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Karl Liebknecht 19150209 Brief an Hugo Haase

Karl Liebknecht: Brief an Hugo Haase

Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Zentrales Parteiarchiv, NL-1/33. Nach Gesammelte Reden und Schriften, Band 8, S. 193 f.]

Berlin, den 9. 2. 15

Lieber Genosse Haase!

Nachdem ich am 31. 1. als überzählig entlassen war (von dem 28. Reserve-Pionier-Bataillon), erhielt ich am 6. 2. – nach Beendigung des Fraktionsschlachtfestes – telegraphische Gestellungsorder auf den 7. 2. (Sonntag). Mein Antrag auf Nicht-Einstellung bis zur Beendigung der Landtagsverhandlungen wurde abgelehnt.

In einer feierlichen Verhandlung des Bezirkskommandeurs mit mir (in Gegenwart eines anderen Offiziers u. des Bezirksfeldwebels) eröffnete der erstere mir, dass ich von diesem Moment an Soldat sei u. den Militärgesetzen unterstehe. Er beurlaube mich jedoch bis zum Schluss der Tagung. Dann las er mir die Erlasse über das Verbot der Teilnahme an Versammlungen u. Sitzungen (außer denen des Landtags) u. das Verbot der Agitation in Wort u. Schrift („im In- und Ausland") sowie des Ausstoßens „revolutionärer Rufe" vor u. im Anschluss daran die einschlägigen Bestimmungen des Militärstrafgesetzbuches sowie des Reichsmilitärgesetzes.

Alles dies motivierte er damit, dass ich mitten im politischen Leben stehe u. er mich warnen wolle „anzuecken".

Groß-Berlin darf ich nur mit besonderer Erlaubnis verlassen. Uniform zu tragen ist mir ausdrücklich verboten.

Ich halte es für meine Pflicht, Ihnen das mitzuteilen; ich bin nun vorläufig lahmgelegt.

Beste Grüße von Haus zu Haus

Ihr K. Liebknecht

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