultivierten Provinzen, vom Lande in die Städte hinein. Es findet so auch ein Ausgleich statt, der für die künftige Entwicklung der Menschheit ungeheuer wichtig ist. Wenn dieser Ausgleich in dem Niveau der Lebenshaltung, der sich durch diese freie Bewegung vollzieht, künstlich unterbunden würde, so würde sich eine immer gefährlichere Spannung in den Gegensätzen der verschiedenen Kulturniveaus ergeben, die zu den bösesten Konsequenzen für unsere ganze weitere Geschichte führen müsste. Es kann trotz aller Schwierigkeiten, die sich im einzelnen und für gewisse Perioden ergeben, im Schlussresultat nur begrüßt werden, dass sich durch diese internationale Wanderung allmählich eine internationale Applanierung der Kulturniveaus vollzieht.

Meine Herren, es ist aber kein Zweifel, dass wir energische Bestrebungen zu verzeichnen haben, diese natürliche Niveauausgleichung nach Möglichkeit zu unterbinden. Das haben wir einmal in den Bestrebungen der konservativ-agrarischen Kreise auf Beseitigung oder Einschränkung der Freizügigkeit, auf Herbeiführung einer modernen Hörigkeit, andererseits haben wir eine ähnliche Bestrebung auf dem Gebiete der Industrie, und diese Bestrebungen auf dem Gebiete der Industrie, auf dem Gebiete des mobilen Kapitals, sind es ja, die die Frage des Arbeitsnachweises im Augenblick gerade aktuell gemacht haben.

Meine Herren, die Sozialdemokratie und das Proletariat sind seit längerem dazu übergegangen, den paritätischen Arbeitsnachweis zu fordern. Die früher von der Arbeiterschaft vielfach vertretene Forderung der einseitigen Regelung des Arbeitsnachweises durch die Arbeiterschaft ist von der Arbeiterschaft im Wesentlichen fallengelassen worden.

Meine Herren, der Abgeordnete Giesberts hat im Abgeordnetenhause mit Recht darauf hingewiesen, dass gegenwärtig allein die Arbeitgeberorganisationen noch mit Rücksichtslosigkeit an einer einseitigen Arbeitsvermittlung festhalten.

Wenn der Herr Handelsminister gesagt hat, die alleinige Aufgabe der Arbeitsnachweise müsse die Vermittlung von Arbeit sein, und wenn der Herr Vertreter der Freikonservativen Partei dieser Auffassung beigestimmt hat, so können wir uns ihr nur anschließen, wenn sie mit prinzipieller Klarheit und Rücksichtslosigkeit durchgeführt wird. Aber wir müssen leider die Besorgnis aussprechen, dass die ernste Absicht auf Durchführung dieses Prinzips weder bei der Regierung noch bei den herrschenden Parteien in diesem Hause besteht.

Die Arbeitgeberorganisationen, denen die größten Parteien dieses Hauses, abgesehen von der Zentrumsfraktion selbstverständlich, sehr nahestehen, haben den einseitigen Arbeitsnachweis durchaus nicht zu dem Zwecke eingerichtet, dem hohen, idealen, sozial notwendigen Ziele zu dienen, von dem ich vorhin gesprochen habe. Das ergeben auf das aller deutlichste die Materialien, die über die Verhandlungen der Arbeitgebernachweise in die Öffentlichkeit gedrungen sind.

Meine Herren, ich darf darauf hinweisen, dass unter anderem von dem Herrn Hauptmann a. D. Kleffel, dem Leiter des Arbeitsnachweises der Berliner Metallindustriellen, am 5. September 1898 ausdrücklich erklärt worden ist:

Die schärfste Waffe, welche die Arbeitsnachweisstelle gegen den Arbeiter in der Hand hat, ist die Sperre, das heißt der Ausschluss des betreffenden Arbeiters aus den Werkstätten."

Dann fährt er fort:

Streikende sind jedenfalls sofort und bis auf weiteres zu sperren, mit Ausnahme der Aufwiegler erst dann wieder freizugeben, wenn der Streik beendet ist."

Und dann weiter:

Ebenso sind jene Arbeiter mit der Sperre zu belegen, welche sich zu dem sogenannten Streikpostenstehen oder gar zu wörtlichen und tätlichen Angriffen gegen Arbeitskollegen hergeben. Agitatoren sind, sofern sie nur in ihrer Tätigkeit innerhalb oder außerhalb ihrer Werkstätte als solche erkannt werden, grundsätzlich und auf die Dauer zu sperren. Eine Besserung solch gewerbsmäßiger Hetzer erscheint wohl ausgeschlossen; deshalb müssen sie aus dem Arbeiterstand rücksichtslos heraus gedrängt werden."

Und von Dr. Fleckner (Stettin) ist am 4. September 1908 bei den Verhandlungen der letzten Arbeitsnachweiskonferenz erklärt worden:

Die beiden Hauptgründe, die für die Errichtung der Nachweise sprechen, sind aber: die Erleichterung der Kontrolle über die streikenden und ausgesperrten Arbeiter und die Stärkung der Macht des betreffenden Arbeitgeberverbandes."

Am 14. Mai 1909 erklärte in Berlin auf der Tagung der mitteleuropäischen Wirtschaftsvereine Dr. Stojentin (Stettin):

Seiner Natur nach ist den Arbeitgeberverbänden der Arbeitsnachweis nur ein Mittel zum Zweck; er soll, neben Sichtung und Vermittlung des nötigen Arbeitermaterials, vor allem zu einer Kontrolle über streikende und ausgesperrte Arbeiter dienen, die Lahmlegung von Streiks ermöglichen, einen Einfluss auf die Lohnfrage gewährleisten und durch das alles die Macht der Arbeitgeberverbände stärken."

Ebenso ist im Jahre 1903 auf der Hauptversammlung des Hamburg-Altonaer Arbeitgeberverbandes von einem Freiherrn von Reiswitz erklärt worden, dass die „berufsmäßigen Hetzer" vor allen Dingen durch den Arbeitsnachweis aus der Arbeit heraus gedrängt werden müssten. Es ist infolgedessen durchaus zutreffend, wenn von einem Abgeordneten im Reichstage diese Arbeitgebernachweise als systematische Maßregelungsbüros bezeichnet worden sind.

150 Unternehmerarbeitsnachweise dieser Art bestehen etwa gegenwärtig in Deutschland. Wie weit die Unternehmer in der Brutalisierung der Arbeiter durch diese Arbeitsnachweise gehen, hat der bekannte Mannheim-Ludwigshafener Fall gezeigt, in dem der Arbeitgeberverband, nachdem ein Streik ausgebrochen war und die Arbeitgeber bemerkten, dass sich die Frauen und Töchter der ausgesperrten und streikenden Arbeiter nunmehr um Arbeit bemühten, auch die Maßregelung dieser Frauen und Töchter inszenierte. Es wurde angeordnet, dass vor Einstellung weiblicher Personen stets nach dem Namen des Vaters und des Mannes gefragt werde, damit man solche Personen von der Arbeitsstelle fernhalten könne. Hier sehen wir, wie das Unternehmertum in der Ausnutzung seiner wirtschaftlichen Macht mit Hilfe der Organisation des Arbeitsnachweises zu der grenzenlosen Brutalität und Rohheit übergeht, den Frauen von arbeitslosen Arbeitern die Möglichkeit, durch ihrer Hände Arbeit die Familie zu erhalten, gänzlich zu nehmen.

Kein Zweifel, dass wir hier einer großen öffentlichen Gefahr gegenüberstehen: zumal die Bestrebungen der Zentralisation der einseitigen Unternehmerarbeitsnachweise bereits sehr weit fortgeschritten sind. Bei den Verhandlungen, die im vorigen Dezember im Reichstage stattfanden, ist auf diese Gefahr aufmerksam gemacht worden. Sie ist vielleicht noch größer für das Wirtschaftsleben als die Gefahr der Kartelle und Trusts. Es ist die Gefahr, dass das Unternehmertum seine wirtschaftliche Macht in einer dem Gemeinwohl höchst gefährlichen Weise zur Niederhaltung der Kulturbestrebungen des Proletariats ausnutzen kann und dass sich aus dieser brutalen Ausnutzung der wirtschaftlichen Überlegenheit eine Gespanntheit der innerpolitischen, sozialen Verhältnisse ergeben kann, die eine schwere Gefahr für die Zukunft unseres Volkes bedeutet. Meine Herren, die außerordentliche Erregung und Empörung, die gerade der Zechenarbeitsnachweis für das Ruhrgebiet in dem größten Teil der deutschen Bevölkerung, in der Arbeiterbevölkerung selbstverständlich in erster Linie, ausgelöst hat, ist ein Beweis dafür, dass es sehr bedenklich ist, auf diesem Gebiet den Bogen allzu straff zu spannen. Meine Herren, derartige Arbeitsnachweise stehe ich nicht an, als unsittlich zu bezeichnen, weil sie auf eine Ausbeutung der Notlage der Schwachen hinweisen. Sie sind unsittlich und unchristlich; sie wollen eine Mauer vor dem vorwärts strebenden Proletariat und seinen Emanzipationsbestrebungen, die im höchsten Sinne der Kultur dienen, aufrichten. Unsittlich, unchristlich und brutal sind diese Arbeitsnachweise. Und ich bin überzeugt: Wenn wir in Deutschland „gute Richter" besäßen, wie man sie in anderen Ländern besitzt, würden diese Nachweise auch ohne, weiteres als unsittlich und ihre Bestrebungen als gemeingefährlich bezeichnet und inhibiert werden.

Der Arbeitsnachweis bedarf einer großzügigen Organisation. Wenn man ihn nur über kleine Gebiete organisiert, so wird man nicht in der Lage sein, der starken Fluktuation des Arbeitsmarktes überall zu folgen. Unser Wirtschaftsleben ist zu kompliziert, es ist nicht mehr lokalisiert, sondern nationalisiert, internationalisiert. Das Gebiet, das in einem gewissen Funktionsverhältnis zueinander steht, das zu fortgesetzer Niveauausgleichung miteinander korrespondiert und kommuniziert, ist so groß, dass man nur solche Arbeitsnachweise ihrem Zweck völlig dienlich gestalten kann, die größere Gebiete ins Auge fassen. Wir sind selbstverständlich bereit, zur Errichtung solcher wirklich großzügigen Arbeitsbörsen überall unsere Hand zu bieten.

Wir befürworten insbesondere den paritätischen Arbeitsnachweis, wie ich vorhin sagte. Von Herrn Dr. Flesch ist der paritätische Arbeitsnachweis auch als sein Ideal bezeichnet worden. Bedauerlicherweise haben die Vertreter einiger großer Parteien gerade ihre unfreundliche Stellung gegenüber dem paritätischen Arbeitsnachweis zum Ausdruck gebracht. Aber wie soll denn ein Arbeitsnachweis dem Zweck, den der Herr Handelsminister ausgesprochen hat, in Wirklichkeit dienen können, wenn nicht auf der Grundlage der paritätischen Organisation! Was kann eine bessere Garantie für die unparteiische Erfüllung dieser Verpflichtung der reinen Arbeitsvermittlung und Vermeidung aller Maßregelungen nach der einen und nach der anderen Seite bieten als ein paritätischer Arbeitsnachweis!

Von Herrn Dr. Flesch und auch von einigen anderen Herren ist mit einem gewissen Bedauern erklärt worden, dass der Arbeitsnachweis etwas Teures sei. Ich begreife nicht, dass man hier von einer nennenswerten Aufwendung von Mitteln spricht. Was ist es denn, was im Reich den Arbeitsnachweisen zugewandt worden ist? 30.000 Mark. Es sind in Baden 50.000 Mark, in Preußen 10.000 Mark. Natürlich reichen die 10.000 Mark nicht aus. Es wird noch eine Summe von mehreren Zehntausenden, vielleicht von einigen Hunderttausenden hinzukommen müssen. Aber bei einer so ungemein wichtigen Sache, die das Wohl der Gesamtheit der Bevölkerung betrifft – wie kann man da mit ein paar Zehntausenden und Hunderttausenden rechnen? Bedenken Sie, der Arbeitsnachweis ist, abgesehen von den Interessen der Arbeitgeber, die natürlich auch in Frage kommen mögen, doch wesentlich für das Interesse von Millionen von Arbeitnehmern bestimmt; soll man denn für dies primitivste Interesse von Millionen preußischer Staatsangehöriger nicht imstande sein, eine erhebliche Summe aufzuwenden? Es wird in der Tat einen sehr peinlichen Eindruck machen müssen, und es wird von der Arbeiterschaft, vom Proletariat, richtig gewürdigt werden, wenn es sieht, wie das Abgeordnetenhaus, das bei anderen Gelegenheiten wahrhaftig nicht geneigt ist zu knausern, wenn es sich besonders darum handelt, im Interesse der herrschenden Klassen irgend etwas zu unternehmen, plötzlich anfängt, eine außerordentlich unheilvolle, bedenkliche Miene aufzusetzen, wenn es sich darum handelt, für Millionen, für die breite Masse eine verhältnismäßig geringfügige Summe aufzuwenden.

Selbstverständlich stimmt unsere Partei der Kommissionsberatung zu; selbstverständlich hat unsere Partei auch das lebhafteste Interesse daran, sich an der Kommissionsberatung zu beteiligen. Ich glaube in der Tat, dass es sehr empfehlenswert wäre, wenn die Mehrheit, die schließlich darüber zu befinden hat, dafür sorgen wollte, dass gerade in diesem Falle unsere kleine Fraktion einen Sitz in der Kommission zugeteilt bekäme. Denn, meine Herren, Sie werden doch nicht bestreiten wollen, dass unsere Partei diejenige ist, die am intensivsten und in größtem Umfang als Vertreterin der Arbeiterschichten und überhaupt solcher Schichten in Betracht kommt, die an der Regelung des Arbeitsnachweises ein starkes Interesse haben.

Meine Herren, ich möchte Sie dringend bitten – sei es nun, dass Sie unsere Teilnahme an der Kommission gestatten, sei es, dass Sie das nicht tun –, als Leitsatz für das, was Sie erstreben, die Worte des Herrn Handelsministers in dem Sinne aufzufassen, in dem sie nach meiner Ansicht allein verstanden werden können: dass man die Möglichkeit, den Arbeitsnachweis zur Maßregelung unliebsamer Arbeiter, zur Verhinderung des Aufstiegs der Arbeiterklasse zu verwenden, dass man diese Möglichkeit der Brutalisierung der Arbeiterklasse unter dem Schein des Rechts möglichst prinzipiell ausschließen möge.

1 Gemeint ist der Kongress der II. Internationale in Stuttgart vom 18. bis 24. August 1907. Die Red.

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