Protokolle über die Forderung der Tatbestandsberichtigung

Protokolle über die Forderung der Tatbestandsberichtigung

[Nach Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Band 9, S. 259-261]

Eingabe K. L.s vom 1. September 1916.

Berlin, den 7. September 1916

Gegenwärtig: Kriegsgerichtsrat Coerrens

Kriegsgerichtsschreiber K. A. Reichel

Vorgeführt erscheint der Angeklagte K. L., um über die Begründung seiner Revision zu Protokoll vernommen zu werden.

Er erklärte: Ich habe unter dem 1. September an das Gouvernementsgericht hierselbst einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes eingereicht und kann mich erst nach Erledigung desselben über die Revisionsbegründung äußern.

Karl Liebknecht


Berlin, den 11. September 1916

Gegenwärtig dieselben Personen.

Vorgeführt erscheint der Angeklagte K. L.

Es wurde ihm eröffnet, dass nach Ansicht des Gouvernementsgerichts die Berichtigung des Tatbestandes gesetzlich nicht vorgesehen sei und dass er deshalb ungeachtet seines Antrages vom 1. 9. 16 gemäß § 404 MStGO1 über seinen Revisionsantrag und dessen Begründung zu Protokoll vernommen werden solle.

Er erklärte darauf: Die Entscheidung über meinen Antrag hat unter allen Umständen zu erfolgen – sie ist präjudiziell für meine weitere Revisionsbegründung. Ich fordere, dass sie in gehöriger Weise herbeigeführt wird, ehe ich gemäß § 404 vernommen werde.


Berlin, den 8. September 1916

U. R. der Kommandantur hier unter Wiederholung des Ersuchens vom 4. d. M., da die Berichtigung des Tatbestandes gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Der Gerichtsherr

gez. v. Kessel

Generaloberst

i. V.

Dr. Schulze

Kriegsgerichtsrat k. A.


Kommandanturgericht

der Residenz Berlin

Berlin, den 12. September 1916

U. mit Akten und Anlagen dem Gouvernementsgericht unter Anschluss eines Vernehmungsprotokolls zurückgereicht.

Der Gerichtsherr

v. Boehn

General der Kavallerie

gez. Dr. Coerrens

Kriegsgerichtsrat


Eingabe K. L.s an das Königl. Gouvernementsgericht, Berlin

In der Strafsache gegen mich:

Zur heutigen Vernehmung:

Mein Antrag vom 1. September ist an das erkennende Gericht der Berufungsinstanz gerichtet. Er kann sinngemäß nur von diesem erledigt werden.

Mit dem Gerichtsherrn über die Zulässigkeit der Tatbestandsberichtigung zu diskutieren, lehne ich ab.

Sein zweimaliger Versuch, mich, ohne eine Entscheidung über den Antrag herbeizuführen, nach § 404 MStGO zur abschließenden Revisionsbegründung zu nötigen, ist ein zweimaliger Versuch der Rechtsverweigerung.

Ich verweise den Gerichtsherrn in seine Schranken.

Armierungssoldat Liebknecht

1 Nach § 404 der Militärstrafgerichtsordnung war der Angeklagte, wenn er gegen ein Urteil Revision eingelegt, jedoch binnen einer Woche nach dessen Verkündung keinen begründeten Revisionsantrag eingereicht hatte, über seinen Antrag und die Begründung zu Protokoll zu vernehmen. Die Red.

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