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Karl Liebknecht 19150529 „Kapitalsinteressen!"

Karl Liebknecht: „Kapitalsinteressen!"

Zwischenrufe im Deutschen Reichstag in der Debatte über den Kriegseintritt Italiens (29. Mai 1915)

[Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, Bd. 306, Berlin 1916, S. 173/174. Nach Gesammelte Reden und Schriften, Band 8, S. 251 f.]

Schiffer: … Wir müssen diese Opfer bringen und werden sie weiter bringen, bis das Ziel erreicht ist, das uns gesteckt ist. (Erneuter lebhafter Beifall. Liebknecht: „Welches Ziel?") Ja, bezüglich dieses Ziels besteht zwischen der Stellung der Sozialdemokratie, wie sie heute hier angedeutet wurde, und der unsrigen allerdings eine Kluft…

Keiner von uns denkt daran, mehr aus der militärischen Situation herausholen zu wollen, als darin steckt. Aber die militärische Situation auszunutzen und auszuschöpfen bis zuletzt unter dem Gesichtspunkte der Gewinnung realer Sicherheit, das muss unsere Aufgabe sein. (Lebhafte Zustimmung.) Wenn diese reale Sicherheit eine Erweiterung unserer Grenze verlangt, wenn militärische Notwendigkeiten es erforderlich erscheinen lassen, diese Grenze anders zu gestalten, um besser gerüstet zu sein gegen Angriffe, um weniger neue Blutopfer bringen zu müssen, so halten wir es für eine tiefsittliche Pflicht, darauf zu bestehen, dass diese Veränderung der Grenze eintritt. (Stürmisches „Bravo!" und Händeklatschen. Liebknecht: „Kapitalsinteressen!" Große Unruhe. Rufe: „Pfui!" „Liebknecht raus!" Glocke des Präsidenten.) Wie ein Redner dieses Hauses es wagen kann, hier, wo Unzählige auf uns hinsehen, deren Herz blutet über das, was ihnen geschehen ist, hier von „Kapitalsinteressen" zu sprechen, das ist unfassbar für jeden, der das mit anhören muss. (Lebhafte Zustimmung.) Fühlt er nicht, wie er alle die Väter und Mütter trifft und kränkt und beleidigt, indem er ihnen dieses Wort unterschiebt für das, was sie hingegeben haben? (Stürmischer Beifall. Glocke des Präsidenten.)

Präsident: Meine Herren, es ist das Wort gefallen von „Kapitalsinteressen". Ich habe nicht gehört, von wem es gefallen ist. (Zwischenrufe: „Liebknecht!" „Liebknecht!") Ich ersuche den Herrn, der den Zuruf getan hat, sich dazu zu bekennen. [Liebknecht: „Ich habe das Wort gerufen und halte es aufrecht." Große Unruhe. Lebhafte Rufe: „Pfui!") Unter diesen Umständen rufe ich den Herrn Abgeordneten Dr. Liebknecht zur Ordnung! („Bravo!")

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