Vertrag über die Irische Brigade 19150000

Vertrag über die Irische Brigade

[Nach Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Band 9, S. 134-138]

The Honourable

Sir Roger Casement

Eden Hotel Kurfürstendamm Berlin

Geheim!

Artikel I

Im Hinblick auf die Möglichkeit, die nationale Befreiung Irlands mit der moralischen und materiellen Unterstützung der Kaiserlich Deutschen Regierung zu fördern, soll aus den irischen Soldaten und den anderen Irländern, die augenblicklich in Deutschland kriegsgefangen sind, eine Brigade gebildet werden.

Artikel II

Die Irische Brigade wird lediglich für die Sache Irlands kämpfen; sie darf unter keinen Umständen zu einem deutschen Endzweck Verwendung finden oder beordert werden.

Artikel III

Die Irische Brigade wird unter der irischen Fahne gebildet und kämpft nur unter dieser. Die Truppe wird eine besondere und als solche erkennbare irische Uniform tragen.

Die Brigade wird ausschließlich von irischen Offizieren geführt, sobald dazu geeignete Irländer von Irland oder den Vereinigten Staaten von Amerika beschafft werden können. Bis dahin werden unter Zustimmung des Sir Roger Casement deutsche Offiziere der Brigade bestellt werden, die die Disziplinargewalt über die Soldaten ausüben.

Jedoch darf, solange die Brigade unter der Kontrolle der deutschen Offiziere steht, keine militärische Operation angeordnet oder ausgeführt werden.

Artikel IV

Die Irische Brigade wird von der Kaiserlich Deutschen Regierung eingekleidet, verpflegt und ausreichend mit Waffen und Munition ausgerüstet, unter der ausdrücklichen Vereinbarung, dass die Kaiserlich Deutsche Regierung diese Leistungen freiwillig und unentgeltlich macht, um die irischen Unabhängigkeitsbestrebungen zu unterstützen.

Artikel V

Die vertragschließenden Parteien sind darüber einig und erklären hiermit in aller Form, dass die Irische Brigade sich nur aus Leuten zusammensetzt, die freiwillig für die nationale Unabhängigkeit Irlands kämpfen wollen, und dass somit kein Zugehöriger der Irischen Brigade Löhnung oder irgendwelche Geldentschädigung von der Kaiserlich Deutschen Regierung erhalten wird, solange er bei der Brigade unter Waffen steht.

Artikel VI

Die Kaiserlich Deutsche Regierung übernimmt es, „unter gewissen Umständen" die Irische Brigade mit ausreichender militärischer Unterstützung und versehen mit reichlichem Vorrat an Waffen und Munition nach Irland zu senden, um dort die Irländer auszurüsten, die mit ihr gemeinschaftlich den Versuch machen wollen, die nationale Freiheit Irlands mit Waffengewalt wiederherzustellen.

Die hier vorausgesetzten „besonderen Umstände" sind folgende: In dem Falle eines deutschen Seesieges, der die Möglichkeit gewährt, die Küste Irlands zu erreichen, verpflichtet sich die Kaiserlich Deutsche Regierung, die Irische Brigade und ein deutsches Hilfskorps unter der Führung deutscher Offiziere in deutschen Transportschiffen auszusenden, um eine Landung an der irischen Küste zu versuchen.

Artikel VII

Eine Landung in Irland wird nur dann in Betracht kommen, wenn der deutschen Flotte ein Sieg beschieden ist, der mit begründeter Aussicht auf Erfolg den Seeweg nach Irland öffnet. Sollte die deutsche Flotte diesen Erfolg nicht haben, so wird die Irische Brigade in Deutschland oder anderwärts Verwendung finden, jedoch lediglich zu Aufgaben, die Sir Roger Casement als in genauer Übereinstimmung mit Artikel II gutheißt.

In diesem Falle könnte die Irische Brigade nach Ägypten gesandt werden, um bei der Vertreibung der Engländer und der Wiedererlangung der ägyptischen Unabhängigkeit Hilfe zu leisten.

Sollte die Irische Brigade nicht dazu kommen, für die Befreiung Irlands von dem englischen Joch zu kämpfen, so ist doch ein Schlag, der den britischen Eindringlingen in Ägypten beigebracht wird und den Ägyptern zu ihrer Befreiung verhelfen soll, ein Schlag, der in einer der irischen verwandten Sache geführt wird.

Artikel VIII

Im Falle, dass die Irische Brigade sich für den Dienst in Ägypten freiwillig entscheidet, wird die Kaiserlich Deutsche Regierung mit der Österreich-Ungarischen Regierung den Transport der Brigade durch dieses Reich nach Konstantinopel vereinbaren. Die Kaiserlich Deutsche Regierung wird ferner dafür Sorge tragen, dass die Türkische Regierung die Irische Brigade als ein Freiwilligenkorps anerkennt, aufnimmt und der Türkischen Armee angliedert, um die Engländer aus Ägypten vertreiben zu helfen.

Artikel IX

Im Falle, dass der Krieg beendet wird, ohne dass die Irische Brigade ihren Zweck, „die Landung in Irland", erreicht hätte, so übernimmt es die Kaiserlich Deutsche Regierung, jeden Angehörigen der Brigade auf seinen Wunsch nach den Vereinigten Staaten von Amerika zu senden und ihn mit den Mitteln zu versehen, die das Einwanderungsgesetz der Vereinigten Staaten zur Bedingung macht.

Artikel X

Im Falle, dass die Irische Brigade in Irland landet und die militärischen Operationen dort zur Niederwerfung der britischen Oberherrschaft und zur Errichtung einer national-irischen Regierung führen, verspricht die Kaiserlich Deutsche Regierung der so errichteten Irischen Regierung ihre vollste moralische Unterstützung. Sie wird in aller Aufrichtigkeit sowohl durch öffentliche Anerkennung als durch allgemeines Wohlwollen zur Aufrichtung einer unabhängigen Regierung in Irland beitragen.


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