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Karl Liebknecht 19160502 Erste Vernehmung Karl Liebknechts

Karl Liebknecht: Erste Vernehmung Karl Liebknechts

Protokoll

[Abschrift. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Zentrales Parteiarchiv (im folgenden: IML, ZPA), St 8/3, Bl. 197. Nach Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Band 9, S. 3 f.]

Verhandelt

Berlin, den 2. Mai 1916

Festgenommen erscheint und gibt, mit dem Gegenstande seiner Vernehmung bekannt gemacht und zur Wahrheit ermahnt, zu Protokoll:

Zur Person

Ich heiße Karl August Paul Friedrich Liebknecht, bin am 13. August 1871 zu Leipzig, Gemeinde: dto., Kreis: dto., Landesbezirk: dto., Staat: Sachsen, ehelich geboren.

Mein Vater hieß Wilhelm Liebknecht, ist verstorben, meine Mutter hieß Natalie, geb. Reh, ist verstorben.

Ich bin verheiratet mit Sophie, geb. Ryss, wohne in Groß-Lichterfelde, Hortensienstraße 14, bin ortsangehörig in Groß-Lichterfelde, Kreis Teltow, staatsangehörig in Preußen und ernähre mich selbständig als Rechtsanwalt.

Meine Familie ist deutsch, meine Konfession Dissident.

Ich habe 3 Kinder unter 21 Jahren.

Bestraft bin ich 1907 wegen Hochverrats vom Reichsgericht mit 1½ Jahren Festung.

Meine Militärverhältnisse sind folgende:

Ende März 1915 bin ich bei einem Armierungsbataillon in Soldingen eingetreten. Jetzt bin ich Armierungssoldat beim 118. Armierungsbataillon (Ersatz-Kommando in Thorn), z. Z. beurlaubt.

Zur Sache

Die bei mir vorgefundenen Handzettel und Flugblätter sind mir bekannt. Ich habe diese Zettel und Flugblätter verbreitet, soweit ich dazu Gelegenheit hatte. Ich gebe auch zu, dass die bei mir vorgefundenen 120 Handzettel und 1340 Flugblätter zur Verbreitung bestimmt waren. Über die Herkunft der Handzettel und Flugblätter verweigere ich die Auskunft. Ob der auf dem Flugblatt verzeichnete Drucker- und Verlegervermerk fingiert ist, kann ich nicht angeben. Am Abend des 1. Mai begab ich mich zum Potsdamer Platz, um mich an der Maidemonstration zu beteiligen. Ich traf dort verschiedene Gesinnungsgenossen, deren Namen anzugeben ich mich aber weigere. Ich gebe zu, am Abend des 1. Mai in der Menge mehrmals „Nieder mit dem Krieg! Nieder mit der Regierung!" gerufen zu haben. Ich wollte damit meine Überzeugung öffentlich bekunden, dass es Pflicht der Regierung wäre, den Krieg zu beenden, und dass es Aufgabe des Volkes ist, einen entsprechenden Druck auf die Regierung auszuüben. Ich bin nicht der Ansicht, dass ich mich durch ein derartiges öffentliches Auftreten strafbar mache. Ich halte dies vielmehr für meine Pflicht gerade im Interesse der großen Masse des deutschen Volkes wie auch der Bevölkerung sämtlicher anderen kriegführenden Staaten, in denen meine politischen Gesinnungsfreunde in gleichem Sinne tätig sind wie ich in Deutschland.

v. g. u.

gez. Karl Liebknecht

g. w. o.

gez. Neumann

Kriminalkommissar

Zeuge: Klöber, Krim.-Schutzmann 3695

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